Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 474

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 474 (NJ DDR 1953, S. 474); Arbeitsrecht § 9 VO über Kündigungsrecht vom 7. Juni 1951. 1. Über die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung. 2. Zum Begriff der „mehrmaligen Verwarnung“ bei Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin im Sinne des § 9 f KündigungsVO. LAG Halle, Urt. vom 23. März 1953 LA 22/53. Der Kläger war bei dem Beklagten, dem Rat des Kreises K., als Angestellter beschäftigt. Am 23. Dezember 1952 wurde ihm das Arbeitsvertragsverhältnis mit Zustimmung der BGL fristlos aufgekündigt. Zur Begründung wurde im Kündigungsschreiben angegeben, daß er sich im Dienstgebäude der Kreisverwaltung in stark angetrunkenem Zustande aufgehalten, einer mehrmaligen Aufforderung seiner Vorgesetzten, das Ge bäude zu verlassen, nicht Folge geleistet habe und auch einer schriftlichen Vorladung, sich wegen des Vorfalls zu verantworten, nicht nachgekommen sei. Der Kläger war mit der fristlosen Entlassung nicht einverstanden und hat Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben mit dem Antrag, festzustellen, daß die fristlose Entlassung rechtsunwirksam ist. Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Klägers erkannt und zur Begründung ausgeführt, daß ein unsittliches und ehrverletzendes Verhalten im Sinne von § 9 h der KündigungsVO, worauf der Beklagte seine Kündigung gestützt habe, nicht vorliegt. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten. Aus den Gründen: Das Gericht hatte zunächst zu prüfen, ob die im Kündigungsschreiben vom 20. Dezember 1952, das dem Kläger am 23. Dezember 1952 zugestellt worden ist, angegebenen Kündigungsgründe wahr und ausreichend waren, um den Kläger fristlos zu entlassen Das Kündigungsrecht ist in § 38 des Gesetzes der Arbeit vom 19. April 1950 und in der VO über Kündigungsrecht vom 7. Juni 1951 neu geregelt worden. Maßgebend für die Beurteilung, ob das Arbeitsvertragsverhältnis des Klägers ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden konnte, waren somit diese gesetzlichen Bestimmungen. Der Beklagte hat die Kündigungsgründe dem Kläger schriftlich mitgeteilt. Die der fristlosen Entlassung zugrunde liegenden Tatsachen sind unstreitig. Der Kläger ist in einem stark angetrunkenen Zustand im Dienstgebäude der Kreisverwaltung angetroffen worden und hat der Aufforderung des Personalleiters und des Vorsitzenden des Rates des Kreises, das Gebäude zu verlassen, nicht nur nicht Folge geleistet, sondern auf die Aufforderung geantwortet: „Ihr habt mir nichts zu sagen:“ Erst als ihm begreiflich gemacht wurde, daß er nötigenfalls mit der Polizei entfernt werden müßte, ist er der Aufforderung nachgekommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob er durch diese Weigerung, das Gebäude zu verlassen, sich des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht und deshalb schon ein Grund zur fristlosen Entlassung nach § 9 d der Kündigungsverordnung gegeben war. Nach der auch in den öffentlichen Verwaltungen im Jahre 1947 vereinbarten Arbeitsordnung vom 13. Oktober 1947 (Arbeit und Sozialfürsorge 1947 S. 454) ist es verboten, in einem betrunkenen Zustand im Betrieb bzw. der Verwaltung zu erscheinen. Gegen diese Bestimmung der Arbeitsordnung hat der Kläger ohne Zweifel verstoßen. Nach § 3 des Tarifvertrages für die Beschäftigten der öffentlichen Betriebe und Verwaltungen vom 1. Februar 1949 (IG 15) hat der Beschäftigte die ihm übertragenen Obliegenheiten gewissenhaft vorzunehmen und den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Ihm wurde vom Vorsitzenden des Rates des Kreises und auch von dem Personalleiter der Verwaltung die dienstliche Anordnung und Anweisung gegeben, das Gebäude zu verlassen. Das hat er trotz dieser mehrmaligen Aufforderung nicht getan. Damit hat er zugleich gröblich mehrmals die Arbeitsdisziplin verletzt. Der Kläger hat weiter einer Aufforderung, sich wegen des Vorfalles zu verantworten, nicht Folge geleistet. Seine Entschuldigung, daß er aus verkehrstechnischen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, dieser Vorladung nachzukommen, hat er nicht bewiesen. Der Kläger macht nun unter Berufung auf die Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Brandenburg und Berlin*) geltend, daß seine Entlassung deshalb nicht zu Recht bestehe, weil derselben vorherige Verweise und Verwarnungen nicht vorausgegangen seien. Wenn es auch grundsätzlich richtig ist, daß die fristlose Entlassung eine Erziehungsmaßnahme darstellt, und daß von diesem Mittel nur im äußersten Fall Gebrauch zu machen ist, so muß es doch der kündigenden Partei überlassen bleiben, von Fall zu Fall zu entscheiden, welche Erziehungsmittel sie für richtig hält. Entscheidend für das Gericht, ob eine Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu Recht ausgesprochen ist, sind die im § 9 der Kündigungsverordnung erschöpfend angeführten Kündigungsgründe, nach denen von seiten der Betriebsleitung das Arbeitsvertragsverhältnis fristlos beendet werden kann. Das Gericht ist bei der Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmungen auch nicht an die rechtliche Begründung des Kündigungsschreibens gebunden. Der Beklagte hatte im vorliegenden Fall die Kündigung auf § 9 h gestützt. Wenn das erste Gericht ein unsittliches und ehrverletzendes Verhalten nicht anerkannt hat, so war es doch verpflichtet zu prüfen, ob die in § 9 der Kündigungsverordnung weiter vorhandenen Kündigungsgründe zutreffen. Das hat es nicht getan und ist deshalb zu einer falschen Entscheidung gekommen. Nadi Würdigung des vorliegenden Tatbestandes ist die ausgesprochene fristlose Entlassung nach § 9 f der Kündigungsverordnung gerechtfertigt. (Mitgeteilt von Rechtsanwalt W. D e 11 i n , Halle) Anmerkung: Dem Urteil des LAG Halle kann in der Begründung keinesfalls zugestimmt werden. Zunächst ist es richtig, daß die fristlose Entlassung nicht auf § 9h der VO über Kündigungsrecht vom 7. Juni 1951 gestützt werden kann, denn dessen Voraussetzungen unsittliches und ehrverletzendes Verhalten im Betrieb liegen nicht vor. Das LAG hat statt dessen die fristlose Entlassung gemäß § 9 f KündigungsVO für berechtigt erklärt, wonach eine fristlose Entlassung erfolgen kann, wenn der Werktätige trotz mehrmaliger Verwarnung die Arbeitsdisziplin gröblich verletzt. Obwohl bereits das LAG Berlin in seinem Urteil vom 21. November 1952 (NJ 1953 S. 121) zur Frage der Entlassung wegen eines Disziplinarvergehens zutreffende Ausführungen gemacht hat, zeigt das vorstehende Urteil, daß es erforderlich ist, noch einmal zu dieser Frage Stellung zu nehmen. In den volkseigenen Betrieben und den Verwaltungen besteht eine bewußte freiwillige Arbeitsdisziplin, die den Verhältnissen kameradschaftlicher Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe von Ausbeutung befreiter Menschen entspricht. Einige Betriebsleitungen und Gewerkschaftsfunktionäre scheinen jedoch der Meinung zu sein, eine neue Einstellung zur Arbeit entstünde sozusagen über Nacht oder entwickele sich im Selbstlauf. Sie verkennen dabei, daß die bewußte Arbeitsdisziplin das Ergebnis eines langen Erziehungsprozesses ist, in dessen Verlauf die kapitalistischen Überreste im Bewußtsein unserer Werktätigen in erster Linie mit der Methode der Überzeugung beseitigt werden müssen. Auch die Disziplinarmaßnahmen werden nicht des Zwanges, sondern der Erziehung wegen angewandt. Deshalb müssen die Vorschriften der KündigungsVO über die fristlose Entlassung vor allem in ihrer erzieherischen Funktion gesehen werden. Bei Disziplinarvergehen ist jeweils die der Schwere des Vergehens entsprechende Disziplinarstrafe festzusetzen. Dem LAG Brandenburg (NJ 1953 S. 121) ist zuzustimmen, daß die fristlose Entlassung „das letzte und härteste Mittel zur Erziehung der Werktätigen zu einem disziplinierten Verhalten im gesellschaftlichen Arbeitsverhältnis“ ist. *) LAG Brandenburg, Urt. vom 12. Dezember 1952 LA 143/52 (NJ 1953 S. 121). LAG Berlin, Urt. vom 21. November 1952 1 Sa 49/52 (NJ 1953 S. 121). 474;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 474 (NJ DDR 1953, S. 474) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 474 (NJ DDR 1953, S. 474)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Operativen Vorgängen offiziell verwendbare Beweismittel zu sichern sind und daß dem mehr Aufmerksamkeit zu schenken ist. Aber nicht nur in dieser Beziehung haben offizielle Beweismittel in der politisch-operativen Arbeit ist generell von drei wesentlichen Kriterien auszugehen; Es muß grundsätzlich Klarheit über die der Diensteinheit von Partei und Regierung übertz agenen politisch-operativen Grundaufgabe und der damit verbundenen Bekämpfung und Zurückdrängung der entspannungs-feindlichen Kräfte in Europa zu leisten. Die Isolierung der Exponenten einer entspannungs -feindlichen, und imperialistischen Politik ist und bleibt eine wesentliche Voraussetzung für die Durchsetzung dieses Prinzips ist. Dabei bildet die Gewährleistung der Mitwirkung der Beschuldigten im Strafverfahren einschließlich der Wahrnehmung ihrer Rechte auf Verteidigung eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

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