Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 372

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 372 (NJ DDR 1953, S. 372); liehen Freispruch der Beweis dafür erbracht sei, daß der der fristlosen Kündigung zugrunde liegende Tatverdacht und damit auch die Kündigung unbegründet sei. Die Verklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und dabei vorgebracht, daß sie die Kassation der freisprechenden Strafurteile beim Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik beantragt habe. Das Landesarbeitsgericht hat sich der ReChtsauffassung des Vorgerichts angeschlossen und die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Das inzwischen durchgeführte Kassationsverfahren hat zur Aufhebung des Urteils und zur Verurteilung des Klägers durch das Landgericht geführt. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation der arbeitsgerichtlichen Urteile beantragt. Dieser Antrag ist begründet. Aus den Gründen: Aus dem vorliegenden Sachverhalt geht hervor, daß durch gerichtliche Entscheidung die Richtigkeit der Gründe, die Anlaß der fristlosen Entlassung waren, festgestellt wurde. Zwar konnte das Arbeitsgericht zum Zeitpunkt seiner Urteilsfällung noch nicht voraussehen, daß dem vorliegenden Freispruch auf Grund einer Kassation später eine Verurteilung des Klägers folgen würde. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Auch ein freisprechendes Urteil kann nicht rückwirkend die erfolgte Kündigung rechtsunwirksam machen. Der seinerzeit gültige, hier in Betracht kommende Kollektivvertrag für die Unternehmungen der Metallindustrie und des metallverarbeitenden Handwerks in der SBZ vom 1. Juli 1947 weist hinsichtlich der Entlassung von Beschäftigten keine Bestimmungen auf. Für die Beurteilung des Rechtsstreits ist daher die allgemeine Regelung des § 626 BGB maßgebend. Danach kann von jedem Teil ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden,'wenn ein „wichtiger“ Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist nach Auffassung des Senats nicht erst dann gegeben, wenn durch eine Verurteilung der Beweis einer begangenen strafbaren Handlung erbracht wird, sondern auch unabhängig von einer Verurteilung dann, wenn ein Beschäftigter bei der Tat angetroffen wird, er die strafbare Handlung gesteht, oder sich der begründete Verdacht einer strafbaren Handlung aus der Tatsache ergibt, daß sich ein zuständiges staatliches Organ mit der Untersuchung der Angelegenheit befaßt. Zwar reicht nach den in der bisherigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung herrschenden Grundsätzen der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung nicht aus. Haben aber die Untersuchungsorgane des Staates in irgendeiner Weise eingegriffen, kann nicht mehr von einem bloßen Verdacht gesprochen werden, vielmehr besteht in dem Augenblick bereits der dringende Verdacht, der die Rechtfertigung zur fristlosen Kündigung gibt. Diese Konsequenz ergibt sich aus der Autorität des Staates, die Ausdruck der Stärke und des Willens der Werktätigen ist, und die unter unseren politischen und ökonomischen Verhältnissen nicht in Widerspruch zu den Interessen der Werktätigen steht. Die Gegner unserer Republik versuchen seit jeher mit den verschiedensten Mitteln unseren Aufbau zu stören. Hierzu gehört auch der Versuch, die Produktion unserer volkseigenen Betriebe zu hemmen. Sie bedienen sich dabei nicht nur der Zerstörung von Produktionsmitteln und der Desorganisierung der Arbeit, sondern auch des Diebstahls von Werkzeugen und Materialien. Nur größte Wachsamkeit wird alle Versuche des Gegners vereiteln können. Deshalb ist es auch notwendig, daß die geeigneten Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig getroffen werden. Es kann daher, auch auf den vorliegenden Fall angewendet, nicht erst abgewartet werden, bis eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt, sondern schon der hinreichend starke, dringende und ernstliche Verdacht, der Veranlassung zum Eingreifen der Staatsorgane gegeben hat, muß solche Sicherheitsmaßnahmen, wie sie in einer fristlosen Kündigung zu sehen sind, auslösen. Wird der Beschäftigte von einem Untersuchungsorgan in Haft genommen, dessen Tätigkeit ebenso wie die jedes anderen Staatsorgans der demokratischen Gesetzlichkeit entsprechen muß, so bedeutet das eine so erhebliche Stärkung des Verdachts, daß Schwere und Dringlichkeit nunmehr eine fristlose Entlassung rechtfertigen. Anmerkung: ln der vorliegenden Entscheidung hat das Oberste Gericht ausgesprochen, daß ein Grund zur fristlosen Entlassung bereits dann gegeben ist, wenn sich durch das Eingreifen eines staatlichen Untersuchungsorgans der starke, dringende Verdacht einer strafbaren Handlung ergibt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich diese Entscheidung auf § 626 BGB, der vor dem Erlaß der Verordnung über Kündigungsrecht vom 7. Juni 1951 für fristlose Entlassung geltenden Bestimmung, bezieht, nach der eine fristlose Entlasung dann vorgenommen werden kann, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Im § 9 der Verordnung über Kündigungsrecht sind die Entlassungsgründe im einzelnen auf ge führt, ohne daß die Generalklausel „ein wichtiger Grund“ enthalten ist. Nach § 9d kann das Arbeitsvertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist dann beendet werden, wenn der Beschäftigte eine strafbare Handlung begangen hat, wegen der seine Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht mehr zu vertreten ist. Die Frage, ob nach dieser Vorschrift der oben angeführte Grundsatz Anwendung findet, ist offen geblieben, weil diese Entscheidung zu ihrer Erörterung keinen Anlaß bot. Es ist aber allgemein festzuhalten, daß aus Gründen der Wachsamkeit und Sicherheit der Betrieb die Möglichkeit haben muß, einen Beschäftigten dann fristlos zu entlassen, wenn er in so dringendem Verdacht einer im Betrieb begangenen strafbaren Handlung steht, daß ein staatliches Untersuchungsorgan eingegriffen hat. Dem steht auch nicht der Wortlaut des § 9d der Verordnung über Kündigungsrecht entgegen, da dieser nur von der Tatsache der strafbaren Handlung ausgeht und nicht von einer dieserhalb ergangenen Verurteilung. Irmgard Eisermann, Oberrichter am Obersten Gericht Strafrecht § 223 Abs. 2 StPO. Betrifft ein Rechtsmittel die Rüge unrichtiger Strafzumessung, so müssen die zu einer abweichenden Entscheidung führenden Gründe ausführlich und überzeugend sein. Insbesondere muß das Urteil darlegen, worin die falsche Bewertung des Grades der Gesellschaftsgefährlichkeit des Verbrechens durch das erstinstanzliche Urteil besteht, und muß auch die Anträge des Staatsanwalts erörtern. OG, Plenarentscheidung vom 20. Mai 1953 1 Zst PI I 2/53. Die Angeklagten R. und H. sind durch Urteil des Bezirksgerichts D. vom 22. Oktober 1952 zu je acht Jahren Zuchthaus wegen Verbrechens gegen Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik in Verbindung mit KRD Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A III verurteilt worden. Beide Angeklagten haben Verbindung mit dem sogenannten Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen in Westberlin aufgenommen und Informationen an diese Spionagestelle geliefert. Bei der Bemessung der Strafen hat das Bezirksgericht D. die von den Angeklagten im einzelnen begangenen verbrecherischen Handlungen, die Gesamtheit ihres verbrecherischen Handelns, ihre Persönlichkeit, insbesondere auch ihre gesellschaftliche Entwicklung, berücksichtigt und die Bewertung des sich insgesamt daraus ergebenden Grades der Gefährlichkeit der Angeklagten zur Grundlage seiner Strafzumessung gemacht. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts haben die Angeklagten Berufung eingelegt und sowohl unrichtige Anwendung des Gesetzes wie unrichtige Strafzumessung gerügt. Der la Strafsenat des Obersten Gerichts ist in seinem Urteil vom 19. Dezember 1952 zu der Feststellung gekommen, daß die von beiden Angeklagten erhobene Rüge der unrichtigen Gesetzesanwendung unbegründet ist. Er hat aber in beiden Fällen die Rüge unrichtiger Strafzumessung für begründet gehalten und auf die Berufung der Angeklagten das Urteil des Bezirksgerichts insoweit aufgehoben, als sie zu je acht Jahren Zuchthaus verurteilt worden sind, und im Wege der Selbstentscheidung für beide Angeklagte die Zuchthausstrafe auf je drei Jahre herabgesetzt. Zur Begründung führt der la Strafsenat des Obersten Gerichts bezüglich des Angeklagten R. aus: „Begründet ist jedoch die Rüge bezüglich der Höhe des Strafmaßes von acht Jahren Zuchthaus. Unter Berücksichtigung aller sachlichen und persönlichen Umstände hält der Senat eine Zuchthausstrafe von drei Jahren für gerechtfertigt.“ Bezüglich des Angeklagten H. heißt es: „Eine Zuchthausstrafe von acht Jahren ist nicht gerechtfertigt; wenn auch Verbrechen gegen Art. 6 der Verfassung und KRD Nr. 38 Abschn. II Art. Ill A IH für die Deutsche Demokratische Republik in hohem Maße gefährlich sind, so müssen doch bei dem weiten Strafrahmen, den insbesondere Art. 6 der Verfassung bietet, alle persönlichen und sachlichen Umstände genau abgewogen werden, um zu einer gerechten Bestrafung zu kommen. Unter Berücksichtigung 372;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 372 (NJ DDR 1953, S. 372) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 372 (NJ DDR 1953, S. 372)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der Lage sein, den Verstand zu gebrauchen. Ihn zeichnen daher vor allem solche emotionalen Eigenschaften wie Gelassenheit, Konsequenz, Beherrschung, Ruhe und Geduld bei der Durchführung von Konsularbesuchen und bei der Durchsetzuno der mit dem abgestimmten prinzipiellen Standpunkte zu sichern, alle speziellen rechtlichen Regelungen, Weisungen und Befehle für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Gegners aufzuklären und verbrechensbegünstigende Bedingungen zu erkennen, auszuräumen einzuschränken. Die dient vor allem auch dem Erkennen von lagebedingten Veränderungen Situationen, die eine Gefährdung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit der betroffenen Geheimdienste und damit im Zusammenhang stehender Einrichtungen oder weiterer Quellen für notwendig erachtet werden. Die dient folglich vor allem der Verhinderung eines Widerholungsfalls und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Rechtsver- kehrs zu fördern. Bereits vor Inkrafttreten dieses Vertrages wurde diesem Grundsatz seitens der in der Praxis konsequent Rechnung getragen.

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