Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 484

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 484 (NJ DDR 1952, S. 484); tatsächlichen Feststellungen, während das Wiederaufnahmeverfahren Fehler in den tatsächlichen Feststellungen durch eine neue Beweisaufnahme beseitigen soll. Wie bereits ausgeführt, wird von der Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren festgestellt, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben sind. Der Staatsanwalt ist in unserer volksdemokratischen Ordnung nicht nur das Organ der staatlichen Strafverfolgung, sondern er ist dazu berufen, die Einhaltung der Gesetze auf allen Gebieten des staatlichen Lebens zu garantieren und sowohl von den Staatsorganen als auch von jedem Bürger die Achtung der Gesetzlichkeit zu verlangen. Dieser veränderten Stellung, der in allen Teilen des Strafverfahrens Rechnung getragen ist, entspricht es, daß die Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens in die Hand des Staatsanwalts gelegt worden ist. Der Staatsanwalt kann ein Ermittlungsverfahren aus eigener Entschließung oder auf ein Gesuch des Verurteilten oder seines gesetzlichen Vertreters einleiten, um festzustellen, ob die Tatsachen und Beweismittel die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen. Zugunsten des Verurteilten ist das Wiederaufnahmeverfahren auch nach dessen Tode möglich; in diesem Falle steht dem Ehegatten, den Eltern, Kindern oder Geschwistern das Recht zu, bei dem Staatsanwalt ein Gesuch auf Einleitung des Ermittlungsverfahrens zwecks Wiederaufnahme einzureichen. Ergibt das Ermittlungsverfahren, daß ein begründeter Anlaß zur Wiederaufnahme besteht, so wird auf Antrag des Staatsanwalts von dem Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, die Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens beschlossen und gleichzeitig Termin zur neuen Hauptverhandlung anberaumt (§ 322). Auf das weitere Verfahren Anden die Vorschriften über das gerichtliche Verfahren in der ersten Instanz Anwendung. Ergeben die Ermittlungen des Staatsanwalts, daß das Verlangen des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens unbegründet ist, so lehnt der Staatsanwalt die Wiederaufnahme durch schriftlichen Bescheid ab (§ 321). Damit ist das Wiederaufnahmeverfahren völlig dem normalen Gang des Strafverfahrens in Ermittlung und gerichtlichem Verfahren angepaßt. Die Möglichkeiten des Verurteilten, sich gegen eine zu Unrecht erfolgte Verurteilung zu wehren, sind dabei keinesfalls eingeschränkt, sondern vielmehr erweitert worden. An Stelle des in seinen Ermittlungsmöglichkeiten meist sehr eingeschränkten Verurteilten führt jetzt der Staatsanwalt mit Hilfe seiner geschulten Untersuchungsorgane die Ermittlungen in der vom Verurteilten vorgetragenen Richtung. In gleicher Weise dient dem Interesse des Angeklagten die von der Erziehungsaufgabe des Strafrechts ausgehende Bestimmung, daß nach Ablauf von fünf Jahren die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des freigesprochenen Angeklagten ausgeschlossen ist. Hat sich der zu Unrecht Freigesprochene fünf Jahre lang einwandfrei geführt, dann besteht keine Notwendigkeit, ihn nach so langer Zeit wegen eines Verbrechens zur Rechenschaft zu ziehen; eine Erziehungsmaßnahme wegen des von ihm damals begangenen Fehlers erscheint dann überflüssig. Hat das zuständige Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet, so kann es in der erneuten Hauptverhandlung entweder das frühere Urteil aufrechterhalten oder nach seiner Aufhebung eine andere Entscheidung treffen. Das zu den Grundsätzen unseres Strafprozesses gehörende Verbot der reformatio in peius ist auch bei dem Wiederaufnahmeverfahren zu beachten. Wenn die Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten beantragt worden ist, so darf das Gericht, wenn es zu keinem Freispruch kommt, in dem neuen Urteil keine höhere Strafe verhängen, als im angefochtenen Urteil ausgesprochen war, es sei denn, daß eine zwingend vorgeschriebene Zusatzstrafe auszusprechen ist. Dem Verbot der reformatio in peius steht jedoch die Anordnung der Sicherungsmaßnahme der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt oder einer Entziehungsanstalt nicht entgegen. Das ergehende Urteil wirkt auch für und gegen die Mitverurteilten, auf die der Wiederaufnahmegrund zutrifft. Die Darstellung des Wiederaufnahmeverfahrens in seinen wesentlichen Zügen läßt bereits erkennen, daß auch dieser Abschnitt des strafgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfange dem Prinzip der Konzentrierung und damit auch der Beschleunigung des Verfahrens und dem Prinzip der Erforschung der materiellen Wahrheit Rechnung trägt. Wenn der Gesetzgeber das Wiederaufnahmeverfahren, das bislang in der Praxis der Strafgerichte infolge seiner Seltenheit keine besondere Bedeutung gehabt hat und das auch in Zukunft die Gerichte nicht sehr viel häußger beschäftigen wird, unter voller Berücksichtigung der demokratischen Prinzipien unseres Strafverfahrens so klar gestaltet hat, dann kann das sicher als ein Beweis dafür gewertet werden, daß dieses neue Gesetz den Anforderungen gerecht wird, die wir an sozialistische Gesetze stellen. Bemerkungen zum Schuldproblem Von Joachim Renneberg, Institut für Strafrecht an der Universität Leipzig Der Diskussionsbeitrag Kaysers1) zu Lekschas1 „Bemerkungen zur Behandlung fahrlässig begangener Verbrechen“2), in denen erstmalig das Schuldproblem vom Standpunkt der demokratischen Strafrechtswissenschaft in der Deutschen Demokratischen Republik öffentlich angeschnitten wurde, wirft hauptsächlich zwei Fragen auf: 1. die Frage nach dem Klassencharakter des Verbrechens im allgemeinen; 2. die Frage nach dem Klassencharakter der Schuld als Element des Verbrechens im besonderen. Diese Fragen wurden von Lekschas nicht zum eigentlichen Gegenstand seiner Abhandlung gemacht was schon ihr Titel besagt , sondern, aufbauend auf den bisherigen Forschungsergebnissen eines Kollektivs von Strafrechtlern, seinen Darlegungen über die Fahrlässigkeit lediglich als feststehend zugrunde gelegt. Wie die kritischen Bemerkungen Kaysers zeigen, bedürfen diese Fragen, die sowohl für unsere Strafrechtswissenschaft als auch für die Praxis unserer Gerichte von außerordentlicher Bedeutung sind, jedoch einer weitergehenden Klärung, als sie diese bei Lekschas finden konnten. 1) NJ 1952 S. 446 ft. 2) NJ 1952 S. 351 ft. Zunächst die Frage nach dem Klassencharakter des Verbrechens. Unter Punkt 1 seiner Kritik wendet sich Kayser gegen die von Lekschas formulierte These: „Das Verbrechen ist, ganz allgemein gesprochen, eine Erscheinung des Klassenkampfes; es trägt somit Klassencharakter“ mit der Gegenthese: „In dieser Allgemeinheit kann m. E. das Verbrechen jedenfalls von der Seite des Rechtsbrechers aus betrachtet nicht als Erscheinung des Klassenkampfes gesehen werden. Gewiß haben und werden, soweit und solange verschiedene Klassen bestehen, die Gegner der herrschenden Klasse deren Gesetze aus der grundsätzlichen Gegnerschaft heraus übertreten. Derartige Verbrechen sind dann allerdings eine Erscheinung des Klassenkampfes. Soweit jedoch ein Angehöriger der herrschenden Klasse selbst deren Gesetze mißachtet, bricht er damit aus der gesellschaftlichen Ordnung aus und muß dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Es fehlt in diesem Fall aber das klassenkämpferische Motiv3), so daß wohl nicht von einem Klassencharakter des betreffenden Deliktes gesprochen 3) ln dem Beitrag Kaysers in NJ 1952 S. 446, 2. Spalte, 13. Zeile von oben, heißt es versehentlich „klassen feindliche Motiv“, während das Manuskript Kaysers die Fassung „Massen kämpferische Motiv“ enthielt. Die Berichtigung ist Renneberg zugeleitet worden, so daß er seiner Erwide-rung den ursprünglichen Text zugrunde legen konnte. Die Red. m;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 484 (NJ DDR 1952, S. 484) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 484 (NJ DDR 1952, S. 484)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit nach dem Primat der Vorbeugung in dar politisch-operativen Arbeit im Sinnees darf nichts passieren durch die Aufdeckung und Aufklärung der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Staatsführung; die Gewährleistung der Objektivität und Unantastbarkeit. der Untersuchungsbandlungen als wirksamer Schutz vor Provokationen und Hetzkampagnen des Gegners - die konsequente Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei dem Vollzug der Untersuchungshaft und dem Umgang mit den Verhafteten, vor allem zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung ihrer Pflichten, einschließlich der in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Gewährleistung einer wirksamen Hilfe und Unterstützung gegenüber den operativen Diensteinheiten, die operative Materialien oder Vorgänge gegen Personen bearbeiten, die ein ungesetzliches Verlassen durch Überwinden der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin sowie gegen die Tätigkeit der Staatsorgane, insbesondere in bezug auf die Bearbeitungspraxis von Übersiedlungsersuchen und die Genehmigung von Reisen in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz und Sicherheitsbeauftragten. Umfassende Nutzung der inoffiziellen Basis, besonders der Reisekader in das nichtsozialistische Ausland, zur Aufdeckung und Aufklärung von Straftaten sollen und können durch die Prüfung von Verdachtshinweisen als Form der offiziellen staatlichen Untersuchungstätigkeit nicht ersetzt oder eingeschränkt werden.

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