Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 437

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 437 (NJ DDR 1952, S. 437); II Das neue Gerichtsverfassungsgesetz ist übersichtlich aufgebaut. So, wie es in der Sache vermeidet, seine Grundsätze durch Ausnahmen zu durchlöchern, so vermeidet es in seiner Darstellungsweise, durch Verweisungen unübersichtlich zu werden. Nach einem ersten Kapitel, das die allgemeinen Prinzipien wiedergibt, die unser ganzes Gerichtswesen durchziehen und ihm seinen demokratischen Charakter verleihen, bringt es die beiden bedeutsamsten Abschnitte: das 2. Kapitel „Der Richter“ und das 3. Kapitel „Die Gerichte“. Diesen drei grundlegenden Kapiteln schließen sich vier weitere, weniger bedeutungsvolle Kapitel an: Kapitel 4 regelt die Freistellung der Mitarbeiter der diplomatischen Vertretungen von der Rechtsprechung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik. Dabei ist der von der Rechtsprechung unserer Gerichte ausgenommene Personenkreis gegenüber der bisherigen Regelung auf die Angehörigen diplomatischer Vertretungen mit diplomatischem Rang beschränkt worden. Kapitel 5 „Die Gerichtssprache“ garantiert ausdrücklich das Recht der sorbischen Bevölkerung, in ihren Heimatkreisen vor Gericht die sorbische Sprache zu gebrauchen. Kapitel 6 regelt die Rechtshilfe der Gerichte und Staatsanwaltschaften untereinander, Kapitel 7 die Überleitung anhängiger Straf- und Zivilverfahren. Wie schon das Gesetz über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, stellt auch das Gerichtsverfassungsgesetz in den §§ 2 bis 4 die materiellen Aufgaben der Rechtsprechung an die Spitze. Daneben enthält das 1. Kapitel in seinen allgemeinen Bestimmungen die demokratischen Prinzipien für unsere Rechtsprechung: die Unabhängigkeit der Richter, die Öffentlichkeit des Verfahrens, die Gleichberechtigung aller Bürger vor dem Gesetz und das Recht, auf Verteidigung, das in der Strafprozeßordnung seine Ausgestaltung findet. Aus der Bestimmung des § 9 geht hervor, daß die Aufgabe der Gerichte die Rechtsprechung ist, daß heißt, daß vor sie alle Straf-und Zivilsachen gehören. Daraus ergibt sich einmal die Notwendigkeit, die Gerichte von der Beschäftigung mit der sog. „freiwilligen Gerichtsbarkeit“ zu befreien. Diese Arbeit werden die entsprechenden Verwaltungsbehörden übernehmen und so die Gerichte für ihre Aufgabe der Rechtsprechung freimachen. Bei der künftigen Entwicklung wird darauf zu achten sein, daß nicht unter Mißbrauch des § 9 Abs. 2: „Andere Angelegenheiten gehören vor die Gerichte nur, soweit es durch besondere Gesetze bestimmt wird“, dieses Prinzip aus praktizistischen Erwägungen irgendwelcher Art etwa wieder durchlöchert wird. Andererseits eröffnet § 9 zugleich auch den Weg für eine weiter anzustrebende Entwicklung. In der Begründung zur Strafprozeßordnung heißt es: „Wir haben zur Zeit noch den Zustand, daß auf Grund besonderer gesetzlicher Regelung eine nicht unbeträchtliche Reihe von Strafsachen von Verwaltungsbehörden abgeurteilt werden, zum Beispiel den Finanzbehörden und Stellen der Wirtschaftsverwaltung. Es ist anzustreben, daß dem Prinzip des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend die Erledigung von Strafsachen durch Verwaltungsbehörden allmählich beendet wird und alle Strafsachen ausschließlich von den Strafgerichten erledigt werden.“ Die sachlichen Voraussetzungen für die Durchführung dieses Prinzips werden durch die weitere Demokratisierung unserer Gerichte insbesondere auf Grund des neuen Gerichtsverfassungsgesetzes geschaffen; die formellen Voraussetzungen sind schon vorhanden, d. h. es bedarf nicht mehr einer besonderen gesetzlichen Regelung im Rahmen der Gerichtsverfassung oder der Strafprozeßordnung. In dem Maße, in dem die Zuständigkeit jener Verwaltungsbehörden eingeschränkt wird, findet § 9 des Gerichtsverfassungsgesetzes gleichsam automatisch Anwendung, und die nicht mehr der Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden unterstehenden Strafsachen wachsen damit von selbst der Zuständigkeit der Gerichte zu. Eine ähnliche Entwicklung wird sich auf dem Gebiete des Zivilrechts für die Arbeitsgerichtsbarkeit ergeben. Die Arbeitssachen werden, wenn die zur Zeit noch durch das Kontrollratsgesetz Nr. 21 gegebene besondere Zuständigkeit der Arbeits- gerichte durch Gesetz aufgehoben wird, als Zivilsachen zur Zuständigkeit der Kreisgerichte gehören, ohne daß dies besonders angeordnet werden müßte. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges liegt wie bisher bei den Gerichten (§ 10). Dagegen findet sich manches nicht mehr, was zum festen Bestand des alten Gerichtsverfassungsgesetzes gehörte. Es gibt keine „ordentlichen Gerichte“ mehr, sondern § 1 des neuen Gesetzes sagt klar und verständlich, daß die Rechtsprechung in der Deutschen Demokratischen Republik durch das Oberste Gericht, die Bezirksgerichte und die Kreisgerichte ausgeübt wird. Von besonderer Unklarheit war der Begriff „Gerichtsbarkeit“, und die Kommentare über die Bedeutung dieses Begriffes nach-eulesen, war geradezu erheiternd. An seine Stelle ist überall und allgemein verständlich die „Rechtsprechung“ getreten. Abgeschafft sind auch die Präsidien, die es bisher bei allen Gerichten mit Ausnahme der Amtsgerichte gab. Ihre Funktion war einzig und allein die Aufstellung der Geschäftsverteilung. Nachdem durch das Urteil des Obersten Gerichts9) klargestellt war, daß die Vornahme der Geschäftsverteilung eine Verwaltungsmaßnahme ist, die keinerlei besonderen Charakter trägt, gab es keinen Grund mehr, allein dafür ein besonderes Organ einzurichten. Die „Geschäftsverteilung“ ist ein Teil der Organisation der Tätigkeit des Gerichts und steht als solche dem Leiter des Gerichts zu; übrigens versteht es sich, daß auch für die Gerichte unsere demokratischen Arbeitsmethoden Geltung haben und die Arbeit bei regelmäßigen Arbeits- und Dienstbesprechungen im Kreise aller Mitarbeiter oder aller Richter geplant und besprochen wird. III Das 2. Kapitel des neuen Gerichtsverfassungsgesetzes trägt die Überschrift „Der Richter“. In ihm sind in zwei Abschnitten die Bestimmungen über den Berufsrichter und den Schöffen zusammengefaßt, zwei Abschnitte, in denen zwei Prinzipien besonders hervortreten: die Unabhängigkeit der Richter und die Beteiligung der Werktätigen an der Rechtsprechung. § 5 hat den Grundsatz der Verfassung übernommen, daß „die Richter in der Rechtsprechung unabhängig und nur der Verfassung und dem Gesetz unterworfen“ sind, und § 13 enthält eine im Hinblick insbesondere auf Westdeutschland bedeutsame Unterstreichung der persönlichen Freiheit des Richters, indem er betont, daß die Tätigkeit als Richter das Recht jedes Bürgers unserer Republik auf politische Betätigung nicht beeinträchtigt. Hinsichtlich der Stellung des Richters hat es nach 1945 an einer klaren Regelung gefehlt; die Entwicklung vollzog sich widerspruchsvoll. Die allgemeine Notwendigkeit, die alten Vorstellungen vom Berufsbeamtentum zu überwinden und für den Staatsangestellten keine besonderen Grundsätze gelten zu lassen, erforderte es, auch den Richter als Angestellten des Staates zu behandeln, für den die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsrechts und der Tarifverträge galten. Im Gegensatz dazu wurde in der Verfassung (Art. 127 ff.) bereits eine Entwicklung angebahnt, die einerseits die Wahl der Richter des Obersten Gerichts und der Oberlandesgerichte vorsah und andererseits für die Abberufung der Richter ein besonderes Verfahren unter Mitwirkung des Justizausschusses der Volkskammer und der Landtage schuf. Dabei hat sich keine klare Praxis in der Frage entwickelt, in welchem Verhältnis die arbeitsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Kündigungsvorschriften, zu den Verfassungsbestimmungen standen und wie die Abgrenzung zu erfolgen habe. Nunmehr erhält der Richter eine klare, seinen Aufgaben entsprechende Stellung, die seine Unabhängigkeit voll zum Ausdruck bringt. Die Bestimmung über die Wahl der Richter des Obersten Gerichts (§ 14 Abs. 1) entspricht dem Art. 131 Abs. 1 der Verfassung, nur ist die Wahlperiode nunmehr auf fünf Jahre festgesetzt. Da die Bezirksgerichte keine „obersten Gerichte der Länder“ im Sinne des Art. 131 Abs. 2 der Verfassung sind, werden ihre Richter nicht mehr gewählt, sondern wie die Richter der Kreisgerichte vom Minister der Justiz auf die Dauer von drei Jahren ernannt. Eine Kündigung von Richtern wird es nicht 3) Urteil vom 7. Juni 1951, NJ 1951 S. 377. 437;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 437 (NJ DDR 1952, S. 437) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 437 (NJ DDR 1952, S. 437)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit geregelt. Operative Ausweichführungsstellen sind Einrichtungen, von denen aus die zentrale politisch-operative Führung Staatssicherheit und die politisch-operative Führung der Bezirksverwaltungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes haben die Leiter der Diensteinheiten die politisch-operative Führung aus operativen Ausweichführungsstellen und operativen Reserveausweichführungsstellen sicherzustellen. Die Entfaltung dieser Führungsstellen wird durch Befehl des Ministers für Staatssicherheit getroffenen Festlegungen sind sinngemäß anzuwenden. Vorschläge zur Verleihung der Medaille für treue Dienste in der und der Ehrenurkunde sind von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltun-gen und den Kreisdienststellen an die Stellvertreter Operativ der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zur Entscheidung heranzutragen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Handlungen. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvoll zug. Nur dadurch war es in einigen Fallen möglich, daß sich Verhaftete vorsätzlich Treppen hinabstürzten, zufällige Sichtkontakte von Verhafteten verschiedener Verwahrräume zustande kamen. Verhaftete in den Besitz von unerlaubten Gegenständen bei den Vernehmungen, der medizinischen oder erkennungsdienstlichen Behandlung gelangten, die sie zu ouizidversuchen, Provokationen oder Ausbruchsversuchen benutzen wollten.

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