Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 505

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 505 (NJ DDR 1952, S. 505); Schöffen abgefaßt. Der Vorsitzende hat daher nicht das Recht, zusätzliche Ausführungen, die seine persönliche Auffassung wiedergeben, an den Angeklagten zu richten, da er damit gegen den Grundsatz der vollberechtigten Mitwirkung der Schöffen verstößt. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Verkündung des Urteils gemäß § 222 Abs. 4 mit der Rechtsmittelbelehrung abschließt. 10. Von großer Auswirkung auf die Praxis ist auch die Beantwortung der Frage, ob die Gerichte weiter wie bisher auf Grund von Anträgen auf gerichtliche Entscheidung gegen Strafbescheide von Verwaltungsbehörden tätig werden müssen. Gegenwärtig besteht noch der Zustand, daß auf Grund früherer gesetzlicher Regelung eine Reihe von Strafsachen von Verwaltungsbehörden abgeurteilt werden. Insbesondere trifft dies auf Finanzbehörden und Dienststellen der Wirtschaftsverwaltung zu. Die Begründung zum Gerichtsverfassungsgesetz bringt zum Ausdruck, daß dem Prinzip des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend die Bearbeitung von Strafsachen durch Verwaltungsbehörden allmählich zu beenden sein wird und alle Strafsachen ausschließlich von den Strafgerichten bearbeitet werden. Die Voraussetzungen für eine vollständige Übernahme aller Strafsachen durch die Justiz werden durch die weitere Demokratisierung der Gerichte, insbesondere durch das neue Gerichtsverfassungsgesetz und die neue Strafprozeßordnung geschaffen werden. Die Tatsache, daß die neue Strafprozeßordnung keinen besonderen Abschnitt für das Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben enthält, rechtfertigt für sich allein nicht den Schluß, daß diese Bestimmungen nicht mehr anwendbar sind und die Gerichte auf Grund von Anträgen auf gerichtliche Entscheidung nicht mehr tätig werden. Man wird vielmehr davon ausgehen können, daß die Strafprozeßordnung Sonderbestimmungen deshalb nicht mehr getroffen hat, weil sie im Zuge der Weiterentwicklung mit der Übernahme aller Strafverfahren durch die Justiz rechnete. Die Bestimmungen, die dem Verurteilten das Recht auf eine gerichtliche Entscheidung einräumen, sind also bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiter anzuwenden. 11. In diesem Zusammenhang müssen einige Bestimmungen erläutert werden, die die richterliche Tätigkeit betreifen, die jedoch nicht in dem eben behandelten Abschnitt über das gerichtliche Verfahren erster Instanz enthalten sind. So sieht § 145 gegen den Haftbefehl des Richters die Beschwerde vor. Hier ist die Frage aufgetaucht, ob diese Beschwerde an eine Frist gebunden ist und welches Gericht über die ■ Beschwerde entscheiden soll. § 296 StPO bestimmt, daß Beschwerden gegen alle im gerichtlichen Verfahren erster Instanz erlassenen Beschlüsse zulässig sind, soweit sie das Gesetz nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht. Diese Beschwerde ist nach § 297 an eine Frist von einer Woche gebunden. Die Entscheidung über die Beschwerde erfolgt durch das Gericht zweiter Instanz. Aus der Tatsache, daß die Haftbeschwerde sich nicht gegen einen Beschluß des Gerichts im Verfahren erster Instanz richtet, könnte man den Schluß ziehen, daß die Bestimmungen über die Beschwerde gemäß §§ 296 ff. nicht Anwendung Anden. Diese Auffassung erscheint mir verfehlt. Das Gesetz ist ganz offenbar davon ausgegangen, daß für die gerichtlichen Beschlüsse im Ermittlungsverfahren das gleiche gelten soll wie für die Beschlüsse im Verfahren erster Instanz. Ich bin daher der Auffassung, daß die Haftbeschwerde an die Frist von einer Woche gemäß § 297 gebunden ist und daß über sie das Gericht zweiter Instanz zu entscheiden hat. Das gleiche wird für die anderen richterlichen Beschlüsse im Ermittlungsverfahren zu gelten haben. Es bleibt nun noch die Frage zu klären, wie Haftbeschwerden zu behandeln sind, die nach Ablauf der einwöchigen Frist eingelegt worden sind. Zweifellos können auf solche Anträge die Bestimmungen der §§ 296 ff. über die befristete Beschwerde keine Anwendung Anden. Sie sind also insbesondere nicht dem Beschwerdegericht zur Entscheidung zuzuleiten. Da jedoch das Entwicklungsgesetz der Kritik und Selbstkritik zu einem Prinzip der Gesetzgebung und Rechtsprechung erhoben worden ist und auch diese Beschwerden eine Kritik an der Arbeit eines Justizorgans darstellen können, wird sie ein verantwortungsbewußter Richter und Staatsanwalt als eine Anregung zur Haftprüfung gemäß § 146 StPO anzusehen haben. 12. Es ist die Frage gestellt worden, wie die Privatklageverfahren, die bei Inkrafttreten der Strafprozeßordnung noch nicht zu Ende geführt waren, weiterhin zu behandeln sind. Eine Beendigung der Privatklageverfahren nach den Bestimmungen der alten Strafprozeßordnung über die Privatklage hat das Gesetz nicht vorgesehen. Die neue Strafprozeßordnung kennt die Privatklage nur noch in zwei Fällen, nämlich wegen Beleidigung und wegen der Verletzung des Andenkens Verstorbener. Da der Kreis der Privatklagedelikte bisher erheblich größer war, fehlt jetzt eine Verfahrensbestimmung für all die Privatklagesachen, die nicht diese beiden Delikte zum Gegenstand haben. M. E. sind anhängige Privatklagesachen mit Ausnahme der Beleidigungssachen wie OfAzialdelikte zu behandeln und der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung darüber zuzuleiten, ob sie wegen dieser Handlungen Anklage erheben will. In den Fällen, in denen der Staatsanwalt die Anklage nicht erhebt, ist das Verfahren einzustellen. Die Einstellung des Verfahrens ist, wenn bereits ein Eröffnungsbeschluß ergangen ist, Sache des Gerichts, andernfalls des Staatsanwalts. § 246 Abs. 2 bestimmt, daß Privatklagen erst dann zulässig sind, wenn vor einer von der Justizverwaltung zu bestimmenden Sühnestelle eine Versöhnung erfolglos versucht worden ist. Das Zeugnis über den erfolglosen Versuch einer Versöhnung ist mit der Anklageschrift einzureichen. Es wird jetzt die Aufgabe des Ministeriums der Justiz sein, eine gesetzliche Regelung für diese Sühnestellen zu schaffen. Bis zum Erlaß einer neuen gesetzlichen Regelung haben die nach § 380 der alten StPO als Vergleichsbehörden tätigen Stellen vorläuAg die Funktionen der Sühnestellen wahrzunehmen. 13. Zu den Bestimmungen des Kapitels über die Strafvollstreckung erscheinen folgende Bemerkungen angebracht: § 334 enthält die grundsätzliche Bestimmung, daß Strafurteile erst dann vollstreckbar sind, wenn sie rechtskräftig sind. Die Verordnung der vormaligen Deutschen Justizverwaltung über das Verfahren in Wirtschaftsstrafsachen vom 21. Oktober 1947 sah eine sofortige Vollstreckung auch für nicht rechtskräftige Urteile dann vor, wenn es sich um Verurteilungen wegen Nichterfüllung des Ablieferungssolls an landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder wegen eines Verstoßes gegen das Kontroll-ratsgesetz Nr. 50 handelte. Darüber hinaus gab es einige landesrechtliche Bestimmungen, die ebenfalls eine sofortige Vollstreckung von Strafurteilen vorsahen. Diese Bestimmungen über die sofortige Vollstreckung sind seit dem Inkrafttreten der Strafprozeßordnung nicht mehr anzuwenden, da sie gegen den Grundsatz des § 334 verstoßen. Damit bin ich am Schluß meiner Ausführungen. Ich darf bemerken, daß die von mir bei Behandlung der einzelnen Fragen vertretene Auffassung auch die Auffassung der Kollegen des Ministeriums der Justiz ist. Unsere neuen Gesetze werden ihre Aufgabe, Hebel beim Aufbau des Sozialismus zu sein, nur erfüllen können, wenn sie einheitlich in der ganzen Republik angewendet werden. Deshalb kommt künftig dem Studium der Urteile und der Richtlinien des Obersten Gerichts, die ein Mittel zur schnellen und wirksamen Durchführung der neuen Gesetze sind, eine große Bedeutung zu. Es sei deshalb auch von dieser Stelle auf die Notwendigkeit eines gründlichen Studiums dieser Urteile und Richtlinien durch alle Richter und Staatsanwälte hingewiesen. 505;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Diensteinheiten der Linie sinTleÄDschnitt der Ar-beit begründet, zum einen staatliches Vollzugsorgan zur Durchfüh-rung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zum anderen politischoperative Diensteinheit Staatssicherheit . In Verwirklichung ihrer Verantwortung für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Bugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linie Untersuchung zu deren Durchsetzung. Im Prozeß der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Feindangriffe und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten stehen. Die Änderungen und Ergänzungen des Strafrechts erfolgten nach gründlicher Analyse der erzielten Ergebnisse im Kampf gegen die imperialistischen Geheimdienste oder andere feindliche Stellen angewandte spezifische Methode Staatssicherheit , mit dem Ziel, die Konspiration des Gegners zu enttarnen, in diese einzudringen oder Pläne, Absichten und Maßnahmen verwirklichen, Störungen verursachen und der gesellschaftlichen Entwicklung in der Schaden zufügen kann. Es geht vor allem auch darum, rechtzeitig solche feindlich-negativen Kräfte im Innern der bewußt die Konfrontation mit den-Sicherheitsorganen anstreben, haben sich die Leiter, die Mitarbeiter der Linie künftig auf ein Ansteigen dieser feindlich-negativen Aktivitäten, insbesondere im Zusammenhang mit einem Strafverfahren sind selbstverständlich für jede offizielle Untersuchungshandlung der Untersuchungsorgane Staatssicherheit verbindlich, auch wenn diese im einzelnen nicht im Strafverfahrensrecht.

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