Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 354

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 354 (NJ DDR 1953, S. 354); Bauern . landwirtschaftliche Erzeugnisse zu kaufen“. Die Bezugsberechtigung ergäbe sich ohne weiteres aus der „Eigenschaft des Bauernseins“, denn andernfalls sei eine gegenseitige Hilfe unter der Bauernschaft unmöglich. In seinen weiteren Ausführungen verbrieft das Bezirksgericht den Großbauern dann noch das Recht, für solche gesetzwidrigen Geschäfte untereinander den Spitzenpreis der VVEAB zu zahlen und zu nehmen, denn sonst würde der verkaufende Bauer seine Erzeugnisse an die volkseigene Aufkaufstelle abliefern und nicht an andere Bauern, was offenbar nach der Meinung des Bezirksgerichts nicht zu verantworten ist. Die im vorliegenden Fall in Frage kommende Verordnung über die Pflichtablieferung und den Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse für das Jahr 1952 Neufassung vom 23. November 1951 (GBl. S. 1082) bestimmt demgegenüber in den §§ 20, 21, daß zum Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Erfüllung der Ablieferungspflicht nur die VVEAB berechtigt sind, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften nicht ein Verkauf an die unmittelbaren Verbraucher auf den Bauernmärkten erfolgt. Die gegenseitige Hilfe der Bauern untereinander, die selbstverständlich auch ehrliche Großbauern, die die Gesetze unserer Republik einhalten, erfaßt, kann doch nicht im Sinne eines unkontrollierbaren freien Handels der Bauern untereinander verstanden werden, sondern sie wird gewährleistet durch die Arbeit der gesellschaftlichen und genossenschaftlichen Organisationen auf dem Dorfe, die die volle Unterstützung der staatlichen Organe finden. Darum war das Urteil des Bezirksgerichts falsch. Das Bezirksgericht hätte, wenn es eine höhere Bestrafung als die in der erstinstanzlichen Entscheidung ausgesprochene nicht für erforderlich hielt, gemäß § 292 Abs. 3 StPO unter Zugrundelegung des richtigen Strafgesetzes, nämlich des § 9 WStVO, nach dem gemäß § 26 der oben angeführten Verordnung Verstöße gegen die Verordnung zu bestrafen sind, selbst entscheiden müssen. Die Bereitschaft zur kritiklosen Übernahme des Berufungsvorbringens als Ausdruck mangelnder Parteilichkeit ist in einer Reihe von Entscheidungen des Bezirksgerichts erkennbar. Schon die Abfassung der Entscheidungen, die gemäß § 284 StPO das Rechtsmittel durch Beschluß verwerfen, zeigt das Bestreben des Bezirkgerichts, sich in durchaus nicht erforderlichem Maße mit dem Berufungsvorbringen auseinanderzusetzen und auch auf abwegige Behauptungen einzugehen (vgl. hierzu die Anmerkung von Beniamin in NJ 1952 S. 559). Noch klarer ist diese Tendenz erkennbar bei der Untersuchung derjenigen Berufungen, die durch Urteil gemäß § 290 Abs. 2 Buchst, a StPO als unbegründet zurückgewiesen werden und von denen etwa die Hälfte durchaus als offensichtlich unbegründet hätte verworfen werden können. Es ist selbstverständlich, daß die Berufungsbegründungen nicht summarisch abgetan werden können. Die Erfahrungen des Richters in der Rechtsprechung und in der politischen Arbeit müssen ihn .iedoch befähigen, zu erkennen, wo das legitime Vorbringen des Angeklagten im Interesse der berechtigten Verteidigung aufhört und die Verschleppung des Verfahrens, die Irreführung des Gerichts oder gar die Provokation anfängt. Die Bereitwilligkeit des Bezirksgerichts, kritiklos auf alle von dem Angeklagten vorgebrachten Argumente einzugehen, zeigt sich aber vor allem bei der Untersuchung derjenigen Entscheidungen, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht führten (§ 290 Abs. 2 Buchst, c StPO). In einer Strafsache wegen Verbrechens gegen die Wirtschaftsstrafverordnung hatte das erstinstanzliche Gericht der Urteilsfindung die eidesstattliche Versicherung eines an der Tat Beteiligten, der inzwischen republikflüchtig geworden war, zugrunde gelegt. Vom Bezirksgericht wird in der Entscheidung über die Berufung nur kritisiert, daß diese eidesstattliche Erklärung ausweislich des Protokolls nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden ist, ohne dem Kreisgericht klarzumachen, daß Erklärungen solcher Personen kein Beweiswert zugemessen werden kann. In mehreren Strafsachen wegen Verbrechens gegen das Handelsschutzgesetz führte dieses bereitwillige Eingehen auf die Behauptungen der Angeklagten zur Umgehung der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit, also zu falscher Gesetzesanwendung. So erklärte ein Angeklagter, der nach dem Handelsschutzgesetz schon früher bestraft worden war, daß er eine große Menge Samtstoff in Westberlin als Geschenk erhalten habe. Beim illegalen Transport über die Sektorengrenze in Berlin hatte er sich den Stoff um den Leib gewickelt. Ohne die Vorstrafe und die Art und Weise des Transportes kritisch zu würdigen, verläßt sich das Bezirksgericht auf die „Glaubwürdigkeit“ des Angeklagten und unterläßt eine eigene Stellungnahme darüber, ob nach dem vorliegenden Sachverhalt ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten gegeben sein kann. Übrigens geht dieses Bezirksgericht auch in erstinstanzlichen Verfahren in durchaus übertriebenem Maße auf die Argumentation der Angeklagten ein. So wird zum Beispiel die Frau eines Westberliner Unternehmers, die im Aufträge ihres Ehemannes eine gegen das Handelsschutzgesetz verstoßende Tätigkeit ausgeübt hatte, deshalb nicht nach dem Handelsschutzgesetz bestraft, weil ihr die behauptete Unkenntnis der Bestimmungen über die Warenbegleitscheinpflicht zugute gehalten wird, denn in Westberlin sei „der Kampf um die Gleichberechtigung der Frau noch nicht soweit fortgeschritten .“, daß für sie über den Auftrag des Ehemannes hinaus die Pflicht zu einer eigenen Information bestehe. Die Frau wird deshalb nur wegen fahrlässigen Vergehens gegen die Wirtschaftsstrafverordnung bestraft. Mit dieser Entscheidung bewertet das Bezirksgericht kapitalistisches Bewußtsein als Entschuldigungsgrund. Als ungenügende Parteilichkeit in der Rechtsprechung muß aber auch die Neigung des Bezirksgerichts (die sich übrigens auch schon bei anderen Bezirksgerichten gezeigt hat) zur Vermehrung der Gründe für eine notwendige Aufhebung gemäß § 291 StPO aufgefaßt werden. Welche Gesetzesverletzungen notwendig zur Aufhebung des Urteils führen unabhängig davon, ob die Begründung des Protestes oder der Berufung sich darauf stützt oder ob das Urteil darauf beruht ist in § 291 StPO erschöpfend bestimmt: Nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts, sachliche, Unzuständigkeit des Gerichts, Verhandlung in Abwesenheit eines zur Anwesenheit verpflichteten Beteiligten, Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Verhandlung und Verletzung des Rechts auf Verteidigung. Alle anderen Verfahrensverletzungen führen nur dann zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht, wenn auf ihnen das Urteil beruht (§ 280 Ziff. 2 StPO). Das Bezirksgericht bejaht eine Verletzung des Rechts auf Verteidigung immer dann, wenn die Ladungsfrist nach § 184 StPO nicht gewahrt oder wenn in der Hauptverhandlung der Hinweis auf die veränderte Rechtslage gemäß § 216 StPO unterblieben ist, ohne nachzuprüfen, ob das Urteil auf dieser Verfahrensverletzung beruht. Offenbar ist dem Bezirksgericht im Hinblick auf die von ihm vertretene Auffassung bei der Nichteinhaltung der Ladungsfrist selbst nicht ganz wohl, denn es führt in langen theoretischen Ausführungen den Nachweis, daß seine Auffassung nicht formalistisch sei. Es verweist darauf, daß das Recht auf Verteidigung eine Einrichtung des Überbaus sei, stellt umfangreiche Erörterungen über Form und Inhalt des Urteils, über die Hauptprinzipien des Strafprozesses an und zitiert aus Stalins Werk „Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“ sowie aus dem Aufsatz von Strogowitsch „Über die Bedeutung des Überbaues, insbesondere der rechtlichen Ideen und Anschauungen“. Und der Vollständigkeit halber weist das Bezirksgericht dann auch noch auf den XIX. Parteitag der KPdSU und auf die Ausführungen Stalins und Malenkows über die Beseitigung der bürgerlich-demokratischen Freiheiten durch die Bourgeoisie hin. Es ist zwar richtig, daß die nicht ordnungsmäßige Ladung des Angeklagten oder der unterbliebene Hinweis auf die veränderte Rechtslage die Verteidigung des Angeklagten entscheidend beeinträchtigen können, so zum Beispiel wenn ihm infolgedessen eine gründliche Vorbereitung auf die Hauptverhandlung nicht möglich war oder er Beweise zu seiner Entlastung nicht bei-bringen konnte. In solchen Fällen muß selbstverständlich das Urteil aufgehoben werden, da es auf dieser Gesetzesverletzung beruht. Es soll auch nicht verkannt werden, daß die Vorschriften über die Vorbereitung des Angeklagten auf die Hauptverhandlung und seine 354;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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