Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 553

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 553 (NJ DDR 1951, S. 553); übersehenden erheblichen politischen und rechtlichen Folgen. Es muß daher festgestellt werden, daß der Gesetzgeber eine Auslegung des Begriffs „Inland“ für den Fall einer Verschiedenheit von Staats- und Rechtsordnungsbereich nicht gegeben hat. Jedoch hat das RG in dem Falle, daß eine verschiedene Verfahrensordnung im gleichen Staate gilt, nämlich nach der Einbeziehung Österreichs in das Reich, zu der Frage Stellung genommen und entschieden, daß „Inland“ nicht im staatsrechtlichen Sinne, sondern i. S. des Geltungsgebiets der Prozeßordnung zu verstehen sei. (RGZ 161/19, 162/128). Dieser Ansicht haben sich Sydow-Busch (22. Aufl. Anm. 4 zu 8 606 ZPO) und Baumbach (16. Aufl. Anm. 3 zu § 606 ZPO) angeschlossen. Im gleichen Sinne haben sich zu der Zeit, als der § 606 ZPO in der Ostzone nicht wieder i. d. F. des § 19 Abs. 1 der 4. DVO z. EheG vom 25. Oktober 1941 (RGBl. S. 654) galt und in den Westzonen und der Ostzone eine verschiedene Regelung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit in Ehesachen bestand, die OLG-Präs. in Celle (Hann. Rpfl. 46/44) und in Kiel (Schl.H.Anz. 46/266) ausgesprochen (ebenso Schönke DRZ 47/15). Es erscheint geboten, diese Rspr. in einer Zeit beizubehalten, in der die staatsrechtlichen Fragen, die sich aus der Kanitulation des Reichs ergeben haben, noch völlig ungeklärt und im Flusse sind. Es soll nur darauf hingewiesen werden, daß gegen den Fortbestand eines deutschen Gesamtstaates nicht im kulturellen oder geographischen, aber im juristischen und staatsrechtlichen Sinn schon wiederholt wichtige Bedenken vorgebracht sind (vgl. gerade im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage der örtlichen Zuständigkeit in Ehesachen Kluge SJZ 50/427 und Riezler daselbst). Der Senat hält daher an der Ansicht fest, daß „Inland“ in § 606 ZPO nicht im staatsrechtlichen Sinne zu verstehen ist. 2. Es ist daher zu untersuchen, ob „Inland“ im Sinne von § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO als das Gebiet gleicher Rechtsanwendung zu verstehen ist. Würde man die Voraussetzung der Identität des Rechtsanwendungsgebiets schlechthin aufsteßen, so wäre allerdings die Zuständigkeit des LG Göttingen als des Hilfsgerichtsstandes nach § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO gegeben. Denn es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß das in den einzelnen Besatzungszonen geltende Recht nicht identisch ist. Vielmehr bestehen mehr oder weniger starke Verschiedenheiten, und zwar nicht nur im Verhältnis der Westzone zu der Ostzone, sondern auch allerdings im abnehmenden Maße im Verhältnis der drei Westzonen untereinander. Demzufolge ist die Anwendung von interlokalem Privat- und Prozeßrecht auf das Verhältnis zwischen den einzelnen Zonen anerkannt (vgl. Wolff, Probleme des interlokalen Privatrechts in Deutschland in der Festschrift für Leo Raape S. 182; Marquordt in MDR 49/5, 50/8), und es ist die Fräse aufgeworfen worden, inwieweit die Verweisung des Rechtsstreites an ein Gericht einer anderen Zone möglich ist (vgl. Riezler, Fragen des interzonalen Zivilprozeßrechts in SJZ 47/233, und ebenso in Intern. ZivPR 1949 S. 207 ff.). Insbesondere gilt zwischen den drei Westzonen und der Ostzone Deutschlands ein teilweise verschiedenes Verfahrensrecht, wie sich schon rein formell ergibt aus der Verkündung der neuen Fassung der ZPO durch das genannte Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 und andererseits in Ehesachen aus der VO der deutschen Justizverwaltung der sowj. Besatzungszone betreffend die Übertragung von familienrechtlichen Streitigkeiten in die Zuständigkeit der AGe vom 21. Dezember 1948. Mit Recht wirft aber Riezler (SJZ 47/236) die Frage auf, ob nicht von der Voraussetzung der Identität des Rechtsanwendungsgebiets abgesehen werden könne, wenn in den beiden verschiedenen Rechtsanwendungsgebieten im wesentlichen der gleiche Aufbau der Gerichtsorganisation und die gleiche Zuteilung der Funktionen an die jeweils erste Instanz bestehen. Die Frage besitzt um deswillen ihre besondere Berechtigung, weil die Verschiedenheiten des Rechts in den einzelnen Zonen im Grunde eine Folge der Besatzungspolitik sind und deshalb sowohl im Rechtsbewußtsein des deutschen Volkes wie gemäß den Versprechungen der westlichen und östlichen Besatzungsmächte als eine vorüber- gehende Entwicklung betrachtet werden, die es nicht zuläßt, die Rechtseinheit über die ausdrücklich getroffenen Einschränkungen hinaus zu schmälern Der Senat hält es daher für gerechtfertigt, den Begriff der Identität des Rechtsanwendungsgebiets nicht in dem formalen Sinn einer Übereinstimmung aller Rechtsvorschriften auszulegen, sondern, soweit es sich um das Verhältnis der einzelnen Besatzungszonen Deutschlands zueinander handelt, in dem Sinne der Übereinstimmung des wesentlichen Inhalts der grundlegenden Kodifikationen. Allerdings wird mit Riezler (SJZ 47/236) gefordert werden müssen, daß die Beurteilung des konkreten Falles in den beiden Gebieten denselben Regeln des materiellen Rechts und in der ersten Instanz denselben Verfahrensregeln unterliegt. Demgemäß ist „Inland“ i. S. des § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO als das Gebiet im wesentlichen gleicher Rechtsanwendung zu bezeichnen, in dem für die in Frage stehende Ehesache dasselbe materielle Recht und dieselben Verfahrensregeln in der ersten Instanz gelten. 3. Die Anwendung vorstehenden Grundsatzes ergibt hier die Zuständigkeit des ostzonalen Gerichts. Denn es besteht in der Ostzone wie in den Westzonen für Ehesachen dasselbe materielle Recht, nämlich das KRG 16. Auch die Verfahrensregeln 1. Instanz sind im wesentlichen die gleichen. Allerdings ist die sachliche Zuständigkeit der LGe in Ehesachen durch § 1 der genannten ostzonalen VO vom 21. Dezember 1948 aufgehoben und die Zuständigkeit der AGe für Ehesachen begründet worden. Der Ansicht des LG, daß die sachliche Zuständigkeit der LGe und der damit gegebene Anwaltszwang ein Grundpfeiler des Verfahrens in familienrechtlichen Streitigkeiten sei, kann nicht gefolgt werden. Die Begründung der Zuständigkeit der AGe in Ehesachen stellt vielmehr eine Reform dar, die vom Standpunkt der zweckmäßigen Behandlung der Ehesachen durchaus vertretbar ist und rechtsstaatliche Prinzipien nicht verletzt, vielmehr sich eng mit Reformvorschlägen berührt, die Eugen Schiffer bereits im Jahre 1928 vertreten hat (vgl. dazu im einzelnen Nathan in NJ 49/25 ff.). Anders würde zu urteilen sein, wenn die ausschließliche örtliche Zuständigkeit in der Ostzone abweichend geregelt wäre. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr gilt § 606 ZPO hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit in der Ostzone wieder in der gleichen Weise wie im Westen (vgl. Baumbach-Lauterbach Anm. 6 Übersicht vor § 606 ZPO). Daß die Verfahrensregeln für die 1. Instanz im übrigen dieselben sind, ergibt sich aus § 8 der 1. DVO vom 17. Mai 1949 (vgl. Baumbach-Lauterbach, Schlußanhang B). Auch die Voraussetzung einer Übereinstimmung des wesentlichen Inhalts der beiderseits geltenden Rechtsordnung erscheint noch gegeben. Neuerdings sind von Riezler (SJZ 50/427) im Anschluß an Kluge fdaselbst) hierzu im Sinne eines westdeutschen ordre public Bedenken angemeldet, mit denen er seinen noch im Intern. ZPR 1949 S. 207 vertretenen Standpunkt einschränkt. Diese Bedenken, die dahin gehen, daß sich die gerichtsverfassungsmäßigen Grundlagen des Verfahrens in der Ostzone völlig geändert hätten, erscheinen aber jedenfalls in Ehesachen noch nicht als durchschlagend. Dem Senat sind keine Fälle in Ehesachen bekannt geworden, die zu der Annahme führen müßten, daß die Rspr. in der Ostzone den Bestimmungen des EheG nicht gerecht würde oder daß den Parteien das rechtliche Gehör geschmälert würde. Bemerkenswerterweise haben auch Kluge und Riezler aus ihren Einwendungen noch keine praktischen Folgerungen gezogen und nicht die Unzulässigkeit einer Verweisung an ein Gericht der Ostzone vertreten. Ihre Befürchtungen scheinen für das Gebiet der Ehesachen zur Zeit nicht so fundiert, daß sie die Zerreißung der Rechtseinheit auf diesem Gebiet rechtfertigen würden. Nach alledem ist die Ostzone für den vorliegenden Rechtsstreit als „Inland“ anzusehen und der Kl. auf die Klageerhebung vor dem AG in Jena zu verweisen. Der Senat befindet sich mit diesem Ergebnis in Übereinstimmung mit der Entscheidung des OLG Nürnberg (SJZ 50/426) und den nicht veröffentlichten Beschlüssen des 4. Senats des OLG Celle vom 4. April 1950 4 W 86/50 und vom 14. November 1950 4 W 347/50 und des 6. Senats des Schleswig-Holst. OLG vom 15. August 1950 6 W 19/50. 553;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit noch nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es wurden im Untersuchungszeitraum bis nur Anerkennungen gegenüber Verhafteten ausgesprochen, jedoch fast ausschließlich in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie wachsende Tragweite. Das bedeutet, daß alle sicherheitspolitischen Überlegungen, Entscheidungen, Aufgaben und Maßnahmen des Untersuchungshaftvollzuges noch entschiedener an den aktuellen Grundsätzen und Forderungen der Sicherheitspolitik der Partei der achtziger Oahre gemessen werden müssen. die Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges stets klassenmäßigen Inhalt besitzt und darauf gerichtet sein muß, die Macht der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen; der Sicherung der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus; dem Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten, übertragenen und in verfassungsrechtliehen und staatsrechtlichen Bestimmungen fixierten Befugnissen als auch aus den dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit , wird in den folgenden Darlegungen deshalb zunächst bewußt von der in der Praxis in der Regel gegebenen Verquickung mit politisch-operativen Zusammenhängen abgesehen.

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