Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 609

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 609 (NJ DDR 1952, S. 609); Nicht selten geschieht es, daß die Parteien mit der Sachdarstellung wechseln. Hierfür sind aber durch das Gesetz Grenzen gesetzt. Liegt in der bisherigen Erklärung ein gerichtliches Geständnis, dann muß die widerrufende Partei beweisen, daß dieses Geständnis der Wahrheit nicht entspricht und durch einen Irrtum veranlaßt worden ist (vgl. § 290 ZPO). Diese Vorschrift findet auch auf den Fall Anwendung, daß eine Prozeßpartei eine Behauptung aufgestellt hat, die vor ihrem Widerruf durch eine Erklärung des Gegners bestätigt wurde, so daß übereinstimmende Erklärungen Vorlagen. Hier hat diese bestätigte Behauptung ebenfalls die Wirkung eines vorweggenommenen Geständnisses nach § 290 ZPO und ihr Widerruf ist an die dort genannten Voraussetzungen gebunden. Diese Bestimmung ist weitgehend geeignet, einer wechselnden Sachdarstellung der Parteien Schranken zu setzen. Dabei ist zu beachten, daß keine Geständnismöglichkeiten vorliegen für ein Vorbringen, das von Amts wegen zu prüfen ist, sowie für ein solches, das seinem Inhalt nach offenbar unmöglich ist. Wenn auch die Vorschriften der Zivilprozeßordnung nicht den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit kennen, so besagt doch die Bestimmung des § 138 ZPO, daß die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben. Eine Partei hat also nicht das Recht, im Prozeß zu lügen. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht ohne weiteres berechtigt, Behauptungen der Parteien, die es für unwahr hält, nicht zu beachten. Dabei kann unter Umständen auch schon aus der Erklärung selbst geschlossen werden, ob eine wahrheitsgemäße Erklärung abgegeben wird. Bestreitet z. B. die Partei die Echtheit einer öffentlichen Urkunde ohne nähere Begründung, so kann unbedenklich davon ausgegangen werden, daß diese Behauptung aufs Geratewohl aufgestellt worden ist und nicht den Erfordernissen einer wahrheitsgemäßen Prozeßführung entspricht. Die Vorschriften über die Wirkung eines Geständnisses und über die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Prozeßbehauptung können weitgehend herangezogen werden, um den Versuchen der Parteien, den Prozeß unberechtigt auszuweiten, entgegenzutreten. Andere Maßnahmen, die prozeßökonomisch von Bedeutung werden können, sind die Trennung und die Verbindung von Prozessen sowie die Beschränkung auf bestimmte Angriffs- und Verteidigungsmittel. Eine Trennung (§ 145 ZPO) mehrerer in einer Klage erhobenen Ansprüche dient einer größeren Übersichtlichkeit des Streitstoffes und auch der Vermeidung einer Verzögerung des Prozesses durch übermäßige Belastung mit verschiedenen Anträgen. Eine solche Trennung ist zulässig sowohl im Falle der subjektiven Klagenhäufung (§ 59 ff. ZPO), also der Streitgenossenschaft, wie auch im Falle der objektiven Klagenhäufung (Anspruchshäufung) nach § 260 ZPO. Ebenso kann es aber auch prozeßökonomisch zweckmäßig sein, in gleichem Umfange mehrere anhängige Prozesse zu verbinden (§ 147 ZPO). Die Vorschrift des § 146 ZPO (Beschränkung der Verhandlung auf bestimmte Angriffs- und Verteidigungsmittel) kann weitgehend zur besseren stufenweisen Behandlung des gesamten Parteivorbringens führen. Unter selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind selbständige Prozeßbehauptungen zu verstehen, die eine selbständige rechtliche Wirkung aus-lösen. Hierzu gehören rechtsbegründende, rechtshindernde, rechtsvernichtende und rechtserhaltende Behauptungen. Dies gilt z. B. für mehrere nebeneinander geltend gemachte Klagegründe (vertragliche Leistung, ungerechtfertigte Bereicherung), für Punktesachen, für Einwendungen (Erlaß, Stundung, Aufrechnung, Verjährung, Rücktritt, Zurückbehaltungsrecht, Wandlung, Minderung, Verwendung für eine Sache usw.). Hier wird es sich grundsätzlich empfehlen, innerster Linie diejenigen Angriffs- und Verteidigungsmittel zum Gegenstand der Verhandlung und Beweisaufnahme zu machen, von denen auf Grund des Partei Vorbringens anzunehmen ist, daß sie am schnellsten und besten bewiesen werden können. Soll eine solche Beschränkung stattfinden, so hat das Gericht einen entsprechenden Beschluß zu erlassen, der Grundlage für das weitere Verfahren ist, aber auch jederzeit wieder vom Gericht aufgehoben werden kann. Wichtig ist die Kenntnis der Vorschriften, die einem verspäteten Vorbringen der Parteien entgegenwirken sollen. Die grundsätzliche Bestimmung hierüber befindet sich in § 279 ZPO für das Parteivorbringen und in § 283 ZPO für Beweismittel und Beweiseinreden. Verspätetes Parteivorbringen (Angriffs- und Verteidigungsmittel) kann zurückgewiesen werden, wenn sonst die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und nach der freien Überzeugung des Gerichts die Partei in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit sich nicht früher erklärt hat. Diese Vorschrift ist gemäß § 495 ZPO auch in den Verfahren vor den Kreisgerichten sowie vor den Bezirksgerichten in erster Instanz anzuwenden. Soweit es sich um Beweismittel und Beweiseinreden handelt, verweist § 283 Abs. 2 ZPO auf die Vorschrift des § 279 Abs. 2 ZPO, der auf die Mitteilung durch vorbereitende Schriftsätze Bezug nimmt. Die Verpflichtung zu vorbereitenden Schriftsätzen kann auf das Verfahren nach den Vorschriften der §§ 4S5ff. ZPO nur entsprechend Anwendung erfahren. Die Bestimmung über die vorbereitenden Schriftsätze hat das Interesse des Prozeßgegners im Auge. Das kann heute nicht mehr allein als ausschlaggebend betrachtet werden. Wenn auch die Zurückweisung von Beweisanträgen mit Vorsicht ge-handhabt werden muß, so wird doch aus dem gesamten bisherigen Verlauf des Prozesses eine Vorstellung darüber zu gewinnen sein, ob solche Beweisanträge aus Verschleppungsabsicht gestellt werden. In diesem Fall besteht kein Bedenken, sie ebenfalls zurückzuweisen. Das Gericht hat durch die Vorschrift des § 279a ZPO die Möglichkeit, sich von dem Verhalten der Prozeßpartei unabhängig zu machen, indem es für aufklärungsbedürftige Punkte den Parteien Erklärungsfristen setzen kann mit der Folge, daß bei Fristüberschreitung das Vorbringen für die erste Instanz unberücksichtigt bleibt, sofern die Verspätung nicht genügend entschuldigt wird. Deshalb ist es empfehlenswert, nach Klärung des Sachverhalts in Verbindung mit den Beweisbeschlüssen gleichzeitig hinsichtlich des weiteren aufklärungsbedürftigen Prozeßstoffes Auflagenbeschlüsse im Sinne der obigen Darstellung zu erlassen. Die Auferlegung der durch eine verschuldete Verzögerung entstandenen Kosten nach § 278 ZPO wird in der Regel keine ausreichende Warnung für die Parteien darstellen, sich rechtzeitig zu erklären. Sie kann aber bei großen Kostenbeträgen dennoch eine wichtige Bedeutung gewinnen. Für die Berufungsinstanz wird das verspätete Vorbringen in § 529 Abs. 2 und 3 ZPO geregelt. Hiernach ist neues Prozeßvorbringen die Beweisanträge eingeschlossen , das in erster Instanz hätte geltend gemacht werden können und dessen Beachtung eine Verzögerung mit sich bringen würde, nur zuzulassen, wenn das Säumnis in der ersten Instanz weder in der Absicht der Prozeßverschleppung noch aus grober Nachlässigkeit geschah. Dem sog. Nachschieben von Prozeßbehauptungen und Beweisangeboten ist damit ein wirksamer Riegel vorgeschoben. Die Berufung soll grundsätzlich nicht der Klärung solcher Fragen dienen, zu deren Erledigung die erste Instanz zur Verfügung steht. Wichtig ist, daß diese Vorschrift auch solches Vorbringen betrifft, das in erster Instanz bereits als verspätet zurückgewiesen worden ist. Die richtige Handhabung dieser Bestimmung ist sehr bedeutungsvoll, da nur ihre konsequente Anwendung der Entscheidung der ersten Instanz den nötigen Nachdruck verleihen kann. Es wäre nichts gewonnen, wenn die Verschleppung des Prozesses sich lediglich statt in der ersten in der zweiten Instanz auswirken würde. Eine nachsichtige Prozeßführung würde die erzieherische Bedeutung dieser Vorschrift weitgehend verkennen. Aus der Vorschrift des § 529 Abs. 3 ZPO folgt, daß in sonstigen Fällen die Frage der Rechtzeitigkeit sich weitgehend danach beurteilt, inwieweit der Berufungskläger sein Vorbringen in die Berufungsbegründung aufgenommen hat. Werden wichtige Berufungsgründe erst später, also im Laufe des Berufungsverfahrens, geltend gemacht, so sind sie grundsätzlich als verspätet zurückzuweisen. Es ist besonders zu beachten, daß die Vorschriften über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens für die Berufungsinstanz zwingenden Charakter tragen („s i n d nur zuzulassen“). 1 609;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts vom zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von bei Transitmißbrauchshanclüngen auf frischer Tat festgenomraePör ßeschuldigter Potsdam, Juristisch Fachs lußa Vertrauliche Verschlußsache schule, Errtpgen und Schlußfolgerungen der Äf;Ssfeerlin, bei der ziel gerttchteten Rückführung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit zur Vorbeugung und Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und der gegnerischen Kontaktpolitik und -tätigkeit ist nach wie vor eine Hauptaufgabe aller Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich negativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen der feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen feindlich-negativer Kräfte gründlich aufzuklären und auf dieser Basis die vorbeugende Arbeit Staatssicherheit noch wirksamer zu gestalten.

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