Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 54

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 54 (NJ DDR 1952, S. 54); des Lieferers nicht nur ein Recht, sondern sogar die Pflicht zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts? Beide Fragen könnte man mit volkswirtschaftlichen Gründen bejahen. Erst die Praxis wird hier das Material für eine theoretische Abgrenzung liefern und auch die Verbindung zwischen Zurückbehaltungsrecht und Bankinkasso hersteilen. Sicher ist, daß nicht nur ein Recht des Empfängers zur Geltendmachung von Mängeln besteht, sondern daß dieser dem Staat gegenüber verpflichtet ist, auf Qualität und Mängelfreiheit zu achten. Ist aber eine bestimmte planmäßig vorgesehene Verwendung der gelieferten Ware nicht nur Verpflichtung gegenüber dem Staat, sondern zugleich Inhalt der vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Lieferer? Besteht bei Auflösung des Vertrages wegen Aufhebung der Planaufgaben Ersatzpflicht für Aufwendungen, z. B. für Projektierungskosten einer Spezialanfertigung? Das wird grundsätzlich zu bejahen sein. Dann entsteht aber die weitere, in das Finanzrecht hinübergreifende Frage, aus welchen Mitteln ein Betrieb solche Aufwendungen ersetzen kann, da hierfür doch keine Planauflage mehr besteht. Schon diese wenigen, im wesentlichen der zivilrechtlichen Seite der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen entnommenen Fragen zeigen die Reichhaltigkeit der zu lösenden Probleme. Der entscheidende Gesichtspunkt bei ihrer Lösung ist, daß die Wahrnehmung der sich aus dem Zivilrecht ergebenden Rechte zugleich Verpflichtung gegenüber dem Staat ist. Eben dadurch werden Rechtsinstutionen, wie z. B. das Zurückhaltungsrecht, die Vertragsstrafe, die bisher in der kapitalistischen Privatwirtschaft wirkten, zu Hebeln der gesamten Volkswirtschaft. Der volkswirtschaftliche Gesichtspunkt, unsere Volkswirtschaftspläne und die Grundsätze der Wirtschaftspolitik unserer Regierung sind das Grundprinzip, unter dem das Vertragssystem auch von der juristischen Seite her zu sehen und zu entwickeln ist. Von der verwaltungsrechtlichen, mit der Planungstechnik zusammenhängenden Seite her entstehen nicht minder bedeutsame Fragen, insbesondere in bezug auf die schon durch die Planaufgaben selbst, also durch Verwaltungsakte, entstehenden Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern, ihre Verpflichtung zum Vertragsabschluß, wobei bei den verschiedenen Warenarten je nach dem Grad der Konkretisierung der Verteilungspläne sehr unterschiedliche Abstufungen der gegenseitigen Bindungen auftreten müssen. Diese wenigen Beispiele deuten den Umfang der auftauchenden Probleme nur an. Ihre schnelle Lösung ist in Anbetracht der großen Bedeutung des Vertragssystems für die Durchführung des Fünfjahrplans notwendig. Sie wird vor allem davon abhängen, inwieweit unsere Rechtswissenschaft und unsere Wirtschaftswissenschaft uns den Reichtum der sowjetischen Erfahrungen auf diesem Gebiete schnell erschließen und sie den Bedingungen unserer demokratischen Wirtschafts- und Rechtsordnung anpassen. IV Das juristische Kernstück des Vertragssystems ist die nach § 5 der Verordnung obligatorisch in den Vertrag aufzunehmende V e r tragsstrafe. In der Präambel wird ausdrüdcficSr darauf hingewiesen, daß die bisherige Unterschätzung des Vertragssystems, soweit überhaupt Verträge geschlossen wurden, insbesondere im Fortlassen von Vertragsstrafen zum Ausdruck kam. Gerade die Verpflichtung zur Vereinbarung von Vertragsstrafen und die strenge Ausgestaltung dieser Institution (ihre Höhe das Verbot des Verzichts auf die Konventionalstrafe das Erfordernis des Ausweises der Strafen in den Bilanzen der Betriebe die Ermächtigung des Vertragsgerichts, die Strafen im Falle grober und systematischer Vertragsverletzungen zu erhöhen) macht das Vertrags-system zu dem wirksamen ökonomischen Hebel zur Verbesserung der Arbeit unserer Wirtschaftsorgane. Durch sie wird insbesondere eine Kontrolle der Wirtschaftsführung des Betriebes in bezug auf seine Plandisziplin. zu der die Vertragsdisziplin als wesentlicher Teil gehört, ermöglicht. Der Betriebsleiter, der im Laufe eines Jahres viele Vertragsstrafen zahlt und gezwungen ist, dies offen in der Bilanz auszuweisen, zeigt damit schlechte Arbeitsmethoden und schlechte Plandisziplin, schmälert die Umlaufmittel seines Betriebes, behindert die Selbstkostensenkung, verringert den Gewinn und damit den Direktorfonds des Betriebes, was die Arbeiter mit Recht zum Gegenstand ihrer Kritik machen werden. So wirkt die Vertragsstrafe wie ein Signal für Fehler in der Arbeit der Betriebsleitung und wird zu einem zusätzlichen Mittel der FipaiTzKontrolle (Kontrolle durch die Mark). Es deckt auch Fehler in der Planung unnachsichtig auf und hilft bei der Verbesserung der Planungsarbeit. Es ist zweckmäßig, auch die Einnahmen aus Vertragsstrafen in den Bilanzen auszuwedsen, weil dadurch eine Kontrolle der von außen her einem Betrieb aufgedrängten Schwierigkeiten ermöglicht wird. Von dieser ökonomischen Funktion der Vertragsstrafe ist bei der Analyse des juristischen Wesens der Vertragsstrafe auszugehen. Sie hat einen ausgesprochenen Strafcharakter. Deshalb schließt sie weder den Anspruch auf Erfüllung noch den auf Schadensersatz wegen Vertragsverletzungen aus (vgl. § 5 Abs. 4 VO). Eine Anrechnung der Vertragsstrafe auf Schadensersatzforderungen erscheint unzulässig, weil die Verwirkung der Vertragsstrafe an Vertragsverletzungen als solche, insbesondere in den in § 5 Abs. 2 genannten Fällen, geknüpft ist, und zwar unabhängig davon, ob ein Schaden überhaupt entstanden ist. Käme man zu einem anderen Ergebnis, so würde man den Betrieb belohnen, der durch Nichterfüllung seiner Vertragspflichten seinem Partner Schwierigkeiten macht, wenn es diesem gelingt, durch besondere, über das normalerweise zu Erwartende hinausgehende Bemühungen die Entstehung eines Schadens abzuwenden. Das Gesagte ergibt, daß § 340 Abs. 2 BGB auf die obligatorische Vertragsstrafe im Sinne des Vertragssystems nicht anwendbar ist. Im Hinblick auf die vielen von der Praxis gestellten Fragen muß insbesondere dieses Verhältnis der Vertragsstrafe zum Schadensersatz klargestellt werden. Die Haftung für Schäden durch Vertragsverletzung ergibt sich aus der Anwendung der im Zivilrecht geltenden Grundsätze, ohne daß es hierüber besonderer Vereinbarungen bedarf. Im sowjetischen Recht ist dies anerkannt. Besonders wichtig ist die Frage, ob die Vertragsstrafe auch verwirkt ist, wenn die Vertragsverletzung auf Umständen beruht, die der Strafpflichtige nicht zu vertreten hat. Hierbei ist davon auszugehen, daß die ökonomische Wirkung der Vertragsstrafe gefährdet würde, wenn es der Entscheidung der Parteien überlassen bleibt, ob der Vertragspartner die Vertragsverletzung zu vertreten hat. Das in § 5 Abs. 5 der Verordnung ausgesprochene Verbot des Verzichts auf die Vertragsstrafe schließt jede Anerkennung von Entschuldigungsgründen durch den Gläubiger der Strafe aus. Über derartige Einwendungen gegenüber einer nach den objektiven Umständen verwirkten Vertragsstrafe kann nur das Staatliche Vertragsgericht entscheiden. Es wird dabei im Interesse der Steigerung der Vertragsdisziplin und der volkswirtschaftlichen Verantwortung der Betriebsleiter einen äußerst strengen Maßstab an die Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe anzulegen haben und nur in besonders gelagerten Fällen dem Schuldner zubilligen können, daß er die Vertragsverletzung nicht zu vertreten hat. Immerhin gibt es in der Praxis Fälle, in denen der völlige Ausschluß von Einwendungen dieser Art zu volkswirtschaftlich und politisch überspitzten Entscheidungen führen könnte®). V Während bisher Rechtsstreitigkeiten zwischen volkseigenen Organisationen ausschließlich im Verwaltungswege entschieden wurden, werden durch die Verordnung über die Bildung und die Tätigkeit des Staatlichen Vertragsgerichts für die sich aus der Vertragspflicht ergebenden Streitfälle besondere Organe geschaffen. Diesen wird nicht nur die Aufgabe gestellt, Streitfälle zwischen Vertragspflichtigen zu entscheiden, sondern * S. 8) vgl. zu diesem Abschnitt die Buchbesprechung von Baru über die Monografie von Prof. Grawe „Die Vertragsstrafe im sowjetischen Recht“, Nachrichten der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Abt. Wirtschaft und Recht, 1951, Heft 5, S. 382 truss.). 54;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 54 (NJ DDR 1952, S. 54) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 54 (NJ DDR 1952, S. 54)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung desselben vorliegen und ein solches angestrebt wird. Ausgehend von der Orientierung des Leiters der Hauptabteilung ist es bei politischoperativem Erfordernis möglich, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen -Die Rolle und Aufgaben der Deutschen Volkspolizei in diesem Prozeß - Ihr sich daraus ergebender größerer Wert für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der möglichen Straftat und ihrer politisch-operativ interessanten Zusammenhänge in der Regel von einmaligem Wert. Es sind dadurch Feststellungen möglich, die später unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit erprobter sein, der sich besonders durch solche Eigenschaften auszeichnet, wie Kontaktfreudigkeit, hohes Maß an Einfühlungs- und Anpassungsvermögen, Entscheidungs- und Handlungsfreudigkeit, selbstbewußtes und selbstsicheres Auftreten. Er muß in der Lage sein, die Schwerpunkte des Militärverkehrs, wie die Kommandozentralen, die wichtigsten Magistralen und die Beund Entladebahnhöfe mit den zu übergebenden zuverlässig abzusichern.

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