Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 478

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 478 (NJ DDR 1952, S. 478); den Vorschriften über die Ablehnung eines Beweisantrages zutage (§ 202). Die jetzige Regelung, die allein unter dem Gesichtspunkt der für die Entscheidung wesentlichen Sachaufklärung steht, ist klar und auch für jeden Nichtjuristen verständlich. Das Bemühen, die Durchsetzung des elementaren Grundsatzes der Wahrheitserforschung zu sichern, kommt insbesondere in den Vorschriften zum Ausdruck, die sich mit der Verlesung von Protokollen über frühere Vernehmungen beschäftigen und die Bedeutung von Protokollen hervorheben (§§ 207, 209). Das Gericht hat die Möglichkeit, Protokolle über frühere oder anderweite Vernehmungen oder Äußerungen sowie eigene schriftliche Äußerungen eines Zeugen oder Mitbeschuldigten, deren Vernehmung in der Hauptverhandlung aus den im Gesetz genannten Gründen nicht durchgeführt werden kann, zum Zwecke des Beweises zu verlesen. Erklärungen bzw. Aussagen des in der Hauptverhandlung anwesenden Angeklagten oder Zeugen können zum Zwecke des Beweises verlesen werden, wenn sie in einem Protokoll über eine frühere Vernehmung enthalten sind und die Verlesung erforderlich ist (z. B. wenn auf andere Weise nicht zu beseitigende Widersprüche in den Aussagen auftreten). Diese Regelung sichert gleichzeitig die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, indem die an der Hauptverhandlung Beteiligten einen unmittelbaren Eindruck von dem Inhalt der Protokolle oder Erklärungen erhalten. Darüber hinaus hebt das Gesetz die auf der Einheitlichkeit der demokratischen Staatsgewalt beruhende Gleichwertigkeit der von den staatlichen Organen im Rahmen ihrer Tätigkeit aufgenommenen Protokolle heivor. Der Stellung des Gerichts als alleiniger „Herr“ des gerichtlichen Verfahrens entspricht es, daß die Beweisaufnahme fest in seiner Hand liegt. Daher können Fragen des Angeklagten und Verteidigers grundsätzlich nur über den Vorsitzenden an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige gerichtet werden (§ 201). Das Gericht kann sich nicht durch unmittelbar gestellte Fragen überraschen lassen; es muß vielmehr in der Lage sein, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Frage zu überprüfen und sich darauf einzurichten. Dies erfordert schon die Autorität des Gerichts. Das Gesetz zeigt aber auch in dieser Frage keinen Dogmatismus, sondern räumt dem Vorsitzenden die Möglichkeit ein, unmittelbare Fragen zuzulassen. Dem Staatsanwalt als öffentlichem Ankläger steht das direkte Fragerecht zu. Der Gleichstellung der Schöffen mit den Berufsrichtern entspricht die Regelung, daß die beisitzenden Richter nach dem Vorsitzenden das Recht der Fragestellung haben, ohne daß der Vorsitzende dies erst gestatten muß (§ 201). Die Rechte des Angeklagten werden in der Hauptverhandlung besonders geschützt. Ihm steht es zu, nach der Vernehmung anderer Prozeßbeteiligter sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstückes Erklärungen abzugeben (§ 212), nach Schluß der Beweisaufnahme Ausführungen zu machen und Anträge zu stellen (§ 213) und nach den Schlußvorträgen das letzte Wort zu nehmen (§ 214). Der Angeklagte oder sein Verteidiger können bei den Schlußvorträgen auf die Replik des Staatsanwalts erwidern (§ 213 Abs. 3). Das Bemühen, diesen wichtigen Verfahrensteil in allen seinen Phasen eingehend und verständlich zu regeln, kommt insbesondere in den Bestimmungen über den Abschluß der Hauptverhandlung, das Urteil, den Gegenstand der Urteilsfindung und den Inhalt der Urteilsgründe zum Ausdruck. Das Gesetz begnügt sich nicht mit der Benennung der Entscheidungsarten (§ 218), sondern es bestimmt auch, in welchen Fällen durch Urteil zu entscheiden ist (§ 219) oder durch Beschluß die Einstellung des Verfahrens (§ 226) bzw. die Verweisung der Sache (§ 227) zu erfolgen hat und was den Gegenstand der Urteilsfindung bildet (§ 220). Ferner wird geregelt, in welchen Fällen der Angeklagte freigesprochen werden muß (§ 221) und welchen Inhalt die Urteilsgründe haben müssen (§ 223). Die Untersuchungshaft ist dem Angeklagten stets anzurechnen, wenn er durch sein Verhalten die Ermittlungen nicht verzögert hat (§ 219 Abs. 2). Wird die Untersuchungshaft nicht angerechnet, so muß die Ursache hierfür in den Gründen des Urteils angegeben werden (§ 223 Abs. 3). 4l8 Die Besonderheit des § 223 Abs. 2 Inhalt der Urteilsgründe besteht darin, daß die Gründe des Urteils in ihrer zusammenhängenden Darstellung die Höhe der ausgesprochenen Strafe rechtfertigen müssen. Das bedeutet, daß kein Raum mehr ist für die in der Vergangenheit fälschlicherweise zur Übung gewordene Trennung in Schuldfeststellungen und Strafzumessungsgründe. Ein solcher Unterschied besteht tatsächlich nicht. Die Strafe ist die Reaktion des Staates auf eine durch das Gesetz beschriebene verbrecherische Handlung. Die Strafhöhe ist lediglich eine Wertung des festgestellten verbrecherischen Verhaltens des Täters und entspringt unmittelbar den Sachverhaltsfeststellungen. Das im Namen des Volkes ergehende Urteil wird durch Verlesung der Urteilsformel und der Urteilsgründe verkündet (§ 222). Die Bestimmung, wonach die Urteilsgründe, und zwar die vollständigen Urteilsgründe, zu verlesen sind, findet ihre Wurzel in der Vorschrift über die schriftliche Absetzung des Urteils (§ 225). Das Urteil ist während der Beratung, an der nur die Richter teilnehmen dürfen, schriftlich zu begründen und von allen Richtern zu unterschreiben. Diese Bestimmung dient der Beschleunigung des Verfahrens und sichert vor allem, daß die Urteilsgründe unmittelbar unter dem Eindruck der Beweisaufnahme niedergeschrieben werden und daß auch die Schöffen, die in gleichem Maße wie der Berufsrichter für das Urteil verantwortlich sind, die Begründung der unter ihrer Mitwirkung getroffenen Entscheidung unterschreiben. Diese revolutionäre Neuerung stellt hohe Anforderungen an das Gericht. Sie setzt eine sorgfältige Vorbereitung der Verhandlung, insbesondere die Prüfung der rechtlichen Seite des Falles voraus, die schon beim Erlaß des Eröffnungsbeschlusses beginnen muß. Darüber hinaus ist es erforderlich, daß von der bisherigen weitschweifigen erzählenden Darstellungsweise in den Urteilen abgegangen wird. Die Urteile müssen in konzentrierter Form die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Punkte zusammenfassen, ohne daß eine Verweisung auf Protokolle erfolgt. Das Urteil muß aus sich verständlich und beurteilbar sein. Die Bestimmungen über das Verhandlungsprotokoll zeigen, in welchem Umfang die Protokolle an Bedeutung gewonnen haben. Der Protokollierung ist jetzt Sinn und Zweck gegeben: Spiegelbild der Hauptverhandlung zu sein, und zwar sowohl ihrer Form wie auch ihrem Inhalte nach (§§ 229, 230). Dementsprechend hat das Protokoll nicht nur die Einhaltung der zwingenden Verfahrensvorschriften in der Hauptverhandlung zu beweisen, sondern es dient dem höheren Gericht auch als Grundlage für die Beurteilung der tatsächlichen Feststellungen des Urteils (§ 230 Abs. 1 und 2). Die dem Protokoll damit zukommende Beweiskraft macht es erforderlich, daß dem Staatsanwalt, dem Angeklagten und dessen Verteidiger sowie anderen an der Hauptverhandlung beteiligten Personen (dem Verletzten, dem Sachverständigen oder Zeugen) das Recht gegeben wird, innerhalb von drei Tagen nach Fertigstellung des Protokolls das ist spätestens 24 Stunden nach der Verkündung der Entscheidung dessen Berichtigung oder Ergänzung zu beantragen. Eine Berichtigung oder Ergänzung des Protokolls bedeutet eine ernsthafte Kritik an der Arbeit des Protokollführers und des Vorsitzenden des Gerichts. Über den Berichti-gungs- oder Ergänzungsantrag muß das Gericht nach Anhörung des Protokollführers durch Beschluß entscheiden (§ 230 Abs. 3). Der vierte Abschnitt (§§ 231 bis 235) regelt das beschleunigte Verfahren. Hier handelt es sich um die Fälle, in denen ein einfacher Sachverhalt und ein Geständnis des Beschuldigten die sofortige Verhandlung ermöglichen. Voraussetzung ist jedoch, daß der Staatsanwalt einen entsprechenden Antrag schriftlich oder mündlich stellt (§ 231) und eine höhere Strafe als Freiheitsentziehung bis zu einem Jahr mit etwaigen Nebenmaßnahmen Einziehung, Geldstrafe, Aufenthaltsbeschränkung, öffentliche Bekanntmachung des Urteils nicht zu erwarten steht (§ 232). Der fünfte Abschnitt (§§ 236 bis 243) behandelt die Hauptverhandlung gegen Flüchtige es ist dies einer der beiden Ausnahmefälle, in denen die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten durchgeführt werden;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 478 (NJ DDR 1952, S. 478) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 478 (NJ DDR 1952, S. 478)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungsabt eilurig zu übergeben. Der zuständige Staatsanwalt ist über alle eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zu informieren. Mit der Betreuung von inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister für. Die rdnungs-und Verhaltens in für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Hausordnung - erarbeitet auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Vertrauliche Verschlußsache Gemeinsame Festlegung der Leitung des der НА und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung ,V -:k. Aufgaben des Sic herungs- und Köhtroll- Betreuer Postens, bei der BbälisTerung des. Auf - nähmeweitfatrön:s - Aufgaben zur Absicherung der Inhaftier- Betreuer innerhalb und außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik. Entscheidende Voraussetzungen für die wirksame sind - die ständige Qualifizierung der wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit zur Erfüllung der sich aus der neuen Situation ergebenden Aufgaben, unterstreichen, daß die Anforderungen an unsere Kader, an ihre Fähigkeiten, ihre Einsatz- und Kampfbereitschaft und damit an ihre Erziehung weiter wachsen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes erst andere Maßnahmen durchzuführen und sich erst danach an den Verursacher zu wenden, obwohl dieser bereits sofort für die Gefahrenabwehr hätte verantwort lieh gemacht werden können.

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