Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 194

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 194 (NJ DDR 1952, S. 194); Der Kampf um den 1. Mai im Lichte der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in der Weimarer Republik Von Rudolf Schneider, wissenschaftlicher Aspirant und beauftragter Dozent an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit dem Internationalen Arbeiter- und Sozialistenkongreß 1389 zu Paris demonstriert das Proletariat Jahr für Jahr am 1. Mai im Zeichen internationaler Klassensolidarität für Frieden, Demokratie und Sozialismus. In gewaltigen Kundgebungen und Arbeitskämpfen erhob das Proletariat seine revolutionären Forderungen und setzte den 1. Mai als Feiertag gegen den hartnäckigen Widerstand der Bourgeoisie durch. In wachsendem Maße scharten sich um die Arbeiterklasse als führende Kraft die anderen fortschrittlichen und friedliebenden Schichten des Volkes. Der 1. Mai gab der Arbeiterklasse und ihren Verbündeten das Bewußtsein ihrer Stärke, der Gemeinsamkeit ihrer Interessen und das Vertrauen in den Sieg ihrer gerechten Sache. Die Heerschau der werktätigen Menschen versetzte die herrschende Ausbeuterklasse in panische Angst. Mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln versuchte sie und versucht sie noch, gegen die Arbeiterklasse und deren Verbündete vorzugehen. Dabei setzte sie alle staatlichen und außerstaatlichen sowie „rechtlichen“ Zwangsmittel ein. Von den Todesurteilen gegen die aufrechten fünf Chikagoer Arbeiter im Jahre 1886 über die Niedermet-zelung von 33 Berliner Arbeitern im Jahre 1929 auf Befehl des „Sozialdemokraten“ Zörgiebel bis zu den Gewaltmaßnahmen gegen die für Einheit und Frieden demonstrierenden patriotischen Menschen in Westdeutschland und Westberlin 1952 zieht sich eine ununterbrochene Kette von Terror und Gewalt. Sie zeigt die Brutalität und den Haß der reaktionären Kräfte gegen den Fortschritt, aber gleichzeitig auch ihre Ohnmacht. Aus dem System der von den herrschenden Kräften in der Weimarer Republik angewandten Zwangsmaßnahmen sollen hier einige speziell arbeitsrechtliche behandelt werden. I 1. Eine der gebräuchlichsten Maßnahmen der Unternehmer gegen die am 1. Mai demonstrierenden Arbeiter und Angestellten war die fristlose Entlassung. Sie traf die Arbeiter und Angestellten besonders hart, denn sie war sehr oft der Beginn einer längeren Arbeitslosigkeit. Die fristlose Entlassung von Arbeitern, die während der Arbeitszeit gegen den Willen des Unternehmers an der Maifeier teilgenommen hatten, wurde auf § 123 Abs. 1 Ziff. 3 der Gewerbeordnung (GewO) gestützt1). Die GewO sagt, daß Gesellen und Gehilfen fristlos entlassen werden können, „wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst2) den nach dem Arbeits vertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen beharrlich verweigern“. Nach dieser klaren Bestimmung ist also nur die beharrliche Arbeitsverweigerung, nicht aber einmaliges Fernbleiben von der Arbeit Grund zur fristlosen Entlassung. Das hinderte Theorie und Praxis nicht, diese Bestimmung in einem den kapitalistischen Unternehmern genehmen Sinne auszulegen. Es wurde „herrschende Lehre“ und „ständige Rechtsprechung“, daß das Fernbleiben von der Arbeit zur Feier des 1. Mai die Unternehmer berechtigte, die Arbeiter oder Angestellten fristlos zu entlassen. 2. Entgegen dem immer wieder proklamierten Satz, daß aus der politischen und gewerkschaftlichen Betätigung keine Nachteile erwachsen dürften, wurde von den Gerichten zunächst festgestellt, daß das Recht zur politischen Betätigung die Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht berühre. Diese Feststellung gründeten sie auf die Weimarer Verfassung, die zwar eine Koalitionsfreiheit, aber weder ein Koalitions- noch ein Streik-recht kenne. Die Anerkennung eines Streikrechts hätte bedeutet, daß der Streik keine Verletzung der dem Arbeiter aus dem Arbeitsvertrag obliegenden Pflichten darstellt. So aber sahen die Arbeitsgerichte in 1) Die GewO galt nur für gewerbliche Arbeiter. Für Handlungsgehilfen vgl. § 72 Abs. 1 Ziff. 2 HGB, der inhaltlich mit der GewO übereinstimmt. 2) Sämtliche Sperrungen von mir, R. S. einem Streik in jedem Fall eine Verletzung der Arbeitspflicht und kamen zu dem Ergebnis, „daß der 1. Mai , hinsichtlich der Arbeitspflicht nicht anders gewürdigt werden kann wie ein anderer Arbeitstag“3). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Frankfurt (Oder) formulierte in seinem Urteil vom 19. Juli 19284) „die herrschende Meinung“, wenn es feststellte: „ es kann auch eine für einen bestimmten Tag ausgesprochene Arbeitsverweigerung als beharrlich betrachtet werden“. Obwohl die Anspielung auf den „bestimmten Tag“ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, erläutert sie das LAG dahin, daß nicht schlechthin der Zeitraum maßgebend ist, für den die vertragliche Arbeitsleistung versagt wird, sondern alle „Umstände des Einzelfalles“ berücksichtigt werden müssen. Diese unterliegen, wie das Reichsarbeitsgericht (RAG) in ständiger Rechtsprechung feststellte, der „objektiven Würdigung“5). Wie diese „Objektivität“ des RAG aussah und in welcher Weise dieses Gericht die Prüfung der „Umstände des Einzelfalles“ und die „objektive Würdigung“ im einzelnen vornahm, soll an einigen Beispielen gezeigt werden. In ihnen spiegelt sich deutlich der Klassencharakter der Arbeitsgerichte wider, die statt Institutionen zum Schutz der Arbeitnehmer Wahrer der Unternehmerinteressen, Instrumente des imperialistischen Staates waren. So führt das RAG6) im Zusammenhang mit der Behandlung der Frage der beharrlichen Arbeitsverweigerung aus, es sei Pflicht des Arbeitnehmers, „Ordnung und Botmäßigkeit bei der Arbeit zu wahren“. Damit wird die unbedingte Unterwerfung des Arbeiters unter die kapitalistische Arbeitsdisziplin nachdrücklichst unterstrichen. Weiter heißt es: „Ihr (der Arbeiter. R. S.) Vorsatz des gleichen Verhaltens bis zu einem Reagieren der Werkleitung auf dieses Verhalten kennzeichne dieses Verhalten als ein beharrliches.“ Neben diesen subjektiven Momenten werden auch der Grad der Schädigung des Unternehmers oder die Gefährdung des Arbeitsablaufs als für die Entscheidung maßgebende Umstände bezeichnet. Kann eine Gefährdung des Betriebes nicht festgestellt werden, so genügt den Arbeitsgerichten auch schon die Möglichkeit einer zukünftigen Gefährdung. Aufschlußreich für die „Beweglichkeit“ der Arbeitsgerichte in dieser Hinsicht und für die wirklichen Ziele, die mit den Zwangsmaßnahmen gegen einzelne Arbeiter verfolgt wurden, ist das Urteil des Kreisgewerbegerichts Minden vom 25. Mai 19257). Bei der Prüfung der Umstände des Einzelfalles wegen Arbeitsversäumnis am 1. Mai erwägt das Gericht: „Wollte man auf! Grund gegenteiliger Auffassung die Beurteilung des Falles nur darauf abstellen, daß es sich für die Beklagten lediglich um ein Fernbleiben von nur 2 Arbeitern von mehreren und nur für eine einzelne Schicht handelte, daß also eine wirkliche Gefährdung des Arbeitsbetriebes nicht ein getreten sei, so würde man damit in Zukunft einem allgemeinen Fernbleiben der Arbeiterschaft für den 1. Mai oder 3) Bd. 9 RAG S. 41. (Die Entscheidungen sind nach der „Bens-heimer Sammlung“ zitiert. R. S.). 4) Bd. 3 LAG S. 211. 5) So z. B. Bd. 6 RAG S. 11. Dieses Urteil offenbart übrigens eine weitere Methode der Maßregelung der Arbeiter und Angestellten. In dem hier in Frage stehenden Tarifvertrag hieß es: „Künftige Feierschichten ohne genügende Entschuldigung werden auf den Urlaub angerechnet, und zwar ohne Entgelt“. Das Gesuch des Klägers um Urlaub für den 1. Mai in Form der Eintragung in eine Liste wurde vom Unternehmer abgewiesen, worauf der Arbeiter am 1. Mai der Arbeit fernblieb. Das Gericht kam bei „objektiver Würdigung“ und „Abwägung der beiderseitigen Interessen“ zu dem Ergebnis, „daß der Wunsch des Klägers, den 1. Mai zu feiern, nicht als genügende Entschuldigung angesehen werden könne“, und außerdem „sei der Beklagten die Beurlaubung des Klägers für den 1. Mai nicht zuzumuten“ gewesen. Die Klage, die sich gegen den Abzug eines Urlaubstages wegen der Teilnahme an der Maifeier richtete, wurde in allen Instanzen abgewiesen. 6) Bd. 1 RAG S. 54. 7) Gewerbe- u. Kaufmannsgericht Bd. 31 Sp. 278. 19h;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 194 (NJ DDR 1952, S. 194) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 194 (NJ DDR 1952, S. 194)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der Effektivität vorbeugender Maßnahmen bestimmt. Mur bei strikter Beachtung der im Innern der wirkenden objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und der Klassenkampfbedingungen können Ziele und Wege der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zum Ausdruck. Solche Gesetzmäßigkeiten sind: die wachsende Bedeutung und der zunehmende Einfluß der Vorbeugung auf die Zurückdrängung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten. Die politisch verantwortungsbewußte Handhabung dieser strafverfahrensrechtlichen Regelungen gewährleistet optimale Ergebnisse im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit und zur weiteren gesellschaftlichen Entwicklung im Grenzgebiet. Es geht dabei um folgende wesentliche Aufgabenstellungen: Im Mittelpunkt aller Maßnahmen und Veränderungen hat die Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit zum Schutze der Staatsgrenze der Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Befehl des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen der Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anlage zur Durehführungsbestimmung zur Dienstanweisung zur operativen Meldetätigkeit über die Bewegung, den Aufenthalt und die Handlungen der Angehörigen der drei westlichen in der BdL Anweisung des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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