Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 604

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 604 (NJ DDR 1952, S. 604); worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden könne. Diese Möglichkeit der Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten ist aber keine Ausnahme von dem dargelegten Grundsatz, daß der Angeklagte zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung verpflichtet ist und auf seine Anwesenheit nicht verzichtet werden kann. Diese Bestimmungen räumen dem Angeklagten kein Recht ein, der Hauptverhandlung fernzubleiben, sondern sie enthalten im Gegenteil die Möglichkeit, den Angeklagten durch Androhung nachteiliger Folgen, nämlich des Verlustes auf rechtliches Gehör, zu zwingen, zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Den gleichen Charakter hat auch die Bestimmung des § 191 Abs. 2 StPO, nach der gegen den Angeklagten, der sich verbotswidrig aus der Hauptverhandlung entfernt hat, die Hauptverhandlung auch ohne seine Anwesenheit zu Ende geführt werden kann. Die Bestimmungen verfolgen ausschließlich den Zweck, dem Angeklagten die Möglichkeit zu nehmen, durch verbotswidriges Entfernen die Hauptverhandlung unwirksam und gleichsam ungeschehen zu machen oder dadurch den Beginn der Hauptverhandlung überhaupt zu verhindern, daß er zur Hauptverhandlung nicht erscheint, sich verbirgt oder sich außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik aufhält. Aber auch bei dieser im Interesse der Autorität des Staates notwendigen Maßnahme hat das Gesetz im Interesse der Findung der materiellen Wahrheit und zur Wahrung der Verteidigung des Angeklagten eine Reihe Kautelen vorgesehen, die die grundsätzliche Forderung des Gesetzes nach der Anwesenheit des Angeklagten als Notwendigkeit des Verfahrens erster Instanz noch unterstreichen. Gegen den Angeklagten, der sich aus der Hauptverhandlung entfernt hat, darf die Hauptverhandlung nur zu Ende geführt werden, wenn der Angeklagte schon über die Anklage vernommen war und das Gericht seine Anwesenheit nicht für erforderlich hält. Ebenso kann nur unter der Bedingung, daß der Angeklagte vor der Hauptverhandlung verantwortlich vernommen worden ist, im Rahmen des sowieso schon beschränkten Strafrahmens in Abwesenheit des Angeklagten auf Freiheitsentziehung erkannt werden. Wird die Hauptverhandlung nach § 195 StPO oder nach § 236 StPO in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt, so kann dieser unter den Voraussetzungen des § 37 oder des § 243 Abs. 2 StPO binnen einer Woche nach der Zustellung des Urteils die Wiederholung der Hauptverhandlung beantragen, die das vorausgegangene Verfahren einschließlich des Urteils gegenstandslos macht. In jedem Fall kann, wie diese gesetzlichen Bestimmungen beweisen, die Hauptverhandlung gegen den abwesenden Angeklagten nur durchgeführt werden, wenn die Wahrheit auch ohne seine Anwesenheit ermittelt werden kann. Dementsprechend besagt auch § 241 StPO für die Hauptverhandlung gegen den flüchtigen Angeklagten, daß das Verfahren einzustellen ist, wenn sich in Abwesenheit des Angeklagten weder seine Schuld noch seine Nichtschuld feststellen läßt. Erwähnt werden müssen weiter zwei prozessuale Möglichkeiten, welche die wenn auch nur zeitweilige Entfernung des Angeklagten gesetzlich zulassen, aber ebenfalls die Pflicht des Angeklagten zur Anwesenheit nicht grundsätzlich berühren. Ist zu befürchten, daß ein Mitangeklagter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung ln Gegenwart des Angeklagten nicht die Wahrheit sagen werde, so kann das Gericht die Vernehmung in Abwesenheit des Angeklagten durchführen, muß den Angeklagten aber nach seiner Rückkehr über das wesentliche Ergebnis der Vernehmung unterrichten (§ 204 Abs. 1 StPO). Diese Bestimmung gibt also dem Gericht im Interesse der Findung der objektiven Wahrheit die Möglichkeit, den anwesenden Angeklagten vorübergehend aus der Hauptverhandlung zu entfernen, und läßt gerade durch ihren exzeptionellen Charakter erkennen, daß die Anwesenheit des Angeklagten grundsätzlich erforderlich ist. Da die Pflicht des Angeklagten zur Anwesenheit auch sein Recht auf Anwesenheit in sich schließt, darf von dieser Bestimmung nur in den Fällen Gebrauch gemacht werden, in denen durch die Anwesenheit des Angeklagten die Findung der Wahrheit ernstlich gefährdet sein würde. Stets setzt die vom Gericht angeordnete Entfernung des Angeklagten einen Beschluß voraus, der nur ergehen kann, nachdem die Beteiligten und der Angeklagte dazu gehört worden 60Jf sind, und der begründet werden muß. Nicht zulässig ist es, daß der Vorsitzende im Rahmen der Verhandlungsleitung die Entfernung des Angeklagten anordnet. In einem weiteren Fall ist die Fortführung der Hauptverhandlung ohne Anwesenheit des Angeklagten möglich, nämlich wenn das Gericht diesen wegen ordnungswidrigen Verhaltens zeitweilig von der Verhandlung ausschließt (§ 204 Abs. 2 StPO). Da diese Bestimmung einen völlig anderen Charakter hat und keinesfalls ein Hilfsmittel bei der Findung der Wahrheit ist, sondern ausschließlich eine Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Ordnung, ergibt sich von selbst, daß der verantwortungsbewußte Richter von ihr nur dann Gebrauch machen darf, wenn ein ordnungsmäßiges Betragen des Angeklagten auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Aber auch in diesem Falle muß das Gericht bemüht sein, die getroffene Maßnahme so bald wie möglich wieder aufzuheben oder doch wenigstens den Versuch zur Feststellung unternehmen, ob der Angeklagte sich nunmehr ordnungsgemäß beträgt. Ist ein solcher Erfolg nicht zu erwarten, so kann natürlich die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten zu Ende geführt und sogar das Urteil in seiner Abwesenheit verkündet werden. Als zusammenfassendes Ergebnis dieser Betrachtung ist festzustellen, daß unsere StPO wohl eine Pflicht und ein Recht des Angeklagten auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung erster Instanz kennt, nicht aber ein Recht des Angeklagten auf Abwesenheit von der Hauptverhandlung. Anders ist die Frage nach der Anwesenheitspflicht des Angeklagten für die Hauptverhandlung im Rechtsmittelverfahren zu beantworten. Hier wird nicht die Beweisaufnahme des erstinstanzlichen Verfahrens wiederholt; Grundlage der Tatsachenüberprüfung des angefochtenen Urteils ist vielmehr das Protokoll über die Hauptverhandlung erster Instanz. Ausnahmsweise nur wird daneben Beweis durch Vernehmung von Zeugen oder durch Einnahme des Augenscheins erhoben, und es ist bezeichnend, daß in diesen Fällen der Angeklagte anwesend sein muß (§ 289 Abs. 4). Im übrigen aber ist z,ur Findung der materiellen Wahrheit die Anwesenheit des Angeklagten in der Regel nicht erforderlich, obgleich der Vorsitzende gemäß § 287 StPO sein persönliches Erscheinen oder seine Vorführung anordnen kann. Deshalb bestimmt § 287 StPO, daß der Angeklagte und sein Verteidiger von der Hauptverhandlung zwar zu benachrichtigen sind, daß es dem Angeklagten aber freigestellt ist, ob er selbst erscheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen will. Entsprechendes gilt für das Kassationsverfahren. Da das Kassationsgericht überhaupt keine Sachaufklärung vornimmt, bestimmt § 308 StPO folgerichtig, daß dem Angeklagten freigestellt ist, ob er selbst erscheinen will oder ob er sich durch seinen Verteidiger vertreten lassen will. Weder seine Anwesenheit noch die seines Vertreters ist für die Kassationsverhandlung erforderlich. Wenn wir feststellten, daß der Angeklagte kein Recht auf Abwesenheit aus der Hauptverhandlung hat, dann besagt das nicht, daß entgegen der allgemeinen Praxis dem Angeklagten während der Hauptverhandlung jedes Verlassen des Sitzungssaales auch nur für kurze Zeit verwehrt werden oder daß die Hauptverhandlung für die Dauer dieser kurzen Abwesenheit unterbrochen werden müßte. Die dem Vorsitzenden im Rahmen der Verhandlungsleitung zustehende Befugnis, dem Angeklagten für kurze Zeit das Verlassen des Sitzungssaales zu gestatten, ist ohne Zweifel eine Unterbrechung seiner Anwesenheit, aber keine Verletzung der gesetzlichen Anwesenheitspflicht bzw. seines Rechtes auf Anwesenheit. Sie ist eine praktische Notwendigkeit, ohne die der Verhandlungsleiter insbesondere in Strafverfahren gegen eine größere Zahl von Angeklagten oder vor erweiterter Öffentlichkeit, auch bei Berücksichtigung der für eine längere Hauptverhandlung notwendigen und von vornherein vorzusehenden Pausen (Unterbrechungen) nicht auskommen kann. Die Beachtung der oben dargelegten Grundsätze über die Pflicht und das Recht des Angeklagten auf Anwesenheit muß aber auch in diesem Fall den Richter davon;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 604 (NJ DDR 1952, S. 604) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 604 (NJ DDR 1952, S. 604)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Zur Notwendigkeit der Persönlichkeitsanalyse bei feindlich negativen Einstellungen und Handlungen Grundfragen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit . Das Verhüten Verhindern erfolgt vor allem durch die vorbeugende Einflußnahme auf erkannte Ursachen und Bedingungen für das Wirken des Gegners, für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Studienmaterial, Die Bedeutung des Ermittlungsverfahrens im Kampf gegen die Angriffe des Feindes Vertrauliche Verschlußsache Lehrheft, Zu ausgewählten Fragen der strafprozessualen Beweisführung und ihrer Bedeutung für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Erfordernisse und Möglichkeiten der Nutzung des sozialistischen Rechts im Zusammenhang mit der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchungsarbeit und der Qualität der eigenen Arbeit zur umfassenden Aufklärung und Verhinderung der Pläne und subversiven Aktivitäten feindlicher Zentren und Elemente und die damit verbundene Konfrontation mit Inhaftierten unmittelbar mit bekannten Erscheinungsformen, Mittel und Methoden der Feindttttigkeit auseinandersetzen müssen. Das liegt vor allem in der Tatsaohe begründet, daß die in den Akten vorhandenen Informationen durch den sie erarbeitenden operativen Mitarbeiter subjektiv falsch widergespiegelt werden können, ohne daß es ihm bewußt wird.

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