Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 389

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 389 (NJ DDR 1953, S. 389); Verbrechens. Um diese Merkmale gänzlich lierauszu-arbeiten, muß untersucht werden: 1. Welchen Charakter tragen die einzelnen Akte? 2. Welches Verhältnis besteht zwischen den einzelnen Akten untereinander? 3. Welches Verhältnis besteht zwischen den einzelnen Akten einerseits und dem Gesamtverbrechen andererseits? Zu 1: Im Gegensatz zur Komplexhandlung, bei der die einzelnen Akte „teils auch bei isolierter Betrachtung den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllen, teils aber isoliert gesehen strafrechtlich unerheblich sein können“9), sind beim fortgesetzten Verbrechen alle einzelnen Akte strafrechtlich von Bedeutung. Ein weiterer Unterschied besteht gegenüber den sog. mehreren gleichartigen Körperbewegungen bei der Begehung eines Verbrechens, z. B. mehrmaliges Schlagen bei der Körperverletzung oder mehrfaches Zerbrechen bei der Sachbeschädigung usw, Hier stellen die einzelnen Körperbewegungen für sich keine selbständigen Delikte dar. Die einzelnen Akte der fortgesetzten Handlung dagegen sind, jeder für sich betrachtet, vollständige tatbestandsmäßige Delikte. Diesen entscheidenden Gedanken hat auch das Oberste Gericht ausgesprochen: „Es ist zunächst davon auszugehen, daß jede einzelne Handlung ein Verbrechen darstellt“10 11). Und das Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts geht bei der Charakterisierung des fortgesetzten Verbrechens von folgendem Hauptmerkmal aus: „Von der Verbrechenskonkurrenz muß man solche Fälle unterscheiden, bei denen trotz Vorliegens mehrerer Handlungen jede von diesen für sich genommen ein Verbrechen darstellt, .“al). Die einzelnen Akte besitzen also sowohl untereinander als auch gegenüber dem gesamten Verbrechen eine gewisse Selbständigkeit. In unserem Beispiel hatten wir es demnach tatsächlich mit 10 einzelnen vollständigen Diebstahlshandlungen zu tun. Zu 2 und 3: Auch die einfache Mehrheit von Verbrechen besteht aus vielen vollständigen und selbständigen Delikten,, aber ihr Zusammenhalt ist so lose, daß es zu keiner besonderen Zusammenfassung kommt; es bleibt eine einfache Aneinanderreihung verschiedener Verbrechen, die lediglich von ein und demselben Täter begangen worden sind (Tatmehrheit oder Realkonkurrenz). Daher findet hier § 74 StGB Anwendung. Bei der fortgesetzten Handlung dagegen stehen die einzelnen Akte in einem Zusammenhang, der so stark ist, daß er sie zu einem einheitlichen Ganzen, eben zu dem Gesamtverbrechen, zusammenzufassen vermag. Das Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts sagt: „Alle diese (einzelnen, E. B.) Handlungen sind jedoch als e i n Verbrechenzu betrachten“, „sie machen in ihrer Gesamtheit ein einziges (einheitliches) Verbrechen aus“12). Es handelt sich hier nicht um eine einfache Aneinanderreihung von einzelnen Verbrechen, sondern um eine Zusammenfassung zu einer neuen Qualität, so wie beispielsweise ein loses Nebeneinanderstellen von Tischplatte und Tischbeinen nicht einfach einen Tisch ausmacht, sondern diese Teile erst durch das richtige Zusammenfügen zur Qualität Tisch werden. Daher ist auch der Fortsetzungszusammenhang weder ein Fall des § 73 noch des § 74 StGB. Das Ergebnis der Untersuchung ist also: 1. Jeder einzelne Akt ist ein selbständiges, vollständiges Verbrechen. 2. Die einzelnen Akte sind durch einen besonderen Zusammenhang zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefügt. Diese beiden Merkmale stehen in bestimmter Beziehung zueinander: Wird die Selbständigkeit der einzelnen Akte immer größer und der innere Zusammenhang immer schwächer oder hört er ganz auf etwa durch große Zeitabstände, große Unterschiede der Begehungsform oder der Zielsetzung oder des Objekts , dann wird schließlich ein Punkt erreicht, an 9) OGSt Bd. 2 s. 12. 10) OGSt Bd. 2 S. 35. 11) Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, Moskau 1952, S. 381 (russ.). Heraushebungen und Übersetzung von mir, E. B. 12) a. a. O. S. 381 und 382. dem man nicht mehr Von einer fortgesetzten Handlung, sondern von einer einfachen Mehrheit von Verbrechen spricht. Wird dagegen der innere Zusammmenhalt immer stärker und dabei die Selbständigkeit der einzelnen Akte immer geringer oder hört sie ganz auf, dann wird in der anderen Richtung ein Punkt erreicht, an dem man ebenfalls nicht mehr von einer fortgesetzten Handlung sprechen kann. Hier liegt dann ein Verbrechen mit mehrfacher Körperbewegung vor. Ein Beispiel: Jemand nimmt von einem Kohlenplatz 10 Kohlen weg, indem er zehnmal je eine Kohle in seine Tasche steckt und dann mit der vollen Tasche losgeht. Das ist natürlich ein Diebstahl, der durch mehrfache Körperbewegung verwirklicht wird. Nimmt aber der Betreffende jeden Tag 10 Pfund Kohlen vom Kohlenplatz weg, dann ist das ein fortgesetztes Verbrechen. Nimmt er aber schließlich heute hier ein paar Kohlen, morgen dort ein Stück Buntmetall und ein anderes Mal nach längerer Zeit aus einem verschlossenen Schreibtisch 100 Mark, dann handelt es sich um eine Mehrheit von Verbrechen. Was zeigen diese Beispiele? 1. Auch das in Fortsetzungszusammenhang begangene Verbrechen hat wie jede Erscheinung im täglichen Leben keine starren Grenzen, sondern seine Übergänge zu ähnlichen Erscheinungen. 2. Diese Übergänge qualitative Veränderungen! sind das Ergebnis bestimmter einfacher (quantitativer) Veränderungen, 3. Es gibt also kein Rezept und keine für alle Fälle gültige Formel, wann Fortsetzungszusammenhang vorliegt und wann nicht. Man muß vielmehr in jedem einzelnen Fall untersuchen, ob die Selbständigkeit der einzelnen Akte und ihr Zusammenhang untereinander in einem solchen Verhältnis steht, wie es bei dem fortgesetzten Verbrechen der Fall ist. Dazu aber braucht man ein genaues und umfassendes Bild des tatsächlichen Vorganges des Verbrechens. Hier erweist sich die Richtigkeit der so oft vom Obersten Gericht aufgestellten Forderung nach einer gründlichen und genauen Sachaufklärung und Tatsachenfeststellung. IV Unter welchen praktischen Gesichtspunkten muß nun der Richter oder Staatsanwalt prüfen, ob im gegebenen Falle ein Fortsetzungszusammenhang vorliegt? Gehen wir dabei nach den Elementen des Verbrechens vor: 1. Das Subjekt des Verbrechens, also der Täter, muß natürlich dasselbe sein. 2. Das Verbrechensobjekt, das für die richtige Bestimmung des Charakters des Verbrechens von ausschlaggebender Bedeutung ist, muß ein und dasselbe sein13). Orschekowski dagegen ist der Meinung, daß ein Fortsetzungszusammenhang auch bei Angriffen auf verschiedene Objekte vorliegen könne14). Wie kann aber ein Verbrechen einen seinem Wesen nach einheitlichen Charakter tragen, wenn seine einzelnen Begehungsformen, seine einzelnen Bestandteile, Anschläge auf verschiedene Objekte sind? Orschekowski behauptet, das könne sich aus der verbrecherischen Zielsetzung des Täters ergeben, und räumt hier einseitig einem subjektiven Element, nämlich der Zielsetzung, die ausschlaggebende Bedeutung ein. Demgegenüber hat unsere demokratische Strafrechtswissenschaft stets die Einheit von objektiven und subjektiven Elementen betont, und auch das Oberste Gericht hat gegen die einseitige Überbetonung der subjektiven Elemente Stellung genommen15). Orschekowski unterschätzt damit die Rolle des Objekts, das doch maßgeblich den Inhalt des Verbrechens bestimmt. In seinem praktischen Ergebnis bejaht er zwar die Möglichkeit eines Fortsetzungszusammenhangs zwischen Körperverletzung, Diebstahl und Beleidigung obwohl diese Verbrechen sich gegen ganz verschiedene Objekte richten , zeigt aber nich+, wie man Körperverletzung, Diebstahl und Beleidigung zu einer neuen Einheit zusammenfassen kann. Entgegen 13) vgl. z. B. die Frage: Art. 6 der Verfassung oder § 113 StGB? H) NJ 1952 S. 566. 15) OGSt Bd. 2 S. 35. 389;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 389 (NJ DDR 1953, S. 389) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 389 (NJ DDR 1953, S. 389)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges berechtigt. Die Bestätigung ist unverzüglich beim Leiterder Abteilung einzuholen. Er hat diese Maßnahmen zu bestätigen oder aufzuheben. Über die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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