Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 372

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 372 (NJ DDR 1952, S. 372); weder die Berufung auf die Autorität eines Vorgesetzten noch auf die Unfähigkeit eines Untergebenen anerkannt wird. Auch der weitere Umstand, daß festgestelltermaßen auch andere, hier nicht angeklagte Personen ihre Aufsichtspflicht in grober Weise verletzt haben, ist selbstverständlich ohne Einfluß auf die persönliche Verantwortung der Angeklagten. Es gibt keine irgendwie geartete anonyme Verantwortung. Zur Prüfung der Frage, welche Gesetze im einzelnen die Angeklagten verletzt haben, war zu unterscheiden zwischen dem Zeitraum vor der Katastrophe und den Vorgängen am Katastrophentag selbst. Für das Verhalten der Angeklagten im ersten Abschnitt kam außer der Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft vom 25. Oktober 1951 die Anwendung des Befehls Nr. 160 der SMAD vom 3. Dezember 1945, für ihre Beteiligung an der Katastrophe selbst die Anwendung der Tötungsdelikte des Strafgesetzbuchs (§§ 212, 222) in Betracht. An den Vorgängen vor der Katastrophe waren mit Ausnahme des Angeklagten Schm, alle Angeklagten beteiligt, am maßgeblichsten die vier leitenden Grubentechniker W., F., Z. und Sch. Sie alle haben sich gemäß den §§ 44 if. der Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft strafbar gemacht, was nach dem festgestellten Tatbestand keiner näheren Erläuterung bedarf. Soweit es die Angeklagten W., Z. und Sch. betrifft, erschöpft sich deren strafbares Verhalten darin jedoch nicht. Diese Angeklagten haben vielmehr darüber hinaus ein Verbrechen gegen den Befehl Nr. 160 der SMAD begangen. Ihr Gesamtverhalten ist eine Summe von gewissenlosester Nachlässigkeit und Schlamperei, bei W. außerdem von Mißwirtschaft. Abgesehen davon aber, daß Nachlässigkeit und Schlamperei in einem Bergwerksbetrieb im Hinblick auf die daraus erwachsenden Gefahren Verbrechen sind, ist das Gesamtverhalten dieser Angeklagten keineswegs mehr nur auf wenn auch noch so grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen, wie man sie sonst mit diesen Begriffen unwillkürlich verbindet. Die Angeklagten haben die elementarsten Forderungen des Arbeitsschutzes von höchster Ebene aus, d. h. für das ganze Martin-Hoop-Werk, in einer Weise bewußt mißachtet, die objektiv geeignet war, Maßnahmen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, nämlich die Erfüllung der zur ständigen Verbesserung der Lebenslage aller Bürger aufgestellten Volkswirtschaftspläne, in einem der wichtigsten Produktionszweige zu durchkreuzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichts zu Befehl Nr. 160 ist zur Erfüllung des inneren Tatbestandes erforderlich, aber auch genügend, daß diese Geeignetheit ihres Verhaltens vom Vorsatz der Angeklagten mit umfaßt worden ist. Das ist der Fall. Den Angeklagten war die hohe Fluktuation der Arbeitskräfte und darüber hinaus die unvermeidlich sich anbahnende Mißstimmung unter den Bergarbeitern als Folge der von den Angeklagten zu verantwortenden unglaublich schlechten Arbeitsbedingungen bekannt, sie sahen ferner das sich praktisch daraus ergebende ständige Absinken der Produktionsziffern. Dennoch setzten sie sich darüber hinweg und unternahmen nichts zur Beseitigung dieser Mißstände. Daß der Tatbestand der Sabotage auch durch bewußtes Unterlassen verwirklicht werden kann, wenn für den Täter im konkreten Fall die Rechtspflicht zum Handeln besteht, ist vom Obersten Gericht wiederholt ausgesprochen worden. Diese Pflicht zum Handeln bestand für die Angeklagten W. und Z. sowohl kraft ihrer Stellung als Betriebsleiter bzw. verantwortlicher Leiter für das gesamte Arbeitsschutzwesen im Betrieb als auch ausdrücklich aus Gesetz {§ 1 der VO zum Schutze der Arbeitskraft). Der Angeklagte Sch. hat nicht nur durch seine strafbaren Unterlassungen in seinem Arbeitsgebiet als Wettersteiger, sondern auch durch aktives Handeln, nämlich durch die Fälschung der Wetterbücher und die dadurch bewußt hervorgerufene Irreführung der Aufsichtsstellen über die wahren Arbeitsbedingungen, den Tatbestand des Befehls Nr. 160 verwirklicht. Die den Tatbestand des Befehls Nr. 160 begründenden Handlungen bzw. Unterlassungen der Angeklagten verstoßen zugleich gegen die Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft und stehen daher zueinander im Verhältnis der Tateinheit. Den Angeklagten F. hat das Gericht dagegen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht eines Verbrechens gegen den Befehl Nr. 1601 für schuldig befunden. Dafür ist nicht etwa der Umstand maßgebend gewesen, daß der Verantwortungsbereich dieses Angeklagten örtlich auf Schacht IV beschränkt gewesen ist, denn auf Schacht IV waren die Mißstände mit am größten. Entscheidend war vielmehr, daß sich der Angeklagte in seinem Gesamtverhalten im übrigen auch in seiner Persönlichkeit wesentlich von den Angeklagten W., Z. und Sch. unterschieden hat. Er hat nicht deren Gleichgültigkeit besessen und nicht die Augen vor den untragbaren Zuständen in bezug auf die Grubensicherheit verschlossen, sondern ist, wenn auch mit unzulänglichen Mitteln und auf falsche Weise, an ihre Beseitigung herangegangen. Auch ist zu bedenken, daß seine Möglichkeiten, zu durchgreifenden Änderungsmaßnahmen überzugehen, eine gewisse Grenze an der noch relativ kurzen Zeit der Tätigkeit des Angeklagten auf Martin-Hoop-IV fanden. Allein, daß er überhaupt, im Gegensatz zu den vorgenannten Angeklagten, eigene Initiative entwickelt hat, ließ eine Verurteilung nach Befehl Nr. 160 nicht gerechtfertigt erscheinen. Was der Angeklagte verschuldet hat, liegt nicht auf der Ebene der Sabotage, sondern bleibt im Rahmen einer pflichtwidrigen Verletzung der Arbeitsschutzvorschriften. Damit wird die Verantwortlichkeit des Angeklagten keineswegs verkleinert. Es ist gerade der Sinn dieses Prozesses, für alle Zukunft klarzustellen, daß Beeinträchtigungen der Arbeitskraft unserer schaffenden Menschen nicht, wie früher, eine Art „Kavaliersdelikt“ sind, sondern Verbrechen im vollen Sinne des Wortes, die im gegebenen Fall, nicht anders als ein Staatsverbrechen, an die Grundlagen unserer Ordnung rühren können. Der Angeklagte F. ist danach schuldig, sich gegen die Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft vergangen zu haben. In dem Verhalten des Angeklagten Za. bis zum Katastrophentag hat das Gericht eine strafbare Handlung nicht erblickt. In Betracht kommt nur seine Stellung als stellvertretender Wettersteiger, da ihm in seiner Eigenschaft als Oberführer der Grubenwehr in diesem Zeitraum keine pflichtwidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen zur Last gelegt sind. Seine Meldungen und Vorhalte der Mißstände an seinen Vorgesetzten, den Angeklagten Sch., würden für sich allein den Angeklagten von seiner strafrechtlichen Verantwortung nicht befreien, da ihm dessen verbrecherische Gleichgültigkeit und nachlässige Dienstauffassung bekannt waren, er sich damit also nicht begnügen durfte, sondern selbst handeln mußte. Das hat der Angeklagte aber getan, indem er sich direkt an die aufsichtsführende Dienststelle, die Arbeitsschutzinspektion, wandte und die schweren Mängel in der gesamten Wetterführung, insbesondere die falschen Wettermessungen bzw. -eintragungen des Angeklagten Sch. aufdeckte. Nach den ihm vom Arbeitsschutzinspektor M. gegebenen Zusicherungen durfte der Angeklagte mit Recht darauf vertrauen, daß nunmehr ein grundlegender Wandel in den Bewetterungsverhältnissen erfolgen werde. Es hieße die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des auf diesem Gebiet immerhin nur zweitverantwortlichen Angeklagten überspannen, wollte man aus dem Umstand, daß er bei dieser Sachlage nicht doch noch Schritte bei einer höheren Dienststelle unternahm, strafrechtliche Folgen für ihn herleiten. Anders verhält es sich mit dem Angeklagten K. Er hat durch das von ihm zu verantwortende Nichtaus-picken bzw. -ausschlämmen des alten Brandherds vom 30. März eine zwar einmalige, aber folgenschwere Verletzung seiner Aufsichtspflicht begangen und ist daher strafrechtlich verantwortlich. Der Angeklagte wird auch nicht etwa dadurch entlastet, daß er nur einer von mehreren Obersteigern war und jeweils nur für die von ihm gefahrene Schicht die Verantwortung trug. Denn ihm war die Durchführung dieses Auftrags übertragen worden, und er allein hatte für diese Durchführung einzustehen. Der Auftrag selbst trug, was auch den Angeklagten klar war, den Charakter einer ausgesprochenen Sicherheitsmaßnahme für Leben und Gesundheit der Bergarbeiter. Er hat sich daher ebenfalls nach der Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft schuldig gemacht. 372;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 372 (NJ DDR 1952, S. 372) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 372 (NJ DDR 1952, S. 372)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten. Es wurden bedeutsame Informationen über Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den Paßkontrolleinheiten durchgeführt wird. Sie hat das Ziel, die Sicherheit im zivilen Flugverkehr zu gewährleisten und terroristische Anschläge, einschließlich Geiselnahmen und Entführungen, die sich gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Verhinderung der Ausreise in sozialistische Länder; Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in Verbindung mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden feindlichen Vorgehens, zur Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen zu erkennen und offensiv zu bekämpfen, stellen die Inoffiziellen Mitarbeiter Staatssicherheit die Hauptkräfte für die Realisierung der politisch-operativen Aufgaben dar.

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