Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 207

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 207 (NJ DDR 1952, S. 207); Diese Mängel müssen überwunden werden, wenn wir die neuen Aufgaben, die der Staatsanwaltschaft durch diesen Beschluß gestellt sind, erfüllen wollen. Ich sagte eingangs, daß der Beschluß einen Wendepunkt in der Geschichte unserer Staatsanwaltschaft bedeutet. Zukünftig wird der Staatsanwalt ein ganz anderer Staatsanwalt sein, als er bisher seit mehr als 100 Jahren in der deutschen Geschichte bekannt war. Kannte man bisher in Deutschland den Staatsanwalt nur als den öffentlichen Ankläger, als den, der ausschließlich auf einem kleinen Gebiet unseres Rechtslebens, eben auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozesses, tätig war, so entsteht jetzt eine qualitativ völlig andere Staatsanwaltschaft: Der Staatsanwalt wird zum Hüter der demokratischen Gesetzlichkeit. Wir kennen einen Ansatz zu solcher Entwicklung im französischen Recht, wo dem Staatsanwalt als „pro-cureur du loi“ eine wesentlich größere und umfassendere Aufgabe zugeteilt ist, als es jemals in Deutschland der Fall war. Wir kennen diese Entwicklung im sowjetischen Recht, wo seit der Errichtung der Staatsanwaltschaft in der RSFSR im Jahre 1922 die gerichtlichen Funktionen der Staatsanwaltschaft weit in den Hintergrund getreten sind gegenüber der Aufgabe der ständigen und systematischen Überwachung der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit, und wo als Krönung dieser Entwicklung der Art. 113 der Stalinschen Verfassung vom 5. Dezember 1936 bestimmt: „Die oberste Aufsicht über die genaue Durchführung der Gesetze durch alle Ministerien und die ihnen unterstellten Institutionen, ebenso wie durch die einzelnen Amtspersonen sowie durch die Bürger der UdSSR obliegt dem Generalstaatsanwalt der UdSSR.“ Die Entwicklung des Prinzips der demokratischen Gesetzlichkeit, das die Deutsche Demokratische Republik seit ihrer Entstehung als eines ihrer leitenden Prinzipien anerkannt hat, erfordert naturnotwendig die Schaffung einer Institution, die über die Einhaltung der Gesetzlichkeit wacht. Das ist die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik. Auf Grund des Ministerratsbeschlusses vom 27. März 1952 hat der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik am 31. März 1952 eine Reihe von Rundverfügungen erlassen, die sämtlich dem mit dem Ministerratsbeschluß verfolgten Zweck dienen, „die demokratische Gesetzlichkeit und die Rechtsordnung zu festigen und die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und die demokratischen Rechte der Bürger zu sichern.“ In der ersten dieser Rundverfügungen (Nr. 7/52, betr. „Verhaftung und vorläufige Festnahmen“) wird die Pflicht zur strikten Innehaltung der verfassungsmäßigen und strafprozessualen Vorschriften über Verhaftung und vorläufige Festnahme (Art. 136 der Verfassung, §§ 112 bis 131 StPO) festgestellt und der Staatsanwalt für die Erfüllung dieser Pflicht, insbesondere für die rechtzeitige Erwirkung des Haftbefehls bei dem zuständigen Richter sowie dafür verantwortlich gemacht, daß dem Festgenommenen bei der ersten richterlichen Vernehmung der Grund der Verhaftung eröffnet wird und daß sofern der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird auf seinen Wunsch einer von ihm benannten Person Mitteilung von der Verhaftung gemacht wird (vgl. § 114 a StPO). Für vorläufige Festnahmen durch Untersuchungsorgane wird in Erläuterung der Vorschriften des § 127 StPO vorgeschrieben, daß sie, sofern es sich nicht um einen auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten oder um einen in Fahndung stehenden Täter handelt, nur auf Grund einer schriftlichen Anordnung geschehen darf, die vom Kreisstaatsanwalt, vom Leiter der Abteilung K des Volkspolizeikreisamts, vom zuständigen Dienststellenleiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder von einer diesen Vorgesetzten Dienststelle ausgestellt werden muß. Diese Rundverfügung legt ein hohes Maß von Verantwortung in die Hand des Staatsanwalts, der für alle Fälle von vorläufigen Festnahmen und Verhaftungen als Hüter der Unantastbarkeit der Persönlichkeit und der demokratischen Rechte der Bürger für die Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit verantwortlich gemacht wird. Wir müssen uns bewußt sein, daß jeder, auch der geringste Verstoß gegen diese Gesetzlichkeit den Feinden unserer Ordnung, den Feinden des Friedens und der Einheit Deutschlands in der Vergangenheit eine Waffe in ihre schmutzigen Hände geliefert hat. Diese Waffe ist ihnen aus der Hand geschlagen. Sie, die im Westen unseres Vaterlandes zur Erreichung ihrer fluchwürdigen Ziele mit Willkürjustiz ihre eigene Gesetzlichkeit zerbrechen, können nicht mehr verhindern, daß die Deutsche Derhokratische Republik für alle Deutschen in Ost und West das Sinnbild friedlicher Aufwärtsentwicklung und ein Hort demokratischer Gesetzlichkeit ist. In engem Zusammenhang mit der Rundverfügung Nr. 7/52 steht die Rundverfügung Nr. 8/52, betr. „Aufsicht über die Tätigkeit der Untersuchungsorgane in Strafsachen“. Hier wird die durch den Ministerratsbeschluß dem Generalstaatsanwalt übertragene Aufsicht nach Zuständigkeit und Inhalt im einzelnen geregelt und als Zweck der Aufsicht festgestellt, „die demokratische Gesetzlichkeit bei der Durchführung von Untersuchungen in Strafsachen zu sichern, die Qualität der Untersuchungen zu erhöhen und die Dauer der Untersuchungsverfahren zu verkürzen“. Vorbei ist’s mit dem oben gerügten, allzu häufig in der Vergangenheit beobachteten Verfahren, daß Staatsanwälte die Sache in Gestalt des Schlußberichts der Untersuchungsbehörde „auf sich zukommen lassen“, um sie dann nach mehr oder weniger großer eigener Arbeit wieder „loszuwerden“. Die Untersuchungsorgane sind verpflichtet, dem die Aufsicht ausübenden Staatsanwalt von jedem zu ihrer Kenntnis gelangten Verbrechen binnen 24 Stunden Mitteilung zu machen. Eine vorläufige Festnahme, die nicht binnen 24 Stunden dem Staatsanwalt gemeldet ist, gibt es nicht mehr. Der für die Aufsicht zuständige Staatsanwalt hat das Recht, in die Akten der Untersuchungsorgane jederzeit Einsicht zu nehmen und an allen Untersuchungshandlungen teilzunehmen. Er ist verpflichtet, sich von dem Stand der Untersuchungen tunlichst allmonatlich zu unterrichten und über das Ergebnis einen Kontroll-bericht zu fertigen. Gegen jede von ihm festgestellte Gesetzesverletzung hat er einzuschreiten und allen an ihn gelangenden Beschwerden über die Führung der Untersuchung nachzugehen. In den von der Volkspolizei, der Zentralen Kommission und den Landeskommissionen für Staatliche Kontrolle und vom Amt für Kontrolle des Warenverkehrs bearbeiteten Strafsachen müssen dem die Aufsicht ausübenden Staatsanwalt darüber hinaus allmonatlich die im Vormonat angefallenen Strafsachen listenmäßig mitgeteilt werden. In solchen Untersuchungsverfahren hat der Staatsanwalt auch das Recht, in jedem Einzelfall konkrete Anweisungen für die Führung der Untersuchung zu geben oder in jedem Stadium des Verfahrens die Untersuchung an sich zu ziehen. Seine Anweisungen sind für die Untersuchungsorgane bindend und können nur auf Beschwerde vom Vorgesetzten Staatsanwalt aufgehoben oder abgeändert werden. Gerade in dieser Übertragung der Aufsicht über die Tätigkeit der Untersuchungsorgane in Strafsachen auf die Staatsanwälte, die so zum Hüter der demokratischen Gesetzlichkeit bei der Durchführung aller strafrechtlichen Untersuchungen werden, zeigt sich das große Vertrauen, das die Regierung der Republik in die Staatsanwaltschaft der Republik setzt, zeigt sich aber auch die hohe Verantwortung, die wir Staatsanwälte zukünftig zu tragen haben. Das Bewußtsein dieser Verantwortung wird dem Staatsanwalt in der Deutschen Demokratischen Republik dabei helfen, die Fehler der Vergangenheit abzulegen, von praktizistischer Arbeitsweise abzulassen, an der Arbeit der Untersuchungsorgane von Anfang an teilzunehmen und so mitten im Leben und in der Praxis stehend jede bedeutende Strafsache von Grund auf kennenzulernen, was ihm seine spätere Arbeit, die Fertigung der Anklageschrift und die Vertretung der Anklage in der Hauptverhandlung, wesentlich erleichtern wird. Ein guter Staatsanwalt wird derjenige werden, der im Bewußtsein seiner Verantwortung seine Kenntnisse ständig vermehrt, sein ideologisches Niveau ständig verbessert. Ein schlechter Staatsanwalt wäre derjenige, der in der Übertragung der Aufsicht nichts anderes sähe als die Hebung des eigenen Prestiges und der Bedeutung seiner Persönlichkeit. Eitle und überhebliche Staatsanwälte, die, statt mit den Untersuchungsorganen kollektiv und kameradschaftlich zusammenzuarbeiten, jetzt glauben, 207;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 207 (NJ DDR 1952, S. 207) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 207 (NJ DDR 1952, S. 207)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen iiji Untersuchungshaftvollzug, Es ergeben sich daraus auch besondere Anforderungen an die sichere Verwahrung der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung begründet. Die besonderen Anforderungen, die an den Untersuchungsführer zu stellen sind, werden im Zusammenhang mit der Verwahrung der Effekten Verhafteter. Diese mit dem Vollzug der Untersuchungshaft zusammenhängenden Maßnahmen erfordern die Anwesenheit des Verhafteten in Bereichen der Untersuchungshaftanstalt außerhalb des Verwahrraumes.

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