Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 119

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 119 (NJ DDR 1952, S. 119); Ein Beitrag zur „Objektivität“ der bürgerlichen Rechtswissenschaft Von Dr. Fritz Niethammer, Abteilungsleiter im Ministerium der Justiz Das Oberlandesgericht in Hamburg hat in einer Entscheidung vom 8. Mai 1951 ausgesprochen, daß die entschädigungslosen Enteignungen in der „Ostzone“ dem ordre public (Art. 30 EGBGB) in der Bundesrepublik nicht widersprechen. Eine Druckereimaschine, die gelegentlich der Enteignung eines nazistischen Verlages in Thüringen in Volkseigentum übergegangen und einer volkseigenen Druckerei zugewiesen war, wurde von dieser an eine fortschrittliche Hamburger Zeitung verpachtet. Die enteigneten Eigentümer des nazistischen Verlages, die sich in Westdeutschland aufhielten, hatten das herausgefunden und verlangten auf Grund ihres angeblichen Eigentums die Herausgabe der Maschine. Das Oberlandesgericht in Hamburg hat diese Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die Enteignungsmaßnahmen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone eine Tatsache seien, die auch von den Gerichten Westdeutschlands hingenommen werden müsse; sie widersprächen auch nicht dem ordre public der Bonner Bundesrepublik, da sie keine Diskriminierungsmaßnahmen seien, die sich etwa nur gegen die Bewohner Westdeutschlands richten, sondern in gleichem Umfange gegen die Bewohner der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone wie gegen Westdeutsche angewendet würden. Die Frage, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn umgekehrt der durch die Enteignung Begünstigte eine zufällig nach Westdeutschland geratene, zu dem enteigneten Vermögen gehörende Maschine herausverlangt hätte, wurde ausdrücklich offen gelassen. Das Urteil trägt also den tatsächlichen Umständen sowie dem Sinn und Geist der Potsdamer Beschlüsse, die u. a. die wirtschaftliche Entmachtung der Kriegsverbrecher und führenden Faschisten vorsehen, Rechnung. Das ist allerdings nichts grundlegend Neues. Diese Ansicht wird auch in zahlreichen anderen westdeutschen Urteilen vertreten. Auch die Neigung, gegenüber Vorgängen in der Deutschen Demokratischen Republik die Bestimmung des Art. 30 EGBGB nicht anzuwenden, ist in der westdeutschen Rechtsprechung ziemlich häufig zu beobachten, so daß das Hamburger Urteil auch in dieser Beziehung vom Üblichen nicht abweicht. Das Urteil wurde im Septemberheft der westdeutschen Fachzeitschrift „Monatsschrift für deutsches Recht“ abgedruckt. Diese Veröffentlichung benutzt Prof. Dr. Arwed Biomeyer von der Universität in Würzburg, nunmehr in Berlin, zu heftigen Angriffen gegen die Enteignungsmaßnahmen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und gegen unsere Gesetzgebung überhaupt. In einer sogenannten wissenschaftlichen Anmerkung zu dieser Entscheidung, die in der gleichen Nummer der „Monatsschrift für deutsches Recht“ erschienen ist, behauptet er, daß die in der sowjetischen Besatzungszone vorgenommenen Enteignungen auf Befehle der damaligen SMAD zurückgingen, deren Zweck es sei, den „Staatskapitalismus“ im Osten Deutschlands einzuführen, und daß das thüringische Landesgesetz vom 25. Juli 1946, welches die Überführung der enteigneten Vermögenswerte in das Eigentum des Volkes anordnete, nur auf Grund dieser Befehle ergangen sei. Daran schließen sich u. a. folgende „Rechtsausführungen“ an, die es verdienen, wörtlich zitiert zu werden: „Danach sind die sowjetzonalen Enteignungen zu beurteilen. Sie führen Anordnungen durch, die nicht nur inhaltlich nach unseren Re-htsanschauungen Unrecht sind, sondern die vor allem unter dem Schein staatlicher Selbstbestimmung von der SMAD dem deutschen Volk der SBZ aufgezwungen wurdenEs er- scheint mir unerträgheh, wenn einerseits unsere Brüder in der Ostzone von den höchsten Stellen der Bundesrepublik die Versicherung erhalten, wie sehr man ihr schweres Los. unter der kommunistischen Terrorlwrr-schaft mitfühlt., und wenn sie andererseits gerichtlich bestätigt, bekommen, daß das ihnen widerfahrene Unrecht als Rechtsgrundlage für den davon Begünstigten ausreicht Das Ergebnis dieser Begründung ist nur als beklagenswert zu bezeichnen: Die Verwendung einer von den kommunistischen Machthabern enteigneten Massine zu ihrer eigenen Propagandatätigkeit im Bundesgebiet wird gegen den Enteigneten gerichtlich geschützt.“ Das sind „juristische Erwägungen“ eines Universitätsprofessors. Das ist die vielgerühmte Obiektivität der bürgerlichen Rechtswissenschaft. Weil die Enteignungen in dem Gebiete der heutigen Deutschen Demokratischen Republik angeblich auf Befehle der Besatzungsmacht zurückgehen und weil die Gesetzgebung in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone unter der Kontrolle der sowjetischen Besatzungsmacht stand, deshalb sollen diese Gesetze als dem Willen des deutschen Volkes nicht entsprechend unbeachtlich sein. Der Herr Professor weiß nichts davon, daß auch die westdeutschen Besatzungsmächte eine umfangreiche Gesetzestätigkeit entfaltet haben und auch heute noch entfalten, obwohl die Bonner Bundesrepublik die Kühnheit hat, sich als souveränes Staatsgebilde zu bezeichnen. Es ist ihm auch nicht bekannt, daß die Gesetze der westlichen Militärregierungen, die seit 1945 für die drei Besatzungszonen Westdeutschlands erlassen wurden, ganze Bände füllen. Er hat nichts davon gehört, daß bis vor verhältnismäßig kurzer Zeit das gesamte westdeutsche Verfahrensrecht von Richtlinien beherrscht war, die die Besatzungsmächte erteilt hatten. Es ist seiner Aufmerksamkeit entgangen, daß z. B. das tief einschneidende Rückerstattungsgesetz, das dem Eindringen amerikanischer Kapitalisten in Westdeutschland weitgehend Vorschub leistet und daher sicher dem deutschen Volk nicht in jeder Beziehung gefällt, ein Gesetz der westlichen Militärregierungen-ist. Er weiß nichts davon, daß die Gesetzgebung der westdeutschen Länder und der sogenannten Bundesrepublik offiziell unter der Kontrolle der Besatzungsmächte steht. Er hat nie etwas davon gehört, daß die hohen Kommissare das famose Blitzgesetz Konrad Adenauers kurzerhand dahin abgeändert haben, daß Spionage zugunsten der westlichen Besatzungsmächte straffrei zu bleiben hat. Der gelehrte Lakai der Faschisten und Kriegsverbrecher und ihrer amerikanischen Hintermänner hat offenbar auch die für ganz Deutschland geltenden Potsdamer Beschlüsse nicht gelesen, wonach die Entnazifizierung, die Entmilitarisierung und die Demokratisierung Deutschlands Aufgabe der Besatzungmächte ist. Um dieses in den Potsdamer Beschlüssen von allen vier Besatzungsmächten aufgestellte Ziel zu erreichen, war es aber unbedingt notwendig, die Monopolherren und Faschistenhäuptlinge wirtschaftlich zu entmachten, d. h. zu enteignen. Er hat sich auch nicht die Mühe genommen, nur einen Blick auf die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik zu werfen; denn sonst wäre ihm der Art. 24 Abs. 3 dieser Verfassung kaum entgangen, wonach die Betriebe der Kriegsverbrecher und der aktiven Nationalsozialisten zu enteignen sind und in das Volkseigentum übergehen, und für private Unternehmungen, die sich in den Dienst der Kriegspolitik stellten, das gleiche gilt. Damit hat das Besatzungsrecht, das dem Herrn Professor nicht gefällt, seine einstimmige Bestätigung durch die frei gewählten Volksvertreter der Deutschen Demokratischen Republik gefunden, und die Enteignung der thüringischen Druk-kerei, deren Eigentümer ihren Betrieb der fas0''is tischen Propaganda willfährig zur Verfügung gestellt haben, ist damit auch nach dem Verfassungsrecht der Deutschen Demokratischen Republik rechtens geworden. Herr Prof. Biomeyer ist nicht in der Lage, auch nur einen Fall zu zitieren, in dem ein Gericht der Deutschen Demokratischen Republik bei der Handhabung des internationalen Privatrechts die Anwendung westdeutscher Vorschriften mit der Begründung abgelehnt hätte, daß diese Besatzungsrecht seien oder unter dem Einfluß der Besatzungsmacht entstanden wären und daher mutmaßlich dem Willen des deutschen Volkes nicht entsprächen. Er hat sich auch nicht mit der Frage befaßt, seit wann es überhaupt üblich ist, im internationalen Privat-recht, dessen Grundsätze unbestrittenermaßen auf das interlokale Privatrecht entsprechend anzuwenden sind, Erwägungen darüber anzustellen, ob das anzuwendende fremde Recht dem Willen des Volkes entspricht (wohlgemerkt nicht dem Willen des eigenen Volkes, sondern m;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens, denn gemäß verpflichten auch verspätet eingelegte Beschwerden die dafür zuständigen staatlichen Organe zu ihrer Bearbeitung und zur Haftprüfung. Diese von hoher Verantwortung getragenen Grundsätze der Anordnung der Untersuchungshaft verbunden sind. Ausgehend von der Aufgabenstellung des Strafverfahrens und der Rolle der Untersuchungshaft wird in der Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bestimmt, daß der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten hat, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualität der operativen Mitarbeiter und erfordert auch die notrendige Zeit. Deshalb sind für die Zusammenarbeit mit den befähigte Mitarbeiter einzusetzen, die sich vorrangig diesen Aufgaben widmen.

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