Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 506

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 506 (NJ DDR 1952, S. 506); Zum Thema: „Uber die praktische Anwendung des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit der Angleichungsverordnung“ sprach als nächster Referent Hauptabteilungsleiter Dr. Werner Artzt: Das Inkrafttreten des neuen Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung zur Angleichung von Verfahrensvorschriften auf dem Gebiete des Zivilrechts an das Gerichtsverfassungsgesetz bedeutet nicht nur, daß eine gesetzliche Neuregelung auch für das Verfahren in Zivilsachen erfolgt ist, sondern ist zugleich das Anzeichen dafür, daß die Verfahrensvorschriften auf dem Gebiete des Zivilrechts einen neuen Inhalt bekommen haben, obwohl zum überwiegenden Teil noch die alten Prozeßvorschriften in Kraft sind. Deshalb wäre es falsch, die Verordnung zur Angleichung von Verfahrensvorschriften als eine formale Angleichung an das Gerichtsverfassungsgesetz zu betrachten. Eine solche Auffassung würde von der falschen Vorstellung ausgehen, daß Verfahrensvorschriften formelle Vorschriften sind, deren Inhalt nicht durch den Klassencharakter des Staates bestimmt wird. Eine solche Auffassung ist undialektisch, da sie einem Teil der Rechtsordnung den Charakter des Überbaus abspricht. Demgegenüber muß betont werden, daß die alte Zivilprozeßordnung nur mit dem Inhalt unseres Staates gelten kann. Der demokratische Charakter unserer Rechtsordnung, insbesondere unser neues materielles Recht, bestimmt auch den Inhalt der Verfahrensvorschriften. Unsere Richter müssen erkennen, daß die aktive Rolle des Rechts gerade durch die Tätigkeit des Gerichts verwirklicht wird und verwirklicht werden muß. Diese neue Qualität der Rechtsfindung im Zivilprozeß erhält ihre 'besondere Charakterisierung durch die Mitwirkung der Schöffen. Diese Schöffen werden fortschrittliche Menschen sein, Aktivisten, Neuerer, Träger von Auszeichnungen für gute Leistungen usw. Ihre fortschrittlichen Anschauungen werden das Rechtsbewußtsein unserer Ordnung widerspiegeln und deshalb die Rechtsfindung durch den Richter auf eine höhere Ebene heben. Durch ihre Teilnahme an der Arbeit des Gerichts werden die Schöffen unsere Gesetze kennenlernen und so selbst wieder ihr Rechtsbewußtsein weiterentwickelrt. So ist es zu verstehen, wenn es im § 27 GVG heißt: „Der Schöffe hat die besondere Aufgabe, die vertrauensvolle Verbindung zwischen den Werktätigen und den demokratischen Gerichten zu festigen.“ Nur eine demokratische Staatsmacht kann den Werktätigen selbst die Rechtsprechung in Zivilsachen anvertrauen. Nur in einem demokratischen Staate kann der Zivilprozeß die Aufgabe der Erziehung übernehmen. Hierin kommen die neuen Qualitäten unseres Zivilprozesses zum Ausdruck. Die Begründung zum Gerichtsverfassungsgesetz besagt: „Es wird deshalb festgestellt, daß die Schöffen in Straf- und Zivilsachen das Richteramt in vollem Umfange ausüben, und zwar mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter (§ 26 Abs. 1). Um eine enge Verbindung zwischen ihnen und ihrem Gericht zu schaffen, sollen sie möglichst in einer geschlossenen Sitzungsperiode von 12 Tagen hintereinander an der Arbeit des Gerichts teilnehmen (§ 26 Abs. 1).“ Diese „Arbeit des Gerichts“ erschöpft sich nicht allein in der Rechtsprechung, sondern umfaßt jede Form der richterlichen Tätigkeit. Die Schöffen sind also in Zivilsachen auch zur Vorbereitung der Prozesse heranzuziehen, sie sind aber ebenso an der Arbeit der Rechtsauskunftsstelle und bei der Berichterstattung zu beteiligen. Deshalb wird ihre 12tägige Tätigkeit sich ebenso auf das Aktenstudium erstrecken, wie auf vorbereitende Besprechungen mit den Richtern. Sie werden mit den Richtern Rechtsfragen erörtern, insbesondere die allgemeinen von der Rechtsprechung unserer Gerichte entwickelten Grundsätze. Es kann sich bei diesen 12 Tagen also nicht nur um Termintage handeln; diese Vorschrift betrifft vielmehr jeden Arbeitstag des Schöffen bei dem Gericht. £)ie Arbeit der Richter mit den Schöffen wird auch in Zivilsachen eine wachsende Bedeutung erhalten und erst mit dem Inkrafttreten der neuen Zivilprozeßordnung ihre volle Ausgestaltung erfahren. Eine erfolgreidie Heranziehung der Schöffen zur Rechtsprechung kann aber nicht erfolgen, wenn nicht das Verfahren selbst durch die Richter eine entsprechende Gestaltung erfährt. Deshalb wird der Schwerpunkt in einer weitgehenden Konzentration des Zivilprozesses liegen. Audi hier muß eine neue Qualität des Zivilprozesses erreicht werden. Es gilt Schluß zu machen mit endlosen Vertagungen, Verschleppungen, Beweisaufnahmen in Raten, Verlegenheitsbeschlüssen, Vernehmungen überflüssiger Zeugen usw. Die Zivilprozesse müssen straff und ökonomisch durchgeführt werden. Das ist nur zu erreichen, wenn sie im einzelnen eine genau so gute Vorbereitung erfahren wie die Strafsachen. Die Zivilprozeßordnung gibt bereits jetzt dazu die Möglichkeit.*) Nur bei einer solchen Konzentration der Zivilprozesse werden die Schöffen in der Lage sein, das ihnen anvertraute wichtige Amt eines Richters auch ordnungsgemäß wahrzunehmen. § 26 GVG besagt, daß die Schöffen in den Verhandlungen in Straf- und Zivilsachen das Richteramt in vollem Umfange und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter ausüben. In Verbindung mit § 309 ZPO. wonach ein Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden kann, die der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben, ergibt sich, daß es Sache der Schöffen ist, nicht nur an der Verhandlung, sondern auch an der Entscheidung mitzuwirken. Da es die Schöffen sein müssen, vor denen verhandelt worden ist, werden nunmehr unsere Richter möglichst noch am Terminstage, spätestens am folgenden Tage, die Verhandlungsergebnisse mit den Schöffen besprechen, um den Urteilstenor und die wichtigsten Grundsätze der Begründung festzulegen. Ob an einem Verhandlungstage jede Sache einzeln beraten wird, wird eine Frage der Organisation der Arbeit des Gerichts sein, die auf Grund der zukünftigen Erfahrungen entschieden werden muß. In größeren Sachen wird es sich grundsätzlich empfehlen, jede Sache im Anschluß an die Verhandlung selbständig zu beraten. Wenn auch das Urteil noch nicht durch die Schöffen unterschrieben werden muß, so müssen sie doch am Zustandekommen der Entscheidung beteiligt sein. Lediglich in den Fällen, in denen eine Entscheidung nach Lage der Akten verkündet wird, bedarf es nicht der Mitwirkung der Schöffen aus dem Termin, da hier keine Verhandlung erfolgt ist. Auch in Zivilsachen ist nunmehr durch § 23 Abs. 3 der Angleichungsverordnung bestimmt worden, daß bei Beratung und Abstimmung nur die zur Entscheidung berufenen Richter im Beratungszimmer zugegen sein dürfen. Das schließt die Teilnahme von Referendaren und Studenten an der Urteilsberatung aus. Der Inhalt dieser Vorschrift bedeutet eine Stärkung der Unabhängigkeit des Richters, der nicht durch unberufene Personen bei der Urteilsfindung beeinflußt werden soll. Deshalb ist es auch unzulässig, daß der zur schriftlichen Niederlegung von Entscheidungen zugezogene Schriftführer bereits während der Beratung zugegen ist. Er kann erst zur schriftlichen Niederlegung der Entscheidung nach Abschluß der Beratung und Abstimmung hinzugerufen werden. § 313 ZPO bestimmt, daß die Namen der Richter im Urteil zu bezeichnen sind, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben. Hier sind jetzt auch diejenigen Schöffen zu nennen, die das Urteil mit beraten haben. Das Urteil würde der bedeutenden Stellung der Schöffen im gesamten Zivilprozeß sonst in keiner Weise gerecht. Wird eine Verhandlung vertagt, so daß neue Schöffen an ihr teilnehmen müssen, so müssen diese mit dem Streitstand bekanntgemacht werden. Der wesentliche Akteninhalt ist durch den Richter den Schöffen vorzutragen. Das wird in Zukunft mehr als bisher eine genaue Kenntnis des Akteninhaltes erfordern. Um die Durchführung dieser Aufgabe zu erleichtern, wird vorgeschlagen, daß die Richter für ihre eigenen Zwecke *) Ein Beitrag von Dr. Artzt, der sich mit den richterlichen Pflichten bei der Leitung von Zivilprozessen beschäftigt, wird demnächst veröffentlicht werden. Die Bed. 506;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 506 (NJ DDR 1952, S. 506) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 506 (NJ DDR 1952, S. 506)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen üntersuchungshaftvollzug durchzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Losung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der verhafteten Personen, der Geheimhaltung und auf die operativ-taktischen Fragen der Sicherung der Rechte der Verhafteten während des Aufenthaltes in der medizinischen Einrichtung. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des dienen und die Bindungen an Staatssicherheit vertiefen, in seiner Erfüllung weitgehend überprüfbar und zur ständigen Überprüfung der nutzbar sein. Der muß bei Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung entsprechen. Die vom in seinen Aussagen formulierten Details sind aber auf jeden Pall in allen Einzelheiten in Vernehmungsprotokollen zu dokumentieren.

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