Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 189

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 189 (NJ DDR 1952, S. 189); Für die betriebstechnischen Angelegenheiten des Bahnhofs H. war der Angeklagte B. als Dienststellenvorsteher verantwortlich. Ihm unterstanden die Mitangeklagten Z. und W., die hauptamtlich und verantwortlich die Güterabfertigung unter sich hatten und, bedingt durch den Personalmangel, noch auf anderen Arbeitsgebieten aushelfen mußten. Innerhalb der Güterabfertigung oblag den Angeklagten Z. und W. die Überwachung der Ankunft und Abfahrt der Güterwagen einschließlich ihrer Ent- und Beladung. Zu diesem Zweck hatten sie über die gesamten Vorgänge Wagenkontrollbücher zu führen. Z. und W. haben abwechselnd diese Tätigkeit ausgeübt. In den Wagenkontroll-büchern, nach denen von der Güterabfertigung jeweils das Standgeld für die einzelnen Waggons berechnet wurde, sind daher Eintragungen von diesen beiden Angeklagten gemacht worden. Die Strafkammer hat die Angeklagten lediglich wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB verurteilt. Den Angeklagten wird in der Anklage vorgeworfen, in die Wagenkontrollbücher unrichtige Eintragungen über die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Waggons gemacht zu haben, so daß auf Grund dieser Eintragungen keine Wagenstandsgelder erhoben werden konnten. Durch diese Falscheintragungen sei eine Kontrolle über die wirklichen Wagenstillstandszeiten nicht durchführbar gewesen und dadurch sei der Wagenumlauf erheblich verlangsamt worden, so daß dadurch die planmäßige Durchführung der wirtschaftlichen Aufgaben der Reichsbahn, nämlich die Verkürzung der Wagenumlaufzeiten, wie sie besonders im Fünf jahrplan vorgesehen ist, gefährdet worden sei. Weiterhin seien der Reichsbahn durch die Nichterhebung der Wagenstillstandsgebühren Einnahmen in Höhe von etwa 24 000 DM verlorengegangen. Es wäre Aufgabe der Strafkammer gewesen, zunächst festzustellen, ob tatsächlich in etwa 550 Fällen unrichtige Eintragungen in die Wagenkontrollbücher vorgenommen worden sind, wer dafür verantwortlich ist und ob durch diese Handlungen die in der Anklage behaupteten Folgen eingetreten seien. Dies ist im Urteil der Strafkammer zum Teil gar nicht, zum Teil nur unvollkommen und unklar geschehen, obgleich die Anklage sich darauf ausdrücklich stützt. Wenn durch eine umfassende Sachaufklärung in der erneuten Hauptverhandlung festgestellt würde, daß die angeführten Behauptungen in den Prüfungsberichten zutreffen und die Angeklagten in einer so erheblichen Zahl vorsätzlich unrichtige Eintragungen in die Wagenkontrollbücher vorgenommen haben, um die wirklichen Wagenstillstandzeiten zu verschleiern, müßte die Handlungsweise der Angeklagten nicht nur als Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB gewürdigt werden. Ein solcher Sachverhalt würde vielmehr nach Ansicht des Strafsenates die Anwendung des SMAD-Befehls Nr. 160 erfordern, ohne daß es darauf ankommt, ob die Reichsbahn in einzelnen Fällen keinen Anspruch auf Wagenstillstandsgebühren gehabt hätte. Aber schon nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Senat der Auffassung, daß eine mit bedingtem Vorsatz begangene Sabotagehandlung aller drei Angeklagten als vorliegend angesehen werden kann, wenn die Anzahl der noch vorhandenen „genügenden“ Fälle wenigstens ungefähr zahlenmäßig festgestellt und benannt werden. Wenn festgestellt würde, daß in 550 Fällen oder schon in einer Vielzahl von Fällen unrichtige Eintragungen in die Wagenkontrollbücher vorgenommen worden sind und das müßte sich durch die Vernehmung der Sachverständigen nach weisen lassen und es weiter zutrifft, wie in dem Bericht der Reichsbahndirektion gesagt wird, daß derartig hohe Wagenstandsgelder auf Bahnhöfen mit wesentlich größerem Verkehr nicht zu verzeichnen sind und bisher ein ähnlicher Fall mit derartig hoher Auswirkung nicht vorgekommen ist, dürfte die Gefährdung der Wirtschaftsplanung und der tatsächliche Schaden, welcher durch die Nichtverringerung des Wagenumlaufes entstanden ist, so groß sein, daß dadurch eine Durchkreuzung der wirtschaftlichen Maßnahmen der deutschen Selbstverwaltungsorgane erfolgt ist. Damit wären die objektiven Voraussetzungen für die Anwendung des SMAD-Befehls Nr. 160 gegeben. Nach diesem Befehl sind Personen zu bestrafen, die sich Übergriffe zuschulden kommen lassen, die eine Durchkreuzung der wirtschaftlichen Maßnahmen der deutschen Selbstverwaltungsorgane bezwecken. Wie das Oberste Gericht in verschiedenen Urteilen bereits entschieden hat, wird zur Erfüllung des Tatbestandes des SMAD-Befehls Nr. 160 nur irgendeine Tätigkeit verlangt, die an sich geeignet ist, eine Durchkreuzung der Maßnahmen staatlicher Organe herbeizuführen. In subjektiver Beziehung stellt der Befehl keine besonderen Erfordernisse auf. Es genügt, daß der Täter, sei es auch aus rein persönlichen Gründen, eine objektiv wirtschaftsgefährdende Handlung begeht und hierbei die erkannte Gefährdung des Wirtschaftslebens in Kauf nimmt. In vorliegendem Falle haben die Angeklagten Z. und W. durch ihre falschen Eintragungen in die Wagenkontrollbücher, der Angeklagte B. durch die Anregung, solche Falscheintragungen vorzunehmen, und die Billigung derartiger Handlungen eine solche Tätigkeit entfaltet, die nicht nur geeignet war, eine Durchkreuzung der Maßnahmen staatlicher Organe herbeizuführen, sondern durch welche schon diese Maßnahmen durchkreuzt worden sind, weil die nach dem Wirtschaftsplan vorgesehenen Verkürzungen der Wagenumlaufzeiten gehemmt und dadurch die Erfüllung des Transportplanes gefährdet worden ist. Den Ausführungen des Landgerichts, mit welchen die Ablehnung der Anwendung des SMAD-Befehls Nr. 160 begründet wird, kann sich der Senat nicht anschließen. Nachdem die Strafkammer zunächst Zweck und Sinn des Befehls Nr. 160 der SMAD erläutert, wobei im wesentlichen die Auffassung des Obersten Gerichts wiedergegeben wird, kommt sie zu der Erkenntnis, daß hinsichtlich der objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Anwendung des SMAD-Befehls Nr. 160 keine positiven Anzeichen bei den Angeklagten vorhanden seien. Die Tätigkeit der Angeklagten, die sich darauf beschränkt habe, lediglich die Unterlagen für die Berechnung von Wagenstandgeld zu führen, könne nicht als kausal für eine evtl, sich daraus ergebende Wirtschaftsstörung in Form von Wagenumlaufverzögerungen betrachtet werden, da die Angeklagten, selbst wenn sie ein Gefährdungsziel im Auge gehabt hätten, kaum in irgendeiner Weise darauf hätten hinwirken können. Es sei in keiner Weise festgestellt worden, daß etwa durch die nach gewiesenen Fälle des Absehens von Wagenstandgelderhebungen, die bei weitem nicht an die ihnen zur Last gelegte Anzahl heranreichen, eine Verzögerung oder sonstige Nachlässigkeit bei der Be- und Entladung eingetreten sei. Nach der Auffassung der Strafkammer, die auch die des Obersten Gerichtes ist, braucht der Täter ein „Gefährdungsziel“ nicht im Auge zu haben; denn dieser Ausdruck besagt nach Ansicht des Senats, daß die Absicht der Gefährdung beim Täter vorhanden sein müßte. Eine solche Absicht ist aber selbst nach Ansicht der Strafkammer nicht erforderlich. Unrichtig ist auch die Auffassung der Strafkammer, die Tätigkeit der Angeklagten sei nicht kausal für evtl, sich ergebende Verzögerungen des Wagenumlaufes. Die Strafkammer sagt selbst, „die Standgelder seien zu dem Zwecke erhoben worden, säumige Empfänger oder Absender zu einer schnelleren Be- oder Entladung anzuhalten, um die Wagenumlaufzeiten zu verkürzen“. Wenn aber den Säumigen keine Standgelder auferlegt werden, wie dies mindestens in einer Vielzahl von Fällen zu Unrecht geschehen ist, wird dieser Zweck durchkreuzt, und es tritt eine Verzögerung des Wagenumlaufes ein, wie selbst auch von der Reichsbahndirektion M. in ihrem Bericht festgestellt worden ist. Damit ist aber die Tätigkeit der Angeklagten auch kausal für eine Verzögerung der Wagenumlaufzeit. Unverständlich ist auch die Ansicht der Strafkammer, die Angeklagten hätten kaum in irgendeiner Weise auf die Verzögerung der Wagenumlaufzeit einwirken können. Es ist schon oben eingehend ausgeführt worden, daß durch falsche Eintragungen und die darauf beruhende Nichtberechnung von Wagenstandsgeldern eine 189;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 189 (NJ DDR 1952, S. 189) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 189 (NJ DDR 1952, S. 189)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

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