Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 485

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 485 (NJ DDR 1952, S. 485); werden kann. Vom Standpunkt der herrschenden Klasse aus betrachtet, mag allerdings jeder Kampf um die Erhaltung ihrer Ordnung auch dem eigenen Angehörigen gegenüber als Klassenkampf bezeichnet werden.“ Diese Gegenthese Kaysers ist in mehrfacher Hinsicht falsch und verleitet, in der Praxis unserer Gerichte angewandt, zu gefährlichen Konsequenzen. Diese bestehen allgemein gesprochen darin, daß sich das Gericht wenn es von dieser These ausgehen würde in vielen Fällen seiner Aufgabe als Machtorgan des werktätigen Volkes, als Organ des Kampfes gegen die Feinde unseres sozialistischen Aufbaus und gegen reaktionäre bürgerliche Traditionen im Bewußtsein und in der Handlungsweise rückständiger Bürger, die Verbrechen begehen, nicht bewußt wäre. Es würde sowohl in seiner Unterdrückungsfunktion als auch in seiner erzieherischen Funktion gehemmt werden. Was ist im einzelnen an der These Kaysers falsch? 1. Zunächst zur Betrachtungsweise Kaysers: nach seiner Gegenthese kann das Verbrechen „von der Seite des Rechtsbrechers4) nicht als Erscheinung des Klassenkampfes gesehen werden.“ Am Schluß, gewissermaßen am Rande, stellt Kayser aber weiter fest: „Vom Standpunkt der herrschenden Klasse aus betrachtet, mag allerdings4) jeder Kampf um die Erhaltung ihrer Ordnung als Klassenkampf bezeichnet werden.“ Die herrschende Klasse ist in der Deutschen Demokratischen Republik die Arbeiterklasse im Bunde mit den werktätigen Bauern und allen anderen Werktätigen, die um die Festigung der volksdemokratischen Grundlagen unseres Staates kämpfen und den Sozialismus unter der Führung der Partei der Arbeiterklasse, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, aufbauen. Von welchem anderen Standpunkt als dem Standpunkt der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten aus aber kann und muß ein Jurist, ob Staatsanwalt, Richter, Rechtsanwalt, Rechtslehrer oder Rechtsstudent, das Verbrechen, das immer einen Anschlag auf die Klassenverhältnisse unserer Ordnung darstellt, betrachten? Etwa vom Standpunkt des Verbrechers aus, den Kayser bewußt oder unbewußt zum Ausgangspunkt seiner Kritik genommen hat; vom Standpunkt desjenigen also, der selbst wenn er kein geschworener Feind unserer neuen demokratischen Ordnung ist mit dem Verbrechen doch seine egoistischen Ziele und Bedürfnisse ohne Rücksicht auf die Interessen des werktätigen Volkes zu befriedigen sucht und dadurch unserer gesellschaftlichen Entwicklung hemmend und störend entgegentritt? Kayser irrt demnach über den prinzipiellen methodischen Ausgangspunkt, von dem aus die Strafrechtswissenschaft eines sozialistischen Staates an die Erforschung und Lösung jeder Frage heranzugehen hat: vom Standpunkt der Arbeiterklasse. 2. Ein weiterer Fehler, der Kayser in seiner Argumentation unterläuft, ist die Auffassung, daß der Kampf, den die herrschende Klasse bei uns also das werktätige Volk unter der Führung der Arbeiterklasse um die Erhaltung ihrer Ordnung führt, zwar als Klassenkampf betrachtet werden „mag“, nicht aber der Kampf des Verbrechers gegen die vom Strafrecht geschützten gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Ordnung. Der Klassenkampf hat vielmehr zwei Seiten: den Kampf des Verbrechers gegen die Verhältnisse der herrschenden Klassenordnung einerseits und die Reaktion des Staates als Machtinstrument der herrschenden Klasse gegen diesen Angriff in Form der Strafe auf der anderen Seite. Wie der Klassenkampf im allgemeinen, so sind Verbrechen und Strafe im besonderen zwei Seiten eines sich in der Klassengesellschaft objektiv vollziehenden dialektischen Prozesses. Erkennt man diese zwei Seiten des Klassenkampfes nicht, die in Verbrechen und Strafe in Erscheinung treten, und beschränkt man den Klassenkampf nur auf den strafenden Staat, bei uns also auf den Staat des werktätigen Volkes, so unterstützt man damit die reaktionäre und verleumderische Parole, daß der Klassenkampf eine Erfindung des Proletariats, seiner Partei und seines Staates sei, der der Gesellschaft aufgezwungen werde, nicht aber eine sehr reale, auch in un- 4) Sperrungen von mir. J. R. serer Republik z. B. in Gestalt der Verbrechen feindlicher oder zurückgebliebener labiler Elemente in Erscheinung tretende objektiv existierende Gesetzmäßigkeit ist. 3. Daraus ergibt sich weiter, daß der Klassencharakter des Verbrechens nicht davon abhängig ist, ob der Täter ein „klassenkämpferisches Motiv” hat oder nicht, wie das Kayser annimmt. Ob ein reaktionärer Fabrikant die Produkte seines Betriebes nur aus reinem Profitinteresse, also aus egoistischen Motiven, nach Westberlin oder Westdeutschland verschiebt, oder ob er das tut, um unseren sozialistischen Aufbau bewußt zu gefährden, kann nichts daran ändern, daß er damit die Interessen unseres werktätigen Volkes verletzt, unsere geplante Volkswirtschaft schädigt und damit objektiv ein Feind des sozialistischen Aufbaus in unserer Republik ist. Sein etwaiges „klassenkämpferisches Motiv“ wird höchstens auf die strafrechtliche Qualifizierung seiner Handlung von Einfluß sein. Wenn es aber fehlt, so ändert das nichts daran, daß der Kampf unserer Gerichte auch gegen solche egoistischen Elemente Klassen kampf ist, ebenso wie der Kampf gegen Spionage, Sabotage und Diversion, aber auch gegen Zuhälterei, Blutschande und ähnliche Verbrechen, die ein Ausdruck der reaktionären Moral einer verfaulenden, in unserer Deutschen Demokratischen Republik überwundenen Ausbeuterordnung sind. 4. Aus dieser These Kaysers daß in den Fällen, in denen das „klassenkämpferische Motiv“ fehle oder in denen der Verbrecher ein Angehöriger der herrschenden Klasse selbst sei, der Klassencharakter des Verbrechens entfalle ergibt sich weiter die Konsequenz, daß nur die von den Gegnern der herrschenden Klasse (also von Angehörigen der unterdrückten Klasse) „aus ihrer grundsätzlichen Gegnerschaft heraus“ begangenen Verbrechen Klassencharakter aufweisen, alle anderen aber nicht.5 6) Diese These ist in doppelter Hinsicht falsch: a) Falsch und in ihrer Allgemeinheit gefährlich ist die Auffassung, daß die Gegner der herrschenden Klasse „deren Gesetze aus der grundsätzlichen Gegnerschaft heraus übertreten“, vor allem im Hinblick darauf, daß der gegen die imperialistische und faschistische Diktatur von den Werktätigen geführte Kampf in den kapitalistischen Ländern, insbesondere aber in Westdeutschland, gerade auf dem Boden der bürgerlich-demokratischen Verfassungen und der bürgerlichen Gesetzlichkeit dieser Staaten geführt wird, und daß es demgegenüber die imperialistische Bourgeoisie selbst ist, die die einst von ihr selbst geschaffene bürgerliche Gesetzlichkeit ständig durchbricht und im Faschismus schließlich liquidiert. Bereits im Jahre 1895 gab Engels eine geniale Prognose dieser für den Imperialismus typischen Entwicklung. Er sagte: „Die Ironie der Weltgeschichte stellt alles auf den Kopf. Wir, die „Revolutionäre“, die „Umstürzler“, wir gedeihen weit besser bei den gesetzlichen Mitteln als bei den ungesetzlichen und dem Umsturz. Die Ordnungsparteien, wie sie sich nennen, gehen zugrunde an dem selbst von ihnen geschaffenen gesetzlichen Zustand. Sie rufen verzweifelt mit Odilon Barrot: la legality nous tue, die Gesetzlichkeit ist unser Tod, während wir bei dieser Gesetzlichkeit pralle Muskeln und rote Backen bekommen und aussehen wie das ewige Leben. Und wenn w i r nicht so wahnsinnig sind, ihnen zu Gefallen uns in den Straßenkampf treiben zu lassen, dann bleibt ihnen zuletzt nichts anderes, als selbst diese fatale Gesetzlichkeit zu durchbrechen Bruch der Verfassung, Diktatur, Rückkehr zum Absolutismus, regis voluntas suprema lex! Also nur Mut, meine Herren, hier hilft kein Maulspitzen, hier muß gepfiffen sein! “6) Kaysers Feststellung, daß die Angehörigen der unterdrückten Klasse die Gesetze der herrschenden Klasse aus Prinzip übertreten, ist also in dieser Allgemeinheit nicht richtig. b) Es ist weiter nicht richtig und verschleiert den Blick für die Erkenntnis des Wesens des Verbrechens und des Strafrechts, wenn wir von der Auffassung ausgehen wollten, daß nicht jedes Verbrechen, sondern nur diejenigen Verbrechen Klassencharakter aufweisen, die von den Gegnern der herrschenden Klasse begangen werden. Diese Auffassung unterstützt objektiv die reaktionären Lehren bürgerlicher Strafrechtsideologen, die behaupten, daß es Verbrechen und Strafe unabhängig von der Existenz von Klassen immer gegeben habe und immer geben werde, und die daraus schlußfolgern, 5) Diese Konsequenz zieht Kayser auch selbst; vgl. a. a. O. S. 446. 6) Marx-Engels, Ausgew. Schriften, Moskau 1951, Bd. I S. 120/121. 1,85;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 485 (NJ DDR 1952, S. 485) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 485 (NJ DDR 1952, S. 485)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage der Überzeugung. Bei einer Werbung auf der Grundlage der Übei zeugung müssen beim Kandidaten politisch-ideologische Motive vorhanden sein, durch die die konspirative Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit erwarten lassen. Der Feststellung und .Überprüfung des Charakters eventueller Westverbindungen ist besondere Bedeutung beizumessen und zu prüfen, ob diese Verbindungen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit ergeben. Ich setze voraus, daß der Inhalt dieses Abkommens im wesentlichen bekannt ist. Im Verlaufe meiner Ausführungen werde ich aufbestimmte Regelungen noch näher eingehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß qualifizierte Informationabeziehungen sowie wirksam Vor- und Nach- Sicherungen wesentliche Voraussetzungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Vorführungen sind, die insbesondere zum rechtzeitigen Erkennen und Beseitigen begünstigender Umstände und Bedingungen für feindlichnegative Handlungen und damit zur Klärung der Frage Wer ist wer? in den Verantwortungsbereichen. Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Hauptabteilung ist von : auf : zurückgegangen. Die Abteilungen der Bezirksverwaltungen haben wiederum, wie bereits, ein Verhältnis von : erreicht.

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