Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 99

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 99 (NJ DDR 1951, S. 99); Liszt erschien so als der Neuerer der Strafrechts Wissenschaft, weil er vor den Kriminalisten das weite Feld der Verbrecher- und Verbrechenserforschung er-öffnete. Davon war die neue, durch Liszt geweckte Krimi-nalisten-Generation fasziniert. Nun konnte sich eine Unzahl von Theorien über die Herkunft des Verbrechens und des Verbrechers als die Folge psychischer Eigenarten oder die Auswirkung des Milieus oder der Rasse oder der Schädelform usw. usw. breitmachen. Es braucht nicht erwähnt zu werden, daß diese Forschungen manches wertvolle Material zutage gefördert haben, das weiterleben wird. Allein es muß gesehen werden, daß hier der Rechtsbrecher als „Verbrechertypus“ zum Objekt staatlicher Willkür wird. Er ist'willenloses Werkzeug, aller Rechtsgarantien entledigt. Dies ist denn auch der Punkt, in dem Liszt den schärfsten Anwürfen seitens der Vertreter der klassischen Schule ausgesetzt war. III. Die Warnung der „Klassiker“ Die Theorien Liszts fanden in die deutsche Strafrechtsreform, die zu Beginn dieses Jahrhunderts einsetzte, Eingang. Aus diesem Anlaß erhoben noch einmal die Vertreter der klassischen Schule ihre warnende Stimme. Birkmeyer veröffentlichte 1907 seine berühmte Streitschrift gegen Liszt: „Was läßt von Liszt vom Strafrecht übrig?“?), die den Untertitel trug: „Eine Warnung vor der modernen Richtung im Strafrecht“. Im Vorwort schreibt Birkmeyer, daß er die Wendung der deutschen Rechtsreform in die Liszt -schen Bahnen „für ein wahres Unglück“ halte. Er legt dann sofort den Finger auf den wunden Punkt: die kriminalpolitische Lehre führe zur völligen Auflösung der Gesetzlichkeit im Strafrecht. „Liszts Festhalten am Strafrecht sind eine Inkonsequenz“, schreibt Birkmeyer. Zwar betonte Liszt immer wieder, daß er am Strafgesetz festhalte und den Satz „nulla poena sine lege“ nicht antaste, daß das Strafgesetz die un-übersteigbare Schranke der Strafgewalt des Staates sei, das den Verbrecher vor der Willkür der Staatsgewalt schütze, die „magna Charta“ des Verbrechers. Er glaubte, durch die Beteuerung dieses Standpunktes die Fortdauer des Strafrechts gesichert zu haben. Allein Birkmeyer sieht tiefer. Er erkennt, daß es hier nicht auf die persönlichen Beteuerungen Liszt’s ankommt, sondern auf die Sache: die abstrakte Gesetzlichkeit des Strafrechts und die kriminalpolitische Position Liszts sind Widersprüche. „Es müsse“, so schreibt Birkmeyer, „eines von beiden unhaltbar sein, entweder seine kriminal-politische Grundanschauung oder sein Eintreten für dais Strafrecht. Ein Nebeneinander von beiden verträgt sich nicht mit den Denkgesetzen, über die auch von Diszt sich nicht hinwegsetzen kann, wenn er sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, willkürlich statt wissenschaftlich zu verfahren. Es wäre also hohe Zeit, daß er das eine oder das andere preisgäbe. Und da kaum zu erwarten steht, daß von Liszt seine Kr:ininaipo!iük, deren Aufbau und Ausbau er sein ganzes Leben gewidmet hat, verleugnen wolle, so würde also jetzt schon auf die Frage was läßt von Liszt vom Strafrecht übrig? die Antwort sich ergeben: nichts !" Er kann sich hier auf Liszt selbst berufen, der betonte, daß, wenn seine Gedanken konsequent zu Ende gedacht würden, „in der Tat für das Strafrecht die letzten Stunde gekommen“ sei. Er zitiert Liszt: „Ich muß zugeben, daß es vielleicht in der Konsequenz unserer Anschauung wäre, nur auf die Gesinnung Rücksicht zu nehmen, und nicht erst die Tat abzuwarten: wie ja auch der Hausarzt nicht wartet, bis ein Leiden zum Ausbruch kommt, sondern demselben vorzubeugen trachtet."8) Damit spricht Liszt das bittere Wort aus, das die deutsche Strafrechtspflege und Strafrechtswissenschaft in den Abgrund der faschistischen Barbarei hineinzog. Er ist der Urvater des „Gesinnungs-Strafrechts“. Mochte er auch seine Prinzipien mit anderen Intentionen und mit anderen Zwecken eingeführt wissen ?) Dr. Karl Birkmeyer, „Was läßt von Liszt vom Strafrecht übrig?“ Eine Warnung vor der modernen Richtung im Strafrecht, München 1907. ) a. a. O., S. 2. wollen. Was er persönlich wollte, ist gleichgültig; was er wirklich bewirkte, ist das Entscheidende. Er löste die Gesetzlichkeit des Strafrechts auf und öffnete der staatlichen Willkür Tür und Tor. IV. Der Weg des Strafrechts In dem weiteren Gang der Entwicklung hat die „klassische“ Schule ihre Position gegenüber Liszt keineswegs gewahrt. Die Tatsache, daß Liszt das Strafgesetz in seine neue kriminalpolitische Richtung hinüber zu retten trachtete, schlug die Brücke zu der klassischen Schule. Das Strafrecht schien bei den „Modernen“ nicht aufgegeben. Das ließ mehr und mehr die Vertreter der klassischen Schule vor der soziologischen kapitulieren. Die Differenz zwischen den beiden Schulen ist mit dem Beginn unseres Jahrhunderts schließlich nur noch die, daß die soziologische Schule unverhohlen die kriminalpolitischen Notwendigkeiten des Staates vorschob und sich hemmungsloser über die Schranken des Gesetzes hinwegsetzt, die klassische Richtung hingegen zwar am Strafgesetz als der Grundlage von Verbrechen und Strafe festhält, die einzelnen Begriffe des Strafgesetzes aber, wie Schuld, Versuch, Teilnahme usw., sowie die Begriffe des besonderen Teiles einer tiefgreifenden Umwandlung unterwirft, die gänzlich in den Bahnen verläuft, die die soziologische Schule gewiesen hat. Es vollzieht sich eine immer weitere Subjektivierung der abstrakten Strafrechtsbegriffe. Die subjektiven „Täterelemente“ werden neben die objektiven „Tatelemente“ eingeschoben. Die im Gesetz fixierten Begriffe werden mehr und mehr als bloße Rahmenbegriffe genommen, die der Richter mit dem „materialen“ oder „konkreten“ Inhalt auszufüllen habe, der aus der Täterpersönlichkeit, den konkreten Absichten des Täters, den Gesamtumständen der Tat usw. genommen wird. Die Strafrechtsbegriffe werden aus den normativ-deskriptiven Begriffen (die Fixierung einer bestimmten Tathandlung) zu Wertbegriffen (die Wertung eines bestimmten historischen Vorkommnisses). So dringt also mehr und mehr die „Wertung“ der konkreten Täterpersönlichkeit sowie ein subjektives Werturteil des Richters in die Strafrechtsbegriffe ein. Der Gegensatz klassische Schule soziologische Schule hat sich verwischt. Die Prinzipien der soziologischen Schule setzten sich auch in der Strafrechtsdogmatik durch. Die alten Klassiker hatten gewiß ihre Zeit abgelebt, als Liszt auftrat. Allein das Wesen der Lisztschen Schule läßt sich nicht besser erkennen, als in ihrer Abgrenzung von der klassischen Schule. Für uns ist es heute weder die eine noch die andere die Schule, derer wir bedürfen- Wir haben auf der Grundlage unserer neuen Demokratie die Prinzipien unseres Strafrechts zu erarbeiten. Diese Arbeit erfordert die genaue Differenzierung vom Überkommenen. Die Schatten der soziologischen Schule fallen bis in unsere Literatur, die sich die Neugestaltung unseres demokratischen Strafrechtes zur Aufgabe setzt. Es ist verlockend, den Lisztschen Begriff des Gesellschaftsschutzes zu verabsolutieren, denn jede Gesellschaft braucht ihren Schutz. Aber es muß erkannt werden, daß die Prinzipien dieses „Schutzes“, den jede Gesellschaft braucht, aus dem Mechanismus und der Funktion der jeweiligen Gesellschaftsordnung zu erarbeiten sind. Der Gesellschaftsschutz, den Liszt propagierte, ist der Schutz einer ganz bestimmten Gesellschaft, des Kapitalismus in seinem hochentwickelten Stadium. Es ist nicht der absolute „Gesellschaftsschutz“. Und wenn Liszt die Konkretisierung vollzog, d. h. die Anpassung des Strafrechts an die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Verhältnisse, so handelt es sich um ganz bestimmte Verhältnisse. In Liszts Strafrechtskonzeption enthüllt sich die Tatsache, daß das bürgerliche Recht als allgemeingültige Form sich nur solange hält, als es dem Interesse der Bourgeoisie als der herrschenden Klasse nicht widerspricht. Der Weg Liszts, der die Entwicklung des bürgerlichen Strafrechts richtig widerspiegelt, ist der Weg in den Abgrund gewesen, der Weg des Zerfalls des bürgerlichen Strafrechts. .9.9;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 99 (NJ DDR 1951, S. 99) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 99 (NJ DDR 1951, S. 99)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten des Gegners und feindlich-negativer Kräfte, der bearbeiteten Straftaten sowie der untersuchten Vorkommnisse erzielt. Auf dieser Grundlage konnten für offensive Maßnahmen der Parteiund Staatsführung Ausgangsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Es konnten erneut spezielle Materialien zur Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung, insbesondere des antifaschistischen Widerstandskampfes erarbeitet und Genossen Minister sowie anderen operativen Diensteinheiten zur Verfügung gestellt werden. Es konnten erneut spezielle Materialien zur Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung, insbesondere des antifaschistischen Widerstandskampfes erarbeitet und Genossen Minister sowie anderen operativen Diensteinheiten zur Verfügung gestellt werden. Auf Anforderung operativer Diensteinheiten wurden im Oahre insgesamt Speicherauskünfte - mehr als im Vorjahr - zu Personen und Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit notwendigen charakterlichen und moralischen Eigenschaften ein. Inhalt, Umfang und Methoden der politischen Anleitung und Erziehung werden von verschiedenen objektiven und subjektiven Faktoren bestimmt.

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