Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 13

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 13 (NJ DDR 1952, S. 13); Begriff und Gegenstand des Zivilrechts*) Von Dr. Seweryn S zer, Professor an der Universität Lodz 1 Die sowjetische Rechtslehre gibt in Anlehnung an die marxistisch-leninistische Lehre folgende Begriffsbestimmung des Rechts, die an die Formulierung, wie sie 1938 A. J. Wyschixiski1) gegeben hat, anknüpft: „Das Recht ist die Gesamtheit der Verhaltensregeln (Normen), die durch die den Willen der herrschenden Klassen zum Ausdruck bringende Staatsgewalt begründet oder anerkannt worden sind, deren Anwendung durch die Zwangsgewalt des Staates zum Zwecke des Schutzes, der Festigung und der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie der Ordnung, wie sie für die herrschende Klasse vorteilhaft und angemessen sind, garantiert wird."2) Dieser klassenmäßig bedingte Inhalt des Rechts wird für das sowjetische Recht wie, .folgt bestimmt: „Das sowjetische sozialistische Recht ist die Gesamtheit der Verhaltensregeln (Normen), die durch den sowjetischen sozialistischen Staat, der den Willen des Sowjetvolkes zum Ausdruck bringt, begründet oder anerkannt worden sind, deren Beachtung durch die Anwendung von Zwang durch diesen Staat garantiert ist und die dem Schutz, der Festigung und der Entwicklung der Verhältnisse sowie der Ordnung dienen, die für die Arbeiterklasse und sämtliche Werktätigen vorteilhaft und angemessen sind, und zur vollständigen und endgültigen Ausmerzung der Überbleibsel des Kapitalismus in der Ökonomik, in dem Dasein und in dem Bewußtsein der Menschen sowie zum Aufbau der kommunistischen Gesellschaft. "3) Daraus wiederum ergibt sich die Begriffsbestimmung des sowjetischen sozialistischen Zivilrechts, wie sie im Jahre 1938 Wyschmski gegeben hat. Er :sah in diesem Recht „eine besondere Form des Ausdrucks des Willens der Arbeiterklasse und des gesamten sowjetischen Volkes auf dem Gebiet des Schutzes, der Festigung und der Entwicklung der persönlichen und der familienrechtlichen Verhältnisse der Bürger sowie der Vermögensrechte der Bürger, der Institutionen, Unternehmungen und Organisationen in Übereinstimmung mit den Interessen des sozialistischen Aufbaus“4). Kurze Zeit später setzte sich in der sowjetischen Zivilrechtslehre die Ansicht durch, die aus dem Zivil-recht das Familienrecht als einen besonderen Zweig des Rechts aussonderte. Danach befaßt sich das Zivilrecht nur mit vermögensrechtlichen Beziehungen. Es umfaßt „die Verhaltensvorschriften (Normen), die vom Staat zur Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Bürgern, zwischen den Bürgern und den staatlichen und gesellschaftlichen Organisationen sowie zwischen den staatlichen und gesellschaftlichen Organisationen selbst festgesetzt worden sind, soweit diese Beziehungen nicht im Verwaltungsverfahren geregelt werden“5). Das sowjetische Zivilrecht (im weiteren Sinne, d. h. als Familien- und Vermögensrecht) ist als ein Zweig des sowjetischen Rechts keine Fortsetzung, Rezeption oder Modifikation des bürgerlichen Zivilrechts. Es verkörpert, wie das sowjetische Recht überhaupt, einen neuen, höheren Rechtstyp, den Typ des Rechts der sozialistischen Gesellschaft, das sich von dem bürgerlichen Recht grundsätzlich unterscheidet. Die sozialistische Wissenschaft stellt in diesem Zusammenhang folgende Unterschiede heraus6): „1. Dem sowjetischen sozialistischen Zivilrecht liegt das staatliche und gesellschaftliche sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln, dem bürgerlichen Zivilrecht das Privateigentum an den Produktionsmitteln zugrunde. *) Veröffentlicht in „Demokratische Juristische Rundschau", Warschau 1950, Nr. 2, S. 12 17, also vor der Veröffentlichung der Arbeiten Stalins über den Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft. Trotzdem ist der Artikel gerade angesichts der, Situation in der deutschen Rechtswissenschaft noch beachtenswert. 1) A. J. Wyschinski, Fragen des Rechts und des Staates bei K. Marx, 1938, S. 36 37; vgl. auch; Fragen der Staats- und Rechtstheorie, 2. Aufl., Moskau 1949, S. 41. 2) vgl. A. J. Wyschinski, Fragen der Staats- und Rechtstheorie, Moskau 1949, S. 113. 3) A. J. Wyschinski, a. a. O. 4) A. J. Wyschinski, a. a. O. 5) „Der XVIII. Parteitag der KPdSU (B) und die Aufgaben der sowjetischen Rechtswissenschaft“ in „Sowjetstaat und Recht" 1939, Nr. 7, S. 22. 6) E. A. Flejszicz, Die Personenrechte im bürgerlichen Recht der UdSSR und in den kapitalistischen Ländern, Moskau 1941, S. 80. 2. Das auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln beruhende sowjetische Zivilrecht dient der Beseitigung jeglicher Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, schließt alle Quellen einer solchen Ausbeutung, während das auf dem privaten Eigentum an den Produktionsmitteln beruhende bürgerliche Zivilrecht die verschiedensten Wege zur Ausbeutung der Werktätigen durch die Eigentümer der Produktionsmittel öffnet und ihr dient. 3. Das sowjetische Zivilrecht ist das Zivilrecht der sozialistischen Gesellschaft, die aus den beiden miteinander verbündeten Klassen der Arbeiter und der Bauern sowie aus der im Vollbesitz aller politischen Rechte befindlichen sowjetischen werktätigen Intelligenz besteht, die . mit allen Fasern mit der Arbeiterklasse und der Bauernschaft verbunden ist' .7) Das Zivilrecht der kapitalistischen Länder dagegen ist eine Widerspiegelung der gesellschaftlichen Verhältnisse der antagonistischen Gesellschaft, eine Widerspiegelung der ständig und unabänderlich wachsenden und sich zuspitzenden Klassengegensätze. 4. Das sowjetische Zivilrecht ist eine der Waffen des sowjetischen Staates als Form der Diktatur des Proletariats, mit deren Hilfe die Arbeiterklasse und unter ihrer Leitung alle Werktätigen der UdSSR den Aufbau der kommunistischen Gesellschaft, die keine Einteilung in Klassen kennt, verwirklichen. Das bürgerliche Zivilrecht ist eine der Waffen des bürgerlichen Staates als organisierter Form der Diktatur der Bourgeoisie, deren Ziel die Verewigung dieser Diktatur zum Zwecke einer uneingeschränkten Ausbeutung der werktätigen Massen ist. “ II Die Volksdemokratie stellt eine neue Form der Diktatur des Proletariats dar. Die Staaten der Volksdemokratie verwirklichen die Funktionen der Diktatur des Proletariats7 8 9 10). In den Schriften Marx’ und Lenins finden wir eine Erklärung des Charakters des Staates der Übergangsperiode zum Sozialismus und Kommunismus. Marx betont: „Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats. "9) Und Lenin sagt: „Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus muß natürlich eine ungeheure Fülle und Mannigfaltigkeit der politischen Formen hervorbringen, aber das Wesentliche wird dabei unbedingt das eine sein: Die Diktatur des Proletariats.“1*)) Mit Recht sagt P. F. Judin: „Die sowjetische Form der Diktatur des Proletariats ist ohne Zweifel die höhere, mehr entwickelte Form der politischen Gewalt der Arbeiterklasse. Doch zeigt die Praxis, daß die Diktatur des Proletariats in zwei Formen bestehen kann, in der sowjetischen Form und in der Form der Volksdemokratie, die ihre Rechtfertigung in den besonderen historischen Bedingungen findet.“11) Ebenso wie der Sowjetstaat und die Volksdemokratie verschiedene Formen der sozialistischen Diktatur des Proletariats sind, sind1 die Rechte dieser Staaten „verschiedene Formen des sozialistischen Rechts“12 13). Die Staaten der Volksdemokratie bauen eine sozialistische Ordnung auf, gestalten ein sozialistisches Recht. Professor Boris Mankowski gibt folgende Definition des Rechts in dem Staat der Volksdemokratie: „Das Recht der Länder der Volksdemokratie ist die Gesamtheit der Normen, die durch die volksdemokratischen Staaten begründet oder anerkannt worden sind, die den Willen der Volksmassen zum Ausdruck bringen, deren Beachtung durch die Anwendung von- Zwang durch diesen Staat garantiert ist und die dem Schutz, der Festigung und Entwicklung der Verhältnisse sowie der Ordnung dienen, die für die Arbeiterklasse und alle Werktätigen sowie für den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, vorteilhaft und angemessen sind. “13) Danach ist das Zivilrecht in den Staaten der Volksdemokratie der besondere Ausdruck des Willens der 7) J. W. Stalin, Fragen des Leninismus, Moskau 1947, S. 617. 8) S. Rozmaryn. Das polnische Staatsrecht, Warschau 1949, S. 179 f. 9) K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, Ausgewählte Schriften, Bd. II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1950, S. 25. 10) w. I. Lenin, Ausgewählte Werke, Bd. II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1947, S. 183. 11) P. F. Judin, Der Marsch zum Sozialismus in den Volksdemokratien, in „Fragen der Philosophie“ 1949, Heft 6, S. 40 f. 12) B. Mankowski, Grundsätze der sowjetischen sozialistischen Gesetzlichkeit, in „Staat und Recht“, Warschau 1947, Heft 1, S. 25. 13) „Staats- und Rechtstheorie“ Kap. XVI, bearbeitet von B. Mankowski. 13;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 13 (NJ DDR 1952, S. 13) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 13 (NJ DDR 1952, S. 13)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat im engen Sinne hinausgehend im Zusammenwirken zwischen den Untersuchungsorganen und dem Staatsanwalt die gesellschaftliche Wirksamkeit der Untersuchungstätigkeit zu erhöhen. Neben den genannten Fällen der zielgerichteten Zusammenarbeit ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ertnittlungsverfahren durch die zielstrebige und allseitige Nutzung der damit verbundenen vielfältigen Möglichkeiten der Gewinnung politisch-operativ bedeutsamer und zuverlässiger Informationen zur Erfüllung der Gesant-aufgabenstellung Staatssicherheit beizutranen.

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