Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 76

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 76 (NJ DDR 1952, S. 76); Prozeß Zuchthausstrafen von einem bis zu fünf Jahren verhängt wurden. Es ergeben sich jedoch noch einige Fragen: Wer zieht die Ortsleitung der Gewerkschaft Handel zur Verantwortung, die doch offensichtlich schlecht oder vielleicht überhaupt nicht die Betriebsgewerkschaftsgruppe im Kaufhaus Kesselsdorfer Straße anleitete, nicht wachsam genug war und in einigen Fällen der Sorge um den einzelnen nicht die Aufmerksamkeit widmete, die erforderlich gewesen wäre? Und wer bestraft den Betriebsschutz, der seiner Pflicht nur höchst formal nachkam und gefälschte oder unberechtigterweise einbehaltene Kassenzettel, die als Begleitschein beim Hinausschmuggeln von Ware benutzt wurden, anerkannte? Dabei hätten die vielen Taschen, Koffer und Päckchen, die das Haus verließen, nur daraufhin überprüft zu werden brauchen, ob in ihnen das war, was der Kassenzettel auswies! Welche Konsequenzen zieht die gesamte HO aus der Tatsache, daß die Angeklagten sich in angstvollen, schuldbewußten Minuten mit den Worten: „Ach, laßt nur, in der HO hat bis jetzt noch nie eine Inventur gestimmt!“ trösteten? Wie muß das Niveau der Schulung gewesen sein, das von dem ebenfalls mitangeklagten und wegen Unterschlagung wie auch mangelnder Ausübung der Aufsichtspflicht verurteilten Abteilungsleiter entscheidend beeinflußt war? Denn eben dieser Abteilungsleiter, der es als ein Gebot der Kollegialität erachtete, Diebstähle zu dulden, war als Referent in der Innerbetrieblichen Schulung eingesetzt. Die Ansicht, die HO werde „sowieso bald krachen gehen“, an die sich die Verurteilten zur „Rechtfertigung“ ihrer Verbrechen klammerten, gibt hierauf eine ebenso bestimmte wie auch traurige Antwort. Bemerkenswert ist, daß die Angeklagten zumeist nur deshalb die Unterschrift der Abteilungsleiter erlangen konnten, weil sie warteten, bis der zuständige Kollege nicht erreichbar war und dann einen anderen, branchenfremden Abteilungsleiter baten, „doch mal schnell zu unterschreiben“, was dieser dann auch „wachsam“ wie er war nichtsahnend und nichts prüfend tat. D:e vor der Anzeige ihrer Schandtaten von den Angeklagten mehrfach vorgebrachte Drohung, Selbstmord begehen zu wollen, mag jedem eine Lehre sein, sich durch derartige erpresserische, völlig ungerechtfertigte Appelle an sein menschliches Empfinden nicht einschüchtern oder beeinflussen zu lassen. Das sei auch den Verteidigern gesagt, deren Recht und deren Pflicht es natürlich ist, alle strafmildernden Momente vor dem Gericht darzulegen, die aber ihre Aufgabe als Rechtsanwälte verkennen, wenn sie die verwerfliche Handlungsweise ihrer Mandanten mit dem Hinweis zu „verteidigen“ suchen, „Liebende wären zu allem fähig, also auch dazu, füreinander zu stehlen.“ Da haben wir als fortschrittliche Menschen eine andere, eine höhere Meinung vom sittlichen Wert der Liebe. Gänzlich haltlos war auch das „Argument“, die mitangeklagte BGL-Vorsitzende solle man nicht so hart bestrafen, weil das die Menschen abschrecken müßte, gesellschaftspolitische Funktionen zu übernehmen. Das ist eine Beleidigung der großen Masse unserer Funktionäre in allen demokratischen Parteien und Organisationen, die mit Verantwortung, Gewissenhaftigkeit und oft unter opfervollen Anstrengungen für Einheit und Frieden kämpfen. Mit Recht stellte daher der Staatsanwalt fest: Auf Funktionäre, die nur an ihre Stellung denken, pfeifen wir! Schließlich verstieg sich einer der Verteidiger sogar zu der Ansicht, eine Verkäuferin habe nur zu verkaufen und zu kassieren, alles andere ginge sie nichts an. Verteidiger, die solche Meinungen vertreten, sind keine Rechtsanwälte, sondern Anwälte des Imperialismus, die ein großes Interesse daran haben, politisch noch nicht aufgeschlossene Menschen in der Beschränktheit ihrer eigenen, von altersher überkommenen reaktionären Ansichten zu belassen, um desto besser einen neuen Krieg vorbereiten zu können. Es ist gegen alle Vernunft, dem Werktätigen sagen zu wollen, sein volkseigener Betrieb ginge ihn nichts an, er habe in ihm nur zu arbeiten. Das ist ebenso unsinnig wie die Behauptung, es sei dasselbe, ob Herr Meyer Herrn Schulze bestiehlt oder ob sich eine Verkäuferin widerrechtlich HO-Ware aneignet. Die Herren Verteidiger haben nicht verstanden, daß das persönliche Eigentum des Herrn Schulze eben nur dessen persönlichen Belangen dient, während unser Volkseigentum eine ungeheuer wichtige Bastion im Kampf um den Frieden, also um eine glückliche Zukunft für uns alle darstellt. Daher kann es in Anbetracht dessen, daß 400 Verkäuferinnen Zuhörer der Verhandlung waren, nur als demagogisch gewertet werden, wenn einer der Verteidiger meinte, von einer Gefährdung des Finanzplanes könne doch keine Rede sein, da die HO doch nur um „kleinere“ Summen betrogen worden sei. {Auch der „kleinste“ Dieb stahl Waren im Werte von 350 DM!) Das Gericht hatte von dem Wesen unserer Wirtschaftsplanung, in der mit jedem Pfennig gerechnet werden muß, in der auch die kleinste Einsparung, die unsere Arbeiter an der Drehbank erzielen, von größter Bedeutung ist, eine andere Ansicht und brachte diese auch in der Festsetzung des Strafmaßes zum Ausdruck. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß noch viel getan werden muß, um unseren Rechtsanwälten (unter denen sich in diesem Prozeß auch einige sehr fortschrittlich zeigten und dennoch ihre Mandanten zu verteidigen wußten) zum Bewußtsein zu bringen, was die Werktätigen von ihnen als Juristen verlangen. Rudo Liermann, Dresden Kann eine Ehe aus beiderseitigem Verschulden geschieden werden, ohne daß der beklagte Teil Widerklage erhebt oder den Antrag auf Mitschuld stellt? Diese Frage ist auf Grund des bestehenden Rechts ohne weiteres zu verneinen. Nach §§ 52, 53 EheG kann eine Mitschuld des Klägers nur auf Grund einer Widerklage oder auf Antrag des Beklagten festgestellt werden. Doch erweist sich in der Praxis diese Regelung häufig als unzulänglich, etwa in folgendem, keineswegs seltenen Fall: Die Ehe, die viele Jahre besteht, ist hoffnungslos zerrüttet. Der Mann klagt auf Scheidung der Ehe aus Verschulden der Frau. Die Frau dagegen will nicht geschieden werden und lehnt es trotz richterlichen Hinweises ausdrücklich ab, Widerklage zu erheben oder den Antrag auf Mitschuld des Mannes zu stellen. Die Beweisaufnahme ergibt, daß beide Teile an der hoffnungslosen Zerrüttung der Ehe die Schuld tragen; beide haben geschimpft und geschlagen, der Mann vielleicht noch etwas mehr als die Frau. Hier bieten sich für das Gericht nur zwei Möglichkeiten: Entweder, es muß die Ehe aus Alleinschuld der Frau scheiden, obwohl dies offenbar unbillig und unrichtig ist womit die Frau auch den sonst möglichen Anspruch auf einen Beitrag zum Unterhalt nach § 60 EheG verlieren würde oder es muß die Klage abweisen. Entschließt sich das Gericht etwa ein Eheschöffengericht nicht, die Alleinschuld der Frau festzustellen, so bleibt eine Ehe bestehen, an deren Aufrechterhaltung zumal, wenn die Kinder erwachsen sind keinerlei Interesse 'der Allgemeinheit besteht und die durch ihren Fortbestand den in seinem Beruf vielleicht tüchtigen Mann in seiner Arbeitsfreudigkeit und der Entwicklung seiner Fähigkeiten hemmt und damit sogar die Allgemeinheit schädigt. Es wäre erwünscht, wenn in Fällen dieser Art durch eine Änderung des Gesetzes dem Richter das Recht gegeben würde, die Ehe auch dann aus beiderseitigem Verschulden zu scheiden, wenn ein entsprechender Antrag der beklagten Partei nicht vorliegt. Es handelt sich hier um einen Rest des „Parteibetriebes“ auch in Ehesachen, der der heutigen Auffassung von der Bedeutung der Ehe im gesellschaftlichen Leben nicht mehr entspricht, wie dies das Oberste Gericht in seinem Urteil vom 1. Dezember lOSO zum Ausdruck gebracht hat (NJ 1001 S. 223). Amtsrichter Dr. Rademacher, Borna Konkursanträge als Mißbrauch der Rechtspflege Die Tatsache, daß nur ein verschwindender Bruchteil der gestellten Konkursanträge zur Eröffnung des Konkursverfahrens führt, läßt es angezeigt erscheinen, sich einmal mit den Konkursanträgen zu beschäftigen, die schon vorher ihre Erledigung finden. Dabei kann man 76;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß sie die besondereGesellschaftsgefährlichkeit dieser Verbrechen erkennen. Weiterhin muß die militärische Ausbildung und die militärische Körperertüchtigung, insbesondere die Zweikanpf-ausbildung, dazu führen, daß die Mitarbeiter in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Diensteinheiten der Linie wachsende Bedeutung. Diese wird insbesondere dadurch charakterisiert, daß alle sicherungsmäßigen Überlegungen, Entscheidungen, Aufgaben und Maßnahmen des Untersuchungshaft Vollzuges noch entschiedener an den Grundsätzen der Sicherheitspolitik der Partei als generelle Aufgabe aller Staatsorgane, Sicherheits- und Rechtspflegeorgane, wirtschaftsleitonden Organe, Betriebe und Institutionen sowie gesellschaftlichen Organisationen. Sie ist als eine der Hauptaufgaben dos Staatssicherheit integrierter Bestandteil der politisch-operativen Arbeit aller Diensteinheiten. Die vorbeugende Tätigkeit Staatssicherheit ist darauf gerichtet, Bedrohungen der staatlichen Sicherheit sowie das Eintreten schadensverursachender Situationen und Handlungen rechtzeitig zu erkennen, zu verhindern, Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und wirksame Verhindern von Handlungen fedridlich-negativer Kräfte, die zu Beeinträchtigungen der Sichertieit und Ordnung an in den Objekten Staatssicherheit führen können.

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