Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 339

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 339 (NJ DDR 1953, S. 339); Aus den Gründen: Die Klägerin ist 282 Tage nach der Scheidung der Ehe geboren,. Die gesetzliche Empfängniszeit erstreckt sich bis in die Zeit des Bestehens der Ehe hinein. Die Klägerin ist daher gemäß § 1591 BGB ein eheliches Kind. Der Verklagte beruft sich auf die Nichtehelichkeit des Kindes. Sie kann aber nach § 1593 BGB nur geltend gemacht werden, wenn sie rechtskräftig festgestellt ist. Da die Rechtsstellung eines Kindes nicht nur Beziehungen zwischen den Eltern und dem Kinde, sondern auch zur Gesellschaft auslöst, ist für die Feststellung der Nichtehelichkeit ein besonderes Verfahren vorgesehen, welches das Gericht im Gegensatz zu dem normalen Verfahren in Zivilrechtsstreitigkeiten nicht an das Vorbringen der Parteien bindet, sondern die Möglichkeit bietet, Beweise von Amts wegen aufzunehmen und Tatsachen zu berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht sind (vgl. §§ 640, 622 Abs. 1 ZPO). Das in einem solchen Anfechtungsprozeß ergehende Urteil hat dann auch im Gegensatz zu dem Regelfall im Zivilprozeß Wirkung nicht nur zwischen den Parteien, sondern für und gegen alle (vgl. § 643 ZPO). Das Urteil des Amtsgerichts führt zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß die Klägerin vom Verklagten keinen Unterhalt bekommen kann, weil zwischen diesen Parteien die Nichtehelichkeit festgestellt ist. Der tatsächliche Erzeuger des Kindes könnte aber die Unterhaltszahlung verweigern, weil das Urteil ihm gegenüber nicht wirksam und die Klägerin kraft Gesetzes ein eheliches Kind ist. Das Amtsgericht ist irriger Ansicht, wenn es glaubt, der Art. 33 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik stehe im Widerspruch zu § 1591 BGB, der die gesetzliche Vermutung für die eheliche Abstammung eines nach Eheschließung geborenen Kindes ausspricht, sofern es vor oder während der Ehe gezeugt sein kann. Während Art. 33 der Verfassung den Grundsatz ausspricht, daß ndchteheliche Geburt weder dem Kind, noch den Eltern zum Nachteil gereichen darf, regelt § 1591 BGB lediglich, unter welchen Voraussetzungen ein Kind ehelich ist. Diese Bestimmung dient der Schaffung klarer Rechtsverhältnisse gegenüber der Gesellschaft. Die Änderung der Rechtsstellung eines Kindes kann daher nicht im normalen, dem sogenannten Verhandlungsgrundsatz unterliegenden Verfahren angestretot und vorgenommen werden. §§ 138, 139, 286 ZPO; §§ 44, 48 Abs. 1 EheG. Zur Frage der Bedeutung der §§ 138, 139, 286 ZPO für die Feststellung der materiellen Wahrheit im Eheprozeß. OG, Urt. vom 17. März 1953 1 Zz 9/53. Der Kläger hat unter dem 14. Februar 1950 bei dem früheren Amtsgericht E. Klage auf Scheidung der Ehe aus alleinigem Verschulden der Verklagten gemäß § 43 EheG erhoben. Er behauptet, daß die Verklagte zumindest ehewidrige, wenn nicht ehebrecherische Beziehungen zu dem früheren Gendarmeriewachtmeister M. und dem Bruder des Klägers, Paul F., unterhalten habe. Die Verklagte hat beantragt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen. Sie ist zu den beiden ersten angesetzten Terminen trotz ordnungsmäßiger Ladung nicht erschienen. Auf Anregung des Prozeßbevollmächtigten der Verklagten beschloß das Gericht, die Verklagte auf ihren Geisteszustand untersuchen zu lassen. Der Amtsarzt stellte darauf in seinem Gutachten fest, daß bei der Verklagten ein schizophrener Defektzustand vorliege und daß auch zur Zeit des Ehebruchs der Verklagten mit Paul F. ein die Verantwortlichkeit der Verklagten ausschließender Krankheitszustand bestanden habe, der auch jetzt noch bestehe. Auf Antrag des Klägers hat das Amtsgericht ein Obergutachten des Landeskrankenhauses beigezogen. In diesem Gutachten wird festgestellt, daß der Verdacht des Vorliegens eines schizophrenen Defektzustandes berechtigt erscheine und darum die Verklagte als nicht voll prozeßfähig anzusehen sei. In einem Schreiben des Landeskrankenhauses an den Vater der Verklagten wird diesem eröffnet, daß bei der Verklagten eine Geisteskrankheit (Spaltungsirresein) bestehe. Auf Grund des Gutachtens des Landeskrankenhauses wurde der Verklagten ein Pfleger beigeordnet. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme die Ehe der Parteien wegen Ehebruchs der Verklagten mit dem Bruder des Klägers geschieden. Die Entscheidung wird auf die Zeugenaussage des Bruders des Klägers gestützt, wonach dieser in den Jahren 1942 bzw. 1943 mit der Verklagten in ehewidrigen und ehebrecherischen Beziehungen gestanden habe. Der Kläger, als Partei vernommen, hat nach der Feststellung des Amtsgerichts glaubhaft erklärt, daß er von dem Ehebruch seines Bruders mit der Verklagten erst durch dessen Zeugenaussage erfahren habe. Die Verklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Klagabweisung, den sie darauf gründet, daß sie in jedem Falle als Geisteskranke für den angeblichen, von ihr allerdings bestrittenen Ehebruch nicht verantwortlich sei. Hilfsweise hat die Verklagte beantragt, die Ehe aus alleinigem Verschulden des Klägers zu scheiden, weil er ehewidrige Beziehungen zu der Zeugin B. unterhalte. Der Kläger hat die Zurückweisung der Berufung beantragt. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts geändert und den Kläger mit der Klage abgewiesen, weil auf Grund der vorliegenden ärztlichen Gutachten die Verklagte für ihr Tun nicht verantwortlich gemacht werden könne und damit jeglicher Grund zur Scheidung der Ehe aus §§ 42, 43 EheG entfalle. Gegen beide Urteile richtet sich der Antrag des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik, da sie auf einer Gesetzesverletzung beruhen. Der Antrag mußte Erfolg haben. Aus den Gründen: Das Amtsgericht stellt den Ehebruch der Verklagten mit dem Zeugen Paul F., dem Bruder des Klägers, fest, ohne sich mit der Frage der Verantwortlichkeit der Verklagten auf Grund der damals bereits erstatteten ärztlichen Gutachten auseinanderzusetzen. Das Landgericht verfährt entgegengesetzt und weist die auf § 43 EheG gestützte Klage wegen mangelnder Verantwortlichkeit der Verklagten ab. Beide Urteile verletzen das Gesetz, und zwar das Urteil des Amtsgerichts § 286 ZPO, der dem Gericht die Pflicht auferlegt, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ebenso aber auch und in gleichem Maße das Urteil des Landgerichts § 139 ZPO, wonach der Vorsitzende die Pflicht hat, darauf hinzuwirken, daß die Parteien die sachdienlichen Anträge stellen. Er hat zu diesem Zweck mit den Parteien das Sachverhältnis nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite erschöpfend zu erörtern und muß dabei alles tun, um eine sachlich richtige Entscheidung herbeizuführen. Das Oberste Gericht hat in seinen veröffentlichten Entscheidungen (OGZ Bd. 1 S. 165, 223, 257) wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, dieser Pflicht zur Feststellung der materiellen Wahrheit mit aller Sorgfalt zu genügen. § 139 ZPO enthält mithin zusammen mit § 138 ZPO, der die Parteien zu wahrheitsgemäßen Erklärungen verpflichtet einen der wichtigsten Grundsätze unseres demokratischen Prozeßverfahrens, zumal seine Beachtung zugleich in hervorragendem Maße zur Straffung, Konzentration und damit zur schnellen Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten beiträgt (vgl. auch Artzt in NJ 1952 S. 605). Aber auch § 286 ZPO dient den gleichen Zielen und ist daher von nicht geringerer prozeßökonomischer Bedeutung. Das Amtsgericht hätte sich daher nicht über die ihm vorliegenden ärztlichen Gutachten hinwegsetzen dürfen, sondern hätte sie würdigen und je nach ihrer Beurteilung auf die Stellung sachgemäßer Anträge der Parteien hinwirken müssen. Das Landgericht als Berufungsinstanz hätte von seinem, die Verantwortlichkeit der Verklagten verneinenden Standpunkt aus den Kläger, auch wenn er durch einen Rechtsanwalt vertreten war, darauf hinweisen müssen, daß es die Sach- und Rechtslage erfordere, mindestens eventuell die Scheidung der Ehe aus § 44 EheG zu begehren, weil, wenn der Ehebruch der Verklagten mit Paul F. als festgestellt zu erachten war, nach dem Verhalten des Klägers und seinen dazu im Prozeß abgegebenen Erklärungen die Ehe der Parteien bis zum Grade der Aussichtslosigkeit ihrer wesensgemäßen Wiederherstellung durch ein Verhalten der Verklagten zerrüttet wäre, das nicht als Eheverfehlung betrachtet werden könnte, weil es auf einer bei der Verklagten vorliegenden geistigen Störung beruhte. Schließlich aber ergab sich auch aus der Gesamtdarstellung der Parteien, wie sie in der Schlußverhandlung der Berufungsinstanz vorlag, die keineswegs fernliegende Möglichkeit, daß die häusliche Gemeinschaft der Parteien bereits seit mindestens drei Jahren aufgehoben war. Im Zusammenhang mit dem sonstigen Sachvortrag der Parteien erwuchs daraus die Pflicht des Landgerichts, auf Grund von § 139 ZPO mit den Parteien die Frage des Fortbestandes oder der Scheidung der Ehe auch unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 EheG zu erörtern. Auch das ist nicht geschehen. §§ 302, 279 Abs. 1 ZPO; §§ 1, 6 VO zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. S. 615); §§ 55 Abs. 1 Ziff. 2a, 50 Abs. 1, 42 GVG. 1. Auch der auf Grund von § 6 der VO vom' 17. Juli 1952 bestellte Verwalter (Treuhänder) ist Träger gesellschaftlichen Eigentums. 339;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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