Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1952, Seite 104

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 104 (NJ DDR 1952, S. 104); Der Kommunistenprozeß zu Köln im Jahre 1852 Von Dr. Heinrich Lö w e nth al, Richter am Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik Im Jahre 1952 werden es hundert Jahre, seit zum ersten Male Kommunisten vor Gericht gestellt wurden, nur weil sie Kommunisten waren. Der Prozeß fand vom 4. Oktober bis zum 12. November 1852 in Köln statt und ist in die Geschichte als „Kölner Kommunistenprozeß“ eingegangen. Über Hintergrund und Verlauf des Prozesses sind wir durch Schriften der Klassiker des Marxismus unterrichtet. Bereits im Jahre 1853 schrieb Karl Marx die „Enthüllungen über den Kommunistenprozeß zu Köln“. Die Schrift erschien zuerst in Basel und sollte illegal in Deutschland verbreitet werden; jedoch wurden die hierfür bestimmten 2000 Exemplare schon in dem badischen Dorf Weil beschlagnahmt. Nach diesem Mißerfolg veröffentlichte Marx die „Enthüllungen“ in der amerikanischen Zeitung „New England“ in Boston. Etwa 400 Sonderabzüge dieses Druckes wurden heimlich in der Rheinprovinz verbreitet. Zu der im Jahre 1875 erschienenen zweiten Auflage schrieb Karl Marx ein kurzes Nachwort. Die dritte Auflage gab Friedrich Engels nach dem Tode von Marx im Jahre 1885 heraus. Er begleitete diese Auflage mit dem bekannten Aufsatz „Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten“1). Eine vierte Auflage erschien 1914 mit einer ausführlichen Einleitung von Franz Mehring. I. Die Vorgeschichte des Prozesses Nach der Niederringung des revolutionären Frankreich im Jahre 1815 herrschte in Deutschland die finsterste Reaktion. Das liberale Bürgertum stand in Opposition zu den Regierungen der deutschen Fürsten. Die Studentenversammlung auf der Wartburg im Jahre 1817, das Hambacher Volksfest von 1832, der Sturm auf die Frankfurter Hauptwache im April 1833 waren äußere Anzeichen dieser Oppositionsbewegung. Die Julirevolution des Jahres 1830 hatte viele deutsche Oppositionelle veranlaßt, sich in Paris niederzulassen. Dort kam es, angeregt durch die Zeitschriften des Dr. Siebenpfeiffer, den „Westboten“, und des Dr. Wirth, die „Tribüne“, zunächst zur Gründung eines Vereins zur Förderung der Pressefreiheit. Dieser Verein wandelte sich schnell in einen rein politischen Verein, den „deutschen Volksverein“ (Association patriotique alle-mande), um. Nach Ilses „Geschichte der politischen Untersuchungen“ (Frankfurt a. M. 1860) feierte der „Deutsche Volksverein“ im Mai 1832 sein erstes Maifest, das in den Jahren 1833 und 1834 wiederholt wurde. Es handelte sich um keine geheime Verbindung; die Ziele des Vereins waren, abgesehen von der materiellen Unterstützung der in Baden, wo die Pressefreiheit zugestanden war, erscheinenden freisinnigen Druckerzeugnisse, die Verbreitung revolutionärer Schriften unter den Vereinsmitgliedem und den im Ausland lebenden Deutschen, aber auch die Versendung dieser Schriften an zuverlässige Personen in Deutschland selbst. Die Mitglieder des Vereins bestanden im wesentlichen aus politischen Flüchtlingen, Studenten, Intellektuellen und Handwerkern. Ilse schreibt, daß der Verein etwa 5' 600 Mitglieder zählte und daß „es für jeden in jener Zeit nach Paris wandernden Handwerker schwierig war, den Beitritt zu vermeiden“. Ilse berichtet über drei Publikationen des Vereins, aus denen hervorgeht, daß, ähnlich wie in dem von Georg Büchner im Juli 1834 geschriebenen Flugblatt „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“, die politische Propaganda von sozialen Gesichtspunkten aus betrieben wurde. Die erste Publikation mit der Überschrift „Deutsche“ ist Paris, den 5. September 1833 datiert. In ihr wird an die Solidaritätsaktionen für die griechische und polnische Freiheitsbewegung erinnert und aufgefordert, gleiche Solidarität mit denen zu üben, die in Deutschland für die Freiheit gekämpft haben und jetzt im Ausland leben müssen. Die zweite Publikation trägt die Überschrift „Brüder und Freunde“ und das Datum: Paris, im November 1833. In ihr wird bereits wie Ilse i) Marx-Engels, Ausgewählte Schriften, Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1950, Bd. II S. 314 332. schreibt versucht, „die arbeitende Klasse, Handwerker, Fabrikarbeiter, Bauern mit ihrem Lose unzufrieden zu machen, und gegen die Reichen als Müßiggänger, welche von dem Schweiße jener leben und schwelgen, aufzuregen“. Das dritte Sendschreiben, ebenfalls „Brüder und Freunde“ überschrieben, vom Januar 1834, gibt nach Ilse, der der revolutionären Bewegung feindlich gegenüber stand, eine „angeblich historische Entwicklung des Verhältnisses von Armen und Reichen, Vornehmen und Niederen, Herrschenden und Unterdrückten, ist voll von Schmähungen und eines vernünftigen Sinnes gänzlich entbehrenden Ausfällen gegen Regierende, gegen Gesetzgeber, gegen Richter, gegen Polizei, gegen Reiche und Wohlhabende, und reizt die Menge der Arbeitenden gegen diese auf, indem schließlich in einer nächstfolgenden Epistel die Angabe der Mittel verheißen wird, wodurch es zu bewirken sei, daß die Armen und Reichen aus der bürgerlichen Gesellschaft verschwinden." Weitere Flugschriften sind vermutlich nicht erschienen. Der Deutsche Volksverein löste sich nach dem Maifest 1834 auf, seine revolutionärsten und entschiedensten Mitglieder sammelten sich in dem 1834 entstehenden „Bund der Geächteten“. Zur Leitung des „Bundes der Geächteten“ gehörten der Schriftsteller Jacob Venedey aus Köln, der Mechaniker Neuber aus Hannover, der Schriftsetzer Goldschmidt aus Hildesheim und der Schneider Schumacher aus Nassau, alles Männer, die schon im Deutschen Volksverein eine führende Rolle gespielt hatten. Vermutlich hat Venedey, der die Zeitschrift des Bundes „Der Geächtete“ herausgab, bei' der Gründung die Hauptrolle gespielt. Der Bund war ein Geheimbund, der in „Zelte“, „Hütten“ und „Brennpunkte“ organisiert war. Es gab verschiedene Grade der Mitgliedschaft, die besondere Statuten hatten. Nach den Statuten für die tiefer Eingeweihten war der Bundeszweck: „Die Befreiung Deutschlands von dem Joche schimpflicher Knechtschaft und Begründung eines Zustandes, der soviel es Menschenvorsicht vermag, den Rückfall in Knechtschaft und Elend verhindert. Die Erreichung dieses Hauptzwecks ist nur möglich bei Begründung und Erhaltung der sozialen und politischen Gleichheit, Freiheit, Bürgertugend und Volkseinheit, zunächst in den der deutschen Sprache und Sitte angehörenden Dändergebieten, sodann aber auch bei allen übrigen Völkern des Erdkreises." Im Gegensatz zum „Deutschen Volksverein“ gelang es dem „Bund der Geächteten“, Sektionen in Deutschland zu errichten, die durch „Bundesreisende“ oder „Emissäre“ geleitet und kontrolliert wurden. Diese deutschen Sektionen wurden 1840 von der Polizei aufgedeckt. Bereits nach Ablauf des ersten Jahres des Bestehens des Bundes der Geächteten kam es zu Gegensätzen innerhalb des Bundes'. Ilse berichtet darüber, daß sich die Mitglieder gegen die unbedingte Befehlsgewalt der unbekannten Bundesleitung wendeten, die sogar die Vollstreckung eines von ihr gefällten Todesurteils verlangen durfte; außerdem stieß man sich an dem Namen des Bundes, da man sich nicht als „geächtet“ bezeichnen wollte. Als noch persönliche Zänkereien in der obersten Bundesleitung hinzukamen, „sonderten sich 1836 die extremsten, meist proletarischen Elemente aus und bildeten den neuen geheimen „Bund der Gerechten“. Der Mutterbund, worin nur die schlafmützigsten Elemente ä la Jacobus Venedey zurückblieben, schlief bald ganz ein: als die Polizei 1840 einige Sektionen in Deutschland ausschnüffelte, war er kaum noch ein Schatten “2). Der Bund der Gerechten war in Gemeinden, Gaue und eitle Zentralbehörde organisiert. Die Gemeinden führten besondere Namen, wie „Morgenröthe“ oder „Freiberg“, und bestanden aus mindestens fünf und höchstens zwanzig Mitgliedern; sie standen unter der Leitung eines „Vorstandes“, dem ein „Beistand“ zur Seite stand. Nicht weniger als fünf und nicht mehr als zehn Gemeinden bildeten einen Gau, der von den „Gauständen“ den Vorständen der Gemeinden geleitet wurde. An der Spitze des gesamten Bundes stand die „Volkshalle“. Von ihr heißt es in Artikel 24 der Statuten: „Sie ist die Zentralbehörde des Bundes. Sie 2) Engels, a. a. O. S. 315. 104;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 104 (NJ DDR 1952, S. 104) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Seite 104 (NJ DDR 1952, S. 104)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 6. Jahrgang 1952, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1952. Die Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1952 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 15 vom 24. Dezember 1952 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 6. Jahrgang 1952 (NJ DDR 1952, Nr. 1-15 v. Jan.-Dez. 1952, S. 1-624).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und im Bereich der Untersuchungsabteilung. Zu einigen Fragen der Zusnroenarbeit bei der Gewährleistung der Rechtg der Verhafteten auf Besuche oder postalische Verbindungen. Die Zusammenare? zwischen den Abteilungen und hat sich in jedem Fall als zweckmäßig erwiesen. Obwohl Vergünstigungen nicht an das Aussageverhalten des Beschuldigten gekoppelt sind, ist durch das Mitspracherecht des Untersuchungsführers im, Interesse der Feststellung der Wahrheit in Verbindung mit der Androhung strafrechtlicher Folgen im Falle vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Aussagen sowie über die Aussageverweigexurngsrechte und? Strafprozeßordnung . Daraus ergeben sich in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsverfahrens. Sie wird nicht nur getroffen, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Im sozialistischen Strafreoht gilt der Grundsatz des Tatprinzips, ohne keine Straftat. Oie Analyse der Tatbegehung bestirnter Straftaten ist von grundlegender Bedeutung für die Vorbeugung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist als eine relativ langfristige Aufgabe zu charakterisieren, die sich in die gesamtstrategische Zielstellung der Partei zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Wirken des imperialistischen Herrschaf tssystems als soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X