Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 458

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 458 (NJ DDR 1953, S. 458); Gibt es aber zwischen volkseigenen Betrieben überhaupt das Rechtsinstitut der Verwirkung? Es ist schon sehr umstritten, ob und in welchem Umfang ein volkseigener Betrieb auf eine Forderung ausdrücklich verzichten kann. Darüber hinaus für Forderungen, die zwischen volkseigenen Betrieben bestehen, dem Schuldner einen Anspruch auf Leistungsverweigerung einzuräumen, der auf Treu und Glauben aufgebaut ist, halte ich zumindest für sehr bedenklich. Meines Erachtens kann man dem Schuldner keinen derartigen Anspruch zubilligen Andererseits dürften keine Bedenken bestehen, dem Staatlichen Vertragsgericht die Befugnis einzuräumen, das Verhalten des Gläubigers entsprechend zu bewerten und dessen Ansprüche danach zu beurteilen und zu bemessen. Diese Berechtigung ergibt sich auch aus der Grundpflicht, die dem Staatlichen Vertragsgericht obliegt: die Plan- und Vertragsdisziplin zu festigen und die Partner entsprechend zu erziehen. In § 5 Abs. 7 VertragsVO z. B. ist ausdrücklich bestimmt, daß das Staatliche Vertragsgericht beim Vorliegen besonderer Umstände einer Partei eine höhere Vertragsstrafe als die vereinbarte zusprechen kann. Um wieviel mehr muß durch das Staatliche Vertragsgericht ein Anspruch gemindert werden können, wenn dem Fordernden ein schuldhaftes Verhalten in bezug auf die Forderung vorgeworfen wird? Restlos befriedigt zwar diese Lösung nicht, da sie den Parteien nicht von vornherein Klarheit gibt und sie deshalb stets zur Durchführung eines Verfahrens zwingt. Ich halte es daher für empfehlenswert, daß der Gesetzgeber, ähnlich wie bei der Arbitrage in der Volksrepublik Polen, eine gesetzliche Ausschlußfrist für Forderungen festsetzt. Wird dort die Forderung nicht innerhalb eines Jahres nach Fälligkeit geltend gemacht wobei die Parteien keinen Einfluß auf den Lauf der Frist haben , so erlischt nicht nur der prozessuale, sondern auch der materiellrechtliche Anspruch. Mit einer solchen Regelung wird die Finanzdisziplin gefestigt und der Geldumlauf beschleunigt. Es werden aber auch viele Verfahren vermieden, und damit wird der Verfahrensökonomie gedient. Das Staatliche Vertragsgericht könnte sich dann stärker mit gegenwärtigen Aufgaben befassen und brauchte nicht mehr so zahlreiche Vorgänge der zurückliegenden Zeit zu bearbeiten. Es kommt also darauf an, das Staatliche Vertragsgericht so arbeitsfähig zu gestalten, daß es die Entwicklung fördert, nicht aber selbst in einem Wust von Fällen erstickt, die zwar im Interesse der Parteien geklärt werden müssen, die aber für die Gesamtheit längst überholt und für die weitere Entwicklung ohne Bedeutung sind. Das Verhältnis von Verzugsschaden zu Verzugszinsen in ihrer Eigenschaft als Vertragsstrafe Von HEINZ GRAF, Justitiar in Neustadt (Sachsen) Während sich in der Theorie wohl allgemein die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß Vertragsstrafen dem „Verschuldensprinzip“ unterliegen1), und zwar auch, soweit es sich um Verzugszinsen als Vertragsstrafen handelt, folgt die Praxis im letzteren Falle nur zögernd nach. Zum Teil ist dies darauf zurückzuführen, daß die Staatlichen Vertragsgerichte ihre grundsätzlichen Entscheidungen lange Zeit nicht veröffentlicht und sie damit der praktischen Auswertung nicht zugänglich gemacht haben. Auf diesen Mangel, dem inzwischen abgeholfen wurde, ist wiederholt hingewiesen worden1 2). Ein weiterer Grund dürfte aber der sein, daß über das Verhältnis von Verzugszinsen als Vertragsstrafen und Schadensersatzansprüchen bisher keine Klarheit besteht. Laussmann (NJ 1953 S. 294) behandelt die Frage am Schluß seines Aufsatzes, indem er darauf hinweist, daß der Gläubiger neben der Vertragsstrafe Schadensersatz z. B. dann verlangen könne, wenn er infolge des Verzuges einen Bankkredit aufnehmen mußte. Laussmann geht aber auf die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruches nicht weiter ein. Der Schuldner hat nach § 286 BGB den dem Gläubiger durch den Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen. Nach § 285 BGB liegt Verzug vor, wenn die Leistung infolge eines vom Schuldner zu vertretenden Umstandes unterbleibt. Bei Gattungsschulden hat der Schuldner sein dauerndes oder auch zeitweiliges Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt (§ 279 BGB). Es fragt sich, ob dieser Grundsatz der erweiterten Haftung, insbesondere für Geldschulden, heute noch gilt3), nachdem er bereits in der bürgerlichen Rechtslehre eine Einschränkung erfahren hatte. Er beruht auf dem Gedanken, daß jeder für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen habe, und daß andererseits Gattungssachen bei Vorhandensein der erforderlichen Geldmittel im allgemeinen zu beschaffen sind. Beruhte daher das Unvermögen zur Leistung einer Gattungssache auf unverschuldeten Umständen, die mit der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht Zusammenhängen, so war § 279 BGB nicht anzuwenden4). In unserer Wirtschaftsordnung ist darüber hinaus die Anwendung des § 279 BGB weiter erheblich dadurch eingeschränkt, 1) Such ln Staat und Recht 1952 S. 84 ff.; Graf ln NJ 1952 S. 265; Freytag in NJ 1953 S. 163; Laussmann inNJ 1953 S. 294; Warncke ln NJ 1953 S. 297. 2) Warncke a. a. O.; Posch, Bericht über die Tagung der Abteilung Zivilrecht und Familienrecht, in Staat und Recht 1953 S. 113. 3) Die von Such (a. a. O.) gewählte Bezeichnung als Wertschuld gibt in diesem Zusammenhang keinen Aufschluß. 4) Enneccerus, Lehrbuch des BGB, 28. Aufl., § 269, I, 1. daß es sich bei Sachleistungen regelmäßig um beschränkte Gattungsschulden handeln wird. Auf die Ausführungen von Such hierzu sei verwiesen5). Der Verschuldensgrundsatz des § 278 BGB bildet daher die Regel. Der Gedanke liegt nahe, Geldschulden ebenso zu behandeln, und zwar mit der Begründung, daß in unserer Wirtschaft auch die Geldbewegung den Planungsmaßnahmen unterliegt, jede Wirtschaftsorganisation mit den erforderlichen Umlaufmitteln auszustatten ist und auch der Bankkredit nur im Zusammenhang mit dem Plan ausgegeben wird. Hieraus würde sich folgendes ergeben: Der Geldschuldner kann den Nachweis führen, daß er eine zeitweilig bestehende Zahlungsunfähigkeit bzw. mangelnde Zahlungsfähigkeit nicht verschuldet und daher nicht zu vertreten habe. Auch wenn man die strengen Maßstäbe zugrunde legt, die die Spruchpraxis des Staatlichen Vertragsgerichts bei dem vom Schuldner zu führenden Nachweis des fehlenden Verschuldens, in Abweichung von dem überkommenen Inhalt des Verschuldensbegriffs, entwickelt hat, werden die Fälle doch nicht selten sein, bei denen dieser Nachweis gelingt. Man braucht nur die von F r e y t a g (NJ 1953 S. 163) angeführten Beispiele zu betrachten sowie andere Fälle, bei denen das Fehlen der Geldmittel überhaupt nicht in der Sphäre des Geldschuldners begründet ist (z. B. mangelnde Zuführung der planmäßigen Umlaufmittel u. ä.). Gelingt der Nachweis, so ist der Schuldner von der Zahlung der Vertragsstrafe (= Verzugszinsen) zu entbinden, und er würde auch nicht für den Schaden aufzukommen haben, der dem Gläubiger entsteht durch die Notwendigkeit, Kredit aufzunehmen, oder durch die mangelnde Möglichkeit, einen aufgenommenen Kredit abzudecken. Der Geldschuldner hat ja nach dieser Auffassung im genannten Fall den Verzug „nicht zu vertreten“. Der Gläubiger seinerseits kann diesen Schaden aber nicht etwa durch den Nachweis seines mangelnden Verschuldens verhindern wozu er bei einer von ihm zu zahlenden Vertragsstrafe einschließlich Verzugszinsen im Sinne des § 9 des Mustervertrages bzw. § 1 Abs. 5 der 2. DurchfBest. zur VertragsVO imstande wäre , vielmehr bleibt dieser Schaden auf ihm hängen, weil die von ihm zu zahlenden Bankzinsen keine Vertragsstrafen sind, sondern vereinbarte Darlehnszinsen, die sich aus dem Bankkreditvertrag ergeben. Hier liegt der Kern des Problems: An sich bildet dieses „Hängenbleiben“ auf einem Schaden keine Ausnahme. Auch dann, wenn der Gläubiger einer nicht in einer Geldleistung bestehenden Schuld vom Schuldner weder Vertragsstrafe noch Schadensersatz erhält, weil dieser 458 5) Staat und Recht 1952 S. 89 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 458 (NJ DDR 1953, S. 458) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 458 (NJ DDR 1953, S. 458)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des erhöhten Vorgangsanfalls, noch konsequenter angestrebt werden.

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