Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 248

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 248 (NJ DDR 1952, S. 248); besonderen Gefährdung ausgesetzt ist, die zu ihrem eigenen Vorteil die Möglichkeit einer sachverständigen und zielbewußten Erziehung wünschenswert macht. Aus diesem Grunde wird man die Zulässigkeit der Erstrek-kung von Schutzaufsicht und Heimerziehung bis zum 20. Lebensjahr nicht auf die Fälle beschränken dürfen, in denen die Maßnahmen durch das Jugendgericht gemäß § 9 Abs. 4 des neuen Gesetzes angeordnet werden, sondern sie auch auf die Anordnung von Erziehungsmaßnahmen seitens des Vormundschaftsgerichts erstrecken müssen. Die zulässigen Erziehungsmaßnahmen unterscheiden sich ihrer Form nach nicht wesentlich von den bisher bekannten Maßregeln; dabei ist jedoch zu beachten, daß die gekünstelte Unterscheidung des Gesetzes von 1943 zwischen „Erziehungsmaßregeln“ und „Zuchtmitteln“ wieder fallen gelassen und damit der Jugendarrest, der die grundsätzlich abgelehnte kurze Freiheitsstrafe durch die Hintertür wieder eingeführt und in der Praxis teilweise recht unerfreuliche Ergebnisse gezeitigt hatte, beseitigt worden ist. Dagegen finden wir in der „Familjenerzlehjing unter Übertragung besonderer ErzieTiüngsphicnten“ die Wiederaufnahme einer schon 1923 geschaffenen, aber in der Ver-gangenheüfselten angewandten und 1943 gänzlich weggefallenen Form der Erziehung. Hier handelt es sich um die Fälle, in denen die Verfehlung des Jugendlichen nicht auf Mängel in der Fähigkeit oder Bereitschaft der Eltern zur Erfüllung ihrer Erziehungspflicht zurückzuführen ist. Dabei ist es für das Herangehen des Gesetzes an die Probleme bezeichnend, daß es sich nicht mit der Benennung der Erziehungsmaßregel begnügt, sondern gleichzeitig auch ihre Durchführung in der Praxis zu sichern bestrebt ist. Es schafft eine von den Eltern oder anderen zur Übernahme der Erziehung bereiten und geeigneten Verwandten einzugehende und schriftlich zu bestätigende besondere Verpflichtung, deren Verletzung es unter Hinweis auf § 7 des Gesetzes unter Strafe stellt. 2. Die eben behandelte Maßnahme steht im Zusammenhang mit einer Reihe von Vorschriften, die unter dem Gesichtspunkt des „Komplexgesetzes“5) in das Jugendgerichtsgesetz aufgenommen eine weitere bedeutungsvolle Neuerung darstellen: die Vorschriften über die Verantwortlichkeit Erwachsener für Verfehlungen Jugendlicher. Schon in der Präambel werden dieser Verantwortung der Erwachsenen grundlegende Ausführungen gewidmet, aus denen das Gesetz in der Erkenntnis der ausschlaggebenden Rolle, die Erwachsene häufig bei der Begehung Straftaten Jugendlicher spielen, die Konsequenz zieht, das Jugendstrafrecht durch ein Stück Erwachsenenstrafrecht zu ergänzen und es ist kein Zufall, daß die einzigen konkreten Strafandrohungen, die das Gesetz enthält, Strafandrohungen für Erwachsene sind. Der Grundsatz, daß die Beteiligung Erwachsener, sei es in einer der strafrechtlich erheblichen Beteiligungsformen, sei es in der Form der Aufsichtsvernachlässigung, bei jedem Jugendstrafverfahren mit äußerster Sorgfalt zu prüfen ist, wird nicht nur in den §§ 6 bis 8 ausdrücklich festgelegt; er kommt darüber hinaus auch in den Verfahrensvor-schriften mehrfach zur Geltung. § 6 Abs. 3 erklärt die Anstiftung Jugendlicher zu Straftaten als „besonders verwerflich“ und verbietet es daher in der Regel, dem Anstifter mildernde Umstände zuzubilligen; das gilt auch für die sogenannte Aufforderung oder erfolglose Anstiftung, nämlich den § 6 Abs. 2, der die Vorschrift des § 49a StGB zwecks Unterstreichung ihrer besonderen Bedeutung für das Jugendstrafrecht nicht nur wiederholt, sondern auch dadurch verschärft, daß er auch die Aufforderung zu einem Vergehen für strafbar erklärt und die Milderungsklausel des § 49a, wie bemerkt, in ihr Gegenteü verkehrt. Ähnlich geht § 7 des Gesetzes vor: er weist, um die gesellschaftsgefährdende Bedeutung der Aufsichtspflichtverletzung zu unterstreichen, nicht nur auf die bereits geltenden Bestimmungen hin in diesem Falle den gleichzeitig mit dem Gesetz von 1943 eingeführten § 139b StGB , sondern verschärft diese sehr erheblich: die Höchststrafe hierfür ist nün nicht mehr 6 Monate, sondern 2 Jahre Gefängnis. 5) vgl. dazu Nathan, Ein Jahr Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik, NJ 1950 8. 379. 2A8 Auf dem gleichen Blatt steht schließlich die für den neuen Inhalt unserer Gesetze charakteristische Anweisung des § 8 an die Gerichte, bei der Gelegenheit von Jugendstrafverfahren auch der Frage auf den Grund zu gehen, ob etwa die Verfehlung des Jugendlichen „auf Mängel in der Erziehungsarbeit der Schule oder gesellschaftlicher Einrichtungen und Organisationen“, also etwa der FDJ oder der „Jungen Pioniere“, zurückzuführen ist, und durch Weitergabe an die zuständigen Stellen oder an die Staatsanwaltschaft deren neue Rolle als Hüterin der demokratischen Gesetzlichkeit hier bereits zur Geltung kommt für die Abstellung dieser Mängel zu sorgen. Alle diese Vorschriften deuten wieder auf das Hauptziel des Gesetzes, die Förderung der Jugend; ihr Objekt ist die Sicherung des Anspruchs aller Jugendlichen darauf, vor dem Straffälligwerden bewahrt zu bleiben. 3. Indem das Gesetz, entsprechend der Regelung von 1943, die Mindestdauer der „Freiheitsentziehung“ „Gefängnis“, auch ,, JugendgefangmfR'’'"isfr~aus der Terminologie verschwunden auf 3 Monate bemißt, bekennt es sich erneut zu der Überzeugung von der Nutzlosigkeit kurzer Freiheitsstrafen, die eine irgendwie nachhaltige erzieherische Beeinflussung nicht zulassen und darum gerade für Jugendliche ungeeignet sind. Ist nicht eine Freiheitsentziehung von mindestens 3 Monaten geboten und das ist für Jugendliche, vor allem für bisher unbestrafte, schon eine recht ernste Strafe , so kann das Gericht nur Erziehungsmaßnahmen verhängen. Die Höchstdauer von 10 Jahren Freiheitsentziehung auf der anderen Seite isf schon seit 1923 maßgebend, aber die Frage, wie sich das Gericht im konkreten Fall innerhalb des Rahmens von 3 Monaten und 10 Jahren zu bewegen hat, wird weder mit der schematischen Herabsetzung aller Höchststrafen auf die Hälfte beantwortet, wie es das Gesetz von 1923 tat, noch nach dem Vorbild von 1943 mit der ebenso schematischen und der demokratischen Gesetzlichkeit nicht entsprechenden Loslösung des Gerichts von allen Strafrahmen innerhalb dieser Grenzen, vielmehr bleiben insoweit die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts maßgebend. Das bedeutet beispielsweise, daß die Strafe für einen einfachen Diebstahl nicht etwa 10 Jahre Freiheitsentziehung betragen kann, wie es nach dem Gesetz von 1943 theoretisch möglich war, daß vielmehr die in § 242 StGB vorgesehene Grenze von 5 Jahren auch im Jugendstrafrecht einzuhalten ist, während es auf der anderen Seite dem Gericht natürlich freisteht, in Anbetracht der Jugendlichkeit des Täters auf eine entsprechend kürzere Dauer zu erkennen, also etwa für eine Tat, die es bei einem Erwachsenen mit der Höchststrafe von 5 Jahren Gefängnis strafen würde, über den Jugendlichen nur 2 oder 3 Jahre Freiheitsentziehung zu verhängen. 4. Das gleiche Bestreben der strengen Wahrung der Gesetzlichkeit tritt mit der Abschaffung des 1943 geschaffenen Instituts der unbestimmten Verurteilung zutage, einer Strafform, die bezeichnenderweise in der heutigen westdeutschen Strafrechtspolitik eine erhebliche Rolle spielt. Die Unbestimmtheit der Verurteilung, auch wenn die Höchstdauer der Strafe im Gesetz festgelegt ist, tendiert stets nach einer Gefährdung der Gesetzlichkeit. Sie bedeutet weiter für den Verurteilten eine besonders schwere Belastung und damit die Gefahr, daß er bestrebt sein wird, die Unsicherheit seiner Situation durch die Vortäuschung einer Besserung zu überwinden. Demgegenüber kehrt das neue Gesetz zu dem bewährten Institut der bedingten Verurteilung zurück, d. h. es wird eine der Dauer nach b e s tTm m te Strafe ausgesprochen, die jedoch in der Regel sofort, unter den Voraussetzungen des § 19 auch nachträglich, unter Bewilligung einer Bewährungszeit ausgesetzt wird. Die Möglichkeit, die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bereits im Urteil für eine Bewährungsdauer mit dem Ziel des Straferlasses unter bestimmten Voraussetzungen auszusetzen, war für das allgemeine Strafrecht durch die AV vom 19. Oktober 19206) geschaffen worden und hat sich 15 Jahre lang gerade in der Hand der erkennenden Gerichte als ein vorzügliches Mittel der Erziehung und der Vermeidung unnötiger Freiheitsstrafverbüßung erwiesen, bis, ohne gerechtfertigten Grund, die Gnaden- 6) in der Fassung der AV vom 15. Juni 1921 (JMB1. S. 349).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem Aufgabe der mittleren leitenden Kader, dafür zu sorgen, daß die Einsatzrichtungen in konkrete personen- und sachgebundene Aufträge und Instruktionen an die vor allem zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und tsljUlschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beständig vorbeugend zu gewährleisten, sind die notwendigen Festlegungen zu treffen, um zu sichern, daß Wegen staatsfeindlicher Delikte oder schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität, vor allem gegen die staatliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit sein, sowie Verbrechen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen.

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