Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 107

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 107 (NJ DDR 1953, S. 107); Sind Forderungen der Mitglieder von landwirtschaftlichen und Konsumgenossenschaften an die Genossenschaft pfändbar? Von Prof. Dr. Hans Nathan, Berlin I In diesem Heft ist eine Entscheidung des Bezirksgerichts Gera abgedruckt1), welche zeigt, daß zur Unterstützung der gerichtlichen Praxis eine theoretische Erörterung gewisser Rechtsfragen erforderlich ist, die mit dem Recht unserer demokratischen Genossenschaften im Zusammenhang stehen und die bei der machtvollen Entwicklung dieser Genossenschaften von den Gerichten immer häufiger zu entscheiden sein werden. Es handelt sich um die Problematik, die sich aus der Frage nach der Pfändbarkeit der mannigfaltigen, aus der Mitgliedschaft bei diesen Organisationen folgenden vermögensrechtlichen Ansprüche ergibt eine Frage, die sich im Hinblick auf den neuen Charakter gerade dieser Form genossenschaftlichen Zusammenschlusses weder ausschließlich auf Grund der von unserem Staat rezipierten früheren Gesetzgebung noch einheitlich für alle in Frage kommenden Genossenschaften beantworten läßt. Die nachstehende Darstellung befaßt sich im einzelnen mit der Erörterung jener Frage hinsichtlich der Mitglieder der Konsumgenossenschaften einerseits und der landwirtschaftlichen Genossenschaften andererseits, worunter sowohl die Bäuerlichen Handelsgenossenschaften VdgB (BHG) wie auch die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften verstanden werden. Sie erhebt nicht den Anspruch darauf, fertige und vollständige Lösungen zu geben, sondern ist ein erster Versuch der Erörterung dieser bedeutsamen Fragen, der zu weiterer Diskussion anregen soll. II Vor wenigen Jahren, 1944, wurde in ganz England festlich des Tages gedacht, da hundert Jahre früher die „Rochdale Pioneers“, die „redlichen Pioniere von Rochdale“, die Urform der Konsumgenossenschaften fanden. Die braven Handwerker und Bürger jener kleinen Textilstadt in Lancashire, die sich mit ihrer revolutionären Tat der Ausbeutung und Prellerei durch die Baumwollmagnaten widersetzten, haben es sich bestimmt nicht träumen lassen, daß im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaft auch genossenschaftliches Eigentum kapitalistisches Ausbeutereigentum sein oder werden müsse, daß ihre schöne Bewegung dazu bestimmt war, „im kapitalistischen Staat eine kapitalistische Kollektiveinricht.ung“ zu sein, wie Lenin gesagt hat1 2), „eine rein kommerzielle Einrichtung, die auf Grund des Druckes, den die Konkurrenz ausübt, eine Tendenz zu bürgerlichen Aktiengesellschaften zeigt“3). Folgerichtig betrachtet das deutsche bürgerliche Genossenschaftsrecht die „Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und der Genossen“ (im 2. Abschn. des GenG vom 1. Mai 1889) ausschließlich als eine vermögensrechtliche Angelegenheit; der Genosse ist ein „kleiner Aktionär“, den die an den Besitz eines Geschäftsanteils geknüpfte Mitgliedschaft zur Teilnahme am Gewinn und, im Rahmen seines Stimmrechts, zur Einflußnahme auf die Geschäftspolitik des Unternehmens berechtigt, und der sich dieser Mitgliedschaft zusammen mit dem Geschäftsguthaben durch die grundsätzlich unbeschränkt zulässige Übertragung an einen Dritten (§ 76 GenG) nahezu ebenso bequem entledigen kann wie ein Aktionär seiner Aktien. Daß auf ein solches Vermögensrecht ein Gläubiger des Genossen im Wege der Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens mit nachfolgender Aufkündigung der Mitgliedschaft Zugriff nehmen konnte (§ 66 GenG), ist nur selbstver- 1) S. 123. 2) Lenin, Uber das Genossenschaftswesen, Ausgew. Werke, Moskau 1947, Bd. II S. 993. 3) Lenin auf dem Kopenhagener Sozialisten-Kongreß 1910, zitiert in der Stellungnahme des Politbüros der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zu den Aufgaben der Partei in den Konsumgenossenschaften vom 17. Juli 1951, „Einheit“ 1951 S. 1120. stündlich; gerade diese Bestimmung macht es erschöpfend klar, daß das bürgerliche Genossenschaftsrecht die Mitgliedschaft des Genossen als reinen Vermögenswert betrachtete. Wir wissen, daß sich der Charakter der Konsumgenossenschaften im Laufe der Entwicklung unserer Ordnung seit 1945 grundlegend geändert hat. Eine so bedeutsame ökonomische Erscheinung wie der genossenschaftliche Zusammenschluß mit seiner Schaffung von kollektivem Eigentum darf entsprechend dem ersten Grundsatz der marxistischen dialektischen Methode nicht außer Zusammenhang mit der jeweiligen Gesellschaftsordnung verstanden werden, und so stellt denn Stalin unter Hinweis auf den oben zitierten Artikel von Lenin fest: „Lenin betrachtet also die genossenschaftlichen Betriebe nicht an sich, sondern im Zusammenhang mit der bei uns bestehenden Gesellschaftsordnung ,“4) Hier ist nicht der Raum, den einzelnen Etappen der Entwicklung nachzugehen, in deren Verlauf, beginnend mit ihrer Wiederherstellung durch den Befehl Nr. 176 der SMAD aus dem Jahre 1945, die Konsumgenossenschaften im Zusammenhang mit der Entwicklung unserer Ordnung selbst zu einer ihrer Grundlagen, zu machtvollen demokratischen Massenorganisationen geworden sind und ihr Eigentum zu gesellschaftlichem Eigentum niederer Form. Hier genügt es, den derzeitigen Stand zu kennzeichnen mit der Feststellung Walter Ulbrichts auf der II. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands: „Der volkseigene und genossenschaftliche Sektor der Wirtschaft ist zur festen ökonomischen Grundlage der neuen Ordnung geworden“5), sowie auf das Statut des Verbandes Deutscher Konsumgenossenschaften vom 18. Februar 1952 hinzuweisen, in dessen Eingangsworten die gegenüber früher völlig neue Wesensseite, das aktiv politische und erzieherische Element dieser Art von Genossenschaften Ausdruck findet: „Die Konsumgenossenschaften als demokratische Massenorganisationen sind Schulen der Demokratie, der Entwicklung des demokratischen Staatsbewußtseins, der Erziehung zur Solidarität und zur Völkerfreundschaft Sie kämpfen für die Erhaltung des Friedens und für die Schaffung eines einigen, demokratischen, friedliebenden, und unabhängigen Deutschlands.“ 1. In seinem eingangs zitierten Beschluß hat das Bezirksgericht Gera das durchaus richtige Gefühl gehabt, daß eine derartige Wandlung im Wesen der Konsumgenossenschaften auf die Frage der Pfändbarkeit des Auseinandersetzungsguthabens6) nicht ohne Einfluß habe bleiben können. Es ist anzuerkennen, daß diese Erkenntnis das Gericht zu einem zweifellos zutreffenden Ergebnis geführt hat. Andererseits hat der Senat wenn man von dem letzten Satz des Beschlusses absieht noch nicht ver- 4) Stalin, Fragen des Leninismus, Moskau 1947, S. 350. 5) Walter Ulbricht, Die gegenwärtige Lage und die neuen Aufgaben der SED, Referat auf der II. Parteikonferenz, Dletz Verlag, Berlin 1952, S. 45. 9) Die Fassung des in dieser Sache ergangenen Pfändungsund Uberweisungsbeschlusses ist ungenau. Pfändbar ist nach § 66 GenG nicht der Geschäftsanteil als solcher, sondern das Auseinandersetzungsguthaben, das sich nach der auf Grund des Pfändungsbeschlusses von dem Pfändungsgläubiger ausgesprochenen Kündigung der Mitgliedschaft des Schuldners und der daraufhin vorgenommenen Auseinandersetzung ergibt. Es setzt sich zusammen aus den auf den Geschäftsanteil eingezahlten Beträgen und etwa gutgeschriebenen Rückvergütungen und Gewinnanteilen. 107;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 107 (NJ DDR 1953, S. 107) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 107 (NJ DDR 1953, S. 107)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befämgüöl der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter hat zieigpigbhg und differenziert vorrangig im Prozeß der täglichen politisch-operativegäEfei zu erfolgen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben und Anforderungen an die konkrete Gestaltung und Sicherung wesentlicher Prozesse in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und bei spezifischen sich ständig wiederholenden Vollzugsmaßnahmen unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Ge-Währ lei stung von Ordnung und Sicherheit, zu verbinden. Diese Probleme wurden in zentralen und dezentralisierten Dienstberatungen detailliert erläutert.

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