Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 43

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 43 (NJ DDR 1952, S. 43); Dem Beklagten ist zuzustimmen, soweit er meint, daß die Übernahme der „Gerichtskosten“ im Vergleich sich aut die gesamten Gerichtskosten beider Instanzen erstrecke. Wenn er weiter ausführt, die Kostenrechnung des Amtsgerichts sei nicht haltbar, weil die Klägerin im Vergleich die Gerichtskosten übernommen habe, so ist er offenbar der Ansicht, daß die Staatskasse an den Vergleich gebunden und die Kostenforderung aus dem Urteil I. Instanz erloschen! sei. Diese Auffassung kann die Kammer nicht billigen, obgleich sie in der Rechtsprechung teilweise vertreten wurde. Nach der herrschenden Meinung kann eine durch gerichtliche Entscheidung begründete staatliche Kostenforderung nur wieder durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben oder abgeändert werden (§ 81 Abs. 1 Halbs. 2 GKG). Die abweichende Auffassung zeugt von einer Verkennung des Gerichtskostenrechts. Es handelt sich bei den Gerichtskosten um eine öffentlich-rechtliche Forderung, auf die privatrechtliche Grundsätze nicht schlechthin Anwendung finden können. Das GKG dient in erster Linie der Sicherung der Ansprüche der Staatskasse. Dies zeigen u. a. § 77 GKG, der die Haftung des Antragstellers auch bei einer abweichenden Entscheidung aufrecht erhält, und § 79 GKG, bei dem Entscheidungs- und Übemehmerhaftung nebeneinander bestehen bleiben („Kostenschuldner ist ferner“). Auch hat das GKG dem Parteiwillen lediglich die Begründung einer zusätzlichen Kostenschuld gegenüber dem Staat eingeräumt (§ 79 Ziff. 2 GKG), jedoch nicht die Beseitigung eines bereits entstandenen. Diese Bestimmungen zeigen, daß im Sinne des § 81 GKG nur eine formelle Abänderungsentscheidung eine entstandene Kostenschuld zum Erlöschen bringen kann. Auch die Möglichkeit der Änderung der Kostenschuld durch Anerkenntnis- und Versäumnisurteil spricht nicht hiergegen. Zwar kann mit diesen eine veränderte Kostenhaftung durch Parteiwillen herbeigeführt werden; ausschlaggebend ist jedoch, daß sie wieder gerichtliche Entscheidungen sind. Die Möglichkeit, so auf formellem Wege zu einer abändemden Entscheidung zu gelangen, beweist nicht, daß die Parteien ohne eine solche formelle Entscheidung, also mittels Vergleichs, sich von einer öffentlich-rechtlichen Kostenschuld befreien können. Sie können durch den Vergleich' lediglich1 auf ihre Rechte aus der ergangenen Entscheidung verzichten; sie können aber nicht durch den Vergleich eine ergangene Entscheidung abändern. Es muß auch Vorsorge dagegen getroffen werden, daß durch vergleichsweise Übernahme der Gerichtskosten seitens einer armen Partei der Staat um die ihm zustehenden Gebühren gebracht wird. In diesem Zusammenhänge ist der Gedanke der Vergleichserleichterung ohne Gewicht, weil es der gesetzlichen Grundlage und der inneren Berechtigung entbehrt, aus ihm die freie Verfügung der Parteien über eine gesetzlich entstandene Kostenischuld herzuleiten. Strafrecht § 1 WStVO; § 2 Gesetz zum Schutze des innerdeutschen Handels. Idealkonkurrenz zwischen Beiseiteschaffen von Rohstoffen oder Erzeugnissen und deren Beförderung ohne Warenbegleitschein. OLG Potsdam, Urt. vom 7. August 1951 II Ss 151/51. Aus den Gründen: Der Angeklagte, der in Westberlin seine Wohnung hat, wurde am 17. Juli 1950 voil einer VP-Kontrolle in G. mit etwa 2% Zentnern Schweine- und Kalbfleisch angehalten, die an verschiedenen Stellen seines Personenkraftwagens versteckt waren. Dieses Fleisch hatte er von einem Bauern für 880, DM gekauft. Der Angeklagte wollte das Fleisch, wie er sagte, nach Westberlin verbringen. Auf Grund dieses Sachverhalts hat die Strafkammer den Angeklagten wegen vollendeten Beiseiteschaffens, also eines Verbrechens nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO, verurteilt und wegen des begonnenen Verbringens des Fleisches nach Westberlin auch eine Verurteilung auf Grund des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels ausgesprochen. Sie hat zwei Straftaten als gegeben angenommen und eine Gesamtstrafe von drei Jahren Zuchthaus gebildet. Sie hat ferner das Vermögen des Angeklagten eingezogen. Richtig ist der Hinweis der Revision, daß nach dem festgestellten Sachverhalt nur eine einzige, in Tateinheit nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO und § 2 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels vom Angeklagten begangene Straftat zur Aburteilung steht. Der Angeklagte hat das von dem Bauern verbotswidrig bezogene Fleisch in seinen Personenkraftwagen geladen und ist dann Richtung Westberlin losgefahren. Mit dieser Handlung war das Verbrechen vollendet, das sowohl den § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO wie den § 2 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels verletzte. Das Tun des Angeklagten darf nicht in zwei Teile auseinandergerissen werden, einmal das Einladen in den Wagen (§ 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO), zweitens das Anfahren und Abfahren (§ 2 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels), sondern der Angeklagte hat eine einzige, aus allerlei Einzelheiten dem Übernehmen des Fleisches aus dem Bauernwagen, dem Verstecken im Kühler und an sonstigen Stellen des PKW, dem Einsteigen, Platznehmen, Anfahren, Abfahren und Weiterfahren Richtung Westberlin bestehende Tat begangen, und diese einheitliche Tat verletzte die beiden genannten Gesetze in Tateinheit. Zur Bildung von Einzelstrafen und einer Gesamtstrafe besteht hiernach keine Möglichkeit. SMAD-Befehl Nr. 160; § 1 WStVO. Nichteinstellung von Fachkräften für die Ausführung des Bauprogramms 209 (Errichtung von Neubauernhöfen) als Wirtschaftsverbrechen. OLG Potsdam, Urt. vom 17. April 1951 II Ss 7/51. Aus den Gründen: Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der gerügt wird, daß bei dem Angeklagten Z. durch Nichtanwendung des Befehls Nr. 160' und des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO materielles Recht verletzt sei, ist begründet. Die Strafkammer hat festgestellt, daß der Angeklagte Z. von W., der vom Dezember 1948 bis Juni 1949 bei Z. als Bauingenieur angestellt war und der in diesem Verfahren mangels Beweises freigesprochen worden ist, wiederholt die Aufforderung erhalten hat, mehrere Poliere einzustellen, da es immöglich gewesen sei, die Arbeit der zum Teil ungelernten Arbeiter zu überwachen. Sie hat weiter die Feststellung getroffen, daß der Angeklagte Z. aus reiner Gewinnsucht die Einstellung dieser Poliere unterlassen hat. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Einstellung der Poliere aus Gewinnsucht oder anderen Gründen unterlassen wurde. Feststeht aber, wie auch die Strafkammer ausführt, daß durch die Nichteinstellung der Poliere die Herstellung der Neubauernhäuser mangelhaft vorgenommen wurde. Darin ist aber in jedem Falle eine „schuldhafte Störung der Baumaßnahmen im Sinne der ersten DurchfBest zur Anweisung über die Errichtung von Neubauemgehöften im Jahre 1949 vom 4. Mai 1949, Abschn. XIII, Ziff. 1“, zu erblicken, die bei dem Ausmaß des von der Strafkammer festgestellten „ungeheuren“ Schadens Anwendung des Befehls Nr. 160 der SMAD rechtfertigt. Damit ist aber tateinheitlich auch ein Verstoß gegen die Wirtschaftsordnung im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO gegeben. Darüber hinaus hat die Strafkammer festgestellt, daß von der Firma Z. sechs oder sieben Lehmstampfbauten errichtet worden sind, von denen die der Siedler H. und Sch. völlig einstürzten, während das Ausmaß des Schadens bei den anderen Bauten dieser Art nicht mehr zu ermitteln war. Bei den „Naturbauweisen“ , mußte gemäß Abschn. VI der obengenannten DurchfBest. das Dachmaterial vor Beginn der Hausmontage vorhanden sein. Diese Vorschrift wurde, wie die Strafkammer feststellt, von allen Angeklagten außer acht gelassen. Die Lehmstampfbauten standen wochenlang ohne Dach, und bei Eintritt der Schlechtwetterperiode weichten die Lehmwände auf und sackten in sich zusammen. Die Strafkammer hat verneint, daß der Angeklagte Z. die zur technischen Leitung eines Baubetriebes erforderlichen Kenntnisse besessen hat, stellt aber gleichzeitig fest, 43;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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