Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 451

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 451 (NJ DDR 1953, S. 451); Rechtsprechung unser Problem gelöst haben. Es sei daher nur der Ordnung halber bemerkt, daß die Annahme von Gutschmidt, nicht einmal die bürgerliche Rechtsprechung hätte ein Angehen gegen ein einverständlich erschlichenes Urteil zugelassen, auf Irrtum beruht. Es zeigt sich hier, wie wichtig es ist, Entscheidungen nicht nach irgendwelchen Kommentaren zu zitieren, sondern sie selbst nachzulesen. Hätte Gutschmidt dies getan, so hätte er festgestellt, daß gerade in der von ihm zitierten Entscheidung RGZ 36 S. 249 das „simulierte Judikat“ für unwirksam erklärt wird und der von ihm zitierte Satz, wie das ehemalige Reichsgericht ausdrücklich erklärt, nicht dahin zu verstehen ist, daß sich die Partner einer solchen Simulation nicht auf die Unwirksamkeit des Urteils berufen könnten. Er hätte weiter festgestellt, daß die Entscheidung des ehemaligen Reichsgerichts in JW 1938 S. 1262 ebenso wie die dort zitierte Entscheidung RG Warn 1936 Nr. 175 den ganz anderen Fall eines Gestaltungsurteils, nämlich ein Scheidungsurteil, betrifft, bei dem angeblich der Tatbestand dem Gericht unvollständig unterbreitet worden war, was, wie nach der damaligen Rechtslage mit Recht festgestellt wird, dem früheren Ehegatten nicht die Befugnis gab. eine Sorgerechtsverteilung zu verlangen, wie sie vielleicht bei vollständigem Saehvortrag stattgefunden hätte. Inwieweit Gestaltungsurteile den oben entwickelten Grundsätzen unterliegen, bedarf einer besonderen Untersuchung; die vorliegenden Erörterungen befassen sich lediglich mit dem Regelfall eines Leistungsurteils. 2. Die zweite Hauptkategorie sind die Fälle, in denen lediglich eine Partei, nämlich diejenige, die das unrichtige Urteil durch Prozeßbetrug, Meineid usw. herbeigeführt hat, ein Vorwurf trifft. Da hier das Argument, die geschädigte Partei verdiene keinen Rechtsschutz, versagt, bedient sich Gutschmidt für diese Fälle des Hauptbeweisstücks, das sämtliche bürgerlichen Gegner der reichsgerichtlichen Rechtsprechung, angefangen von H e 11 w i g über Stein bis zu Rosenberg, Lent und Baumbach, ins Feld geführt haben, nämlich des Hinweises auf das Wiederaufnahmeverfahren: durch die Schaffung der Restitutionsklage und neuerdings der Kassation habe das Gesetz selbst zu erkennen gegeben, in welchem Umfange und unter welchen Voraussetzungen fehlerhaft, insbesondere kriminell, herbeigeführte Urteile beseitigt werden dürften; gerade aus der dort vorgesehenen zeitlichen Beschränkung ergebe sich, daß die Beseitigung eines rechtskräftigen Urteils nach Ablauf der gesetzlichen Frist nicht mehr zulässig sein solle; lasse man gleichwohl die Klage aus § 826 BGB unbeschränkt zu, so würden damit die gesamten Vorschriften über die Restitutionsklage illusorisch gemacht. Bei der Erörterung dieser Einwendung ist zunächst der Hinweis auf das Kassat.ionsverfahren auszuschalten. Der Hauptfall der Kassation ist der Fall des „nur“ unrichtigen, d. h. des auf normale Weise zustande gekommenen, aber materiell unzutreffenden Urteils, also derjenige Tatbestand, für welchen wir die Anwendung des § 826 zwecks Beseitigung des Urteils gerade abgelehnt haben. Daß die Kassation die Ausnahmefälle der arglistigen Urteilserschleichung nicht im Auge hat, ergibt sich schon aus dem Vergleich zwischen der einjährigen Kassationsfrist und der fünfiährigen Wiederaufnahmefrist. Die Möglichkeit der Kassation äst also kein Argument gegen die Zulassung der Klage aus § 826 BGB, wenn auch natürlich da, wo die arglistige Urteilserschleichung vor Ablauf der Kassationsfrist ans Tageslicht kommt, die Kassation des Urteils seiner Beseitigung auf dem Wege über § 826 BGB vorzuziehen ist. Dagegen ist es richtig, daß die Tatbestände des § 580 Ziff. 1 bis 4 ZPO sich mit den Fällen der arglistigen Urteilserschleichung im allgemeinen decken, wenn auch die Kasuistik dieser Vorschriften nicht alle möglichen Fälle eines arglistigen Verhaltens bei der Prozeßführung umfaßt. Richtig ist auch, daß bei der Schaffung der Zivilprozeßordnung hiermit offensichtlich eine erschöpfende Regelung der Fälle einer außerordentlichen Urteilsbeseitigung stattfinden sollte. Aber seit der Schöpfung der Zivilprozeßordnung ist mehr als dreiviertel Jahrhundert vergangen, und die Entwicklung während dieser Zeit hat eindeutig gezeigt, daß diese Regelung unzureichend war. Gerade die Zulassung der Klage aus § 826 BGB in den Fällen, in denen die Vor- aussetzungen der Restitutionsklage nicht oder nicht mehr gegeben waren, ist eines der bemerkenswertesten Beispiele der Weiterentwicklung des Rechts durch die Rechtsprechung, und die Tatsache, daß diese Entwicklung schon bald nach dem Inkrafttreten der Zivilprozeßordnung begann, beweist uns, daß es sich hier nicht um einen Fall der Auflösung der bürgerlichen Gesetzlichkeit durch die Gerichte des imperialistischen Staates handelte. Auch hier kann das Problem für uns nur auf der Grundlage der Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Wissenschaft gelöst werden, wobei das argumentum e contrario aus den auch in anderer Beziehung Veralteten und längst überholungsbedürftigen Vorschriften der ZPO über die Restitutionsklage, das schon die bürgerliche Rechtsprechung in unserem Zusammenhang nicht beachtete, heute erst recht kein Hindernis sein darf. Ein Beispielsfall, der sich vor längerer Zeit in der Praxis ereignet hat, mag die Problematik beleuchten: Der Kläger hatte dem Beklagten für ein Darlehn einen kostbaren Ring verpfändet und bei einem späteren Besuch in der Wohnung des Beklagten den Ring unbemerkt wieder an sich genommen. Einige Zeit später zahlte er das Darlehn zurück, verlangte vom Beklagten, natürlich ohne Erfolg, Rückgabe des Ringes, und verklagt ihn auf Zahlung von 3000 M Schadensersatz. Der Beklagte hat zwar den Verdacht, daß der Kläger selbst den Ring weggenommen hat, kann dies aber nur durch Bezugnahme auf dessen Zeugnis unter Beweis stellen. Der Kläger beschwört, daß er den Ring nicht weggenommen und nicht zurückerhalten hat. Darauf wird der Beklagte verurteilt; das Urteil stellt fest, daß der Kläger dem Beklagten einen Ring verpfändet und diesen nicht zurückerhalten hat; der Urteilsbetrag wird vom Beklagten beigetrieben. Nach 7 Jahren trifft der Beklagte unter Zeugen zufällig den Kläger und entdeckt den Ring an dessen Finger. Der Kläger wird gestellt und gibt den Sachverhalt zu, weigert sich aber, die 3000 M zurückzuzahlen. Auch hier erhebt sich, da die Restitutionsklage wegen Fristablaufs nicht mehr zulässig ist, die Frage: erfordert es die Achtung vor der dem endgültigen Richterspruch innewohnenden staatlichen Autorität, dem Geschädigten die Rückforderung zu versagen, weil sich diese auf die Behauptung stützen müßte, daß die Feststellung des ersten Urteils, der damalige Kläger habe den Ring nicht zurückerhalten, und infolgedessen das Urteil selbst unzutreffend war und diese Feststellung gegen die Rechtskraft verstößt? Muß man wirklich mit Gutschmidt sagen: „Es ist eben endgültig aus das Urteil kann nicht mehr beseitigt werden“? Nach meiner Meinung erfordert gerade die Tatsache, daß hier mit Mitteln des Rechts, mit Hilfe des böswillig irregeführten Gerichts, also unter Mißbrauch der Staatsautorität, ein schreiendes Unrecht verübt worden ist. den Schluß, daß das staatliche Interesse die Wiedergutmachung dieses Unrechts nicht nur gestattet, sondern absolut notwendig macht. Einem derartigen Zustand hilflos gegenüberzustehen, würde den Bankrott der Justiz bedeuten; konkret gesehen: kein Laie würde einen solchen Rechtszustand verstehen oder billigen, und das bedeutet den Verlust des Vertrauens zur Justiz oder, mit anderen Worten, die Schmälerung der staatlichen Autorität. Das wird von den wenigen, die anderer Meinung sind, auch meist nicht verkannt, jedoch sind sie der Auffassung, das Institut der Rechtskraft sei so wertvoll, daß man selbst derartige Ausnahmefälle tolerieren müsse. Dazu ist zu sagen, daß gerade, weil es sich dabei glücklicherweise immer nur um Ausnahmefälle handeln kann, das Institut der Rechtskraft hierdurch grundsätzlich nicht beeinträchtigt wird, vor allem aber, daß jene Stellungnahme nur möglich ist, wenn man die Rechtskraft mit der bürgerlichen Lehre ausschließlich als ein Ordnungsprinzip auffaßt. Beurteilt man sie richtig als eine Folge der im Richterspruch zum Ausdruck gelangenden Staatsautorität, so kann gar kein Zweifel daran aufkommen, daß ihre Durchbrechung zulässig ist, sobald die Staatsautorität gerade durch die Aufrechterhaltung des Urteils beeinträchtigt werden würde. Die Existenz der Restitutionsklage kann also nichts daran ändern, daß da, wo ihre Voraussetzungen nicht 451;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 451 (NJ DDR 1953, S. 451) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 451 (NJ DDR 1953, S. 451)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen, insbesondere der Staatsanwaltschaft und dem für das Verfahren zuständigen Gericht, In Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und. der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortung organisiert er das Zusammenwirken mit den Organen des MdI, vor allem der Verwaltung Strafvollzug sowie mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen, Institutionen und gesellschaftlichen Kräften. Das erfordert - den zielgerichteten und konzentrierten Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der politisch-operativen Aufgaben durch die Linie davon auszuqehen, daß die Sammlung von Informationen im tvollzuq zur Auslieferung an imperialistische Geheimdienste und andere Feindeinrichtunqen, vor allem der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, durch die Schaffung ungünstiger äußerer Realisierungsbedingungen die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft entsprechend, ständig vervollkommnet und weiter ausgeprägt werden muß. In diesem Prozeß wächst die Rolle des subjektiven Faktors und die Notwendigkeit seiner Beachtung und Durchsetzung, sowohl im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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