Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 36

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 36 (NJ DDR 1952, S. 36); Dennoch ist das von den Parteien getätigte Geschäft in seinem gesamten Umfange nach § 138 BGB nichtig. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Sittenwidrigkeit ist nach der bekannten Definition des ehemaligen Reichsgerichts anzunehmen, wenn das Rechtsgeschäft nach seinem Gesamtcharakter mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden unvereinbar ist (RGZ 80, 221). Die Feststellung, was im einzelnen der Anschauung aller „billig und gerecht Denkenden“ entspricht, kann aber nicht abstrakt getroffen werden. Sie ist vielmehr klassengebunden und wandelt sich mit dem Klasseninhalt des jeweiligen Staates. Der Begriff der Sittenwidrigkeit kann daher nur aus den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen abgeleitet werden. Er ist ebenso wie das Recht und andere Erscheinungen des Überbaues von dem ökonomischen Inhalt und den Zielen der jeweiligen Gesellschaftsordnung abhängig. In der antifaschistisch-demokratischen Ordnung findet er seinen Maßstab an dem, was die Masse der Werktätigen als gerecht und billig ansieht, was im einzelnen aus dem von der werktätigen Bevölkerung, insbesondere durch ihr Machtinstrument, den Staat, bekundeten Willen zu ersehen ist. Daher erhält der Begriff der „guten Sitten“ in der antifaschistisch-demokratischen Ordnung seinen Inhalt aus der sozialökonomischen Struktur, dem Ziel und den Aufgaben unseres Staates. Deshalb müssen Rechtsgeschäfte, die dem Inhalt, dem Ziel und den Aufgaben der antifaschistisch-demokratischen Ordnung widersprechen, sittenwidrig und damit nichtig sein. Im vorliegenden Falle gingen zwar die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien formal auf Lieferung einer bestimmten Menge von Spielwaren an den im damaligen sowjetischen Sektor von Groß-Berlin wohnenden Beklagten. Ursache, Grundbedingung und Zweck dieser an sich formal zulässigen Vereinbarung war aber die Ermöglichung des Absatzes der Waren in den Berliner Westsektoren und die Erzielung von Westmarkbeträgen. Grundlage der Preisberechnung war ein Wechselkurs im Verhältnis von 1 Westmark zu 5 DM der Deutschen Notenbank. Obwohl insoweit die Bestrebungen der Parteien nur im Stadium des Versuches steckengeblieben sind denn der geplante Verkauf in Westberlin scheiterte an Absatzschwierigkeiten und obwohl die Klägerin von dem Beklagten in Deutscher Mark der Deutschen Notenbank bezahlt werden sollte und teilweise auch bezahlt worden ist, muß ein solcher Vertrag gegen die guten Sitten verstoßen, denn sein Ziel war nicht die Verbringung von Waren nach Berlin-Treptow, sondern die unkontrollierte Ausfuhr von Waren aus dem Bereich der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone nach Westberlin und die ebenso unkontrollierte Einfuhr von Geldmitteln aus den Berliner Westsektoren. Ein solches Verhalten bedeutete, falls es geglückt wäre, eine Gefährdung des planmäßigen Aufbaues unserer Wirtschaft, der sich damals in der Phase des ersten Jahres des Zweijahrplanes befand. Zu dieser Zeit mußte es jedem, insbesondere aber auch jedem Geschäftsmann, klar sein, daß die vorhandenen Werte unseres Volksvermögens ■ seien es nun Waren oder Geldbeträge mittelbar oder unmittelbar in unserer Wirtschaftsplanung berücksichtigt waren. Jede unkontrollierte Ausfuhr von Waren aus dem Wirtschaftsbereich der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands sowie jede Einfuhr von illegal erzielten Geldbeträgen in das Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone Deutschlands oder des heutigen demokratischen Sektors von Groß-Berlin mußte in mehr oder weniger starkem Maße die stetige Entwicklung unserer Volkswirtschaftsplanung beeinflussen; zumindest mußte sich die Einfuhr von Zahlungsmitteln aus schwarzen Kanälen mag es sich nun um Westmarkbeträge oder um in Westberlin eingewechselte DM-Beträge handeln störend, wenn nicht sogar gefährdend, auf unsere Zahlungsmittelplanung auswirken. Aus all diesem folgt, daß jede Handlung und auch jedes Rechtsgeschäft, die geeignet sind, den friedlichen Aufbau unserer Wirtschaft zu stören, als Verstöße gegen den Bestand und die Festigung unserer Ordnung anzusehen und daher nach § 138 BGB als diese Ordnung verletzend und den Rechtsgefühlen unserer werktätigen Bevölkerung widersprechend nichtig sind, auch wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, nur um geringwertige Waren und keine allzu hohen Geldbeträge handelt Ein jeder Verstoß der genannten Art hemmt unseren Aufbau, verzögert die Erreichung der gesteckten Ziele und richtet sich daher unmittelbar gegen die Grundpfeiler unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung. Wenn also die Parteien, denen die Ziele unserer Ordnung und die großen Aufgaben, die sich die Werktätigen im heutigen Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik schon in der Periode des Zweijahrplanes gesetzt hatten, bekannt sein mußten, Vereinbarungen treffen, die diesen Zielen entgegengesetzt sind, dürfen sie sich nicht wundem, wenn die Rechtsordnung, die sich das werktätige Volk durch seinen Staat geschaffen hat. ihren Vereinbarungen die Anerkennung versagt. Anmerkung*): Die Gefahr, die in der unüberprüften und kritiklosen Anwendung der alten Rechtsanschauungen liegt, kommt im besonderen in dem Festhalten an Entscheidungen des alten Reichsgerichts und an alten und westlichen Lehrbüchern und Kommentaren zum Ausdruck. Bei dem Umlauf von Entscheidungen in dem Redaktionskollegium der „Neuen Justiz“ fiel mir heute eine Entscheidung in die Hand, die auch von seiten der Vorlektoren noch nicht die richtige Kritik gefunden hatte. Es ist ein Zivilurteil, das sich mit der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 138 BGB befaßt. Wir lesen da folgendes: „Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Sittenwidrigkeit ist nach der bekannten Definition des ehemaligen Reichsgerichs anzunehmen, wenn das Rechtsge-geschäft nach seinem Gesamtcharakter mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen unvereinbar ist (RGZ 801221).“ Dann geht es weiter: „Die Feststellung, was im einzelnen der Anschauung aller billig und gerecht Denkenden entspricht, kann aber nicht abstrakt getroffen werden; sie ist vielmehr klassengebunden und wandelt sich mit dem Klasseninhalt des jeweiligen Staates. Der Begriff der Sittenwidrigkeit kann daher nur aus den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen abgeleitet werden.“ Was ist hieran falsch? Was ist von unserem Staat sanktioniert? Was hat von unserem Staat einen neuen Inhalt bekommen? Das Gesetz, der § 138 BGB! Nicht von unserem Staat sanktioniert ist aber die Entscheidung des Reichsgerichts im 80. Bande auf Seite 221. Nicht die Rechtsanschauung des alten Reichsgerichts, d. h. des imperialistischen Deutschlands, daß Maßstab für die Sittenwidrigkeit das Anstandsgefühl aller „billig und gerecht denkenden Menschen“ ist, hat einen neuen Inhalt bekommen, sondern das Gesetz hat, ohne daß wir nun auch noch das Reichsgericht mit neuem Inhalt füllen, durch unseren Staat seinen neuen Inhalt bekommen. Ihn entdecken wir als fortschrittliche Richter, und wir legen nicht noch einmal die Auslegung des Reichsgerichts aus. Hilde Benjamin, Vizepräsident des Obersten Gerichts SMAD-Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945; § 242 BGB. Für eine Klage, durch die ein entgegen dem Befehl Nr. 124 der SMAD abgeschlossener Kaufvertrag rückgängig gemacht werden soll, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. KG, Beschl. vom 13. August 1951 1 U 171/51. Gründe: Durch Vertrag vom 19. Mai 1945 hat der Kläger, welcher der ehemaligen NSDAP als Mitglied angehört hatte, die ihm gehörige, in Berlin belegene Schlosserei- und Klempnereiwerkstatt für 8000 RM an Herrn W. verkauft. Die Witwe des im April 1946 verstorbenen *) Aus dem Referat „Rechtsprechung und überbau“ auf der Arbeitstagung des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik mit den Oberlandesgerichtspräsidenten und Richtern der Oberlandesgerichte in Berlin am 23. und 24. November 1951. 36;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 36 (NJ DDR 1952, S. 36) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 36 (NJ DDR 1952, S. 36)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der exakten Einschätzung der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des jeweiligen Operativen Vorganges, insbesondere der erarbeiteten Ansatzpunkte sowie der Individualität der bearbeiteten Personen und in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Strafverfahrens die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung ständig zu prüfen. Die entscheidende zeitliche Begrenzung der Dauer der Untersuchungshaft Strafverfahren der ergibt sich aus der Tatsache, daß es sich dabei überwiegend um Angeklagte handelt, die der Begehung von Verbrechen gemäß und des Strafgesetzbuch anderer schwerer Straftaten hinreichend verdächtig sind.

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