Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 379

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 379 (NJ DDR 1952, S. 379); §§ 43, 48 EheG. 1. Das Gericht hat unter Beachtung der Vorschrift des § 622 ZPO und notfalls unter strenger Handhabung des § 139 ZPO zu prüfen, ob objektiv eine Zerrüttung der Ehe vorliegt. 2. Die räumliche Trennung der Eheleute ist für die Anwendung des § 48 EheG nicht genügend. Es müssen Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, daß eine innere Bindung zwischen den Eheleuten nicht mehr besteht. Liegt eine räumliche Trennung der Eheleute vor, dann kann in der Erhebung der Ehescheidungsklage das äußere Merkmal für die eingetretene ehefeindliche Gesinnung erblickt werden. 3. Widerspricht der beklagte Ehegatte der Scheidung, so darf das Gericht den Widerspruch nicht aus allgemeinen Erwägungen und Vermutungen heraus ab-lehnen; vielmehr ist es zu einer eingehenden Sachaufklärung verpflichtet. 4. Die Begründung eines eigenen Wohnsitzes sowie die Annahme der polnischen Staatsangehörigkeit stellen entsprechend dem Grundsatz der Gleichberechtigung keine Eheverfehlungen der Ehefrau i. S. des § 43 EheG dar. KG, Urt. vom 13. Mai 1952 2 UR 6/52. Die Parteien sind Eheleute. Die Ehefrau begab sich während des Krieges mit den Kindern nach M. Die Stadt gehört jetzt zu Polen. Die Ehefrau blieb nach Beendigung des Krieges dort und erlangte die vorläufige Bescheinigung über die polnische Staatsbürgerschaft. Nachdem der Ehemann mit einer im August 1948 eingereichten Scheidungsklage keinen Erfolg gehabt hatte, erhob er im Dezember 1949 eine neue Ehescheidungsklage, die er auf § 48 EheG stützte. Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die häusliche Gemeinschaft sei frühestens mit dem 11. August 1948 dem Tage der Einreichung der ersten Ehescheidungsklage aufgehoben und daher die Dreijahresfrist des § 48 Abs. 1 EheG nicht gewahrt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers richtete sich gegen die Berechnung der Dreijahresfrist und stützte sich außerdem auf § 43 EheG. Die Beklagte widersprach der Scheidung. Das Landgericht hat die Ehe der Parteien ohne weitere Sachaufklärung durch Urteil vom 19. Oktober 1951 unter Feststellung der Alleinschuld des Klägers geschieden. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie Verletzung des § 48 EheG geltend macht. Das Kammergericht hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Aus den Gründen: Grundvoraussetzung für die Anwendung des § 48 EheG ist, daß die häusliche Gemeinschaft der Eheleute tatsächlich mindestens drei Jahre lang aufgehoben ist. Eine solche Trennung liegt nicht schon etwa dann vor, wenn äußere Ereignisse (wie z. B. Krieg, Evakuierung, neue Landesgrenzen, Berufstätigkeit, Emigration usw.) die Eheleute zwar räumlich auseinanderreißen, die innere Bindung zwischen ihnen aber noch besteht. Deshalb kann die dreijährige Frist des § 48 Abs. 1 niemals ohne weiteres vom Zeitpunkt der tatsächlichen räumlichen Trennung an gerechnet werden; es müssen vielmehr noch Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, daß auch die innere Bindung zwischen den Eheleuten im Zeitpunkt der Trennung oder im Laufe des Getrenntlebens sichtbar aufgehoben worden ist. Das Landgericht hat in der im August 1948 erfolgten Klageerhebung mit Recht ein äußeres Merkmal für die nunmehr eingetretene ehefeindliche Gesinnung des Klägers gesehen und den Ablauf der Dreijahresfrist zutreffend von diesem Zeitpunkt an gerechnet. Die Berufungskammer hat aber zu Unrecht aus der Tatsache der Einreichung der Ehescheidungsklage auch ohne weiteres auf das Vorliegen einer unheilbaren Ehezerrüttung zwischen den Parteien geschlossen. Der Kassationssenat des Kammergerichts hat in seinem Urteil vom 31. Januar 1952*) ausgeführt, daß die bloße Erklärung eines Ehepartners, daß er die Ehe nicht mehr fortsetzen wollte, für die Feststellung einer tiefgreifenden unheilbaren Zerrüttung der Ehe für sich allein noch nicht ausreiche, sondern daß vielmehr in tatsächlicher Hinsicht zu untersuchen sei, welche Umstände dem betreffenden Ehegatten die Wiederherstellung der Ehe unmöglich erscheinen lassen. * NJ 1952 S. 236. Dieser Auffassung schließt sich der Senat in vollem Umfange an. Ein leichtfertiges Verhalten eines Ehegatten gegenüber seinen ehelichen Verpflichtungen kann nicht gebilligt werden. Es genügt also nicht, allgemeine Vermutungen wie es das Landgericht getan hat auf Grund mehr oder weniger erwiesener Tatsachen anzustellen; sondern das Landgericht war vielmehr verpflichtet, unter Beachtung der Vorschrift des § 622 ZPO und notfalls unter strenger Handhabung des § 139 ZPO objektiv zu prüfen, ob eine Zerrüttung der Ehe gegeben ist. Das einseitige Festhalten der Beklagten an der Ehe würde zwar zur Verneinung der Zerrüttung nicht ausreichen; andererseits genügt aber auch die einseitige Erklärung des Klägers, er wolle jetzt geschieden sein, ebenfalls noch nicht. Der Richter muß vielmehr prüfen, welche inneren Gründe dem Kläger die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft unmöglich erscheinen lassen. Die Berufungskammer hätte zu dieser Prüfung um so mehr Veranlassung gehabt, als die Beklagte ihre Bereitwilligkeit zur Rückkehr nach Berlin wiederholt bekundet und ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß ihrer Rückkehr nach Deutschland bisher objektive Schwierigkeiten im Wege gestanden haben. Die Kammer hätte auch berücksichtigen müssen, daß der Gesinnungsumschwung beim Kläger ohne einen aus den Akten erkennbaren Anlaß innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes von nur etwa vier Monaten erfolgt ist. Zu Beginn des Jahres 1948 war die innere Bindung zwischen den Parteien noch vorhanden. In den Akten des Landgerichts Berlin befindet sich ein Schreiben des Klägers vom 2. Februar 1948, das wie auch schon frühere Briefe bei dem Leser den Eindruck eines starken Zusammengehörigkeitsgefühls zu der räumlich getrennt lebenden Beklagten hinterläßt und in dem der Kläger betont, daß er seine Familie nicht im Stich lassen und nach Polen kommen werde. Bei dieser Sachlage konnte die plötzliche Erklärung des Klägers, daß er ein Zusammenleben mit seiner Frau nicht mehr wünsche, das Vorliegen einer unheilbaren Ehezerrüttung noch nicht beweisen. Die diesbezügliche Schlußfolgerung des Landgerichts verletzt somit das Gesetz und rechtfertigt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Berufungsinstanz. Diese wird durch eingehende Sachermittlungen, vor allem auch durch nochmalige ausführliche Anhörung beider Parteien, zu prüfen haben, welche tatsächlichen Ereignisse den plötzlichen Gesinnungsumschwung beim Kläger herbeigeführt haben, ferner wie es mit der Bereitwilligkeit der Beklagten steht, die Ehe mit dem Kläger, unter Umständen auch in Deutschland, fortzusetzen, und wie es mit den von ihr behaupteten objektiven Hinderungsgründen für die Wiedervereinigung der Ehegatten bestellt ist. Erst nach Aufklärung aller konkreten Umstände, die dem Kläger die Wiederherstellung der Ehe unmöglich erscheinen lassen, wird sich die Berufungskammer ein Bild darüber machen können, ob die Ehe der Parteien tatsächlich so tief zerrüttet ist, daß an eine Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zu denken ist, wobei sich die Berufungskammer aber nicht wie bisher nur von äußeren Momenten, wie beispielsweise die zwischen den Parteien liegenden Landesgrenzen, sondern vorwiegend von der inneren Einstellung der Parteien zu ihrer Ehe leiten lassen wird. Möglicherweise gibt das von der Beklagten behauptete Zusammenleben des Klägers mit einer anderen Frau, über das sich das Landgericht bisher ohne jede Sachaufklärung hinweggesetzt hat, hierzu nähere Anhaltspunkte. Auch soweit sich das angefochtene Urteil mit den Einwendungen der Beklagten gemäß § 48 Abs. 2 und 3 EheG auseinandersetzt, hat das Landgericht die erforderliche Sorgfalt in der Sachprüfung vermissen lassen. (Wird ausgeführt). Die Kammer durfte im vorliegenden Einzelfalle den Widerspruch der Beklagten nicht aus allgemeinen Erwägungen und Vermutungen ablehnen, ohne vorher ihre jetzigen wirtschaftlichen Verhältnisse und die konkrete Lage, in der sie sich nach der Ehescheidung befinden würde, genauestens zu untersuchen. Die Kammer war im vorliegenden Falle zu einer eingehenden Sachaufklärung um so mehr verpflichtet, als die 379;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 379 (NJ DDR 1952, S. 379) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 379 (NJ DDR 1952, S. 379)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

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