Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 115

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 115 (NJ DDR 1952, S. 115); sich dabei unrühmlich hervorgetan unbegründet waren: es hat sich weder ergeben, daß jugendliche Menschen infolge der vorver legten Volljährigkeit irgendwelchen Vermögensschaden erlitten haben, noch hat sich ein wesentliches Ansteigen der Fälle unerwünscht frühzeitiger Eheschließungen gezeigt. Aller Voraussicht nach wird die Statistik ergeben, daß die Fälle der Eheschließungen von 18 20jährigen Männern in der Deutschen Demokratischen Republik im Verhältnis nicht häufiger sind, als die entsprechenden in Westdeutschland mit Hilfe der Volljährigkeitserklärung eingegangenen Ehen. Die gleiche Materie wie das Volljährigkeitsgesetz, nämlich die Rechtspersönlichkeit des Menschen, betrifft eine andere, durch die besonderen Zeitumstände außerordentlich bedeutsam gewordene Neuregelung, die Verordnung über die Abkürzung der Verschollenheitsfristen vom 15. November 195124). Es entspricht der Erfahrung, daß die normale Verschollenheitsgesetzgebung für den Fall moderner Kriege nicht ausreicht. Schon nach 1918 mußten die damals geltenden Vorschriften des BGB über die Kriegsverschollenheit durch eine besondere Verordnung über die Kriegsverschollenheit ergänzt werden; und obwohl es sicher kein Zufall ist, daß die ausführliche Neuregelung des Verschollenheitsrechts durch das geltende Verschollenheitsgesetz wenige Wochen vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges erfolgte, erwies sich auch diese Vorbereitung auf den kommenden Krieg als ungenügend: mit der Art und Weise, wie dieser Krieg beendet wurde oder richtiger: bisher nicht beendet wurde hatten die nazistischen Machtgeber offenbar nicht gerechnet. Im Hinblick auf den fehlenden Friedensschluß machte sich zunächst die bereits früher25) besprochene Verordnung über die Todeserklärung von Kriegsteilnehmern vom 22, Februar 1949 erforderlich, deren Resultate zunächst abzuwarten waren. Es ergab sich dann, daß die Zahl der von dieser Verordnung nicht erfaßten, in Auswirkung des Krieges verschollenen Personen so erheblich war, daß eine weitere Sonderregelung unabweisbar wurde. Die hier in Frage kommenden Personengruppen waren vor allem die Opfer des Luftkrieges aus der Zivilbevölkerung, Personen, die bei Gelegenheit der Umsiedlungen in Verschollenheit geraten waren, in die Fremdenlegion eingetretene und später verschollene Kriegsgefangene, Internierte usw. Auf die meisten der unter diese Personengruppen fallenden Verschollenen trafen die Sonderregelungen des Verschollenheitsgesetzes, nach denen die Todeserklärung vor Ablauf der ordentlichen Verschollenheitsfrist zulässig ist, nicht zu, woraus sich für die Hinterbliebenen die schwere Belastung ergab, die Todeserklärung erst 10 Jahre nach dem Vermißtwerden des Verschollenen betreiben zu können. Bei dem Bestreben, hier eine Abhilfe zu schaffen, ergab sich die Frage, ob man kasuistisch eine Sonderregelung zur Erfassung der einzelnen in Frage kommenden Kategorien von Verschollenen einführen sollte oder ob sich nicht ein befriedigendes Resultat durch eine grundsätzliche Änderung des Verschollenheitsrechts erreichen ließ. Die nähere Prüfung der zweiten Alternative führte zu der Erkenntnis, daß die Gesetzgebung seit anderthalb Jahrhunderten die gleichen Verschollenheitsfristen mitgeschleppt hatte, ohne zu prüfen, ob nicht die Entwicklung von Technik und Verkehr hier eine Änderung bedingte. Das Institut der Todeserklärungen hat sich im 18. Jahrhundert entwickelt; unter den großen Kodifikationen ist es das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, das erstmals eine ausführliche Regelung der Todeserklärung enthält: die einzuhaltende Verschollenheitsfrist betrug 10 Jahre!20) Der Begriff der Verschollenheit (§ 1 VerschG) ist darauf abgestellt, ob von einer Person unbekannten Aufenthalts „Nachrichten vorliegen“. Es liegt also auf der Hand, daß die relative Schwierigkeit der Nachrichtenübermittlung bei der Bemessung der Verschollenheitsfrist eine erhebliche Rolle zu spielen hat. Daß 3 3i) GBl. s. 1059. 2=) vgl. NJ 1949 S. 83; NJ 1949 S. 184. 2) §§ 823 855 ALR II 18. gerade in dieser Beziehung die Menschheit in den letzten 150 Jahren eine Entwicklung durchgemacht hat wie niemals zuvor in ihrer Geschichte, daß wir nicht mehr in der Zeit der Postkutsche und des Segelschiffes leben, sondern in der Zeit des Kraftwagens, des Flugzeuges, des Telefons, der Funkentelegrafie und eines die ganze Welt umfassenden Postsystems, daß sich also die Möglichkeiten, überhaupt Nachrichten zu übermitteln, sowie die Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung verhundertfacht haben das alles hat man weder bei der Schaffung des BGB noch bei der des Verschollenheitsgesetzes beachtet. Die Herabsetzung der ordentlichen Verschollenheitsfrist um die Hälfte war also der gegebene Schritt. Infolge unserer besonderen Situation bringt aber diese grundsätzliche Änderung des Verschollenheitsrechts gleichzeitig eine befriedigende Erledigung der oben aufgeführten Einzelfälle, in denen der bisherige Rechtszustand nicht befriedigte. Denn in der großen Mehrzahl dieser Fälle sind mittlerweile seit dem Vermißtwerden der Verschollenen mehr als 5 Jahre ins Land gegangen, so daß der Antrag auf Todeserklärung unmittelbar gestellt werden kann. Um den in der Deutschen Demokratischen Republik wohnenden Hinterbliebenen auch in den Fällen, in denen der letzte inländische Wohnsitz des Verschollenen nicht auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik lag, die Neuregelung zugute kommen zu lassen, hat § 2 der Verordnung für diese Fälle eine neue Zuständigkeit, diejenige des Amtsgerichts Berlin-Mitte, geschaffen, das in der Regel, wie bei dem entsprechenden Verfahren nach § 15 VerschG, das Verfahren an das für den Antragsteller zuständige Amtsgericht abgeben wird. Der Umweg über ein zentrales Gericht ist erforderlich, um die Möglichkeit einer doppelten Todeserklärung in solchen Fällen auszuschließen. Hierzu sei bemerkt, daß entsprechende neue Zuständigkeiten auch von der westdeutschen Verschollenheitsgesetzgebung geschaffen worden sind. IV Eine weitere Anzahl von Verordnungen ist dem Gebiet des Verfahrensrechts zuzurechnen, wiewohl sie alle gleichzeitig auch wichtige materiell-rechtliche Regelungen enthalten. Aus der jüngsten Zeit ist hier die bedeutsame Verordnung über den Rang volkseigener Forderungen im Konkurse des Schuldners vom 25. Oktober 195127) anzuführen. In unserer Wirtschaft bestehen bekanntlich vielfältige vertragliche Beziehungen zwischen dem volkseigenen und dem privaten Sektor. Diese Beziehungen führten in dem Augenblick, in welchem der durch die Währungsreform verursachte Gesundungsprozeß auf dem Gebiet der privaten Wirtschaft ein Ansteigen der Konkursziffern nach sich zog, zu der Frage, welchen Rang die dem volkseigenen Unternehmen zustehende Konkursforderung besitze. Bei der Beantwortung dieser Frage fiel einmal die überragende Bedeutung ins Gewicht, die dem Volkseigentum beim Aufbau der Wirtschaft in der antifaschistisch-demokratischen Ordnung und insbesondere bei der Durchführung des Fünfjahrplans zukommt, sodann aber auch die Erwägung, daß der volkseigenen Wirtschaft ein Äquivalent dafür geschaffen werden müsse, daß sie aus Planungsgründen bei der Wahl ihres privaten Vertragspartners in der Regel nicht frei ist und insbesondere diese Wahl fast niemals unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit ihrer Forderung treffen kann; all dies galt vor der Einführung des Vertragssystems in noch höherem Maße als heute. Beide Erwägungen kamen zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß der volkeigenen Forderung ein Konkursvorrecht zustehen müsse, und die Praxis ging, wie so häufig, dem Gesetzgeber voraus, indem sie versuchte, ein solches Vorrecht dem bestehenden Gesetz unter Berücksichtigung seines neuen Inhalts zu entnehmen. Bei dem eindeutigen Wortlaut und der erschöpfenden Aufzählung des § 61 KO mußten diese Versuche mißlingen. Erst eine Gesetzesänderung konnte das Vorrecht begründen. 27) GBl. S. 955. 115;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 115 (NJ DDR 1952, S. 115) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 115 (NJ DDR 1952, S. 115)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Leitungstätigkeit in der Linie. Die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der Tätigkeit der Leiter aller Ebenen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Realisierung des erforderlichen Leistungsanstieges in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit ist wichtiger Bestandteil der Gewährleistung der Rechtssicherheit und darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit zu entwickeln. Sind bereits beim Kandidaten derartige Überzeugungen vorhanden, wirken sie als Handlungsantrieb für die Zusammenarbeit und deren Realisierung.

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