Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 307

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 307 (NJ DDR 1953, S. 307); 3. Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik werden besonders berücksichtigen müssen, daß für bestimmte Verbrechen wegen ihrer großen Gesellschaftsgefährlichkeit vom Gesetzgeber aus wohlerwogenen Gründen erhebliche Mindeststrafen festgesetzt worden sind. Eine unmittelbar oder sehr bald einer Verurteilung aus diesen Gesetzen folgende Strafaussetzung kann sogar eine Umgehung der vom Gesetzgeber gewollten Folge der Gesetzesverletzung sein und selbst eine Verletzung dieses Gesetzes durch das Gericht darstellen. Sie dient nicht der Festigung der demokratischen Staatsmacht, macht dem Schuldigen die Gefährlichkeit und Schwere seines Verbrechens nicht deutlich und kann die Wirkung des Gesetzes auf andere Bürger, deren gesellschaftliches Bewußtsein ebenfalls noch nicht genügend entwickelt ist, vereiteln. Das Gesetz verlangt zwar die Verbüßung eines bestimmten Teils der Strafe nur im Falle des § 346 Abs. 2 StPO, das heißt bei Strafen, die sechs Jahre Freiheitsentziehung übersteigen. Dieser Grundsatz muß jedoch in der Regel auch dann Richtschnur für die Entscheidung sein, wenn es sich um Verurteilungen wegen solcher Verbrechen handelt, für die eine erhebliche Mindeststrafe angedroht ist, und die Strafe weniger als sechs Jahre Freiheitsentziehung beträgt. Soll von diesem Grundsatz abgewichen werden, müssen ganz besondere Gründe die Entscheidung rechtfertigen. Ist nur auf die gesetzliche Mindeststrafe erkannt, müssen besonders strenge Maßstäbe angelegt werden. 4. Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik müssen beachten, daß die bedingte Strafaussetzung des § 346 StPO weder mit der früheren Bewilligung von Bewährungsfrist etwas zu tun hat, noch eine Gnadenmaßnahme ist. Sie ist vielmehr eine besondere, an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen geknüpfte Maßnahme der Strafvollstreckung. Diese Voraussetzungen sind im einzelnen: das Vorleben und die Persönlichkeit des Verurteilten, die Umstände des Verbrechens und die Erwartung künftigen verantwortungsbewußten Verhaltens. Als Umstände des Verbrechens sind dabei im wesentlichen die Art des Verbrechens, der Grad seiner Gesellschaftsgefährlichkeit, die Größe des eingetretenen oder möglichen Schadens, die Motive des Verbrechens und seine Begehungsform zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei also im allgemeinen um die Umstände, die mildernd oder erschwerend schon bei der Strafzumessung zu beachten sind. Darüber hinaus müssen aber auch in der Person des Verurteilten liegende Voraussetzungen gegeben sein. Hier können über die gebotenen oder zulässigen Erwägungen bei der Strafzumessung hinausgehend in besonderen Fällen auch Gesichtspunkte herangezogen werden, die mit der Gesellschaftsgefährlichkeit des Verurteilten im Hinblick auf das begangene Verbrechen nicht unmittelbar im Zusammenhang stehen. Dabei wird es sich insbesondere um die Stellung des Verurteilten im gesellschaftlichen Leben vor der Bestrafung, seine Stellung in der Familie, seine moralischen Anschauungen, seine Lebensführung und die von ihm im Strafvollzug bewiesene Reue handeln können. Keinesfalls genügt allein der Hinweis auf die Tatsache, daß der Verurteilte nicht vorbestraft ist. Nicht weniger sorgfältig ist zu prüfen, ob zu erwarten ist, daß der Verurteilte in Zukunft seine Pflichten als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik gewissenhaft erfüllen wird. Bei der Prüfung dieser Frage wird es neben den in der Person des Verurteilten liegenden Voraussetzungen wesentlich auf sein Verhalten während der Dauer der bereits verbüßten Strafe, seine Einstellung zur Gemeinschaft in der Vollzugsanstalt und seine Einsicht in die Verwerflichkeit der Tat, die zu seiner Verurteilung geführt hat, und darauf ankommen, in welcher Umgebung und in welchen Verhältnissen er in Zukunft leben wird. Eine bedingte Strafaussetzung kann also nur erfolgen, wenn diese in § 346 Abs. 1 Buchst, a und b StPO aufgeführten Voraussetzungen entsprechend den gegebenen Hinweisen geprüft und als erfüllt festgestellt sind; dagegen ist das Vorliegen anderer Voraussetzungen nicht zu prüfen. Daraus ergibt sich, daß Beschlüsse über bedingte Strafaussetzung sorgfältig auf den Einzelfall bezugnehmend begründet sein müssen. Die Ver- wendung von vorgedruckten Formularen, die nur eine abstrakte Aufzählung der gesetzlichen Voraussetzungen enthalten, ist unzulässig. Besonderes Gewicht ist auf die Beachtung des § 346 Abs. 3 StPO zu legen, nach dem dem Verurteilten die Wiedergutmachung des von ihm verursachten materiellen Schadens auferlegt werden soll. Unzulässig sind dagegen vom Gesetz nicht vorgesehene Auflagen irgendwelcher Art, z. B. Geldbußen oder besondere Arbeitsverpflichtungen. 5. Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik werden weiter darauf hingewiesen, daß die gewissenhafte Prüfung der Voraussetzungen der bedingten Strafaussetzung nur im Zusammenwirken mit allen am Verfahren beteiligten Stellen erfolgen kann; so ist stets die Stellungnahme des zuständigen Staatsanwalts und, falls bereits ein Teil der Strafe verbüßt ist, auch die aller Anstaltsleiter, deren Aufsicht der Verurteilte anvertraut war, über den Staatsanwalt einzuholen. 6. Beschlüsse nach § 346 StPO werden von dem Gericht erster Instanz erlassen, und zwar als Beschlüsse außerhalb der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden allein (§§ 43 Abs. 2, 51 Abs. 1 Satz 2 StPO). Dieses Verfahren ist nach § 350 StPO ein Verfahren vor dem Gericht erster Instanz, gegen dessen Entscheidung, soweit es ihrem Inhalte nach denkbar ist, Beschwerde gemäß § 296 StPO erhoben werden kann. Insoweit sind auch die Entscheidungen des Obersten Gerichts in der Strafsache gegen L. la Wst 1/53 und in der Strafsache gegen K. 2 Wst III 13/53 unrichtig, als dort uneingeschränkt angenommen wird, daß die in der Strafvollstreckung ergangenen Entscheidungen nur im Wege der Kassation beseitigt werden können. Dabei müssen die Gerichte jedoch beachten, daß dem Verurteilten kein Recht zusteht, eine Maßnahme nach § 346 StPO zu beantragen ein Beschluß des Gerichts daher nicht auf seinen Antrag ergeht , und ihm infolgedessen bei Nichtgewährung der bedingten Strafaussetzung kein Beschwerderecht zusteht. Darauf hinzuweisen ist aber, daß in jedem Falle der Staatsanwalt, der kraft Gesetzes gehört werden muß, gegen eine Entscheidung nach § 346 StPO das Beschwerderecht hat. 7. Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik werden darauf hingewiesen, daß zur Gewährleistung des Beschwerderechts es notwendig ist, bei der Beschlußfassung über bedingte Strafaussetzung den Eintritt ihrer Wirksamkeit zeitlich angemessen zu bestimmen. Dem wird in der Regel eine Frist von etwa zwei Wochen nach der Beschlußfassung entsprechen. Der Beschluß ist dem Staatsanwalt zuzustellen. Die Mitteilung an den Verurteilten erfolgt über den Staatsanwalt, da er die Aufsicht über die Vollstreckung führt. II. Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht und Familienrecht §§ 917, 918 BGB; Art. 22, 24 der Verfassung. Die nachbarrechtlichen Bestimmungen des BGB dürfen nicht in formaler Weise, entsprechend der dem BGB zugrunde liegenden Rechtsanschauung eines in seiner Herrschaft über die Sache grundsätzlich unbeschränkten Eigentums, sondern müssen nach ihrem neuen Inhalt, den sie insbesondere durch die Art. 22 und 24 der Verfassung erhalten haben, angewandt werden. OG, Urt. vom 10. März 1953 1 Zz 10/53. Der Vater der Klägerin 1st Eigentümer eines Grundstücks, das durch ein nördlich angrenzendes, einer Frau G. gehöriges Grundstück von der Verbindung mit einem öffentlichen Weg getrennt wird und auch sonst keine Verbindung mit einem öffentlichen Weg oder einer öffentlichen Straße besitzt. Durch einen am 6. Mai 1905 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich ist das G’sche Grundstück zugunsten des dem Vater der Klägerin gehörigen Grundstücks mit einem beschränkten Uberfahrtsrecht belastet worden. Danach steht es den Besitzern des begünstigten Grundstücks jederzeit frei, für sich, ihre Familienangehörigen, Dienstleute und Tagelöhner einen über das G’sche Grundstück führenden Weg zu benutzen. Wollen andere Personen die Überfahrt benutzen, so ist die vorherige Genehmigung des Eigentümers des belasteten Grundstücks erforderlich. 307;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 307 (NJ DDR 1953, S. 307) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 307 (NJ DDR 1953, S. 307)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, als auch bei der Bearbeitung und beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Die Notwendigkeit der auf das Ermittlungsverfahren bezogenen engen Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Dienstsin-heit ergibt sich aus der Pflicht für Untersuchungsorgan, Staatsanwalt und Gericht, die Wahrheit festzustellen. Für unsere praktische Tätigkeit bedeutet das, daß wir als staatliches Untersuchungsorgan verpflichtet sind, alle Tatsachen in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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