Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 89

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 89 (NJ DDR 1952, S. 89); § 48 EheG; § 13 Berliner VO über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 13. Oktober 1950. 1. Es entspricht grundsätzlich nicht dem Wesen der Ehe, ein zerrüttetes Eheverhältnis aufrechtzuerhalten. 2. Für den Widerspruch aus § 48 Abs. 2 EheG muß es als beachtlich angesehen werden, wenn durch die Scheidung die auf dem Grundsatz der Gleichberechtigung beruhende Stellung der Frau verletzt wird. 3. Die Aufrechterhaltung einer zerrütteten Ehe liegt grundsätzlich nicht im Interesse der minderjährigen Kinder. KG, Urt. vom 13. Juli 1951 2 UR 88/51. Aus den Gründen: Grundsätzlich muß bei der Frage, ob der Widerspruch des beklagten Ehepartners beachtlich ist oder nicht, mit dem Obersten Gericht davon ausgegangen werden, daß die Aufrechterhaltung einer zerrütteten Ehe nicht als sittlich gerechtfertigt angesehen werden kann. Die Bedeutung der Ehe im gesellschaftlichen Leben liegt gerade wie in der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichts (NJ 1951 S. 222 ff.) zum Ausdruck gebracht wird darin, „daß sie nicht nur eine individuelle Angelegenheit der Eheleute ist, sondern auch gesellschaftliche Ziele und Ideale zu fördern hat: Die Arbeitsfreude, das ständige Streben zur weiteren persönlichen Entwicklung, auch die Freude an der Familie.“ § 13 der Berliner Verordnung über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 13. Oktober 1950 spricht aber nicht umsonst davon, daß die gesunde Familie ein Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft ist. Daraus folgt, daß die Gesellschaft an der Aufrechterhaltung ungesunder Ehen nicht interessiert ist. Ehen, die in Wirklichkeit keine mehr sind, sondern nur noch der Form nach bestehen, sind daher grundsätzlich zu scheiden. Dies hat auch das Oberste Gericht in der erwähnten Entscheidung betont, wenn es darauf hinweist, daß eine zerrüttete Ehe für viele und gerade in voller Leistungsfähigkeit stehende Menschen „eine Zerstörung ihrer Lebensfreude und eine Hemmung ihres „Arbeitsenthusiasmus“ bedeutet. Der Widerspruch des beklagten Ehegatten kann also nur noch beachtlich sein, wenn besondere Gründe im Einzelfall ausnahmsweise die Aufrechterhaltung der an sich zerrütteten Ehe erfordern, insbesondere, wenn die Scheidung der Ehe gegen das Gleichberechtigungsprinzip verstoßen würde. In der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtes werden einige Beispiele angeführt, in denen die Versagung des Scheidungsbegehrens denkbar wäre. Im vorliegenden Falle liegt weder einer dieser Gründe noch ein sonstiger Grund vor, durch den der Widerspruch der Beklagten gerechtfertigt sein könnte. Die Ehe der Parteien ist infolge der jetzt seit mehr als vier Jahren bestehenden endgültigen Trennung und auch der vor dieser Zeit liegenden längeren Evakuierung der Beklagten derart tiefgreifend zerrüttet, daß ein Zusammenleben, das den gesellschaftlichen Anforderungen, die an eine Ehe zu stellen sind, auch nur im entferntesten entsprechen könnte, zwischen den Parteien nicht mehr erwartet werden kann. Wie der Kläger behauptet und die Beklagte nicht bestritten hat, besteht keinerlei innerer Kontakt mehr zwischen den Parteien, was sich auch in der Hartnäckigkeit, mit der der Kläger seine Ehescheidung betreibt, zeigt. Es ist also nicht damit zu rechnen, daß der Kläger wieder zu seiner Familie zurückkehrt, was er selbst auch klar und bestimmt vor dem Senat erklärt hat. An dem derzeit bestehenden tatsächlichen Zustand würde sich also selbst dann nichts ändern, wenn die Ehe nicht geschieden würde. Daß ein die Scheidung verweigerndes Urteil den Kläger dahin beeinflussen könnte, daß er wieder zu seiner Familie zurückkehrt, ist bei dem Alter der Parteien und der besonderen Lage des Einzelfalles, nachdem schon die Abweisung seines früheren Scheidungsbegehrens diesen Erfolg nicht gezeitigt hat, nicht zu erwarten. Der Kläger ist ein reifer Mensch, der seinen Entschluß, die eheliche Gemeinschaft mit der Beklagten nicht wieder aufzunehmen, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Daß seine Neigung zu der Beklagten erloschen ist, geht daraus hervor, daß er seit seiner Trennung von ihr treu zu der anderen Frau, mit der er zusammenlebt, hält. Es liegt also, was das Landgericht verkannt hat, sowohl im Interesse der Gesellschaft als auch des Klägers, daß die inhaltlos gewordene Form, die ihn noch an die Beklagte bindet, beseitigt und ihm die Möglichkeit gegeben wird, seine jetzige tatsächliche Lebensgemeinschaft auch rechtlich zu einer Ehe zu machen. Die Scheidung der Ehe widerspricht aber auch nicht den Interessen der Beklagten. Diese wird für den Fall der Scheidung nicht schlechter gestellt als bei Aufrechterhaltung der Ehe. Sie hat inzwischen einen Beruf ergriffen und verdient hierdurch mindestens soviel, als der Kläger zur Zeit des Zusammenlebens der Parteien im Rahmen einer fünfköpfigen Familie für ihren Unterhalt aufwenden konnte. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten gezeigt, daß sie durchaus in der Lage ist, auf eigenen Füßen zu stehen und aus eigener Kraft ihren bisherigen Lebensstandard aufrechtzimrhalten. und also keinesfalls auf die wirtschaftliche Hilfe ihres Ehemannes angewiesen.’ ist. Gesichtspunkte der Sicherstellung ihres Unterhalts, die für die Beachtlichkeit des Widerspruchs als wesentlich angesehen werden können, wenn die Frau durch die Scheidung in wirtschaftliche Not geraten oder ihre wirtschaftliche Lage sich wesentlich verschlechtern würde, fallen also bei der Beklagten nicht ins Gewicht; denn auch das Unterhaltsrecht (insbesondere § 58 EheG) hat durch die veränderte gesellschaftliche Stellung der Frau in unserer Ordnung einen neuen Inhalt erhalten. Im einzelnen wird hierzu auf die grundlegende Entscheidung des Obersten Gerichtes vom 1. Dezember 1950 1 Zz 36/50 (NJ 1951 S. 128) verwiesen. Wirtschaftliche Gründe können also wie selbst das Landgericht zutreffend festgestellt hat die Aufrechterhaltung der zerstörten Ehe der Parteien niemals rechtfertigen. Auch die von der Beklagten zur Begründung ihres Widerspruchs vorgetragenen ideellen Erwägungen können die Aufrechterhaltung der Ehe nicht recht-fertigen. Im vorliegenden Falle ist nicht das Begehren des Klägers, die seit langem zerrüttete Ehe zu scheiden, unsittlich, sondern das Festhalten der wirtschaftlich unabhängig gewordenen Beklagten an einer nur der Form nach noch bestehenden „Ehe“. Das gleiche gilt für den von der Beklagten bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat vorgetragenen Gesichtspunkt, daß sie nicht als „geschiedene Frau“ herumlaufen wolle. Der Beklagten sei hierzu gesagt, daß ihr Wert als Mitglied unserer Gesellschaft und auch als Frau durch die Tatsache der Scheidung ihrer Ehe in keiner Weise beeinträchtigt wird. Derartige Erwägungen, wie sie die Beklagte anstellt, mögen in einer Zeit, als die Ehe für die Frau die „Versorgungsanstalt“ war und die Heiratsaussichten einer geschiedenen Frau geringer waren, am Platze gewesen sein; auf keinen Fall aber passen sie auf unsere Zeit, in der sich die Frau ihre Gleichberechtigung erkämpft hat und in immer stärkerem Maße ihren Platz in der Produktion, in Staat und Verwaltung usw. einnimmt. Das Ansehen eines Menschen wird nicht dadurch bestimmt, ob er ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden ist, sondern dadurch, welchen Platz er in der Gesellschaft einnimmt. Der Widerspruch der Beklagten war also nicht zu beachten, da keiner der von ihr vorgetragenen Gründe die Aufrechterhaltung der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens beider Ehegatten sittlich rechtfertigt Nach § 48 Abs. 3 EheG ist dem Scheidungsbegehren nicht stattzugeben, wenn das wohlverstandene Interesse eines oder mehrerer minderjähriger Kinder, die aus der Ehe hervorgegangen sind, die Aufrechterhaltung der Ehe erfordert. Dies liegt aber im vorliegenden Falle nicht vor. Von den drei Kindern der Parteien sind nur noch die 15jährige Brigitte und der 14jährige Wolfgang minderjährig. Der älteste Sohn Günther ist im Laufe des Prozesses volljährig geworden; er hat seine Lehre beendet, steht in einem festen Arbeitsverhältnis und steuert von seinem Arbeitsverdienst, der zur Zeit höher ist als der des Klägers, zur Haushaltsführung der Familie (er wohpt nach wie vor bei der Mutter) bei. Den Unterhalt der beiden anderen Kinder hat der Kläger mit monatlich 100, DM sichergestellt, wobei zu berücksichtigen ist, daß dem Kläger für seinen eigenen Unterhalt nur 140, bis 150, DM monatlich verbleiben. Es besteht keine Veranlassung zu der Befürchtung, daß der Kläger seiner Unterhalts- S.9;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Unte suchungshaft und darauf beruhenden dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, ist ein sehr hohes Maß an Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilung zu lösen: Gewährleistung einer engen und kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten und damit zugleich die - im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuch normierten Subjektanforderungen und - die in den sibjektiven Voraussetzungen der konkreten Strafrechtsnorm enthaltenen Anforderungen. Das sind vor allem die Möglichkeiten der Täterfotografie, der Daktyloskopie, der Dokumentenuntersuchung, des Schriftenvergleichs, der Auswertung von Tätowierungen und anderen besonderen Merkmalen am Körper, der Blutgruppenbestimmung und der Zahnstatusauswertung.

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