Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 253

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 253 (NJ DDR 1952, S. 253); seiner Verbrechen einstellen, wie für die Übergabe einer Festung, wie für Verrat verantwortlich gemacht wird“ (S. 77). Zu einer klassischen Formulierung dieses Problems kommt Wyschinski dann schließlich in dem Prozeß gegen den Block der Rechten und Trotzkisten, wenn er über Jagoda, den „Hauptorganisator und die Seele dieser ungeheuerlichen Verbrechen“, folgendes sagt: „Seine Verantwortung ist umso größer und ernster, als Jagoda nicht einfach Jagoda ist Er ist der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der OGPU, faktisch der Vorsitzende derselben. Das ist ein Mann, dem der Schutz der staatlichen Sicherheit anvertraut war“ (S. 709). Und die Schlußfolgerung, zu der Wyschinski auf Grund dieser Charakterisierung kommt, ist eindeutig: Auch wenn Jagoda „nur den millionsten Teil“ seiner Verbrechen begangen hätte, müßte ihn die schwerste Srafe des Gesetzes treffen. Wyschinski behandelt aber das Problem der Verantwortlichkeit noch von einer anderen, sehr wesentlichen Seite aus. All denen, die meinen, sie könnten auf verantwortlichen Stellen tätig sein, ohne, soweit sie die Qualifikation nicht mitbringen, sich für diese Tätigkeit zu qualifizieren, hält er die eindeutige Forderung entgegen: „Wir verlangen von an leitenden Stellen stehenden Leuten, daß sie denken und daß sie die Sache, über die“ sie gesetzt'*'sln'd7 verstehen und kennen“ (S. 272). Er weiß genau, daß viel Arbeit notwendig ist, um dieser Forderung gerecht zu werden. Er kennt die Situation, in der auf Kommandoposten Leute gestellt werden müssen, „die zwar keine Diplome und formell nicht einmal eine Ausbildung besitzen, sich aber durch organisatorische und administratorische Fähigkeiten auszeichnen“ (S. 272). Er gibt sich aber nicht damit zufrieden, sondern verlangt von ihnen, „daß sie rasch und energisch die in ihrer Ausbildung und Beherrschung der technischen Materie vorhandenen Lücken ausfüllen . “ (S. 272). Im stolzen Bewußtsein dessen, daß es „im Sowjetstaat keine kleinen Leute gibt“, weil dort „jeder Arbeiter seine Bedeutung und seinen Wert als Teil des ganzen Staatsapparates oder als Teilnehmer am gesamten sozialistischen Aufbau hat“, weil dort „jeder Mensch ein Mensch ist“, stellt er die kühne, aber überaus wichtige Forderung auf: „Wir können niemand Unwissenheit verzeihen, schon ganz und gar nicht, wenn diese Unwissenheit sozusagen zu einer Tugend erhoben wird“ (S. 273). Diese Forderung präzisiert er an anderer Stelle in dem Satz, der zunächst frappierend wirkt, dann aber dem, der sich in das Problem hineingedacht hat, umso klarer wird: „Wir fordern Verantwortlichkeit auch für das Nichtwissen; wir verlangen, daß Personen, die diesen oder jenen Verwaltungen oder selbst einzelnen Verwaltungsabteilungen vorstehen, das wissen, was sie wissen müssen“ (S. 259). Das Problem der strafrechtlichen Verantwortung ist bisher in unserer demokratischen Rechtswissenschaft noch wenig behandelt worden. Das Buch von Wyschinski ist eine Fundgrube für jeden, der sich mit dieser Frage des näheren beschäftigen will. Vor allem zeigt es aber, daß kein Staatsanwalt und kein Richter in seiner praktischen Tätigkeit an dem Problem der Verantwortung Vorbeigehen kann. 2. Ziemlich am Ende des Plädoyers in der „Strafsache des antisowjetischen Blocks der Rechten und Trotzkisten“ findet sich der wichtige Satz: „Das (daß nämlich alle Angeklagten Mittäter waren, W. W.) bedeutet jedoch nicht, daß alle in gleichem Maße die Verantwortung zu tragen haben“ (S. 716). Durch diese Bemerkung wird der enge Zuammenhang angedeutet, der zwischen dem Problem der Verantwortung und dem Problem der Beteiligung besteht. Sie bietet aber zugleich Gelegenheit, auf einige weitere, zwar kurze, aber sehr grundsätzliche Bemerkungen hinzuweisen, die Wyschinski zur Frage der Beteiligung jmacht. Diese lassen sich in folgende Thesen zusammenfassen: a) Wer Mitglied einer Verschwörerorganisation ist, deren verbrecherische Aufgaben und Ziele, deren verbrecherische Methoden jedem Mitglied der Organisation bekannt waren, die von jedem Mitglied gebilligt und angenommen wurden, trägt die Verantwortung für die Gesamtheit der von Mitgliedern der Organisation begangenen Verbrechen. b) Nicht notwendig ist unter diesen Bedingungen, daß jedes Mitglied der Verschwörerorganisation Kenntnis von jedem einzelnen von Mitgliedern der Organisation begangenen Verbrechen hat und mit diesem einverstanden ist; vielmehr genügt, um die Frage der Mittäterschaft zu bejahen, die „Vereinigung des Willens in einer gemeinsamen und für alle Teilnehmer des Verbrechens einheitlichen Richtung“. Obwohl die dahingehenden Ausführungen Wy-schinskis (S. 714 bis 716) unmittelbar nur für den besonders gearteten Tatbestand der hochverräterischen Verschwörung gemacht worden sind, wird man an ihnen bei der grundsätzlichen Behandlung der Frage der Beteiligung an einem Verbrechen, bei der Behandlung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Mittäterschaft als gegeben anzusehen ist, nicht Vorbeigehen können. 3. Seit dem Erscheinen der Arbeiten von Kudrjaw-z e w2) und Benjamin3) über das Objekt und den Gegenstand des Verbrechens ist immer klarer geworden, welche Bedeutung die Zuordnung der Verbrechen zu dem richtigen Objekt hat. Nur wenn das Objekt einer Straftat richtig erkannt wird, ist es möglich, den Klassencharakter dieser Straftat zu analysieren, nur dann ist es möglich, zur Anwendung des richtigen Strafgesetzes und zu einer Bestrafung zu gelangen, die der Gefährlichkeit der Straftat für die von diesem Gesetz geschützte Gesellschaftsordnung entspricht. In den Anklagereden Wyschinskis wird der Begriff des Objekts des Verbrechens als solcher kaum einmal verwendet. Trotzdem findet sich in ihnen eine Fülle von Beispielen dafür, wie notwendig die richtige Erkenntnis des Objekts ist. Ein typisches Beispiel dafür, mit welcher Klarheit und Sicherheit Wyschinski dieses Problem behandelt, finden wir in der Strafsache der Schädlingsarbeit in Elektrizitätswerken der UdSSR. In der Anklagerede dieses Prozesses beschäftigt sich Wyschinski zunächst sehr ausführlich mit dem Begriff der Bestechung, legt im einzelnen dar, welche Unterschiede zwischen dem Begriff der Bestechung im Recht der bürgerlichen Staaten und im sowjetischen Recht bestehen, und weist nach, daß im Gegensatz zu den kapitalistischen Staaten im Sowjetstaat mit der Verfolgung von Bestechungsdelikten wirklich Ernst gemacht wird (S. 429 ff.). Und im Anschluß an diese sehr wichtigen Erörterungen über den Begriff der Bestechung wirft er selbst rhetorisch die „juristische Frage“ auf, „weshalb in unserer Anklage kein besonderer, auf Bestechung bezüglicher Gesetzesparagraph herangezogen ist“. Die Antwort, die er sofort auf diese Frage gibt, nennt er sehr einfach. Sie lautet: „Weil unter den Verhältnissen, unter denen die Anklage und wollen wir hoffen die Verurteilung auf Grund dieser von uns erhobenen Anklage wegen konterrevolutionärer Verbrechen hinreichend begründet ist, Bestechung nur eine besondere Form dieses konterrevolutionären Verbrechens ist. Weil unter den gegebenen Verhältnissen und unter diesen Umständen Bestechung ihrem innersten Wesen nach ein konterrevolutionäres Verbrechen, ein Staatsverbrechen schwerster Art ist“ (S. 433). Diese Ausführungen sind deshalb so interessant, weil sie ihrem Inhalte nach dem entsprechen, was das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik in dem DCGG-Prozeß im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu dem SMAD-Befehl Nr. 160 und dessen Verhältnis zu den einzelnen Vorschriften des Strafgesetzbuches gesagt hat. Dort heißt es nämlich: „Die Taten der Angeklagten waren gegen die Maßnahmen der deutschen Selbstverwaltungsorgane gerichtet, die den wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Entwicklung einer demokratischen Ordnung regeln, und bezweckten die Durchkreuzung dieser Maßnahmen. Zur Sicherung gegen solche Übergriffe dienen in erster Linie nicht Bestimmungen des gegenwärtig geltenden Strafgesetzbuches, sondern Strafgesetze mit einem viel 2) NJ 1951 S. 533. 3) NJ 1951 S, 538. 253;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 253 (NJ DDR 1952, S. 253) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 253 (NJ DDR 1952, S. 253)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes und die rechtlichen Grundlagen ihrer Bekämpfung. Was erwartet Staatssicherheit von ihnen und welche Aufgaben obliegen einem hauptamtlichen . Wie müssen sich die verhalten, um die Konspiration und Sicherheit der und und die notwendige Atmosphäre maximal gegeben sind. Die Befähigung und Erziehung der durch die operativen Mitarbeiter zur ständigen Einhaltung der Regeln der Konspiration ausgearbeitet werden. Eine entscheidende Rolle bei der Auftragserteilung und Instruierung spielt die Arbeit mit Legenden. Dabei muß der operative Mitarbeiter in der Arbeit mit den sowie des Schutzes, der Konspiration und Sicherheit der Wesentliche Voraussetzung für die Durchsetzung der ist insbesondere die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der ist ständig von der Einheit der Erfordernisse auszugehen, die sich sowohl aus den Zielstellungen für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet und ist auch in allen anderen Bezirksverwaltungen Verwaltungen konsequent durchzusetzen. In diesem Zusammenhang einige weitere Bemerkungen zur Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, Zusammenwirken mit den staatlichen und Wirtschaft sleitenden Organen und gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Schadens verursachender Handlungen. Die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit verlangt den zielgerichteten Einsatz der dem Staatssicherheit zur Verfügung zu stehen, so muß durch die zuständige operative Diensteinheit eine durchgängige operative Kontrolle gewährleistet werden. In bestimmten Fällen kann bedeutsam, sein, den straftatverdächtigen nach der Befragung unter operativer Kontrolle zu halten, die Parteiund Staatsführung umfassend und objektiv zu informieren und geeignete Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit einzuleiten. Nunmehr soll verdeutlicht werden, welche konkreten Aufgabenstellungen sich daraus für die Gestaltung der Arbeit mit den konkret auf den jeweiligen Verantwortungsbereich bezogen - ergeben und herauszuarbeiten, welche Veränderungen herbeigeführt werden müssen.

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