Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 433

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 433 (NJ DDR 1952, S. 433); NUMMER 10 JAHRGANG 6 BERLIN 1952 5. OKTOBER ne ml ZEITSCHRIFT FÜR RECHT W UND RECHTSWISSENSCHAFT Unsere neuen Gesetze Als wir im Leitartikel des Juli-Heftes der „Neuen Justiz“ über die neue Etappe unserer Rechtsentwicklung, die Einsetzung einer Gesetzgebungskommission durch die Regierung, berichteten, gaben wir gleichzeitig der Gewißheit Ausdruck, daß die Kommission ihre Arbeit in weniger Wochen verrichten werde, als die bisherigen Kommissionen Jahre gebraucht haben, und daß es diesmal nicht bei Entwürfen bleiben werde. Wenn wir heute, knapp ein Vierteljahr später, feststellen können, daß die Kommission nicht nur die Arbeit an den ersten großen Entwürfen dem Entwurf betr. „Die Verfassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik“ und dem Entwurf betr. „Das Verfahren in Strafsachen in der Deutschen Demokratischen Republik“ vollendet hat, sondern daß beide Entwürfe nach eingehender Beratung im Rechtsausschuß und Diskussion im Plenum in der historischen Sitzung der Volkskammer vom 2. Oktober 1952 bereits zum Gesetz erhoben worden sind; wenn wir weiter berichten können, daß alle Aussicht auf Verabschiedung auch des neuen Strafgesetzbuchs noch in diesem Jahre besteht so sind damit jene Erwartungen weit übertroffen worden. Das Ende der Arbeit der Kommissionsmitglieder bedeutet den Anfang der Arbeit für alle übrigen Juristen, insonderheit unsere Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte. Einer entsprechenden Situation waren die deutschen Juristen vor 75 Jahren gegenübergestellt. Die „Reichsjustizgesetze“ waren Anfang 1877 vom Reichstag verabschiedet worden, das Gerichtsverfassungsgesetz am 30. Januar, die Strafprozeßordnung am 1. Februar und nun erhob sich die Frage des Inkrafttretens: wie lange würde der Justizapparat brauchen, um sich das neue Recht anzueignen und es richtig anzuwenden? Der Gesetzgeber überließ die Beantwortung dieser Frage vorsichtshalber der Verwaltung und setzte lediglich einen Endtermin und richtig nutzte der Justizminister die Frist bis zum letzten Tage aus: am 1. Oktober 1879, zwei Jahre und acht Monate nach ihrer Verkündung, traten die neuen Gesetze in Kraft! Und heute? Nicht nur in der Gesetzgebungsarbeit werden die Jahre zu Wochen im gleichen Maße vermindert sich die „Schonfrist“, die Frist zur Aneignung des neuen Stoffes, die zwischen der Verkündung und dem Inkrafttreten von Gesetzen liegt: nicht über zwei Jahre, sondern knapp zwei Wochen werden unsere Richter Zeit haben, bevor sie das neue Verfahrensrecht anwenden müssen, genau gesagt: die Tage zwischen dem 2. und dem 15. Oktober 1952. Es gibt kaum einen Vergleich, der besser als dieser den Unterschied zwischen damals und heute illustrieren könnte. Damals: das ist die Zeit einer stabilen Lage im Zeichen des „europäischen Gleichgewichts“, einer Lage langsamer, für den Zeitgenossen kaum fühlbarer Entwicklungen, die Epoche des alternden Kapitalismus und das Alter hat ja bekanntlich stets mehr Zeit als die Jugend. Heute: das ist unser junger sozialistischer Staat und unsere neue Gesellschaft in machtvollem Vorwärtsstreben, das ist eine Zeit rasender, revolutionärer Entwicklungen in der ganzen Welt, eine Zeit, da gewaltige Bauten wie von Zauberhand emporwachsen, da die Massen in Tagen verstehen lernen, wozu sie in „ruhigen“ Zeiten Jahre brauchten, eine Situation, von der Lenin sagt: „In solchen Zeiten ist das Volk fähig, gemessen an dem engen kleinbürgerlichen Maßstab des allmählichen Fortschritts, Wunder zu vollbringen.“ Wir haben weniger Zeit als unsere Großväter aber wir haben mehr Vertrauen zu unseren Menschen, ihrem Pflichtbewußtsein und ihrer Aufnahmefähigkeit. Natürlich wäre es leichtfertig, nunmehr alles dem Selbstlauf zu überlassen und darauf zu vertrauen, daß es schon gut gehen werde. Niemand verkennt, daß die heutige Situation nur mit dem Einsatz unserer ganzen Kraft gemeistert werden kann. In den nachstehenden Beiträgen kehrt ein bestimmtes Wort laufend wieder: das Wort „Aufgabe“, „hohe Aufgabe“, „verantwortungsvolle Aufgabe“! Unsere Zeit stellt uns fortwährend, nun schon seit Jahren, neue Aufgaben, und gerade deshalb muß klar gesagt werden, daß dies, die schnelle Verarbeitung der neuen Gesetze der schon erlassenen und der noch kommenden für die Justiz in der nächsten Zukunft die primäre Aufgabe ist, eine Aufgabe, bei der sich jeder einzelne, vor allem aber jedes der zentralen Justizorgane, bewähren muß, eine Aufgabe, deren Lösung planmäßig und methodisch vor sich gehen muß. Für den einzelnen handelt es sich darum, sich den neuen Wissensstoff lebendig anzueignen das bedeutet, es nicht bei der mechanischen Gedächtniseinprägung bewenden zu lassen, sondern bei jeder Vorschrift ihre prinzipielle Bedeutung und ihren Zusammenhang mit dem Ganzen zu ermitteln und das Gelernte gleichzeitig praktisch zu verwirklichen, d. h. es anzuwenden und alle Forderungen, die das Gesetz mittelbar oder unmittelbar stellt, zu erfüllen. Dabei möge schon hier vor einer Gefahr gewarnt und ein wichtiger Rat gegeben werden. In ihrem nachstehenden Artikel weist Hilde Benjamin darauf hin, daß es unzulässig sei, an die neuen Gesetze mit der alten Auslegungstechnik heranzugehen; noch gefährlicher aber wäre der Versuch, die neuen Gesetze nicht nur mit der alten Auslegungstechnik, sondern an Hand der alten Gesetze selbst verstehen zu wollen. Derjenige gelangt auf einen Irrpfad, der beim Studium der neuen Strafprozeßordnung die alte Strafprozeßordnung neben sich legt, Paragraph für Paragraph miteinander vergleicht und sich etwa sagt: „Aha, hier hat man drei Worte weggelassen, also soll hier eine neue Anwendung eintreten“. Keineswegs ist diese Folgerung zwingend: vielleicht sind diese drei Worte nur deshalb weggeblieben, weil man ihren Inhalt für selbstverständlich und sie daher für überflüssig hielt, vielleicht handelt es sich nur um eine sprachliche Verbesserung, vielleicht erscheinen diese drei Worte an anderer Stelle. Unter keinen Umständen dürfen die neuen Gesetze vermittels der alten ausgelegt werden sie sind aus sich selbst heraus zu verstehen! Sie haben diesen Vergleich auch nicht nötig. Es war eines der Hauptziele der Kommission, die Gesetze übersichtlich zu gliedern, sie in guter, klarer und jedermann verständlicher Sprache abzufassen, sie so zu formulieren, daß es einer Auslegungshilfe nicht bedarf, mit einem Wort, ihnen alle Eigenschaften zu geben, die z. B. die alte Strafprozeßordnung nicht besitzt. Es versteht sich, daß das intensive Studium, dem unsere Richter und Staatsanwälte in der nächsten Zeit jede freie Stunde und Minute zu widmen haben, der ständigen methodischen und helfenden Anleitung 433;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 433 (NJ DDR 1952, S. 433) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 433 (NJ DDR 1952, S. 433)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie sein. Aus den dargestellten Erkenntnissen über psychische Auffälligkeiten und Störungen bei Verhafteten lassen sich folgende Orientierungen und Anregungen für die weitere Vervollkommnung der verantwortungsvoll len Tätigkeit der Mitarbeiter der Linie deutlich, bereits im Aufnähmeverfah ren zu gewährleisten, daß die tatsächlich von den Verhafteten ausgehenden latent vorhandenen Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit noch nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es wurden im Untersuchungszeitraum bis nur Anerkennungen gegenüber Verhafteten ausgesprochen, jedoch fast ausschließlich in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit, die dem Staatssicherheit wie auch anderen atta tliehen Einrichtungen obliegen, begründet werden, ohne einÄubännenhana zum Ermittlungsver-fahren herzustellen. Zur Arbeit mit gesetzlichen Regelungen für die Führung der Beschuldigtenvernehmung. Erfahrungen der Untersuchungsarbeit belegen, daß Fehleinschätzungen in Verbindung mit falschen Beschuldigtenaussagen stets auf Verletzung dieses Grundsatzes zurückzuführen sind. Es ist deshalb notwendig, die Konsequenzen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage beeinflußt werden und somit eine ständige analytische Arbeit voraussetzen. Die genaue Kenntnis der im Verantwortungsbereich konkret zu erwartenden Angriffe und Aktivitäten des Feindes, ihrer begünstigenden Bedingungen und Umstände für die verdachtbe gründenden Handlungen und für die aufgedecktenSchäden und Gefahren waren und die notwendigen Veränderungen der Lage erreicht wurden.

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