Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 473

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 473 (NJ DDR 1953, S. 473); gem Streitwert würden keine Bedenken dagegen bestehen, dem Kläger bei diesem Einkommen die einstweilige Kostenbefreiung zu versagen. Im vorliegenden Falle ist jedoch zu bedenken, daß der Streitwert mit Rücksicht auf das Amtszeugnis des Rates der Gemeinde S. vom 19. Oktober 1951 voraussichtlich 9200 DM betragen dürfte. Die Bezahlung der Gerichtskosten bei einem derartig erheblichen Streitwert kann aber dem Kläger, der als Bohrer in einem großen volkseigenen Betrieb arbeitet, nicht ohne weiteres zugemutet werden. Die Versagung der einstweiligen Kostenbefreiung würde in einem solchen Falle entweder bedeuten, daß der Kläger auf die Geltendmachung seines Anspruches verzichten oder aber, daß er sich Einschränkungen auferlegen müßte, die seine Arbeitsleistung und seine Arbeitsfreudigkeit wesentlich beeinträchtigen könnten. Anmerkung: Die vorstehende Entscheidung des BG Potsdam läßt erkennen, daß es erforderlich ist, einmal nachdrücklich auf gewisse Mängel, ich möchte sagen: Unsitten, hinzuweisen, die für die Rechtsprechung vieler Kreisgerichte charakteristisch sind. Dabei handelt es sich zunächst um die Unterlassung der Begründung von Beschlüssen. In dieser Unterlassung liegt eine Mißachtung des betreffenden Rechtsuchenden, wie sie für den früheren Obrigkeitsstaat kennzeichnend sein mochte, in unserem demokratischen Staat aber nicht geduldet werden kann. Der Staatsbürger hat ein Recht darauf, zu erfahren, weshalb sein Antrag vom Gericht zurückgewiesen wird, ganz abgesehen davon, daß auch die etwaige zweite Instanz das wissen muß. Die Erklärung aber, „daß der Kläger nicht arm im Sinne des Gesetzes sei“, ist keine Begründung, ebensowenig wie die Angabe, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine ausreichende Aussicht auf Erfolg, eine zureichende Begründung ist. Wie sich gerade in der vorliegenden Sache zeigt, ist die Unfähigkeit zur Bestreitung der Prozeßkosten fast niemals absolut gegeben, sondern als Ergebnis einer Abwägung einerseits der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei und andererseits der voraussichtlichen Höhe der Prozeßkosten festzustellen. Das Gericht muß also wenn auch möglichst konzentriert und knapp beide Faktoren gegenüberstellen und die sich daraus ergebende Folgerung hinsichtlich der Fähigkeit zur Bezahlung der Kosten ziehen. Dieses Verfahren wird auch als vorzügliche Selbstkontrolle wirken und dazu beitragen, daß in viel höherem Maße, als es leider noch immer der Fall ist, von der Möglichkeit der teilweisen Kostenbefreiung Gebrauch gemacht wird. Wird der Antrag wegen Aussichtslosigkeit der Klage zurückgewiesen, so ist es unbedingt erforderlich, daß das Gericht so kurz wie möglich diejenigen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände aufführt, die nach seiner Überzeugung die Klage aussichtslos machen. Die zweite „Unsitte“ betrifft das sogenannte „Nachschieben“ von Entscheidungsgründen. Im vorliegenden Falle hatte das Kreisgericht den Antrag lediglich wegen mangelnder Armut abgewiesen. Nach Eingang der Beschwerde hat es alsdann den weiteren Entscheidungsgrund, nämlich die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung, „nachgeschoben“, und zwar durch einen Aktenvermerk gelegentlich Übersendung der Beschwerde, also ohne Mitteilung des Entscheidungsgrundes an den Antragsteller. Dieses Verfahren ist absolut unzulässig, weil es sich sozusagen hinter dem Rücken der Partei abspielt und für sie regelmäßig den Verlust einer Instanz bedeutet. Hatte das Gericht hinsichtlich der Aussichten des Prozesses Bedenken, so waren diese dem Antragsteller mitzuteilen und ihm, Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Genügte die Äußerung nicht, so war auch dieser Entscheidungsgrund im Beschluß aufzuführen, so daß der Kläger in die Lage versetzt wurde, bereits in der Beschwerde darauf einzugehen und möglicherweise durch die Beschwerdeschrift schon das erste Gericht selbst zu überzeugen. In jedem Fall darf weder das Beschwerdegericht noch die Partei in der zweiten Instanz durch eine derartige „Nachschiebung“ dazu gezwungen werden, in der zweiten Instanz einen Sachverhalt zu erörtern, der in der ersten Instanz überhaupt nicht behandelt worden und im erstinstanzlichen Beschluß nicht erwähnt ist. Prof. Dr. Nathan § 794 Ziff. 1 ZPO. Wird der zwischen den Parteien in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Unterhaltsbetrag nachträglich durch Urteil herabgesetzt, so bleibt gleichwohl der gerichtliche Vergleich der Vollstreckungstitel. Vollstreckt der Gläubiger auf Grund dieses Titels wegen höherer Beträge, als ihm durch das Abänderungsurteil zugesprochen sind, so bleibt es dem Schuldner überlassen, unter Vorlage des Urteils Einwendungen zu erheben. BG Potsdam, Beseht, vom 18. Mai 1953 3 T 62:53. Die Gläubigerinnen haben auf Grund des am 21. April 1950 vor dem Amtsgericht in C. geschlossenen Vergleichs Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner beantragt, und zwar durch Pfändung und Überweisung seiner Dienstbezüge. In dem Antrag wird jedoch nicht der volle Unterhaltsbetrag von 150, DM monatlich begehrt, der nach dem oben erwähnten Vergleich den beiden Gläubigerinnen zusteht, sondern nur ein Betrag von 90, DM monatlich. Der Sekretär des Vollstreckungsgerichts hat deswegen Aufklärung von den Gläubigerinnen verlangt. Diese gaben daraufhin bekannt, daß der ursprüngliche Vollstreckungstitel durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts in C. vom 18. Juni 1952 insofern eine Abänderung erfahren habe, als der Schuldner der Gläubigerin zu 1) statt des ursprünglichen Betrages von 100, DM nurmehr 40, DM zu leisten habe, so daß die gesamte monatliche Unterhaltsforderung der beiden Gläubigerinnen statt 150, DM bloß noch 90, DM ausmache. Dem Verlangen des Sekretärs, dieses Urteil des Landgerichts mit der Vollstreckungsklausel versehen zu lassen und ihm sodann vorzulegen, sind die Gläubigerinnen nicht nachgekommen. Daraufhin hat der Sekretär des Vollstreckungsgerichts den Antrag auf Erlaß eines Pfändungs- und Uberweisungsbeschlusses kostenpflichtig abgewiesen. Die Abweisung ist damit begründet, daß der Vollstreckungstitel, auf den die Gläubigerinnen ihren Antrag stützen, nicht der Vergleich vom 21. April 1950, sondern das Urteil vom 18. Juni 1952 sei. Dieses Urteil sei jedoch im Vollstreckungsverfahren überhaupt nicht vorgelegt worden. Dagegen legten die Gläubigerinnen Erinnerung beim Voll-streckungsgericht ein. Diese Erinnerung wurde mit dem angefochtenen Beschluß des Vorderrichters kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Abweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß der richtige Vollstreckungstitel, nämlich das Urteil vom 18. Juni 1952, nicht mit der Vollstreckungsklausel versehen worden sei. Der alte Titel, nämlich der Vergleich vom 21. April 1950, sei durch das spätere Urteil hinfällig geworden. Es fehle also den beiden Gläubigerinnen an einem gültigen Titel. Dagegen richtet sich die form- und fristgerechte sofortige Beschwerde der beiden Gläubigerinnen, der das BG stattgegeben hat. Aus den Gründen: Der Titel, aus dem die beiden Gläubigerinnen Befriedigung vom Schuldner verlangen können, ist nach wie vor nur der Vergleich vom 21. April 1950. Richtig ist, daß dieser Vergleich durch das Urteil vom 18. Juni 1952 so modifiziert wurde, wie es oben geschildert ist. Der Vorderrichter übersieht aber, daß das Urteil des Landgerichts, mit dem der ursprüngliche Titel teilweise abgeändert wurde, kein Leistungsurteil ist, sondern daß es sich hier um eine Entscheidung rechtsgestaltender Natur handelt. Einen Vollstreckungstitel können aber nur Leistungsurteile, niemals aber Feststellungs- oder Gestaltungsurteile bilden. Wenn die Gläubigerinnen bei der Stellung ihres Vollstreckungsantrages auf dieses Gestaltungsurteil Rücksicht genommen und nur den modifizierten Betrag begehrt haben, so handelten sie durchaus richtig, denn wenn sie dies nicht getan hätten, so hätte der Schuldner entweder unter Vorlage des Abänderungsurteils teilweise Einstellung und Aufhebung der Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Ziff. 1 und § 776 ZPO verlangen oder Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO erheben können. Keinesfalls konnte aber von den Gläubigerinnen mehr verlangt werden. Vor allen Dingen konnte von ihnen nicht verlangt werden, sich näher darüber zu äußern, warum sie weniger verlangten, als dem ursprünglichen Titel entspricht. Die Geltendmachung von Erinnerungen in dieser Beziehung war dem Schuldner zu überlassen, der bis jetzt in diesem Verfahren überhaupt noch nicht beigezogen wurde. Nur wenn die Gläubigerinnen mehr verlangt hätten, als dem ursprünglichen Titel entsprach, wären sie verpflichtet gewesen, einen Ergänzungstitel vorzulegen. Das ist aber unbestrittenermaßen nicht der Fall. Der ursprüngliche Vollstreckungstitel, nämlich eine Ausfertigung des Vergleichs vom 21. April 1950 sowie des Urteils vom 18. Juni 1952 wurden im Beschwerdeverfahren von den Gläubigerinnen vorgelegt. Sache des erstinstanzlichen Gerichts wird es nunmehr sein, nach Ergänzung des Vergleichs durch Beisetzung der Vollstreckungsklausel neuerlich über den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß der Gläubigerinnen zu entscheiden. 473;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 473 (NJ DDR 1953, S. 473) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 473 (NJ DDR 1953, S. 473)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen. Damit werden zugleich Voraussetzungen zur Gewährleistung der Objektivität der Beschuldigtenvernehmung. Das gesetzlich geforderte und mögliche Vorgehen des Untersuchungsführers in der Beschuldig tenve rnehmung Konsequenzen aus der strafprozessualen Stellung des Beschuldigten im Ermittlungs-verfahren für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten erforderlich sind. Diese Forderung stellt der Absatz der Strafprozeßordnung . Damit wird rechtsverbindlich der gesetzliche Ablauf beim Vollzug der Untersuchungshaft zu überprüfen, wie - Inhaftiertenregistrierung und Vollzähligkeit der Haftunterlagen, Einhaltung der Differenzierungsgrundsätze, Wahrung der Rechte der Inhaftierten, Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten und Hausordnungen bei den Strafgefangenenkommandos, Nachweisführung über Eingaben und Beschwerden, Nachweisführung über Kontrollen und deren Ergebnis des aufsichtsführenden Staatsanwaltes.

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