Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 502

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 502 (NJ DDR 1952, S. 502); angefochtene Urteil nicht aufheben kann, obwohl die Voraussetzungen vorliegen, eben weil beispielsweise die Berufung nur auf die unrichtige Strafzumessung beschränkt wurde. 4. Eine Vereinfachung und Beschleunigung des Geschäftsganges und des Strafverfahrens wird erreicht, wenn Anklage, Eröffnungsbeschluß und Ladung zusammen abgesandt werden (§§ 176, 180, 182 StPO), und entsprechend ist zu verfahren. 5. Auf Verlangen des Gerichts nimmt der Staatsanwalt an der Hauptverhandlung auch dann teil (§ 189 Abs. 3 Ziff. 2 StPO), wenn er es selbst nicht für erforderlich hält. Dieses Verlangen muß spätestens mit der Ladung zum Termin ausgesprochen werden. In Jugendstrafsachen muß der Staatsanwalt in jedem Fall an der Hauptverhandlung teilnehmen. Diese Weisung hat der Generalstaatsanwalt allen Staatsanwälten gegeben. 6. Sorben haben in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung das Recht, vor Gericht die sorbische Sprache zu gebrauchen, auch wenn sie der deutschen Sprache mächtig sind (§ 65 GVG). Wir wissen noch nicht, ob alle in Frage kommenden Kreisgerichte das sind vor allem die Gerichte in den Bezirken Dresden und Cottbus über sorbisch sprechende Richter verfügen. Deshalb haben -wir die Bezirks ustizverwaltungen Dresden und Cottbus aufgefordert, zunächst eine Liste von Dolmetschern zusammenzustellen und diese Liste den in Frage kommenden Kreisgerichten zuzustellen, damit die Gerichte in der Lage sind, auch dann zu verhandeln, wenn sorbisch sprechende Richter nicht vorhanden sind. 7. Zu beachten ist, daß die Strafakten nach Eingang des Rechtsmittels nicht an die Staatsanwaltschaft, sondern unverzüglich nach Eingang des Rechtsmittels vom Gericht erster Instanz direkt an das Rechtsmittelgericht zu senden sind (§ 281 Abs. 5 StPO). Damit erreichen wir eine Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens. 8. Befugt zur Einsicht in die Gerichtsakten ist nach Zustellung der Anklage der Verteidiger (§ 80 Abs. I StPO). Nur der Verteidiger, nicht auch Angestellte seines Büros! 9. Unter den Voraussetzungen des § 346 StPO kann vom Gericht bedingte Strafaussetzung ausgesprochen werden. Damit erhebt sich die Frage: Was wird mit den Gnadengesuchen, die z. Z. bei den Bezirksjustizverwaltungen und bei den Gerichten liegen? Hier ist zu unterscheiden: a) Alle Gnadengesuche, die bei den Bezirksjustizverwaltungen liegen, sind an den Bezirksstaatsanwalt abzugeben, der gemäß § 346 Abs. 6 prüft, ob die Voraussetzungen eingetreten sind, und gegebenenfalls den Antrag bei Gericht stellt. Ergibt sich bei der Überprüfung durch den Staatsanwalt, daß die Voraussetzungen nicht vorliegen, dann bescheidet er den Antragsteller. b) Gnadengesuche, die bei den Gerichten eingegangen sind, sind dem Staatsanwalt zur Stellungnahme zuzuleiten, der aber diese Gesuche in jedem Fall zur Entscheidung an das Gericht zurückgibt. Hier hat sich der Bürger an das Gericht gewandt, und das Gericht muß auch entscheiden. Wir sind der Meinung, daß im Anschluß an eine Hauptverhandlung ein Beschluß auf bedingte Strafaussetzung nur bei beiderseitigem Rechtsmittelverzicht erfolgen kann. Der Beschluß soll aber auch dann nicht verkündet werden, um die Autorität des Richterspruchs nicht zu verletzen. Gesuche um Bewährungsarbeit sind genau so zu behandeln wie alle anderen Gnadengesuche. 10. Die Strafvollstreckung ist Sache der Deutschen Volkspolizei (§ 336 Abs. 1 StPO). Die Überleitung der Strafvollstreckung auf die Volkspolizei kann aber nur langsam erfolgen. Deshalb sind Geldstrafen vorläufig weiterhin wie bisher zu vollstrecken. Dasselbe gilt für die Kosten. Dies ist in einer Arbeitstagung beim Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik geklärt worden. 11. Strafsachen nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums vom 2. Oktober 1952 sind in erster Instanz vor dem Bezirksgericht zu verhandeln, wenn ein Verbrechen nach § 2 oder § 3 dieses Gesetzes vorliegt. Die Möglich- keit, daß der Staatsanwalt gemäß § 49 Abs. 1 Buchst, a Ziff. 3 GVG die Anklage auch bei einem anderen Gericht erhebt, scheidet hier aus. 12. Sie werden beim Studium des Gesetzes festgestellt haben, daß dem Protokoll (§ 229 StPO) nunmehr eine außerordentliche Bedeutung zukommt und daß es besonders sorgfältig geführt werden muß. Wir kennen eine Reihe von Beispielen guter Protokolle, vor allem aus Schwerin. Wir sind aber der Meinung, daß es nicht notwendig ist, ein Protokoll von 37 Seiten zu schreiben bei einem Gesamtumfang der Akten von 95 Seiten , wie wir es noch in diesem Monat bei der Revision des Bezirksgerichts in Erfurt festgestellt haben. 13. Es ist die Frage auf getaucht, ob der Staatsanwalt bei der richterlichen Vernehmung vor Erlaß eines Haftbefehls zugegen sein kann. Wenn es der Staatsanwalt in Ausnahmefällen für zweckmäßig hält, zugegen zu sein, so hat er dazu die Möglichkeit. Das Recht des Staatsanwalts auf eine Teilnahme an der richterlichen Vernehmung vor Erlaß eines Haftbefehls ist auch logisch im Hinblick auf § 74 Abs. 1 StPO, wonach ja auch der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines Verteidigers in Anspruch nehmen kann. Schöffen können bei der Vernehmung nicht zugegen sein, weil es sich um eine Entscheidung handelt, die der Richter außerhalb der Hauptverhandlung, also allein zu treffen hat. 14. MitRVV Nr.22'52 vom 9.Oktober 1952 hat das Ministerium der Justiz bereits eine vorläufige Regelung über die Registerführung und die Aktenzeichen bei den Kreis- und Bezirksgerichten bis Ende des Jahres 1952 getroffen. Diese Weisungen müssen gewissenhaft beachtet werden. Ab 1. Januar 1953 werden neue statistische Formblätter und auch neue Aktenzeichen notwendig. Die neuen Formblätter und Aktenzeichen werden auf einer Fachbesprechung mit den Leitern der Bezirksjustizverwaltungen besprochen. Über die Deckung, des Formularbedarfs für die Geschäftsstatistik bis Ende dieses Jahres ist vom Ministerium der Justiz am 15. Oktober 1952 eine Weisung an die Bezirksjustizverwaltungen gegeben worden mit der Bitte, alle Gerichte davon, zu unterrichten. 15. Schließlich noch eine Frage, die wir zur Diskussion stellen: Soll es bei allen Kreisgerichten also auch bei denen der Type 1 und 2 je eine zweite und eine dritte Strafkammer und mindestens eine weitere vierte Kammer für Zivilsachen geben? Soll also z. B. der Direktor des Kreisgerichts der Type 1 gleichzeitig Vorsitzender aller Kammern sein oder genügen zwei Kammern, nämlich eine für Strafsachen und eine für Zivilsachen? Eine erste Kammer gibt es jedenfalls bei den Kreisgerichten nicht , V Ein Grundsatz unserer Rechtsprechung: „Beschleunigung des Verfahrens als Ausdruck der Gesetzlichkeit* findet seinen Niederschlag im § 225 StPO: „Das Urteil ist während der Beratung schriftlich zu begründen und von allen Richtern zu unterschreiben.“ Wir wissen, daß diese Vorschrift Diskussionen ausgelöst hat, und das ist auch verständlich, handelt es sich doch um etwas völlig Neues, um einen entscheidenden Schritt vorwärts, um eine wirklich neue Arbeitsmethode. Unbestritten dürfte sein, daß gesetzliche Vorschriften von jedem Richter gewissenhaft zu beachten sind. Wir werden uns deshalb die Fälle, in denen die Hauptverhandlung zum Zwecke der Verkündung des Urteils bis zu drei Tagen unterbrochen wird (§ 222 Abs. 3 StPO), genau ansehen. Diese Ausnahme des § 222 darf auf keinen Fall zur Regel werden. Ebenso dürfte klar sein, daß es nicht zulässig ist, das Urteil schon vor der Verhandlung und sei es auch nur im Entwurf anzufertigen. Was sich nicht ändern wird, ist das Rubrum und die Urteilsformel. Aber was nichit bleiben kann wie bisher, das ist der Umfang der Urteilsgründe und jedes Wortgeprassel in den Urteilsgründen. Die alten Lehrbücher „Über die Abfassung der Urteile in Strafsachen“ müssen nun endgültig zu den Akten gelegt werden. Jedes Urteil soll aus sich heraus verständlich sein. Es kann und soll kürzer sein als bisher, aber es soll auch inhaltsreicher sein. Die Strafzumessungsgründe bilden nicht mehr einen besonderen Teil der Urteilsgründe, sondern ge- 502;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 502 (NJ DDR 1952, S. 502) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 502 (NJ DDR 1952, S. 502)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts vom zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren verlangt demzufolge die ständige Entwicklung und Vertiefung solcher politisch-ideologischen Einstellungen und Überzeugungen wie - feste und unerschütterliche Verbundenheit mit der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei entsprechen, Hur so kann der Tschekist seinen Klassenauftrag erfüllen. Besondere Bedeutung hat das Prinzip der Parteilichkeit als Orientierungsgrundlage für den zu vollziehenden Erkenntnisprozeß in der Bearbeitung von feindlich tätigen Personen und Dienststellen in Vorgängen, bei ihrer Aufklärung, Entlarvung und Liquidierung. Der Geheime Mitarbeiter im besonderen Einsatz Geheime Mitarbeiter inr besonderen Einsatz sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Grundsätzen festzulegen. Die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet genutzt werden und daß dabei keine operative Liensteinheit ausgenommen ist. Das ist ganz im Sinne meiner im Referat.

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