Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 264

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 264 (NJ DDR 1953, S. 264); ob jemand vor Gericht gestellt wird, ernst und verantwortungsvoll zu entscheiden.“ Als einen Ausdruck der mangelnden Sorgfalt bei der Durchführung gerichtlicher Verfahren führt Wyschinski die „weitverbreitete Tradition“ an, den Eröfinungs-beschluß als leere Formalität anzusehen. Die Mitglieder der Studiendelegation des vorigen Jahres erinnern sich daran, welche große Sorgfalt Staatsanwaltschaft und Gericht heute gerade dem vorbereitenden Gerichtsverfahren widmen, das mit dem Eröffnungsbeschluß endet. (Andererseits mußte erst vor kurzem festgestellt werden, daß eine Reihe unserer Kreisgerichte trotz der Entscheidung des Obersten Gerichts in OGSt Bd. 2 S. 175 und trotz der Bestimmungen der neuen Strafprozeßordnung keine Eröffnungsbeschlüsse erlassen!) Die Forderung Wyschinskis an die Gerichte und Staatsanwaltschaften, Gerichtsverfahren mit Ernst, Nachdruck, vollster Verantwortung durchzuführen, enthält noch eine zweite Seite: die Forderung an die Bürger, ein Gerichtsverfahren auch ernst zu nehmen: „Vor ein sowjetisches Gericht gestellt zu werden, ist keine Kleinigkeit, das ist eine Schande, das ist eine außerordentlich ernste Sache!“ Die Fragen, die in diesem Abschnitt aufgeworfen werden, sind von außerordentlicher Aktualität für uns. Wer von uns, die seit 1945 in unserer Justiz arbeiten, erinnert sich nicht an die Lehren der sowjetischen Juristen, die uns immer wieder darauf hinwiesen, daß es nicht darauf ankommt, eine große Zahl kleiner Sünder zu verurteilen, sondern daß der eine, wirklich gefährliche gefunden, verurteilt und sein Fall als Lehre auf gestellt werden muß?! „Die Qualität richterlicher Arbeit nicht nach der Quantität messen“ ist eine Mahnung, die wir noch immer brauchen und die uns das Wesen richterlicher Tätigkeit vor Augen führt. Zwar sind die Versuche, auch für die richterliche Tätigkeit Wettbewerbe durchzuführen, überwunden; doch führen auch Pläne, mit „Meßzahlen“ und mit Hilfe höherer oder niederer Mathematik die Tätigkeit von Richtern zu beurteilen, gefährlich nahe an die von Wyschinski gerügten Fehler heran. Die Aufgabe, zu erkennen, was anklagebedürftig ist, was durch das Strafgericht bestraft werden muß, liegt zur Zeit im wesentlichen bei dem Staatsanwalt und das gesetzliche Mittel der Differenzierung findet sich auf prozessualem Gebiet, in dem noch aufrechterhaltenen § 153 der alten StPO. Doch weist § 1 Abs. 2 Satz 2 EGStPO bereits darauf hin, daß mit dem kommenden Strafgesetzbuch die Entscheidung darüber, ob eine Handlung als Verbrechen zu behandeln ist, nicht mehr von der prozessualen Seite, durch Abstandnehmen von der Anklageerhebung, entschieden werden wird, sondern von der Seite des materiellen Strafrechts, d. h. der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung. Damit wird dann auch bei dem Richter die große Verantwortung dafür liegen, keine Bagatelle mit dem Ernst und der Wucht eines Strafurteils zu belegen, sondern, geleitet von der Kenntnis des Charakters unseres Staates der Arbeiter, der werktätigen Bauern und der schaffenden Intelligenz, genau zu erkennen, wo eine Handlung eine Gefahr für unsere Ordnung darstellt. Eine solche Entscheidung verlangt einen Richter, der „auf der Höhe der politischen Aufgaben“ unserer Zeit steht. Dabei wird für die Beurteilung der Gesellschaftsgefährlichkeit eines Verbrechens die Art der Ermittlungen oft entscheidend sein. Fast jeder Richter und Staatsanwalt führt den ersten Grundzug der Dialektik, man müsse die Dinge im Zusammenhang sehen, ständig im Munde; die Praxis entspricht dem aber keineswegs immer. Dies ist uns in letzter Zeit besonders auf gef allen bei den Strafverfahren wegen Verbrechen gegen das Volkseigentum. Die Analyse einer großen Zahl von Urteilen hat die Kritik, die ich vor einigen Wochen13) übte, in vollem Umfange bestätigt. Es hat sich aber ein weiteres gezeigt: die Ursache dafür, daß das Gesetz zum Schutze des Volkseigentums noch immer bei einem Teil unserer Gerichte besonders, was seine Propagierung anbetrifft ein „heißes Eisen“ ist, liegt zum Teil vermutlich darin, daß die einzelnen Verbrechen nicht in den allgemeinen Zusammenhang unserer Wirtschaft gestellt werden. Die Sabotage inner- 1S) NJ 1953 s. 61. halb unseres Versorgungsapparates wie auch die besonderen Verhältnisse dieses Winters haben z. B. dazu geführt, daß in einigen Gegenden die Kohlenversorgung der Bevölkerung absolut unzureichend war; war die Mitnahme von 5 bis 8 oder 10 Briketts aus dem volkseigenen Betrieb in der Aktentasche immer ein Verbrechen? In kaum einer Anklageschrift und demgemäß auch in keinem Urteil konnte man lesen, daß jenem Betrieb etwa täglich soundsoviel mal 5 bis 8 oder 10 Briketts entzogen worden sind. Oder: das Spielzeug, das die Mutter in der Spielwarenabteilung des HO-Kaufhauses gestohlen hat: wurde dazu gesagt, daß in jenem Kaufhaus täglich durch Diebstähle dem Volkseigentum beträchtliche Verluste entstehen? Die Beispiele dieser Art lassen sich beliebig vermehren. Die Untersuchungsorgane und die Staatsanwaltschaft müssen schon jetzt beginnen, ihre Ermittlungen in diesem Sinne zu ergänzen. Andererseits müssen die Gerichte von ihrem Recht, die Sache an die Staatsanwaltschaft zur Ergänzung der Ermittlungen zurückzugeben, verantwortungsvoll Gebrauch machen. In engem Zusammenhang mit der Grundfrage, der Sorge um die Kader, um die werktätigen Menschen in den Betrieben, führt die Handhabung des VESchG noch zu einer anderen Feststellung. Die Notwendigkeit der kompromißlosen Anwendung dieses Gesetzes steht fest. Andererseits sind wir uns aber auch darüber klar, daß die Erziehungsaufgabe der Gerichte sich über den einzelnen Angeklagten hinaus erstreckt. Nutzen wir gerade die Urteile in Volkseigentums-Sachen genügend aus, um die Achtung vor dem Volkseigentum, um die Einhaltung dieses Gesetzes im Bewußtsein aller unserer Werktätigen voll lebendig zu machen? Dazu gehört keineswegs, daß die Verfahren alle in erweiterter Öffentlichkeit durchgeführt werden; wohl aber müssen die Urteile in weitestem Umfange bekanntgemacht und diskutiert werden. Es wird weiter notwendig sein, die Entwicklung der Verbrechen gegen das Volkseigentum sehr aufmerksam zu verfolgen, um die Auswirkung des Gesetzes und damit die Richtigkeit oder Unrichtigkeit seiner Handhabung zu kontrollieren. Stalin: „Indes sehen wir in der Praxis eine ganze Reihe von Fällen herzlos bürokratischen Verhaltens zu den Arbeitskräften.“ (Aus der Rede vom 4. Mai 1935.) Auch in dem Abschnitt „Die letzten Reste bürokratischen Verhaltens zu den Nöten der Menschen verjagen“ verlangt Wyschinski: „Man muß die Menschen weniger bestrafen, man muß sie mehr aufklären und unterrichten!“ Die Beispiele, die er in diesem Zusammenhang einer Kritik unterzieht, führen uns zur Untersuchung von Erscheinungen von Bürokratismus in unserer gegenwärtigen Entwicklung. Das Oberste Gericht hat gerade in der letzten Zeit eine Form des Bürokratismus, die die Verantwortung gegenüber den Menschen besonders verletzt, feststellen müssen. Es handelt sich um das nachlässige, bürokratische Verhalten der Angestellten der Strafanstalten, das sich vor allem in bezug auf Anträge der Verhafteten, insbesondere bei der Einlegung von Rechtsmitteln, zeigt, und das dazu führt, daß Berufungen wegen Verletzung der gesetzlich vorgesehenen Formen und Fristen verworfen werden müssen. Das Oberste Gericht hat schon mehrmals darauf hinwirken müssen, dem Verurteilten noch nachträglich Gelegenheit zu geben, die nachteiligen Folgen der durch das Verhalten der Strafanstalt verschuldeten Fristversäumnis zu beseitigen. Sehr bedeutsam für uns heute ist der Hinweis Wyschinskis auf die Rolle der Zivilprozesse. „Im Zusammenhang mit der Rede des Genossen Stalin vom 4. Mai 1935 muß man auch Gewicht legen auf das Problem der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Prozesse. Diese Frage verlangt jetzt gewaltige Aufmerksamkeit Dabei be- rühren die Zivilsachen äußerst wichtige Lebensinteressen der Werktätigen. Wir müssen daher das Gesicht den Zivilsachen zuwenden.“ Görner14) behandelt die Lage der Zivilprozesse an unseren Gerichten im einzelnen. Die Justizverwaltungen und die Leiter der Gerichte müssen ihre Aufmerksamkeit auf die Behandlung der Zivilsachen in formeller und sachlicher Hinsicht lenken. Noch immer kommt 264 14) vgl. S. 271 ff. dieses Heftes.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 264 (NJ DDR 1953, S. 264) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 264 (NJ DDR 1953, S. 264)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? von Bedeutung sein können, Bestandteil der Beweisführung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit . Auch der Prozeßcharakter bestimmt das Wesen der Beweisführung in der gesamten Untersuchungstätigkeit systematisch zu erhöhen, wozu die Anregungen und Festlegungen des Zentralen Erfahrungsaustausches. beitrugen. Teilweise wurden gute Ergebnisse erzielt, wurden in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen Parteileitung und dem zuständigen Kaderorgan zu erarbeiten. Die Erarbeitung erfolgt auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung hat die Objektkommandantur auf der Grundlage der Beschlüsse unserer Partei, den Gesetzen unseres Staates sowie den Befehlen und Weisungen des Gen. Minister und des Leiters der Hauptabteilung unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu aev., sichern. Die gegenwärtigen und perspektivischen Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativen Basis, insbesondere der sind zur Qualifizierung der Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet sowie der Aufklärungslätigkeii planmäßig, zielgerichtet, allseitig und umfassend zu erkunden, zu entwickeln und in Abstimmung und Koordinierung mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit sowie praktische Wege zu ihrer Realisierung entsprechend den Erfordernissen der er Bahre in der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit untersucht.

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