Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 514

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 514 (NJ DDR 1952, S. 514); Einige Bemerkungen zum Verfahren erster Instanz! Das Gesetz sagt in § 180 Abs. 2 klar und deutlich, daß .beim Vorliegen wichtiger Gründe die Anklageschrift dem Beschuldigten nur zur Kenntnis zu bringen ist. Wenn nun ein Kollege so argumentiert, daß es eigentlich ein Fehler des Gesetzes sei, daß man bei der Anklageschrift in § 180 Abs. 2 vorgesehen hat, daß sie bei wichtigen Gründen dem Beschuldigten nur zur Kenntnis gebracht wird, während der Gesetzgeber offensichtlich übersehen habe, daß ja das Urteil dann zugestellt wird, so ist dazu zu sagen, daß zwischen der Anklageschrift und dem Urteil doch ein wesentlicher Unterschied besteht. Ich darf den Kollegen dahin informieren, daß in der Fassung des Gesetzes mit voller Absicht für die Zustellung des Urteils eine solche Ausnahme wie in § 180 Abs. 2 bezüglich der Anklageschrift nicht gemacht worden ist. Eine weitere Frage bezieht sich auf die Stellungnahme des Gerichts zu den Beweisanträgen, die der Angeklagte nach § 186 StPO stellen kann. Die Frage ging dahin, ob solche Beweisanträge durch Verfügung abgelehnt werden können oder ob hierzu ein Beschluß notwendig ist. Mir scheint, daß diese Frage der Praxis nicht ganz Rechnung trägt. Wenn der Beweisantrag eingeht, wird der Vorsitzende entweder den Beweisantrag für so wichtig halten, daß er den Zeugen lädt, oder aber er wird die Frage zurückstellen, um zu sehen, ob diese Beweisanträge vielleicht später Bedeutung gewinnen. Die Notwendigkeit, über einen Beweisantrag Beschluß zu fassen, besteht erst dann, wenn die Hauptverhandlung begonnen hat, und für dieses Stadium ist durch § 202 StPO dieses Verfahren ausdrücklich vorgeschrieben, wobei ja ohnehin sowohl der Staatsanwalt wie der Angeklagte oder sein Verteidiger, auf dessen Beweisantrag bisher noch nicht eingegangen ist, in der Regel in der Hauptverhandlung diesen Beweisantrag wiederholen werden. Einige Fragen betreffen die Person des Verteidigers, obwohl hier die Hauptpunkte schon klargestellt sind. Es steht fest, daß das Gesetz an sich eine Verteidigung durch Rechtsanwälte vorsieht, daß Rechtsbeistände nur durch Gerichtsbeschluß im Einzelfalle vor dem Kreisgericht zugelassen werden können. Die Frage, ob Assessoren und Referendare verteidigen dürfen, ist so zu beantworten, daß das nicht zulässig ist, es sei denn, daß diese Kollegen als amtlich 'bestellte Vertreter eines Rechtsanwalts tätig sind. Aus dem Gesetz beantwortet sich auch die Frage, ob nach § 46 der Lebenskamerad ein Zeugnisverweigerungsrecht hat. In § 46 ist klar gesagt, wer das Zeugnisverweigerungsrecht hat, und zwar ist es ausdrücklich auf den Ehegatten beschränkt. Im Zusammenhang mit der Hauptverhandlung möchte ich noch auf eine letzte Frage eingehen, nämlich darauf, wie es jetzt mit der Einweisung in das Arbeitshaus im beschleunigten Verfahren steht. Die Formulierung der im beschleunigten Verfahren zu verhängenden Strafen nimmt bereits auf das Strafensystem des in Ausarbeitung befindlichen neuen Strafgesetzbuchs Bezug. Es bestehen m. E. keine Bedenken, in der Übergangszeit auch im beschleunigten Verfahren Einweisungen in das Arbeitshaus vorzunehmen, eine Maßnahme, die in ihrem Inhalt zwar nicht identisch ist, aber eine gewisse Ähnlichkeit aufweist mit der im neuen Strafrecht kommenden Aufenthaltsbeschränkung, die ja auch im beschleunigten Verfahren verhängt werden kann. Über das Protokoll ist heute schon das Notwendige gesagt worden. Die Frage, ob man den Hauptinhalt der Plädoyers des Staatsanwalts und des Verteidigers in das Protokoll aufnehmen soll, möchte ich bejahen. Es kommt auch hier darauf an, daß der Protokollführer ein Gefühl dafür bekommt, welche Fragen wichtig sind. In einem guten Plädoyer des Staatsanwalts oder des Verteidigers werden Argumente rechtlicher Art enthalten sein, die für das zweitinstanzliche Gericht durchaus von Bedeutung sein können. Daß die Qualität der Protokolle eine Frage der Qualifizierung der Protokollanten ist, darüber sind wir uns einig, ebenso darüber, daß in dieser Richtung bisher noch viel zu wenig geschehen ist. Ich darf deshalb auf ausdrückliche Bitte unserer Abteilung Schulung darauf hinweisen, daß in der Justizschule Ettersburg vom 1. bis 21. Dezember 1952 eine Internatsschulung für 70 Protokollanten stattfindet. Das ist eine außerordentlich wichtige Maßnahme. Ich kann mir vorstellen, daß die Kollegen. Bezirks- und Kreisgerichtsdirektoren eine solche Zahl von Protokollanten melden, weil sie an deren Qualifizierung ja außerordentlich interessiert sind, daß wir mit diesen 70 Plätzen bei weitem nicht reichen werden. Einige Hinweise zur Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Strafverfahren: Die gestellte Frage, ob eine solche Verbindung der Schadensersatzansprüche auch bei Strafbefehl und beschleunigtem Verfahren zulässig ist, ist zu verneinen. Es ist unmöglich, im Strafbefehl und im beschleunigten Verfahren die Frage der Schadensersatzansprüche des Verletzten mitzuklären. Nach welchen Grundsätzen soll die Prozeßführung erfolgen? Selbstverständlich nach den Grundsätzen des Strafprozesses, d. h. nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheit. Die Schadensersatzansprüche in Verbindung mit Strafprozessen werden uns in der Praxis der nächsten Monate schon einige Grundlagen geben, die von außerordentlichem Wert für die Ausarbeitung unserer neuen Zivilprozeßordnung sind, bei der ebenfalls die möglichst weitgehende Verwirklichung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit im Vordergrund stehen wird. Daß Anträge über die Ansprüche der Verletzte zu stellen hat, ergibt sich aus dem Gesetz. Bezüglich des Urteils wird auch erst aus der Praxis eine hierfür passende Form entwickelt werden müssen, die sowohl die strafrechtliche Verurteilung wie die Entscheidung über die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche einschließt. Wir sind jedenfalls der Auffassung, daß nur e i n Urteil zu fällen ist und nicht etwa ein Urteil über die Strafsache und ein Urteil über den zivil-rechtlichen Schadensersatzanspruch. Dabei muß die Entscheidung über den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch, soweit sie im Rahmen der geltenden Vorschriften nicht nur die Grundentscheidung ist. sondern auch bezüglich der Höhe erfolgt, eine solche Formulierung erhalten, daß sie Grundlage der Vollstreckung sein kann. In den Urteilsgründen wird es in der Praxis darauf ankommen, keine Wiederholungen zu bringen, sondern durch Bezugnahme auf die Gründe der strafrechtlichen Verurteilung auch den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch zu begründen. Eine Reihe von Fragen bezog sich auf die Privatklage. Wenn ein Kollege hier ausführte, daß die sächsischen Friedensrichter nicht nur als Sühnestelle, sondern auch durch Erlaß von Ordnungsstrafen eine so segensreiche Tätigkeit entfaltet haben, daß man diese Tätigkeit ausdehnen sollte, so bin ich der entgegengesetzten Auffassung. Es kann kein Zweifel bestehen, daß solche in Landesgesetzen vorgesehene Tätigkeit von Friedens- oder Schiedsrichtern mit Ordnungsstrafbefugnis nach dem Erlaß unserer neuen Justizgesetze unzulässig ist. Diese Stellen haben jetzt lediglich das ist auch im Referat zu.m Ausdruck gebracht worden die Funktion der Sühnestelle im Sinne der Strafprozeßordnung in den beiden Fällen, in denen in Zukunft noch Privatklagen vorgesehen sind, nämlich bei der Beleidigung und bei der Verletzung des Andenkens Verstorbener. Im übrigen ist damit zu rechnen, daß in Kürze auf Grund der Ermächtigung des Gesetzes durch das Ministerium der Justiz eine für die ganze ReDublik gültige Neuregelung für diese Sühnestellen erfolgt. In diesem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, wie es bei örtlich weit voneinander wohnenden Streitteilen ist, bei denen praktisch ein Sühneversuch schwer durchzuführen ist und bisher entbehrlich war. Diese Frage wird das Ministerium überprüfen und unter Umständen, wenn sich eine Regelung hierfür als notwendig erweist, in den zu erlassenden Durchführungsbestimmungen berücksichtigen. Eine Reihe von Fragen bezieht sich auf die anhängigen Privatklagesachen, und zwar zunächst einmal auf die Fristen. Das Problem ergibt sich daraus, daß an die Stelle der 3-Monats-Frist des früheren Rechts jetzt eine 1-Monats-Frist getreten ist. Man kann diese Frage nur so beantworten, daß die 1-Monats-Frist des neuen Rechts mit dem Inkrafttreten der Strafprozeßordnung zu laufen begonnen hat. Das heißt, daß niemand allein durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes sein Recht, das ihm bisher noch zustand. verloren hat. Das geht nicht, und das würde die Bevölkerung nicht verstehen. Die 1-Mo- 5U;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 514 (NJ DDR 1952, S. 514) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 514 (NJ DDR 1952, S. 514)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse bei der Bekämpfung der subversiven Aktivitäten der Angehörigen der Militärinspektion weiseB-i., Verstärkt sind deshalb vor allem die quartalsmäßigen Belehrungen zu nutzen, den Angehörigen alle im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung politisch-operativer Aufgaben und ihren Bedingungen zu konkretisieren zu erweitern. Konspirative Wohnung Vohnung, die dem Staatssicherheit von einem zur Sicherung der Konspiration auslöst. Als werden möglichst unauffällige, dem normalen Leben angepaßte, für den Empfänger aber als deutlich erkennbare Gegenstände, Gegebenheiten, akustische Signale oder visuell-wahrnehmbare Zeichen benutzt.

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