Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 589

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 589 (NJ DDR 1952, S. 589); mäß die Höhe der Strafe gegenüber den schuldhaften Pflichtverletzungen des T. und des M. differenziert hat, so liegt darin kein Rechtsfehler, wie die Verteidigung meint. Die höhere Verantwortlichkeit des Angeklagten folgt aus seiner höheren Verantwortung auf Grund seiner gesellschaftlich und beruflich wichtigen Funktion und des ihm erteilten speziellen Auftrages. In den weiteren Ausführungen des Urteils kommt die Strafkammer auch zu der Feststellung, daß die Schuld des Angeklagten nicht viel größer war als die des Angeklagten T. Die Strafkammer hat sich somit zutreffend bei der Bemessung der Strafhöhe und der Differenzierung im Strafmaß nicht in erster Linie von einem höheren Verschulden, sondern von dem höheren Grad der Verantwortung leiten lassen. Diese Strafzumessungserwägungen sind in richtiger Erkenntnis der Bedeutung der Verantwortung im gesellschaftlichen Leben angestellt worden und enthalten keinen Rechtsfehler, so daß auch die Einwendungen der Revision gegen die Strafzumessungserwägungen der Berechtigung entbehren. 1. Zum Begriff des sog. unechten Unterlassungsdelikts. 2. Die Entwicklung, die unser staatliches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben seit dem Jahre 1945 genommen hat, erfordert es, eine Rechtspflicht zum Handeln auch aus einer bestimmten Stellung in der Gesellschaft, insbesondere im Wirtschaftsleben, herzuleiten. OLG Erfurt, Urt. vom 22. Juli 1952 11 a LRev 103/52. Die Angeklagte war Angestellte der Fa. Sch., in welcher ihr in dieser Strafsache bereits abgeurteilter Ehemann als Direktor tätig war. Bei einer Betriebsüberprüfung wurde festgestellt, daß von der Angeklagten und ihrem Ehemann gemeinsam etwa ein Drittel der auf Lager befindlichen Materialien im Werte von 165 030, DM nicht gemeldet worden waren. Ferner haben die Angeklagte und ihr Ehemann gemeinschaftlich Meßgeräte im Gesamtwert von 22 23 000, DM in 500 Päckchen ohne Warenbegleitschein über Westberlin nach Westdeutschland versandt und mit dem Verkaufserlös 3 Bankkonten in Westdeutschland unter Decknamen errichtet. Auf Grund dieses Sachverhaltes ist die Angeklagte wegen Verbrechen nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 u. 3 WStVO in Tateinheit mit § 9 Abs. 1 WStVO in Verbindung mit der Anordnung der DWK über die Versandverpflichtung von Waren und die Einführung eines Warenbegleitscheins verurteilt worden. Die hiergegen eingelegte Revision der Angeklagten rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie führt insbesondere aus, daß die Feststellungen des angefochtenen Urteils widerspruchsvoll und unzulänglich und daher nicht geeignet seien, eine Verurteilung nach den angewandten Strafbestimmungen zu tragen. So werde im Urteil wiederholt davon gesprochen, daß die Angeklagte in Gemeinschaft bzw. gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann gehandelt hätte, während an anderer Stelle festgestellt wird, daß die Angeklagte nur Angestellte und ihr Ehemann allein für den Betrieb verantwortlich gewesen sei. Auch seien die Ausführungen hinsichtlich der Warenhortung so knapp, daß eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht nicht möglich sei. Das bloße Wissen der Angeklagten um d.e strafbaren Handlungen ihres Ehemannes genüge aber nicht zu ihrer Verurteilung als Mittäterin. Das OLG ist den Darlegungen der Revision gefolgt und hat die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Es führt hierzu u. a. aus: Aus den Gründen: Nach alledem können die Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht als ausreichend dahingehend ansehen werden, daß die Angeklagte gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann durch positives Tun den Tatbestand der zur Anwendung gebrachten Strafgesetze verwirklicht hat. Da sich das angefochtene Urteil auch nicht damit befaßt, ob sich die Angeklagte etwa eines Unterlassungsdelikts schuldig gemacht hat, war es entgegen dem Anträge des Vertreters des Landesstaatsanwalts aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht, das auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird, zurückzuverweisen. In der nochmaligen Verhandlung wird der Sachverhalt unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen erneut zu erörtern und hierbei insbesondere noch folgendes zu beachten sein: Wie eben ausgeführt, hat das Landgericht den festgestellten Sachverhalt nicht auf das Vorliegen eines Unterlassungsdelikts hin geprüft. Bei dieser Prüfung wäre auszugehen gewesen vom sog. unechten Unterlassungsdelikt, bei dem der Täter einen strafrechtlich erheblichen Erfolg nicht durch ein positives Tun, sondern durch das bloße Unterlassen einer Tätigkeit her- beiführt, zu deren Vornahme er rechtlich verpflichtet war. Das Unterlassen ist hier in seiner strafrechtlichen Bedeutung dem Tun gleichgestellt. Nach bisheriger Auffassung konnte die Rechtspflicht zum Handeln durch Gesetz, Gewohnheitsrecht, Rechtsgeschäft oder vorangangenes Tun begründet sein. Die Entwicklung, die unser staatliches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben nach dem Zusammenbruch der faschistisch-imperialistischen Gewaltherrschaft im Jahre 1945 genommen hat, erfordert aber, eine solche Rechtspflicht zum Handeln auch aus einer bestimmten Stellung in der Gesellschaft, insbesondere im Wirtschaftsleben, herzuleiten. Das 'angefochtene Urteil stellt zwar lediglich fest, daß die Angeklagte in der Firma Sch, als Angestellte mit einem Monatsgehalt von 300, DM beschäftigt war. Nach den eigenen Bekundungen der Angeklagten bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 19. Juli 1949 und der richterlichen Vernehmung am darauffolgenden Tage hat sie jedoch darüber hinaus etwa 90 Prozent der Aktien der Gesellschaft im Besitz. In der neuen Verhandlung werden hierüber noch Feststellungen zu treffen sein. Ist dem aber so, dann hat die Angeklagte, auch wenn sie an der Geschäftsführung nicht beteiligt war, einen entscheidenden Einfluß auf das Unternehmen gehabt. Auf Grund dieser einflußreichen ökonomischen Stellung war sie aber nach dem oben Dargelegten verpflichtet und auch in der Lage, den ihr bekannten fortwährenden gesetzwidrigen wirtschaftsschädigenden Handlungen des Vorstandes der Gesellschaft entgegenzuwirken und dieselben zu unterbinden. Wenn sie dies nicht getan hat, dann ist unter den gegebenen Voraussetzungen ihr Unterlassen tatbestandsmäßig dem Tun gleichzustellen. § 24 Abs. 2 StPO vom 1. Februar 1877; § 22 Abs. 1 StPO vom 2. Oktober 1952. Zur Frage der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit. OLG Halle, Urt. vom 6. Juni 1952 3 Ss 163/52. Der Angeklagte, ein früherer Richter, war vom Schwurgericht in S. wegen passiver Bestechung und Amtsunterschlagung in mehreren Fällen verurteilt worden. Er hatte vor der Hauptverhandlung gegen den Vorsitzenden des Schwurgerichts, Bandgerichtspräsidenten J., wegen Besorgnis der Befangenheit ein Ablehnungsgesueh angebracht, das von der zuständigen Strafkammer als unbegründet verworfen worden war. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde war vom OLG gemäß § 28 Abs. 2 der früheren StPO als unzulässig verworfen worden. Gegen das Urteil des Schwurgerichts legten die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Revision ein, mit der vom Angeklagten u. a. Verletzung des Gesetzes wegen unrechtmäßiger Verwerfung seines Ablehnungsgesuchs § 338 Ziff. 3 der alten StPO gerügt wurde. Das OLG hat auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten das Urteil des Schwurgerichts aufgehoben und die Sache an ein anderes Schwurgericht zurückverwiesen, und zwar auf die Revision des Angeklagten in erster Linie wegen Verletzung des 338 Ziff. 3. Aus den Gründen: An der Hauptverhandlung erster Instanz hat als Vorsitzender des Schwurgerichts der Landgerichtspräsident J. mitgewirkt, der als solcher unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Angeklagten war. Der Angeklagte hat nach seinen, mit den Erklärungen des Landgerichtspräsidenten übereinstimmenden Angaben in verschiedenen Straf- und Zivilkammern des Landgerichts unter dem Vorsitz des Landgerichtspräsidenten, damaligen Landgerichtsdirektors, J. gearbeitet Zwar hätte die im Ablehnungsverfahren geltend gemachte Besorgnis des Angeklagten, der Landgerichtspräsident könne deshalb gegen ihn voreingenommen sein, weil er seine, des Angeklagten, Tätigkeit und seine Rechtsauffassungen genau kenne, keinen Grund für eine Ablehnung des genannten Richters gebildet. Eine solche genaue Kenntnis der Eigenarten des Angeklagten wäre vielmehr gerade der Findung eines gerechten Urteils zustatten gekommen. Dagegen erscheint der Hinweis des Angeklagten auf die enge dienstliche Zusammenarbeit mit dem Landgerichtspräsidenten und das zwischen den Beteiligten bestehende dienstliche Unterordnungsverhältnis geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Landgerichtspräsidenten im Sinne des § 24 StPO zu begründen. Zwar haben nach den übereinstimmenden Erklärungen beider Beteiligten zwischen ihnen keine 589;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der sich vertiefenden allgemeinen Krise des Kapitalismus stehende zunehmende Publizierung von Gewalt und Brutalität durch die Massenmedien des Gegners. Durch eine Glorifizierung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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