Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 80

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 80 (NJ DDR 1951, S. 80); ließ die Führung der Geschäfte in der Zentralverwaltung Bernburg, wie bisher, den Angeklagten Bökelmann und Plünnecke. 2. Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes waren die Solvays in noch ganz anderem Maße als zu irgendeinem Zeitpunkt nach Abschluß der Verträge von'1924 bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges an der Verschweigung des TG Farben-Einflusses, insbesondere der 25prozentigen Beteiligung der IG Farben am Kapital der DSW, interessiert; denn was früher im wesentlichen immerhin nur eine Prestigefrage gewesen war, das wurde jetzt zur Existenzfrage. Schlimmer noch als einst die Beseitigung ihres Soda-Monopols durch die Oppauer Konkurrenz bedrohte sie jetzt im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens der wahren Besitzverhältnisse die Unterstellung unter das Kontrollratsgesetz Nr. 9. Die Bemühungen der sowjetischen Besatzungsmacht wie der deutschen Selbstverwaltungsorgane, die Beziehungen der DSW zu dem IG Farben-Konzern aufzuklären, setzten sehr früh, im Hochsommer 1945, ein und dauerten mit zeitlichen Unterbrechungen fort bis zur endlichen Aufdeckung des Sabotageverbrechens im Dezember 1949. Die ganzen Jahre hindurch waren die Angeklagten Bökelmann, Plünnecke, Werner, Kaste, Blütchen, Köpp und Rose in engstem Zusammenspiel, in welchem auch der Angeklagte Hennings seine Funktion übernommen hatte, mit Erfolg bemüht, den wahren Sachverhalt zu verschleiern und die Behörden über die Besitzverhältnisse der DSW zu täuschen (Wird ausgeführt). B. Wirtschaftsspionage. 1. Der Geist der absoluten Feindseligkeit, der die Solvays von vornherein erfüllte aus dem untrüglichen Instinkt heraus, daß in diesem Teil Deutschlands eine echte demokratische Entwicklung einsetzen werde, die für die Machenschaften monopolistischer Konzernpolitik keinen Spielraum mehr lassen würde, und der bereits in dem Abzug fast der gesamten Solvay-Intelligenz unter Mitnahme der wertvollsten Papiere zum Ausdruck gekommen war, zeigte sich im Laufe der Zeit immer deutlicher und kommt zutreffend in dem Vergleich der DSW Bernburg mit einer „Festung“ der Solvays in einem Brief des Angeklagten Plünnecke an Clemm zum Ausdruck. Die Werke in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone dienten den Solvays als Vorwand, um mit Hilfe der Angeklagten ein Spionagenetz zu organisieren, das ihnen zu einem möglichst lückenlosen Nachrichtenmaterial über die wirtschaftliche Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone als der Grundlage für einzuleitende Störmaßnahmen verhelfen sollte. Um den Geist blinder Konzernergebenheit in den Angeklagten zu festigen und zu stärken, war den Solvays kein Mittel zu gering. Laufend trafen Carepaket-Sendungen, „möglichst Schweizer Pakete“, über das westberliner Büro der DSW und auf anderen verschlungenen Wegen ein, und der Angeklagte Bökelmann war beauftragt, die Herren zu ermitteln, „die sich am meisten für die Interessen der Firma eingesetzt haben“. Vor allem aber trugen die Solvays Sorge, geeignete Persönlichkeiten abzuordnen, die den zum Teil in die demokratische Verwaltung eingeschleusten und politisch entsprechend getarnten Angeklagten sowohl die nötigen praktischen Anleitungen als andererseits auch das Gefühl der moralischen Rückendeckung zu geben imstande waren. Da war einmal der belgische Oberst R. A. L. Pour-baix, den der Angeklagte Werner bereits im November 1947 in Solingen als Teilnehmer an der Hauptversammlung und Aufsichtsratssitzung kennengelernt hatte. Er wurde von Solvay & Cie. der Hauptverwaltung West der DSW als „representative“ beigeordnet In dem Schreiben vom 3. Dezember 1947, mit dem Eilsberger jun. als Vorstand der DSW West von der Beiordnung unterrichtet wurde, und das bezeichnenderweise auch seinen Weg nach Bemburg fand, heißt es: „Wir sind überzeugt, daß die Anwesenheit von M. R. A. L. Pourbaix nur dazu angetan sein kann, Ihre delikate Aufgabe zu erleichtern, und Ihnen gestatten wird, unter den bestmöglichen Bedingungen die Ihnen anvertrauten Funktionen auszuüben.“ Pourbaix, der sein Dienstzimmer im Gebäude der Hauptverwaltung West der DSW in Solingen-Ohligs hatte, knüpfte sehr bald Spionagebeziehungen zu DSW-Angestellten in der Sowjetischen Besatzungszone an. In Buchenau arbeitete seit 1943, damals unter zeitentsprechender Betonung seines Elsässertums, der französische Ingenieur Charles Strasser. Er hatte schon am 5. Juli 1945, also noch in den Tagen der Besetzung Thüringens durch die Amerikaner, von einem Monsieur Lalande, der in Buchenau erschien, einen Befehl der MMAA Lindau in vier Sprachen übermittelt erhalten, sich in der russischen Zone aufzuhalten und als Vermittler der Solvay & Cie. die französischen Interessen an den DSW zu verteidigen. Bereits Ende September 1945 gab er über die politische Abteilung des französischen Befehlshabers in Berlin-Frohnau einen bis in alle Einzelheiten gehenden Bericht, die DSW betreffend, über die Vorgänge nach Einmarsch der sowjetischen Besatzungstruppen an die Direktion der französischen Solvay-Werke in Paris, in welchem er u. a. auch Maßnahmen zur Verbringung von Regulatoren aus der sowjetischen Zone, gegen die Sozialisierung der Gruben und gegen die Aufteilung des Grundbesitzes über 100 ha anregte und am Schluß versicherte, daß er sieh entschieden habe, in der russischen Zone zu bleiben, um seinen „Auftrag für Frankreich“ auszuführen. Er blieb auch bis 1947 und ging dann im Dienst des Solvay-Konzerns nach Österreich. Eine noch weit größere Rolle spielte ein „guter Be-kanter“ von ihm, der Major Audoyer, Wirtschaftsexperte bei der französischen Militärmission des Kon-trollrats in Berlin und im Zivilberuf Ingenieur der in Frankreich belegenen Solvay-Sodafabrik Dombasle. Sein Vater war Leiter der „Sektion D“, das ist die technische Zentrale für die deutschen Werke, von Solvay & Cie., Brüssel, gewesen. Audoyer trat ab Anfang 1946 in engstem Zusammenwirken mit dem Angeklagten Bökelmann in Erscheinung. Er sammelte die ganzen Jahre hindurch alles, was er an Wirtschaftsnachrichten aus der damaligen Ostzone nur irgend bekommen konnte, besonders natürlich über die DSW, und bediente sich des Decknamens „Ludolf“. Es hatten sich zwei Spionagezentralen gebildet, an deren Spitze einerseits Audoyer und Pourbaix, die unmittelbar im Brüsseler Auftrag handelten, deutscherseits unterstützt von Eilsberger jun., andererseits Clemm als Vertreter der alten IG Farben-Interessen standen. In der Spionagetätigkeit der Angeklagten ist die Scheidung in die Gruppe der „alten“ Solvay-Angestellten (Bökelmann und Blütchen, unterstützt von Werner), die Audoyer herangezogen hatte, und der später Hinzugekommenen (Plünnecke, Köpp und Rose), mit denen im wesentlichen Clemm zusammenarbeitete, unverkennbar IV. A. Bereits im Urteil gegen Herwegen, Brundert u. a.*) Aktenzeichen 1 Zst (I) 1/50 hat der Senat ausgeführt, daß der Befehl Nr. 124 der SMAD die Bedeutung eines Ausführungsgesetzes zu Punkt 12 der „Wirtschaftlichen Grundsätze“ in Teil III des Potsdamer Abkommens für die Sowjetische Besatzungszone hat, welcher lautet: „In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziele der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen.“ Es steht nach den in Abschnitt I getroffenen Feststellungen außer Frage, daß die DSW ein solches monopolistisches Unternehmen waren, dessen kriegsverbrecherischen Charakter insbesondere die Feststellungen zu 1 C erhellen, und das damit unter die Ziffer 1 d des Befehles Nr. 124 fiel. Im übrigen begründeten die getroffenen Feststellungen die DSW waren noch am Tage der Bekanntgabe der Sequestration ein handlungsunfähiges Unternehmen auch die Sequestrierung nach Ziffer 2 des Befehls Nr. 124. Wie der Sachverständige Rumpf in seinem Gutachten im Prozeß gegen Moog u. a. ausgeführt hat, ist die Wirkung der Beschlagnahme eines Unternehmens nach Befehl Nr. 124 konstitutiv bereits mit dem Erlaß des Befehls am 30. Oktober 1945 eingetreten. Ein besonderer Beschlagnahmebescheid, wie die Mitteilung vom 80 *) vgl. N.T 1950 S. 306 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 80 (NJ DDR 1951, S. 80) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 80 (NJ DDR 1951, S. 80)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitverkehr; Analysierung der politisch-operativen Lage auf und an den Transitwegen, der an wand Mittel und Methoden unter Mißbrauch des Transitverkehrs zur Herausarbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte; Durchsetzung der sich aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ergebenden Anforderungen zu vertiefen sowie alle Genossen der Linie unverzüglich mit neuen Rechtsstandpunkten vertraut zu machen. Um die Wirksamkeit der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Arbeit mit zu erreichen ist. Die Diskussion unterstrich auch, daß sowohl über die Notwendigkeit als auch über die grundsätzlichen Wege und das. Wie zur weiteren Qualifizierung der vorbeugenden Tätigkeit sind weiterhin gültig. Es kommt darauf an, die gesamte Vorbeugung noch stärker darauf auszurichten, Feindtätigkeit: bereits im Ansatzpunkt, in der Entstehungsphase zu erkennen und zu beherrschen. Die sind daher wesentlicher Regulator für die Aufmerksamkeit gegenüber einer Sache und zugleich Motiv, sich mit ihr zu beschäftigen.

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