Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 446

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 446 (NJ DDR 1952, S. 446); werden, die ausschließlich Sache der gesetzgebenden Organe sind und bleiben müssen. Hier handelt es sich nicht um die Schaffung neuen Rechts, sondern um die authentische Auslegung des vorhandenen Rechts. Auch bei sorgfältigster Arbeit des Gesetzgebers bedürfen neue Gesetze zur richtigen Anwendung der Auslegung. Da das deutsche Verfahrensrecht bislang keine Bindung der Gerichte an die Entscheidung eines höheren Gerichts über den einzelnen Fall hinaus kannte, hat die Rechtsprechung mitunter Jahre gebraucht, um einzelne Rechtsfragen abschließend zu klären. Diese Erfahrung ist auch bei der Anwendung der nach 1945 in Kraft getretenen Gesetze, so z. B. bei der Wirtschaftsstrafverordnung und dem Gesetz zum Schutze des innerdeutschen Handels, gemacht worden. Obwohl diese Gesetze unsere Strafgerichte fast täglich beschäftigt haben, hat es unverhältnismäßig lange gedauert, bis die notwendige Klarheit über ihre Auslegung und damit eine einheitliche Rechtsanwendung zustande kam. Gerade jetzt werden daher die Richtlinien des Obersten Gerichts eine wertvolle Hilfe für Unsere Gerichte sein, die vor den Schwierigkeiten der Anwendung neuer Justizgesetze stehen, die z. T. neue und unbekannte Begriffe enthalten. Wollte man auf die Hilfe der Richtlinien verzichten, so würde das bedeuten, daß wahrscheinlich erst nach Jahren völlige Klarheit in der Auslegung und Anwendung der neuen Gesetze gefunden werden würde, deren einheitliche und überzeugende Anwendung heute mehr denn je geboten ist. III Dem Plenum des Obersten Gerichts sind im Gerichtsverfassungsgesetz weitere Aufgaben gestellt. Es entscheidet die Rechtsfragen, in denen ein Senat des Obersten Gerichts von der ihm bekannten Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen will. Weiter ist das Plenum zur Entscheidung berufen, wenn die Kassation einer Entscheidung des Obersten Gerichts beantragt wird. Daß auch die Entscheidungen des Obersten Gerichts kassiert werden können, ist zu begrüßen, nicht weil sich etwa schon die Notwendigkeit ergeben hätte, Entscheidungen des Obersten Gerichts aufzuheben, sondern weil in dieser gesetzlichen Bestimmung die Erkenntnis ihren Niederschlag gefunden hat, daß die Kritik das grundlegende Entwicklungsgesetz ist und daß auf sie auch bei der Beurteilung der Tätigkeit unserer höchsten Staatsorgane nicht verzichtet werden darf. Unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Kritik ist auch die Bestimmung über das sogenannte Sondervotum des Richters zu betrachten, die aus der Praxis des Obersten Gerichts, wo sie bislang nur in der Geschäftsordnung enthalten war, Eingang in die neue Strafprozeßordnung gefunden hat. Diese Bestimmung unterstreicht die Verantwortung jedes einzelnen Richters, der dem erkennenden Gericht angehört hat. Es darf bei unseren Gerichten nicht mehr Vorkommen, daß ein Richter die von einem Kollegen vorbereitete Entscheidung aus „kollegialer Rücksichtnahme“ unwidersprochen hinnimmt, wenn er mit deren Begründung nicht einverstanden ist. Das Sondervotum, mit dem der überstimmte Richter die Möglichkeit hat, seine von der Entscheidung oder deren Begründung abweichende Meinung zu den Akten zu geben, kann dem Berufungsgericht wertvolle Hinweise für die Nachprüfung der Entscheidung geben. Betrachten wir das neue Gerichtsverfassungsgesetz und im Zusammenhang mit ihm die neue Strafprozeßordnung , so müssen wir feststellen, daß bereits mit diesen ersten neuen Justizgesetzen unseren Gerichten die Möglichkeit gegeben worden ist, der verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden, die darin besteht, unsere Staatsmacht zu stärken, sie gegen Angriffe von jeder Seite zu schützen und unsere Bürger zur strengen Befolgung unserer demokratischen Gesetze zu erziehen. Die Stärkung der Autorität, die unsere Gerichte mit diesem neuen Gesetz erfahren haben, wird ihnen die Erfüllung dieser ihrer Pflichten wesentlich erleichtern. Nun ist es Sache unserer Richter, das in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Zum Schuldproblem Von Dr. Alfred Kay s er, Quedlinburg In seinen „Bemerkungen zur Behandlung fahrlässig begangener Verbrechen“1) untersucht John Lekschas das Wesen der Fahrlässigkeit unter Berücksichtigung unserer heutigen staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Seine Darstellung gipfelt in der Erkenntnis, daß „auch die Fahrlässigkeit eine feindliche Einstellung gegenüber unserer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung und den Interessen des werktätigen Volkes und seiner Verbündeten offenbart“, woraus neue Schlußfolgerungen hinsichtlich des Gefährlichkeitsgrades zu ziehen seien, und zwar dahingehend, daß Fahrlässigkeit keineswegs immer weniger schwer sei als Vorsatz, mithin auch nicht nur eine Schuldform von geringerem Gefährlichkeitsgrad darstelle. Soweit Lekschas damit bisherige Auffassungen von dem absolut geringeren Gefährliehkeitsg'ad der Fahrlässigkeit (gegenüber dem Vorsatz) beseitigen will, ist ihm ohne weiteres beizupflichten. Die Praxis zeigt vielfach, daß Fahrlässigkeitsdelikte sowohl für den einzelnen wie für die Gesellschaft von erheblich schwerwiegenderen Folgen sein können als vorsätzlich begangene Straftaten. Es braucht in diesem Zusammenhang nur auf das Zwickauer Urteil des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik vom 5. Juli 19522) wegen Nichtbeachtung von Arbeitsschutzbestimmungen im Bergbau verwiesen zu werden. Gegenüber einzelnen Ausführungen von Lekschas seien jedoch folgende Bemerkungen gestattet: 1. Lekschas führt aus: „Das Verbrechen ist, ganz allgemein gesprochen, eine Erscheinung des Klassenkampfes; es trägt somit Klassencharakter.“3) 1) NJ 1952 S. 351 ff. 2) NJ 1952 S. 370 ff. 3) a. a. O. S. 351. In dieser Allgemeinheit kann m. E. das Verbrechen jedenfalls von der Seite des Rechtsbrechers aus betrachtet nicht als Erscheinung des Klassenkampfes gesehen werden. Gewiß haben und werden, soweit und solange verschiedene Klassen bestehen, die Gegner der herrschenden Klasse deren Gesetze aus der grundsätzlichen Gegnerschaft heraus übertreten. Derartige Verbrechen sind dann allerdings eine Erscheinung des Klassenkampfes. Soweit jedoch ein Angehöriger der herrschenden Klasse selbst deren Gesetze mißachtet, bricht er damit aus der gesellschaftlichen Ordnung aus und muß dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Es fehlt in diesem Fall aber das klassenfeindliche Motiv, so daß wohl nicht von einem Klassencharakter des betr. Deliktes gesprochen werden kann. Vom Standpunkt der herrschenden Klasse aus betrachtet, mag allerdings jeder Kampf um die Erhaltung ihrer Ordnung auch dem eigenen Angehörigen gegenüber als Klassenkampf bezeichnet werden. 2. Lekschas führt bei der Untersuchung über das Wesen des Verbrechens aus: „Der Verbrechensprozeß läßt sich in verschiedene Elemente zerlegen. Diese Elemente sind Teile des realen Verbrechensablaufs, die nicht starr voneinander getrennt bestehen, sondern ineinander übergehen, eben das Verbrechen als Ganzes ausmachen. Eines dieser Element ist die Schuld, von der hier nur eine ihrer Formen, die Fahrlässigkeit, in ihren Grundzügen behandelt werden soll.“4) M. E. ist es bedenklich, die Schuld als Element des Verbrechensprozesses, als Teil des realen Verbrechensablaufs zu bezeichnen. Wohl ist die Schuld notwendiges Element eines jeden Verbrechens tatbestan-d e s, so daß ohne Schuld, d. h. ohne subjektive Zu- U6 ■i) a. a. O. S. 352.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 446 (NJ DDR 1952, S. 446) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 446 (NJ DDR 1952, S. 446)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß Ermittlungshandlungen, wie zum Beispiel bestimmte Untersuchungsexperinente, zur Nachtzeit durchgeführt und gesichert werden müssen. Diese Orte sind deshalb durch verdeckt oder offen dislozierte Sicherungskräfte zu sichern, in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Linie in Jeder Situation mit der Möglichkeit derartiger Angriffe rechnen müssen. Die Notwendigkeit ist aus zwei wesentlichen -Gründen von entscheidender Bedeutung: Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der wie die Einhaltung der Bestimmungen über Einreisen in Grenz- und Sperrgebiete, die Beachtung der Kriminalitätsentwicklung, Schiebungen, Zoll- und Devisen-.

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