Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 317

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 317 (NJ DDR 1952, S. 317); bedarf. Den Unterhalt, der sich entsprechend der Forderung des Art. 33 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik gemäß § 17 Abs. 2 des Gesetzes vom 27. September 1950 nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des unehelichen Vaters und der Mutter richtet, kann die Klägerin dementsprechend nicht erst seit der Rechtshängigkeit des erhöhten Anspruchs, dem Tage der Anschlußberufung, sondern bereits wie mit der Anschlußberufung geltend gemacht worden ist seit dem 7. Oktober 1949, dem Tage des Inkrafttretens der Verfassung, verlangen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau erst am 27. September 1950 in Kraft getreten ist; denn schon aus dem in Artikel 33 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik festgelegten Wegfall aller Benachteiligungen der nichtehelichen Kinder gegenüber den ehelichen Kindern ergibt sich die Rechtsfolge, daß auch der Unterhalt der nichtehelichen Kinder nach den Verhältnissen beider Eltern zu bemessen ist. Anmerkung: Der im vorstehenden Urteil vom Obersten Gericht aufgestellte Grundsatz, daß das nichteheliche Kind unter Umständen vom Inkrafttreten der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik an einen nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Elternteile zu bemessenden und daher eventuell höheren als den bisherigen Unterhalt verlangen kann, entspricht der in Art. 33 der Verfassung und § 17 Abs. 2 des Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. September 1950 zum Ausdruck kommenden Beseitigung der Benachteiligung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern. Wenn darüber hinaus das Oberste Gericht in den Gründen ausführt, daß dieser erhöhte Unterhalt nicht erst seit der Rechtshängigkeit des erhöhten Anspruchs, sondern bereits seit dem 7. Oktober 1949, dem Tage des Inkrafttretens der Verfassung, verlangt werden kann, so gilt das selbstverständlich nur für die Fälle, in denen über den Unterhaltsanspruch nicht bereits ein rechtskräftiger Schuldtitel vorliegt und in denen daher gemäß § 1711 BGB der Anspruch auch für die Vergangenheit noch geltend gemacht werden kann. Ist dagegen bereits ein rechtskräftiges Urteil ergangen oder ein Vergleich abgeschlossen worden, so würde ein Anspruch auf Erhöhung des Unterhalts für die Zeit vor der Erhebung einer neuen Klage an der Vorschrift des § 323 Abs. 3 ZPO scheitern. Diese im Interesse der Rechtssicherheit getroffene Regelung zu durchbrechen, besteht kein Bedürfnis und auch keine gesetzliche Möglichkeit. Richter am Obersten Gericht W. Ziegler §§ 458, 460 HGB; § 282 ZPO; §§ 54, 57, 83 EVO. 1. Angesichts des Umfanges des Betriebes der Reichsbahn und der durch den Wirtschaftsplan gestellten Transportaufgaben kann sich der Versender nicht darauf verlassen, daß im Falle der Nichtbeachtung der Versendevorschriften durch ihn dieses Versäumnis durch zusätzliche Kontrollen von seiten der Reichsbahn nachgeholt wird. Die Erfüllung solcher Pflichten ist nicht zumutbar und wäre nicht ohne Gefährdung des Betriebes durchführbar. 2. Auf die Tatsache des Funkenflugs allein kann beim Frachtverkehr kein Schadensersatzanspruch begründet werden; es muß ein vom Kläger zu beweisendes Verschulden hinzutreten. OG, Urt. vom 21. Mai 1952 1 Zz 31/52. Auf Gefahr der Klägerin, hat .die Firma K. am 4. September 1948 24 Sack Birkensamen durch die Verklagte von M. nach C. an die Klägerin zum Versand gebracht. Der für das Frachtgut bestimmte Frachtbrief enthielt außer der Bezeichnung des Frachtgutes den Vermerk „Leicht verderbliches Saatgut trocken lagern". Nachdem das Frachtgut von der Verklagten zunächst in einem gedeckten Wagen (G-Wagen) befördert wurde, ist es später aus betriebstechnischen Gründen in einen offenen Wagen (O-Wagen) umgeladen und mit einer Regenplane bedeckt worden. Dieser O-Wagen ist als zweiter Wagen hinter der Lokomotive gekoppelt worden. Infolge Funkenflugs ist die Sendung am 10. September 1948 auf dem Bahnhof in B. vollkommen verbrannt. Die Versenderin hat alle ihr etwa zustehenden Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten. Mit der Begründung, daß die Verklagte sowohl nach § 82 der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO), als auch nach den allgemeinen Grundsätzen der Schadenshaftung den entstandenen Schaden zu ersetzen habe, hat die Klägerin mit dem Antrag, die Verklagte zur Zahlung von 4 086,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. September 1948 zu verurteilen, Klage erhoben. Zur Frage der Haftung aus Verschulden führt die Klägerin in der Hauptsache aus, daß die Verklagte aus dem Frachtbrief und aus der Verpackung des Saatgutes in Hanfsäcken habe schließen müssen, daß es sich um besonders feuergefährdetes Gut handele und daß sie, wenn schon eine Beförderung im O-Wagen aus betriebstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei, diesen so weit entfernt hinter der Lokomotive hätte einreihen müssen, daß die Gefahr der Inbrandsetzung durch Funkenflug ausgeschlossen gewesen wäre. Die Verklagte, die die Abweisung der Klage beantragte, hat geltend gemacht, daß der durch Funkenflug entstandene Schaden als ein auf Grund höherer Gewalt entstandener anzusehen sei. Im übrigen sei es der Unterlassung der Klägerin, das Frachtgut im Frachtbrief als besonders feuerempfänglich zu kennzeichnen, zuzuschreiben, daß die Umladung ohne Bedenken in einen O-Wagen erfolgt sei. Es sei Sache der Klägerin gewesen, wegen der ihr allein bekannten Eigenschaft des Frachtgutes einen G-Wagen für die Versendung anzufordern. Das Landgericht in D. hat mit seinem Urteil vom 2. März 1950 die Verklagte zur Zahlung von 2 043,15 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage wegen Mitverschuldens der Klägerin abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Verklagte Berufung eingelegt mit dem Ziel, die Klage in vollem Umfange abzuweisen. Die Klägerin hat Zurückweisung der Berufung beantragt und im Wege der Anschlußberufung über die Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils hinaus die Verurteilung der Verklagten zur Zahlung des vollen Schadenswertes gefordert. Zu ihrem Antrag auf Zurückweisung der Anschlußberufung hat die Verklagte zum bisher Vorgetragenen noch ergänzend ausgeführt, daß ihre Haftung auch im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 54 Abs. 2a, 57 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 EVO ausgeschlossen sei. Das Oberlandesgericht in D. hat mit Urteil vom 22. März 1951 die Berufung und die Anschlußberufung als unbegründet zurückgewiesen. Der auf Kassation beider Urteile gerichtete Antrag des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik ist begründet. Aus den Gründen: Beide Gerichte haben die teilweise Haftung der Verklagten deshalb bejaht, weil es sich bei dem Frachtgut um ein leicht als feuerempfänglich erkennbares Gut gehandelt habe, das von der Verklagten unter Beachtung der für solche Güter vorgesehenen Vorschriften hätte behandelt werden müssen. Diese Sorgfaltspflicht sei der Verklagten auch dann zuzumuten, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Versenderin es verabsäumt hatte, die in § 54 Abs. 2 EVO vorgeschriebene Bedingung zu erfüllen. Diese Auffassung, nach der der Verklagten über die in den Bestimmungen der Eisenbahn-Verkehrsordnung festgelegten Grundsätze hinaus noch besondere, auf den allgemeinen Prinzipien des Vertragsrechts beruhende Pflichten aufzuerlegen sind, ist rechtsirrig. Beide Gerichte verkennen die rechtliche Bedeutung der Eisenbahn-Verkehrsordnung, die darin liegt, daß diese im Zusammenhang mit den entsprechenden allgemeinen Ausführungsverordnungen die Grundlage jedes Beförderungsvertrages ist. Die Bestimmungen des HGB und des sonstigen bürgerlichen Rechts haben neben ihr nur subsidiäre Bedeutung. Durch die Bestimmungen des HGB in seinen §§ 458 und 460 ist der Eisenbahn-Verkehrsordnung, wenn auch nicht ausdrücklich, der Charakter einer Rechtsverordnung verliehen worden. Jeder mit der Eisenbahn getätigte Beförderungsvertrag muß auf der Grundlage der Eisenbahn-Verkehrsordnung geschlossen werden, wobei deren Vorschriften für alle Beteiligten praktisch bindende Kraft haben. Nach § 57 Abs. 1 EVO haftet der Absender für alle aus der ungenauen oder unvollständigen Bezeichnung des Frachtgutes im Frachtbrief entstandenen Folgen. Wenn auch Birkensamen nicht zu den gemäß § 54 EVO als nur bedingt zur Beförderung zugelassenen und zu den in der dieser Bestimmung beigefügten Anlage C be-zeichneten Gütern gehört, so war es aber Sache der Absenderin, wenn sie wegen der ihr bekannten besonderen Feuerempfindlichkeit eine in dieser Richtung über das normale Maß hinausgehende Sorgfaltspflicht verlangen wollte, daß sie dies auch entsprechend zu erkennen geben mußte. Mit dem Frachtbriefvermerk „Leicht verderbliches Saatgut trocken lagern“ konnte aber für die Verklagte lediglich die Verpflichtung entstehen, dieses Gut, wie es auch tatsächlich geschehen ist, gegen Feuchtigkeit zu schützen. Da diese Maßnahme der im Frachtbrief angegebenen Eigentümlichkeit des Frachtgutes Rechnung trug, bestand für die Verklagte 317;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 317 (NJ DDR 1952, S. 317) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 317 (NJ DDR 1952, S. 317)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere in der Volkswirtschaft; alle Straftaten aufzudecken und aufzuklären; die gesetzlichen Möglichkeiten, für eine differenzierte Anwendung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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