Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 182

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 182 (NJ DDR 1953, S. 182); II. Entscheidungen anderer Gerichte Zivilrecht und Familienrecht § 30 VO über die Wahrung der Rechte der Werktätigen und über die Regelung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten vom 20. Mai 1952 (= Berliner VO vom 3. Juni 1952); §§ 404, 412 BGB. Hat ein Arbeiter oder Angestellter den ihm aus einer Körperverletzung erwachsenen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger an seinen Betrieb oder dessen Inhaber zum Ausgleich für den während der Arbeitsunfähigkeit gezahlten Lohnanteil durch Rechtsgeschäft abgetreten, so hat der abgetretene Anspruch den gleichen Inhalt wie ein kraft Gesetzes übergegangener Anspruch. Stadtgericht Berlin, Urt. vom 27. Januar 1953 1 S 591/52. Der bei der Klägerin beschäftigte Maurer S. war wegen eines Furunkels an der Hand beim Beklagten in ärztlicher Behandlung. Durch einen vom Beklagten vorgenommenen Eingriff erlitt S. Verbrennungen, die ihn für vier Wochen arbeitsunfähig machten. Er erhielt für diese Zeit von der Firma den Differenzbetrag zwischen dem Krankengeld und 90 % seines Nettolohnes in Höhe von 310,56 DM. Für diesen Betrag verlangt die Klägerin vom Beklagten Ersatz aus Abtretung sowie aus eigenem Recht. Der Beklagte bestreitet seine Schadensersatzpflicht. Er trägt u. a. vor, daß S. sich aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung die Leistungen der Klägerin an ihn anrechnen lassen müsse, da der Forderungsübergang kraft Gesetzes erst durch die VO vom 3. Juni 1952 eingetreten sei, das schädigende Ereignis aber vor diesem Zeitpunkt liege. Hierzu führt das Stadtgericht anläßlich der Zurückweisung der Berufung des Beklagten folgendes aus: Aus den Gründen: Mit Recht geht das Amtsgericht zunächst davon aus, daß eine fahrlässige Handlung des Beklagten vorliegt, die ihn sowohl aus Vertrag wie auch aus unerlaubter Handlung zum Schadensersatz verpflichtet. Der Beklagte hat dies in der Berufungsinstanz auch nicht mehr bestritten. Durch die Verordnung über die Wahrung der Rechte der Werktätigen und über die Regelung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten vom 20. Mai 1952 für das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik und vom 3. Juni 1952 für das Gebiet des demokratischen Sektors von Groß-Berlin wurden erstmalig in Deutschland allen Werktätigen, Arbeitern und Angestellten bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit Bezüge in Höhe von 90 Prozent ihres Nettoverdienstes für die Dauer von sechs Wochen gesichert. Diese Bestimmungen stellen einen Teil der ständigen Verbesserung der Lebenslage unserer Bevölkerung dar, dienen der Sicherung der Werktätigen, sind Ausdruck eines Grundprinzips unseres Staates, der Sorge um den Menschen. Die Verordnung zog durch die gesetzliche Kodifizierung einen gewissen Schlußstrich unter eine Entwicklung, die sich in Teilen unserer Wirtschaft bereits seit längerem vollzogen hatte. So war z. B, auch bei der Klägerin die Zahlung der Differenz zwischen Krankengeld und 90 Prozent des Nettoverdienstes bereits vor Erlaß der Verordnung vom 3. Juni 1952 tarifvertraglich geregelt. § 38 der genannten Verordnung bestimmt, daß Schadensersatzansprüche, die Arbeiter oder Angestellte auf Grund gesetzlicher Bestimmungen wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Unfalls oder Krankheit gegen Dritte haben, kraft Gesetzes auf den Betrieb bzw. Betriebsinhaber übergehen, soweit diese zur Zahlung verpflichtet sind. Ähnliche Regelungen befinden sich in einer Reihe von Versorgungsgesetzen, z. B. in der Reichsversicherungsordnung § 1542. Nach § 30 a. a. O. wäre der Anspruch der Klägerin ohne weiteres begründet. Der Beklagte weist aber mit Recht darauf hin, daß die Klägerin ihren Anspruch nicht unmittelbar auf § 30 a. a. O. stützen kann, da das schädigende Ereignis vor Erlaß der Verordnung liegt. Es bleibt demnach zu untersuchen, ob es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits einen grundlegenden Unterschied macht, wenn die Klägerin ihren Anspruch nicht auf Abtretung kraft Gesetzes, sondern nur auf rechtsgeschäftliche Abtretung stützen kann. § 30 a. a. O. läßt materiellrechtlich keinerlei neuen Anspruch entstehen, sondern sagt zunächst nichts weiter, als daß der Schadensersatzanspruch des verletzten Arbeiters kraft Gesetzes auf den zur Zahlung verpflichteten Betrieb übergeht. Nach § 404 BGB kann der Schuldner dem neuen Gläubiger Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung gegen den bisherigen begründet waren. Der Beklagte folgert für den vorliegenden Fall der rechtsgeschäftlichen Abtretung aus § 404 BGB, daß er nicht zu zahlen brauche, weil sich der Verletzte im Rahmen der Schadensberechnung und Vorteilsausgleichung das anrechnen lassen müsse, was er von seinem Betrieb erhalten hat, und daß er dies auch dem neuen Gläubiger entgegenhalten könne. Dies kann er aber auch bei Abtretung kraft Gesetzes, denn § 404 BGB ist nach § 412 BGB auch bei Abtretung durch Gesetz anwendbar. Der Anspruch auf Weiterzahlung des Verdienstes bis zu 90 Prozent netto ist auch bereits bei Eintritt des Schadens und damit bei Übergang des Anspruchs kraft Gesetzes vorhanden. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß § 30 a. a. O., wie auch alle gleichartigen Regelungen, gerade diese Anrechnung ausschließen wollte und da die Gesetzesbestimmung sonst sinnlos wäre ausgeschlossen hat, aus dem Gedanken heraus, daß es unzulässig ist, wenn ein Schädiger dem im Interesse der Werktätigen Leistenden gegenüber aus dieser Leistung Nutzen ziehen will. Es ist auch im allgemeinen der Rechtsprechung nicht unbekannt, daß eine Forderung, deren Ausübung durch den alten Gläubiger mißbräuchlich gewesen wäre, in der Hand des Neugläubigers inhaltswirksam ist. Diese Grundgedanken, die zur Regelung des § 30 a. a. O. geführt haben, müssen unter unseren heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen auch für den Fall Platz greifen, wo nur ein rechtsgeschäftlicher Übergang des Anspruchs stattgefunden hat. Die tarifvertraglichen und später gesetzlichen Leistungen der Betriebe bei Krankheit bis zu 90 Prozent des Nettoverdienstes dienen der besseren Versorgung unserer werktätigen Menschen. Es verstößt gegen diese Hauptziele unseres gesellschaftlichen Aufbaus, wollte ein Schädiger, der der gesamten Gesellschaft durch die Verursachung der Krankheit eines Werktätigen Schaden zugefügt hat, dem zunächst Zahlungspflichtigen Betrieb diese Zahlung als Schadensminderung entgegenhalten und somit aus unserer heutigen Besserstellung der Werktätigen unberechtigten Vorteil ziehen. Ohne diese tarifvertragliche Regelung wäre der Schädiger verpflichtet gewesen, dem Geschädigten den Lohnausfall zu ersetzen. Es ist nicht' Sinn dieser Errungenschaft der Arbeiterklasse, die bessere tarifliche Lohngestaltung im Privatbetrieb dem Schädiger zugute kommen zu lassen. Der Beklagte kann demnach auch dem aus rechtsgeschäftlicher Abtretung klagenden Betrieb dessen tarifvertragliche Zahlungen nicht als Schadensminderung entgegenhalten. Zu Unrecht wendet der Beklagte ein, daß es dann der Regelung des § 30 a. a. O. gar nicht mehr bedurft hätte. Das Gesetz bringt hier einmal eine Klarstellung und erleichtert durch den Gesetzesübergang wesentlich die Geltendmachung. Eine frühere gesetzliche Regelung wäre auch schon deshalb nicht möglich gewesen, weil erst mit dem Zeitpunkt der Verordnung vom 3. Juni 1952 unsere Entwicklung soweit herangereift war, daß eine Sicherstellung der Werktätigen im Rahmen der Verordnung für die gesamte Wirtschaft durchführbar war, während die Besserstellung der Werktätigen in Teilen der Wirtschaft schon vorher erfolgte. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung steht der Klägerin entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Urteils schon deshalb nicht zu, weil der Beklagte im vorliegenden Fall ja durch die Leistung der Klägerin von seiner Schadensersatzpflicht nicht frei geworden, demnach auch nicht ungerechtfertigt bereichert ist. Da der Anspruch der Klägerin jedoch aus Abtretung begründet ist, war die Berufung zurückzuweisen. 182;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 182 (NJ DDR 1953, S. 182) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 182 (NJ DDR 1953, S. 182)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den territorialen Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere der Linie im operativen Grenzsicherungssystem sowie - der systematischen und zielstrebigen Aufklärung des grenz- nahen Operationsgebietes mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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