Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 232

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 232 (NJ DDR 1953, S. 232); Bezirksgerichte in 1,3% von der Gerichtskritik Gebrauch gemacht. Wenn es auch im Ergebnis nicht auf die Zahl der Gerichtskritiken ankommt, so ist diese doch Symptom dafür, daß die Gerichte mangels ausreichender Anleitung noch nicht wissen, wie sie die Kritik richtig ansetzen sollen. Eine ausführliche Anweisung des Ministeriums der Justiz über die mit der Gerichtskritik zusammenhängenden Fragen ist in -Bearbeitung und wird alsbald den Gerichten als Anleitung dienen können. Die Anwendung der bedingten Strafaussetzung (§ 346 StPO) erfordert bei jedem Gericht eine Überprüfung. Einige Gerichte benutzen diese Bestimmung „zur Lösung der durch die hohen Mindeststrafen des VESchG bedingten Schwierigkeiten“. Auf diese Weise wird das Gesetz zwar formell angewandt, aber durch die sofortige Aussetzung der Strafvollstreckung an zu Zuchthausstrafen verurteilten Personen seiner schützenden und erzieherischen Funktion beraubt. Die bedingte Strafaussetzung wird nicht selten sogar gewährt, ohne die Rechtskraft abzuwarten und ohne den Staatsanwalt zu hören. Die Tendenz zur „Lösung der Schwierigkeiten“ wird am deutlichsten in einem Urteil des Kreisgerichts Erfurt-Ost ausgesprochen. Nachdem festgestellt worden war, daß die Bestrafung nach dem VESchG erforderlich sei, heißt es in diesem Urteil: „Der Gesetzgeber hat aber mit § 346 StPO eine Lösung gefunden, in solchen Fällen, wo die Tat von keiner besonderen Wirtschaftsschädigung ist, bedingte Strafaussetzung mit einer Bewährungsfrist zu erteilen.“ Diese Auffassungen zeigen deutlich, daß die Bedeutung des VESchG keineswegs von allen Richtern richtig und in seinem ganzen Umfange erkannt worden ist. Es gibt Richter, die Auswege suchen, die einen im Gesetz gar nicht vorgesehenen „minderschweren Fall“ konstruieren, um die vom VESchG angedrohten harten Strafen zu umgehen. Diese Richter haben noch nicht die Schwere der Verbrechen erkannt, die auf eine Schädigung des gesellschaftlichen Eigentums gerichtet sind. Sie verkennen auch die Aufgabe ihrer Rechtsprechung, alle Bürger zu einem verantwortungsbewußten Verhalten und zur gewissenhaften Befolgung der Gesetze zu erziehen (§ 2 Abs. 2 GVG). Wenn z. B. das Kreisgericht Staßfurt den Schaden nur auf den einzelnen Betrieb abstellt, indem es in einem Urteil sagt: „Der Schutz des staatlichen Eigentums erfordert, daß auch derartige Handlungen seitens der Werktätigen unterbunden werden müssen, da sonst das Eigentum der volkseigenen Betriebe stark geschwächt wird“, so läßt sich daraus klar entnehmen, daß das Gericht das Volkseigentum nicht als Grundlage unserer Gesellschaftsordnung ansieht, daß es die Bedeutung dieses Eigentums als ökonomischer Basis des Aufbaus des Sozialismus verkennt. Es muß jedoch erwähnt werden, daß derartige Auffassungen die Ausnahme von der Regel bilden. Im allgemeinen stößt die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums auf keine Schwierigkeiten. wenn auch viele Urteile die Tendenz aufweisen, das Gesetz nicht in voller Härte anzuwenden. Das drückt sich meist in einer ungenügenden Differenzierung des Strafmaßes aus. Ein großer Teil der Urteile spricht nur die Mindeststrafe aus und wenn diese um wenige Monate überschritten wird, dann glauben die Richter, die Bedeutung des Volkseigentums voll gewürdigt zu haben. Opportunistische Tendenzen bei der Beurteilung der Straftaten äußern sich u. a. darin, daß zur Grundlage des Strafmaßes eine „nur unbedeutende Schädigung des Volksvermögens“ genommen wird. Eine solche Tendenz tritt z. B. in einem Urteil des Kreisgerichts Senftenberg in folgender Formulierung auf: „Wenn auch die einzelne Handlung keine erhebliche Schädigung des Volksvermögens darstellt “ Auch ein Vergleich mit dem Handelsschutzgesetz, durch den auf die „Tragweite der Handlung“ abgestellt werden soll wie es u. a. das Kreisgericht Eisenach unternimmt, dient dem gleichen Zweck. Die ausweichende opportunistische Tendenz drückt sich in der Neigung zur Verhängung der Mindeststrafe aus. Im folgenden Beispiel, das für viele stehen soll, wird das deutlich. Das Bezirksgericht Gera hat den Nebenstellenleiter einer SVK, der sich durch Betrug, Untreue und Urkundenfälschung einen Betrag von etwa 1300 DM angeeignet hatte, zwar nach § 2 Abs. 1 VESchG verurteilt, aber trotz der intensiven verbrecherischen Tätigkeit und der beträchtlichen Summe nur die Mindeststrafe ausgeworfen. Die ausweichende Tendenz kommt aber auch in einer Anzahl von Freisprüchen zum Ausdruck. So hat z. B. das Kreisgericht Freiberg den Heizer eines VEB freige-sorochen, der beschuldigt worden war, aus dem Betrieb Kohlen entwendet zu haben. Der Angeklagte brachte vor, daß er die Kohlen, die von Transportfahrzeugen der in der Nähe gelegenen DHZ-Kohle heruntergefallen seien, auf der Straße aufgelesen, -in seine Aktentasche verpackt und nach Arbeitsschluß mit nach Hause genommen habe. Das Urteil folgte den fadenscheinigen Einwendungen des Angeklagten und gab sich überdies noch den Anschein einer objektiven Prüfung des Sachverhalts. Es hat dabei aber verkannt, daß auch nach der eigenen Darstellung des Angeklagten eine strafbare Unterschlagung vorliegt. Andere Urteile weichen der Anwendung des Gesetzes aus, indem sie die privilegierten Bestimmungen des Mundraubes, des Notdiebstahls usw. anwenden, obwohl der speziellere Tatbestand des VESchG diese ausschließt. So hat z. B. das Kreisgericht Borna einen Angeklagten freigesprochen, der aus einem VEB eine Flasche Abfallbenzin entwendete. Es subsumierte den festgestellten Sachverhalt unter die Bestimmung über den Mundraub und führt zur Begründung an, daß bei dem geringen Wert des entwendeten Materials die Anwendung des VESchG nicht möglich sei. Der fehlerhafte Freispruch erfolgte, weil ein zur Bestrafung wegen Mundraubes erforderlicher Strafantrag nicht vorlag. Aus diesem Urteil, sowie aus einer Reihe anderer, geht * hervor, daß einige Gerichte über den Tatbestand des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums hinaus eine besondere Gefährdung des Volkseigentums oder einen dem Volkseigentum entstandenen besonderen Schaden verlangen. Das Gesetz enthält aber eine derartige Bestimmung nicht, es verlangt lediglich, daß einer der im Gesetz erwähnten Tatbestände, wie Diebstahl, Unterschlagung, Beiseiteschaffen usw. vorliegt, und daß der Gegenstand, auf den sich die strafbare Handlung bezieht, zum gesellschaftlichen Eigentum gehört. Andererseits wird übersehen, daß nicht nur objektiv gesellschaftliches Eigentum verletzt sein muß, sondern daß der Täter auch die Zugehörigkeit zum gesellschaftlichen Eigentum erkannt hat. Daher ist z. B. das Urteil des Bezirksgerichts Neubrandenburg fehlerhaft, durch das zwei Angeklagte nach dem VESchG verurteilt wurden, die in der Dunkelheit eine Schaufensterscheibe zerschlagen und aus dem Schaufenster Damenstrümpfe entwendet hatten. Den Verurteilten war nicht bekannt, daß es sich um das Geschäft eines privaten Kaufmanns handelte, der allerdings auch HO-Artikel als Vertragsware führte. Das Urteil stellt nicht einmal fest, ob es sich bei dem Diebesgut um HO-Ware gehandelt hat, und begründet die Bestrafung damit, daß in der jetzigen Situation solche Täter immer damit rechnen müssen, daß sie sich am Volkseigentum vergreifen, weil 80% der Gesamtproduktion aus volkseigenen Betrieben stamme. Das entscheidende Moment, die objektive Feststellung, ob es sich im vorliegenden Falle tatsächlich um Volks- oder anderes gesellschaftliches Eigentum gehandelt hat, fehlt in dem Urteil. Bei einer großen Anzahl von Urteilen fällt der Fehler auf, daß der Verstoß gegen das VESchG in Tateinheit mit einer Bestimmung des StGB aufgeführt wird. Einige Urteile sprechen auch eine Verurteilung aus, indem sie das VESchG „in Verbindung“ mit einer Bestimmung des StGB anwenden. Beide Formulierungen verkennen den Begriff der Gesetzeskonkurrenz. Da die entsprechenden Bestimmungen des StGB bereits im Tatbestand des VESchG begrifflich enthalten sind, erübrigt. sich ihre Anführung. Im Tenor ist also nur von der Verletzung des VESchG zu sprechen, während die Gründe die einzelnen Tatbestandsmerkmale enthalten müssen. Einige Tatbestände des VESchG haben anfänglich zu Unklarheiten in der Rechtsprechung geführt, die jedoch durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik zu einem großen Teil geklärt sind. Dabei handelt es sich um folgende Probleme: 1. Der Begriff des Beiseiteschaffens im § 1 VESchG deckt sich mit dem in § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO 232;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 232 (NJ DDR 1953, S. 232) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 232 (NJ DDR 1953, S. 232)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

In den meisten Fällen stellt demonstrativ-provokatives differenzierte Rechtsverletzungen dar, die von Staatsverbrechen, Straftaten der allgemeinen Kriminalität bis hin zu Rechtsverletzungen anderer wie Verfehlungen oder Ordnungswidrigkeiten reichen und die staatliche oder öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen Strafverfolgung fehlt oder kein Ermittlungsverfahrenjnzuleiten und die Sache an ein gesellschaf lichssPrtgdW der Rechtspflege zu übergeben, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt, sondern ist häufig Bestandteil der vom Genossen Minister wiederholt geforderten differenzierten Rechtsanwendung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit gemäß Gesetz. Die Einziehung von Sachen gemäß dient wie alle anderen Befugnisse des Gesetzes ausschließlich der Abwehr konkreter Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht werden. In diesen Fällen hat bereits die noch nicht beendete Handlung die Qualität einer Rechtsverletzung oder anderen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht wird, ein am Körper verstecktes Plakat, das mit einem Text versehen ist, mit welchem die Genehmigung der Übersiedlung in die gefordert wird. durch die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, können die Befugnisregelungen des Gesetzes zur Abwehr dieser Gefahr wahrgenommen werden. Das Staatssicherheit kann selbst tätig werden.

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