Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 27

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 27 (NJ DDR 1953, S. 27); §§ 281 Abs. 2, 76 Abs. 1, 291 Ziff. 5 StPO. 1. Eine im Anschluß an die Urteilsverkündung abgegebene und in das Verhandlungsprotokoll aufgenommene Erklärung des Angeklagten, daß er Berufung cinlege, erfüllt nicht die Formvorschriften des § 281 Abs. 2 StPO und führt zur Verwerfung der Berufung als unzulässig. 2. Ist einem Angeklagten entgegen § 76 Abs. 1 StPO ein Verteidiger nicht beigeordnet, ohne daß der Angeklagte einen Verzicht erklärt hat (Abs. 3), so muß auf Protest oder Berufung das Urteil aufgehoben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen werden. OG, Urt. vom 2. Dezember 1952 la Ust 45/52. Aus den Gründen: Gegen das Urteil des Bezirksgerichts hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Die Berufung ist unzulässig, da sie ohne Begründung im Anschluß an die Hauptverhandlung zu Protokoll erklärt worden ist. Eine solche Form ist gesetzlich nicht vorgesehen, deshalb war die Berufung des Angeklagten als unzulässig zu verwerfen. Das Urteil ist aber auch durch den Protest des Staatsanwalts angefochten. Der Protest ist begründet. Zunächst bestehen verfahrensrechtliche Mängel, die wegen ihrer schwerwiegenden Bedeutung zur vollen Aufhebung des Urteils führen müssen. Entgegen der Bestimmung des § 76 Abs. 1 StPO ist dem Angeklagten kein Verteidiger beigeordnet worden, ohne daß sich aus den Akten ergibt, daß der Angeklagte auf die Bestellung eines Verteidigers verzichtet hätte. Das Protokoll enthält ferner keinen Vermerk darüber, daß eine Rechtsmittelbelehrung erfolgt ist. Der Schlußsatz des Protokolls: „Der Angeklagte erklärte nach der Urteilsverkündung: Ich lege das Rechtsmittel der Berufung gegen dieses Urteil ein“, stellt keine Belehrung über das Rechtsmittel und auch keine wirksame Einlegung der Berufung dar. Allein wegen dieser Tatsachen ist der Angeklagte in seinem Recht auf Verteidigung verletzt worden und die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Bezirksgericht gemäß § 291 Ziff. 5 StPO notwendig. Anmerkung: Die Aufnahme der Berufungserklärung in das Hauptverhandlungsprotokoll bedeutet möglicherweise das Weiterleben einer unter der früheren StPO trotz des entgegenstehenden Wortlautes ihrer §§ 314 und 341 („Protokoll des Vrkundsbeamten der Geschäftsstelle“) geübten, wenn auch damals bereits stark angefochtenen Praxis. Auch dieser Fall zeigt, wie bedenklich es ist, frühere Anschauungen auf die Auslegung einer jetzigen, äußerlich ähnlich lautenden Gesetzesbestimmung anzuwenden, ohne zu beachten, daß sich auf Grund der Änderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse der Gesamtcharakter des Gesetzes geändert hat. §§ 314 und 341 der früheren StPO stellten das Protokoll des „Urkundsbeamten“ dem Angeklagten neben der gewöhnlichen Schriftform zur Wahl. Eine Begründung wurde bei der damaligen Berufung überhaupt nicht, bei der Revision erst nach Urteilszustellung (§ 345), und dann zu Protokoll des Urkundsbeamten oder durch einen Schriftsatz des Verteidigers erfordert, also nicht im Augenblick der Revisionsein1 egung selbst. Die Entgegennahme der Einlegung des Rechtsmittels zum Protokoll der Geschäftsstelle gewährleistete dem Angeklagten also keine sachgemäße Beratung über seine Begründung, sondern nur eine gewisse äußerliche Hilfe für ganz schreibungewandte Angeklagte. Diese äußerlich-formale Erleichterung konnte auch der Richter gewähren. Die Ansicht, daß Rechtsmittel zum Protokoll der Hauptverhandlung erklärt werden könnten, mochte also immerhin vertretbar sein. Wenn allerdings die Vertreter dieser Ansicht erklärten, daß diese Form der Rechtsmitteleinlegung das Ansehen des Gerichts gefährden könne und der Vorsitzende daher berechtigt sei, ihre Entgegennahme abzulehnen und den Angeklagten an die Geschäftsstelle zu verweisen, so machten sie die Wahl der Rechtsmittelform in diesem Falle vom Ermessen des Richters, d. h. des Urhebers des anzufechtenden Urteils abhängig, zogen also eine Schlußfolgerung, die mit unserer Staatsauffassung unvereinbar wäre. Unsere Rechtsmitteleinlegung unterscheidet sich von der früheren grundsätzlich dadurch, daß die sofortige Begründung notwendig ist. Aus diesem Grunde besteht jetzt die Wahl nicht mehr zwischen einfacher Schriftlichkeit und Protokoll der Geschäftsstelle, sondern zwischen diesem Protokoll und Anwaltsschriftsatz. Die Geschäftsstelle soll dem Angeklagten also nicht nur eine äußerliche Erleichterung gewähren, sondern ihn sachgemäß beraten. Dazu ist aber der Richter, der soeben das anzufechtende Urteil erlassen hat, innerlich grundsätzlich nicht imstande. Daher muß die zum Protokoll der Hauptverhandlung eingelegte Berufung als unzulässig angesehen werden. Es ist infolgedessen unbedingt erforderlich, daß der Vorsitzende eine in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung des Angeklagten, er lege Berufung ein, zurückweist und ihn über die Unzulässigkeit dieser Rechtsmittelform eindringlich belehrt. Dazu kommt noch, daß erfahrungsgemäß derartige Erklärungen oft aus einer gewissen Erregung heraus abgegeben werden und dann nicht mit Sicherheit erkennen lassen, ob der Angeklagte wirklich sofort ein Rechtsmittel einlegen oder nicht vielmehr nur erklären will, daß er das Urteil als unzutreffend betrachte und sich deshalb ein Rechtsmittel Vorbehalte. Aus diesem Grunde ist es auch wünschenswert, die mündliche Rechtsmittelbelehrung des Vorsitzenden, die der Angeklagte teils mangels eines ausreichenden Bildungsgrades, teils aus seiner psychischen Augenblickssituation heraus mißverstehen kann, durch Überreichung eines Belehrungsvordruckes zu ergänzen. Oberrichter am Obersten Gericht Dr. Cohn III. Entscheidungen anderer Gerichte Zivilrecht Halter wie Fahrer eines Kraftfahrzeuges sind verpflichtet, sich laufend davon zu überzeugen, daß sich das Fahrzeug in verkehrsmäßigem Zustand befindet. Auch das Vorhandensein eines angestellten Kraftfahrers entbindet den Halter des Kraftfahrzeuges nicht von seiner eigenen Kontrollpflicht. KG, Urt. vom 28. November 1952 2 U 146/52. Der Inhaber der beklagten Firma war Eigentümer und Halter eines Lastkraftwagens, mit dem seit Januar 1950 laufend Transporte von Baumaterialien für die Firma K. ausgeführt wurden. Er stellte den Fahrer, während Beifahrer und Ladekolonne von der Firma K. gestellt wurden. Der Kläger war Mitglied einer solchen Ladekolonne. Auf einer Transportfahrt verunglückte er dadurch, daß die Rückwand des Lkw während der Fahrt herunterklappte und der Kläger, der hart an der Rückwand auf einem Stapel Zementplatten gesessen hatte, vom Wagen fiel. Er behauptet, daß die Klappenhaken an der hinteren Klappwand des LKW unzureichend gegen ein selbständiges öffnen gesichert gewesen seien, und nimmt die Beklagte wegen des erlittenen Verdienstausfalls, Sachschadens und Schmerzensgeldes in Anspruch. Das LG hat die Klage nach Zeugenvernehmung abgewiesen. Es führt aus, daß der Unfall nicht auf die Beschaffenheit des Lkw oder auf ein Versagen seiner Einrichtungen, sondern darauf zurückzuführen sei, daß der Kläger die Rückwand des Lkw dadurch außergewöhnlich belastet habe, daß er sich gegen die Wagenklappe gelehnt habe. Auf die Berufung des Klägers hat das KG den Fahrer erneut vernommen und ein Sachverständigengutachten des Hauptamtes Arbeitsschutz beim Magistrat von Groß-Berlin eingeholt. In dem Gutachten wird ausgeführt, daß das selbsttätige öffnen der Wagenklappe während der Fahrt ein hinreichender Beweis dafür sei, daß die Sicherungsvorrichtungen nicht in Ordnung waren. Das KG hat der Berufung stattgegeben. Aus den Gründen: Bei der außerordentlichen Gefahr, die für Passanten und Mitfahrer durch ein selbsttätiges öffnen der Klappenwände eines Lkw entstehen kann, ist von jedem Halter und von jedem Fahrer eines Lkw zu verlangen, daß sich die Klappen- und Sicherungshaken in einwandfreiem Zustand befinden. Der Senat sieht es also als erwiesen an, daß der Unfall des Klägers darauf zurückzuführen ist, daß die Schutzvorrichtungen gegen ein selbsttätiges öffnen der Wagenwände am Lkw der Beklagten am Unfalltage nicht vorschriftsmäßig waren. 27;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 27 (NJ DDR 1953, S. 27) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 27 (NJ DDR 1953, S. 27)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß diese Personen im Operationsgebiet wohnhaft und keine Bürger sind. Somit sind die rechtlichen Möglichkeiten der eingeschränkt. Hinzu kommt,daß diese Personen in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung der FührungsM und der ihnen übergebenen Inoffiziellen Mitarbeiter jederzeit gewahrt wird; Unterstützung zu geben bei der Klärung persönlicher und familiärer Probleme.

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