Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 390

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 390 (NJ DDR 1953, S. 390); dieser Auffassung Örschekowskis verlangt das Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts, daß sich das fortgesetzte Verbrechen „aus einer Anzahl wesensmäßig gleicher (gleichartiger) verbrecherischer Handlungen zusammensetzt“16). Für die Annahme des Fortsetzungszusammenhangs ist es somit eine unerläßliche Voraussetzung, daß durch die einzelnen Akte jeweils das gleiche, wenigstens aber gleichartige Objekt angegriffen worden ist. Diese Auffassung hat auch das Oberste Gericht vertreten17). 3. Marx lehrt, daß sich jede menschliche Tätigkeit gerade dadurch auszeichnet, daß sie die Verwirklichung des Zweckes ist, der dem Menschen bewußt geworden ist und der die Ausführung der Tätigkeit ganz und gar bestimmt18). Daraus ergibt sich, daß auch die Zielsetzung, d. h. die Vorstellung des konkreten Planes zur Verwirklichung der Zwecke, für die richtige Bestimmung des Charakters eines Verbrechens eine große Rolle spielt. Jedem einzelnen Akt des fortgesetzten Verbrechens liegt eine bestimmte Zielsetzung zugrunde. Will man diese einzelnen Akte zu einem einheitlichen Verbrechen zusammenfassen, so setzt das voraus, daß auch die einzelnen Zielsetzungen gleich oder wenigstens ähnlich sein müssen. Das wird immer dann vorliegen, wenn die einzelnen Akte „auf ein gemeinsames Ziel gerichtet sind“19). Hierbei kommt es nicht auf einen Gesamtvorsatz an, sondern nur darauf, ob die konkrete Zielsetzung der einzelnen Akte unter einem gemeinsamen und einheitlichen Gesichtspunkt des Täters verwirklicht worden ist. Somit ist die Einheitlichkeit und Gleichartigkeit der Zielsetzung bei den einzelnen Akten eine weitere Voraussetzung für die Annahme eines Fortsetzungszusammenhanges. Diese beiden Merkmale Objekt und Zielsetzung sind die grundlegenden; sie sind für Inhalt und Charakter der einzelnen Akte und ihre Zusammenfassung von entscheidender Bedeutung. Beide Merkmale reichen aber allein nicht aus, sondern müssen in jedem Fall durch e'ne Reihe weiterer Umstände (wie Raum und Zeit, Begehungsweise, Gegenstand und Mittel usw.) ergänzt und vervollständigt werden, die in engem Zusammenhang zu betrachten sind. So kann ein einzelner Umstand, für sich betrachtet, für die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs sprechen, während alle anderen Umstände im Widerspruch dazu stehen. Eine richtige Entscheidung ist also nur möglich auf der Grundlage guter Sachaufklärung und Würdigung aller Umstände entsprechend ihrer Bedeutung. Die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs steht also nicht am Anfang, sondern am Ende der Untersuchung. Wir können folgendes Ergebnis festhalten: Es gibt tatsächlich Verbrechenserscheinungen, die aus einer Reihe einzelner selbständiger Verbrechensakte bestehen, die ihrerseits durch einen besonderen Zusammenhang miteinander zu dieser einheitlichen verbrecherischen Handlung verbunden sind. Dabei tritt dieser Zusammenhang einmal durch die Gleichartigkeit der durch die einzelnen Akte angegriffenen Objekte sowie durch die Einheitlichkeit und Gleichartigkeit der den einzelnen Akten zugrunde liegenden Zielsetzung, zum anderen durch die Gesamtheit aller übrigen Umstände in Erscheinung. Eine solche Verbrechenserscheinung ist als fortgesetztes Verbrechen zu bezeichnen. Das fortgesetzte Verbrechen ist also kein Fall der Verbrechenskonkurrenz. Die Strafe ist daher nicht aus § 73 StGB oder § 74 StGB zu bilden, vielmehr ist für das gesamte Verbrechen eine einheitliche Strafe auszusprechen. V Worin besteht die praktische Bedeutung des Instituts des Fortsetzungszusammenhangs? 1. Es gibt die Möglichkeit, eine bestimmte Erscheinungsform des Verbrechens richtig zu erfassen und damit richtig zu würdigen. Diese unterscheidet sich 16) Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts, a. a. O. S. 382. 17) OGSt Bd. 2 S. 35: „Es 1st zunächst erforderlich, daß sich die einzelnen Handlungen gegen gleichartige . Objekte . richten.“ ls) Marx, Das Kapital, Bd. I S. 186. 10) Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts, a. a. O. und OGSt Bd. 2 S. 35. wie oben festgestellt sowohl von der einfachen Verbrechensmehrheit20) als auch von der Komplexhandlung und von dem durch mehrfache Körperbewegung begangenen Verbrechen21). Man kann mit Hilfe dieses Instituts sowohl das Vorhandensein der einzelnen Akte als auch ihren besonderen Zusammenhang erfassen und strafrechtlich würdigen22 23 * * *), indem man eine einheitliche Strafe bildet. Es sind also keine Einsatzstrafen auszuwerfen. Darin liegt zugleich eine weitere praktische Bedeutung, die sich besonders bei einer großen Zahl einzelner Akte bemerkbar macht. Die große politische und praktische Bedeutung der richtigen Anwendung dieses Instituts soll noch einmal am Beispiel der mehrfachen Begehung eines Verbrechens gegen das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums gezeigt werden**): Verschiedene Richter haben in Anwendung der alten Lehre vom Fortsetzungszusammenhang argumentiert, daß, wenn es sich um ein fortgesetztes Verbrechen handelt, dann eben nur ein Verbrechen vorliege und folglich § 2 Abs. 2 VESchG nicht anzuwenden sei. Dabei haben sie praktisch die Form, die Begehungsweise des wirklichen fortgesetzten Verbrechens außer acht gelassen. Das Ergebnis war falsch. Bei einer richtigen, dialektischen Betrachtung dagegen ergibt sich, daß gleichzeitig ein Verbrechen (dem Inhalt nach) und mehrere Verbrechen (der Form nach) begangen wurden. Da aber § 2 Abs. 2 Buchst, b und c VESchG bestimmte Begehungsformen (mehrfache Begehung, Begehung durch eine Gruppe von Personen, Anwendung von Gewalt oder Diebeswerkzeugen) wegen ihrer größeren Gesellschaftsgefährlichkeit unter erhöhte Strafdrohung stellt, ist es klar, daß in diesem Fall die Form der Begehung eines Verbrechens eine wichtige Rolle spielt. Wenn also ein Verbrechen gegen das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums in fortgesetzter Handlung begangen worden ist, dann liegt stets eine mehrfache Verletzung dieses Gesetzes im Sinne des § 2 Abs. 2 Buchst, b VESchG vor. Die richtige Betrachtungsweise führt also auch zu einem juristisch einwandfreien Ergebnis. 2. Das Institut des Fortsetzungszusammenhangs wird gern in den Fällen angewandt, bei denen entweder in einer bestimmten Zeit eine größere, ziffernmäßig nicht mehr genau bestimmbare Anzahl von Verbrechen fortgesetzt begangen worden ist oder bei denen sich die genauen zeitlichen und örtlichen Umstände der einzelnen Akte nicht mehr feststellen lassen. Hier soll das Institut dazu dienen, auch ohne restlose Sachaufklärung eine dem Wesen der Sache entsprechende Bestrafung zu sichern. Dies wird jedoch nur erreicht, wenn unsere Richter verantwortungsbewußt sind und hier nicht versuchen, sich ihrer Verpflichtung zur genauen Aufklärung des Sachverhalts zu entledigen22). 3. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob mit der Übernahme der Form des Instituts des Fortsetzungszusammenhangs auch die von den bürgerlichen Strafrechtsideologen daran geknüpften Rechtsfolgen übernommen werden können. Das ist m. E. unzulässig. a) Die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs kann keinesfalls generell eine Strafmilderung gegenüber der einfachen Mehrheit der einzelnen Verbrechen bedeuten. Es hängt vielmehr von den Umständen, von der Gefährlichkeit der Tat und der Gefährlichkeit des Täters, von der „historischen Perspektive“ (Wyschinski) usw. ab, ob zehn in Fortsetzungszusammenhang begangene Verbrechen schwerer oder milder zu bestrafen 20) 10 in Fortsetzungszusammenhang begangene Diebstähle sind doch etwas anderes als 10 Diebstähle, die in Realkonkurrenz stehen. 21) 10 in Fortsetzungszusammenhang begangene Diebstähle sind eben nicht nur einfach ein einziger Diebstahl. 22) Vielleicht sollte man diesen Gedanken auch im Urteilstenor zum Ausdruck bringen und sagen: „10 fortgesetzte Diebstähle“ oder „10 Diebstähle in Fortsetzungszusammenhang“. 23) Die in Fußnote 22 angedeutete Formulierung würde auch hier den Richter veranlassen, eine genaue Sachaufklärung zu sichern jedenfalls hinsichtlich der Verbrechen, die dann ziffernmäßig im Urteilstenor erscheinen. **) Dieses Beispiel ist geeignet, die Darlegungen des Verfassers in besonders anschaulicher Weise zu illustrieren. Daran ändert sich nichts, selbst wenn die hier zugrunde gelegte Fassung des VESchG eine Änderung erfahren sollte. Die Redaktion. 390;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 390 (NJ DDR 1953, S. 390) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 390 (NJ DDR 1953, S. 390)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht wird, ein am Körper verstecktes Plakat, das mit einem Text versehen ist, mit welchem die Genehmigung der Übersiedlung in die gefordert wird. durch die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit genutzt werden kann. Für die Lösung der den Diensteinheiten der Linie übertragenen Aufgaben ist von besonderer Bedeutung, daß Forderungen gestellt werden können: zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersubungshaftvollzug durohzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Losung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung und der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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