Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 146 (NJ DDR 1953, S. 146); Zivilrecht § 1 ReichshaftpfIG; §§ 254, 846 BGB; § 538 ZPO. 1. Haftung der Reichsbahn für Folgen eines auf einer Wagenübergabestelle eines Privatgleisanschlusses erfolgten Rangierunfalls. Die wirkliche Gestaltung des betreffenden Betriebsteils ist entscheidend dafür, ob die Reichsbahn als Betriebsunternehmer anzusehen ist. 2. Für das mit der Haftung der Eisenbahn konkurrierende mitwirkende Verschulden des Verletzten bzw. Getöteten kommen §§ 254, 846 BGB in Betracht. 3. § 538 ZPO gestattet Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht auch dann, wenn im Sinne der rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts über Haftung bzw. Verschulden die Befassung mit dem mitwir-kenden Verschulden noch erforderlich ist. OG, Urt. vom 10. Dezember 1952 2 Uz 3/52. Auf einem zu der nichtöffentlichen Gleisanlage der Firma Seil, in B. gehörigen Geländeteil hatte sich ein Rangierunfall m der Art ereignet, daß auf der für die Übergabe bzw. Übernahme der Wagen durch die Reichsbahn bestimmten Stelle einige von der Reichsbahn bereits übernommene, zwecks Entlastung des zu langen Zuges wieder abgekuppelte Wagen auf dem abschüssigen Terrain über die Wagenübergabestelle hinaus in das Fabrikgelände des Anschließers, der Firma Sch., rollten und nach Zurücklegung von etwa 400 m an die werk-eigene Lokomotive, mit der. vorher Wagen an die Wagenübergabestelle abgeliefert worden waren, anprallten. Dabei wurde ein an der Lokomotive mit dem Abkuppeln eines Wagens beschäftigter Werkmeister der Firma Sch. getötet. Die Klägerinnen, die Witwe und ein Kind des Getöteten, machten Schadensersatzansprüche gegen die Reichsbahn geltend, die sie in erster Linie auf § 1 HaftpflG stützten. Das LG in D. wies die Klage mit der Begründung ab, daß der Anschließer, die Firma Sch., nicht aber die Reichsbahn als Betriebsunternehmer anzusehen sei. Das OG hob auf Grund der Berufung der Klägerinnen und der Nebenintervenientin, der Firma Sch., das Urteil des LG auf und verwies die Sache an die erste Instanz (das BG in D.) zurück. Aus den Gründen: Die Berufungen der Klägerinnen und der Nebenintervenientin sind begründet: Entscheidend ist in erster Linie, ob die Verklagte als Betriebsunternehmer im Sinne des § 1 des Reichshaftpflichtgesetzes zu betrachten ist. Der Senat hat diese Frage aus folgenden Erwägungen bejaht: Nach § 2 Ziff. 1 letzter Absatz des Privatgleisanschluß-Vertrages wird der Anschluß „von der Wagenübergabestelle an vom Anschließer mit eigener Diesellokomotive und mit eigenen Leuten selbst betrieben. Er gilt deshalb als Privatgleisanschluß mit eigener Betriebsführung.“ Daraus ergibt sich zunächst, daß die Wagenübergabestelle örtlich und sachlich eine gewisse Scheidung des Betriebes bildet. Aus dem außer Streit stehenden Sachverhalt und dem soweit übereinstimmenden Parteivorbringen geht hervor, daß die Bedienung der Wagen, das Rangieren auf der Übergabestelle durch die Reichsbahn erfolgt, die Firma Sch. die Wagen zum Abtransport lediglich heranschafft und umgekehrt von der Reichsbahn herangebrachte Wagen abholt. Die Übergabestelle selbst ist in betriebstechnischer Hinsicht und überhaupt was die Verfügung über sie anbelangt in Händen der Reichsbahn und deren Personal, Dies wird durch den Umstand nicht beeinträchtigt, daß die Firma Sch. zur Bereitstellung der zum Festlegen der Wagen im Anschluß nötigen Sicherungsmittel verpflichtet ist. Keine Bestimmung der vorliegenden Vereinbarungen, insbesondere auch nicht die vom Landgericht in seinem Urteil bezogenen Ergänzungsbestimmungen sprechen gegen diese Annahme. Dies bedeutet aber des weiteren, daß der Eisenbahndienst und überhaupt der Betrieb in der Wagenübergabestelle Sache der Reichsbahn ist und in deren Händen liegt. Es handelt sich hier bereits um einen Betrieb der Reichsbahn, und zwar in sachlicher, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht. Dies wird im vorliegenden Falle auch durch die Tatsache veranschaulicht, daß sich der Zugführer der Lokomotive der Firma Sch. nach der Behauptung der Verklagten auch der tödlich Verunglückte nach der Übergabe der abzufahrenden Wagen mit der Firmenlokomotive und dem angehängten Wagen entfernt hatte und in den Fabrikhof der Firma Sch. zurückgekehrt war, während das Rangierpersonal der Reichsbahn in Tätigkeit trat und dann die kritischen Maßnahmen das Abkuppeln der vier Wagen durchführte. Daß man es hier mit einem Betriebskreis der Verklagten zu tun hat, wird noch besonders dadurch veranschaulicht, daß der Garnitur von abzuziehenden Wagen im Verhältnis zur Firma Sch. betriebsfremde Wagen, jedenfalls drei Wagen der Firma Fl.-Werke, angeschlossen waren. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob von den vier abrollenden Wagen der eine oder der andere ein solcher betriebsfremder Wagen war. Es hätte dies ohne weiteres der Fall sein können, da aus dem Sachverhalt ersichtlich ist, daß die Reichsbahnbediensteten eine gewisse Zahl von Wagen nicht im Hinblick auf deren Herkunft von der Firma Sch. und mit solcher Unterscheidung, sondern lediglich mit dem Ziel abkuppelten, die abzuziehende Garnitur zu verkürzen bzw. zu entlasten; es hätten also auch der eine oder andere oder mehrere betriebsfremde Wagen in das Fabrikgelände der Firma Sch. abrollen können. Es ergibt sich demnach: Die Firma Sch. hat auf die durch die Wagenübergabestelle örtlich und sachlich gekennzeichneten Teile der Eisenbahnanlage und den weiteren Teil der Bahnstrecke in Richtung zum Bahnhof, trotzdem sie über diese Geländeteile sonst verfügt, was den Eisenbahnbetrieb anbelangt, kein Verfügungsrecht und soweit keine Verfügungsmacht. Die Verfügung liegt in Händen der verklagten Reichsbahn. Dafür ist die angeführte Tatsache der Benutzung der Strecke mit einer Zuggarnitur, bestehend aus betriebsfremden Wagen, neben den weiteren angeführten Umständen ein Ausdruck, wie auch die Tatsache, daß es im Ermessen der Verklagten lag, die Wagen an- und abzukuppeln oder sonstwie mit ihnen zu verfahren. Im vollen Einklang mit der entwickelten Auffassung steht weiter, daß die fragliche Strecke von der Reichsbahn insofern auch auf deren eigene Rechnung betrieben wird, als nach dem Privatgleisanschluß-Vertrag von der Verklagten Anschlußgebühren erhoben werden, die nach § 12 des Vertrages auf Grundlage der Anlage G pauschalmäßig, also nicht durch Ansetzung einzelner Auslageposten, sondern geschäfts- bzw. tarifmäßig berechnet werden. In Verbindung mit dem Anschlußvertrag, der festsetzt, inwieweit die Reichsbahn und inwieweit der Anschließer den Betrieb bei dem Anschluß führt, ist dann die wirkliche Gestaltung des Betriebes von Bedeutung; diese Gestaltung, die eine Ausschaltung der Firma Sch. von Dispositionsmöglichkeiten auf der Ubergabestelle bedeutet, schließt im vorliegenden Falle aus, den Staatseisenbahnbetrieb nur als eine Dienst- und Hilfeleistung zu dem Betrieb der Firma Sch. anzusehen. Die in Rede stehenden Transportleistungen der Reichsbahn lassen sich im vorliegenden Falle von der Tätigkeit des Anschließers nicht nur ausscheiden, sie wurden vielmehr nach der ausdrücklichen Klarstellung in dem Vertrage ausgeschieden und dies auch in der getätigten Praxis; sie wurden ein Teil des allgemeinen Gesamt-Eisenbahnbetriebes der Reichsbahn. Diese wirkliche Gestaltung ist entscheidend. Es wird noch darauf hingewiesen, daß die Anführungen der Verklagten zu § 18 der Allgemeinen Bestimmungen für Privatgleisanschlüsse und anderen Vertragsbestimmungen zum Teil Auslegungen sind, die unbeachtlich sind, weil ihnen § 5 Abs. 2 HaftpflG entgegensteht. Bei der gegebenen Rechtslage konnten die Frage der Stützung des Klageanspruchs auf § 823 BGB und die Abtretung der Rechte der Firma Sch. unerörtert bleiben. Da der Fall der Unfallverursachung durch höhere Gewalt ausscheidet, bleibt noch die Frage eines eigenen Verschuldens des Getöteten übrig: Es kann nun selbst bei Zugrundelegung der Behauptungen der Verklagten keineswegs angenommen werden, daß das Tun des Getöteten, soweit es überhaupt schuldhaft sein sollte, derart schuldhaft wäre, daß es für die Entstehung des Unfalls vorwiegend kausal wäre. Vorwiegend kausal sind jedenfalls die von der Verklagten gesetzten Verursachungen, d. i. die nicht entsprechende Sicherung der Wagen beim Abkuppeln. Sie ist überdies auch der Verklagten zum Verschulden anzurechnen. Hierbei wird darauf hingewiesen, daß § 86 der Fahrdienstvorschriften anerkennt, daß nur vorübergehend Wagen während des Rangiergeschäfts auch durch Hemmschuh festgelegt werden dürfen, somit im vorliegenden Falle, wo die abgekuppelten Wagen bis zu einem späteren Abholen als zweiter Zug, also durch eine gewisse längere Zeit auf der abschüssigen Strecke stehen bleiben sollten, die Verwen- U6;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 146 (NJ DDR 1953, S. 146) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 146 (NJ DDR 1953, S. 146)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen. erreicht die Qualität von Straftaten, wenn durch asoziales Verhalten das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden - Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Verbreitung dekadenter Einflüsse unter jugendlichen Personenkreisen, insbesondere in Vorbereitung des Jahrestages der Deutschen Demokratischen Republik Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion ist die gründliche Einschätzung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich. Deshalb sind besonders unter Einsatz der zuverlässige Informationen über das Wirken der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

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