Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 22

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 22 (NJ DDR 1952, S. 22); Einige Fragen zur Stellung des durch Organe der Staatsverwaltung eingesetzten Treuhänders in privaten gewerblichen Unternehmen Von Dr. Werner Artzt, Hauptreferent im Ministerium der Justiz Die Einsetzung von Treuhändern für private gewerbliche Unternehmen hat Fragen ausgelöst, die durch positive Vorschriften allein keine Beantwortung erfahren können; für ihre Lösung muß man auf das Wesen der Treuhandverwaltung eingehen. Schon vor Errichtung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung gab es gesetzliche Bestimmungen, die die Einsetzung eines Treuhänders vorsahen, und es hat nicht an Versuchen gefehlt, solche Bestimmungen zur Lösung der jetzt auftauchenden Fragen heranzuziehen. Eine solche formale Methode kann jedoch den Grundsätzen unserer Wirtschaftsordnung niemals gerecht werden. Wenn heute in bestimmten Fällen Treuhänder für gewerbliche Unternehmen bestellt werden, so geschieht das, weil die volkswirtschaftliche Notwendigkeit besteht, die Produktionsstätte zu erhalten und die Produktion fortzuführen. Der private Sektor unserer Wirtschaft hat als ein Teil unserer Volkswirtschaft die ihm zukommenden Aufgaben im Rahmen des Fünf jahrplanes zu erfüllen. Walter Ulbricht führte auf dem III. Parteitag der SED in seinem großen Bericht über den Fünfjahrplan und die Perspektiven der Volkswirtschaft aus: „In der Zeit des Fünfjahrplanes wird die Produktion in den privaten Betrieben auf 156,5% steigen. Diese Ziffer zeigt, daß wir daran interessiert sind, daß alle Produktionsmöglichkeiten der Privatindustrie voll ausgenutzt werden.“ Die Bedeutung der privaten Betriebe im Rahmen der gesamten Wirtschaft ergibt sich aus einer anderen Stelle seiner Ausführungen: In dem gesamten Produktionswert der Industrie im ersten Halbjahr 1950 entfielen 32% auf die privatkapitalistischen Betriebe, die in der Holzindustrie 65%, in der Textilindustrie 38%, in der Leichtindustrie 62%, in der Farbstoff- und Papierindustrie 48% und in der Lebensmittelindustrie 56% aller Betriebe ausmachen. Die privaten Betriebe stehen mittels des Vertragssystems mit der volkseigenen Wirtschaft im Wirtschaftsaustausch. Die Erhaltung und Steigerung ihrer Produktionskapazität ist ein Faktor der Planung. Deshalb ist das Schicksal einer privaten Produktionsstätte von unmittelbarer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Ist der Inhaber eines privaten Unternehmens aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen an der Leitung des Betriebes gehindert, so müssen die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um die Produktionsstätte und damit die Produktion sicherzustellen. Die wichtigste Maßnahme dieser Art ist die Bestellung eines Treuhänders. I 1. Vorschriften allgemeiner Art über die Anordnung der Verwaltung eines Betriebes durch einen Treuhänder finden sich in der Wirtschaftsstrafverordnung vom 23. September 1948. Besondere Vorschriften für landwirtschaftliche Betriebe ergingen durch die Ausführungsbestimmungen zu der Anordnung zur Durchführung des Gesetzes Nr. 45 des Kontrollrats vom 10. März 1949 ZVOB1. S. 193 ff. (im folgenden AusfBest genannt). Aber auch in anderen Fällen können Treuhänder bestellt werden. Man denke an die Fälle, in denen gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO dem Täter die leitende Tätigkeit in einem Betriebe oder jede Tätigkeit auf dem Gebiete, auf dem die Zuwiderhandlung gegen die Wirtschaftsstrafverordnung begangen wurde, untersagt worden ist, ohne daß daneben die Verwaltung des Betriebes durch einen Treuhänder angeordnet wurde oder daß dem Inhaber eines Betriebes gemäß § 35 GewO in Verbindung mit § 20 VO über Handelsbeschränkung vom 13. Juli 1923 (RGBl. I S. 706) die weitere Ausübung des Gewerbes untersagt wurde. In solchen und ähnlichen Fällen bleibt dem Inhaber zwar die Möglichkeit, den Betrieb zu veräußern oder zu verpachten; er ist jedoch aus rechtlichen Gründen an dessen weiterer Leitung verhindert. Damit entsteht aber die Notwendigkeit, die Weiterführung des Betriebes sicherzustellen. Das kann durch die Einsetzung eines Treuhänders geschehen. 2. Die Einsetzung eines Treuhänders ist ein allgemeiner Verwaltungsakt, der keiner besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf. Wann sie zulässig und wann sie notwendig ist, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts. Aus ihnen ergibt sich auch, daß für die Einsetzung eines Treuhänders soweit es keine besonderen Vorschriften hierfür gibt diejenigen und nur diejenigen Stellen der Verwaltung zuständig sind, denen die Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung zufallen, also die Oberbürgermeister und Landräte und alle ihnen übergeordneten Organe der staatlichen Verwaltung. Hingegen sind Organisationen außerhalb der staatlichen Verwaltung, wie z. B. der FDGB oder die VdgB, zur Bestellung eines Treuhänders nicht befugt. Die Abberufung des Treuhänders erfolgt von derjenigen Stelle, die ihn eingesetzt hat, oder von der ihr dienstlich übergeordneten Stelle. Auch für die regelmäßige Beaufsichtigung und Kontrolle der Tätigkeit des Treuhänders ist grundsätzlich diejenige Stelle zuständig, die ihn eingesetzt hat. Dem Treuhänder ist bei der Einsetzung eine Bestallung auszuhändigen. Die Wirksamkeit seiner Einsetzung ist allerdings hiervon nicht abhängig. Mangels eines anderen ausreichenden Nachweises werden jedoch Dritte, soweit es sich um Rechtsgeschäfte des Treuhänders handelt, die Einsetzung eines Treuhänders nur bei Vorlage einer Bestallung gegen sich gelten lassen müssen. 3. Zum Treuhänder können sowohl natürliche wie auch juristische Personen bestellt werden, also auch Vereinigungen Volkseigener Betriebe und volkseigene Betriebe, die rechtlich selbständig sind. 4. Die Bestellung des Treuhänders ist im Handelsregister und, soweit ein Grundstück zu dem Vermögen gehört, das von der Treuhandschaft ergriffen wird, auch im Grundbuch zu vermerken. Ein Grundbuchamt hat die Eintragung im Grundbuch mit der Begründung als inhaltlich unzulässig zurückgewiesen, daß der Vermerk der Eintragung der Treuhandschaft nur die persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen einem dinglich Berechtigten und einem Dritten regele und deshalb für das Grundbuch bedeutungslos sei. Interessanterweise war es jedoch von seinem Argument der nur „persönlichen Rechtsbeziehungen“ offenbar nicht ganz überzeugt, denn sein Beschluß schließt mit dem Vermerk: „Das Grundbuchamt nimmt lediglich einen Bleistiftvermerk in die I. Abteilung des Grundbuchs auf.“ Die rechtliche Bedeutung eines Bleistiftvermerks ist in der Grundbuchordnung nicht geregelt, so daß mit einer solchen Maßnahme nichts gewonnen ist. Es muß aber klargestellt werden, daß gegen die Eintragung der Bestellung eines Treuhänders im Grundbuch keine Bedenken bestehen, daß sie im Gegenteil notwendig ist. Denn der mit der Bestellung erstrebte Zweck der Erhaltung der Produktionsstätte und damit der Produktionseinheit kann nur erreicht werden, wenn der Eigentümer außerstande gesetzt wird, über die Grundstücke zu verfügen. Deshalb bedeutet die Anordnung der Treuhandverwaltung gleichzeitig ein relatives Veräußerungsverbot gegen den Eigentümer hinsichtlich der zum Betrieb gehörenden Produktionsmittel, das für Grundstücke nur durch die Eintragung der Treuhandschaft im Grundbuch wirksam werden kann (vgl. § 892 BGB). Hiervon geht z. B. auch § 22 Abs. 6 AusfBest aus, der die Eintragung des Treuhänders im Grundbuch ausdrücklich vorsieht. Der Kommentar von Güthe-Triebel zur GBO nimmt zur Frage der Eintragung eines Treuhänders Stellung bei den Bestimmungen der §§ 70 bis 72 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bauspar- 22;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsführer diesen ständig zur erforderlichen, auf die kritische .,-ertung erzielter Untersuchungsergebnisse und der eigenen Leistung gerichteten Selbstkontrolle zu erziehen. uc-n.

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